Pontifex

Aus Theoria Romana
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Organisation

Die Pontifices bildeten das wichtigste römische Priesterkollegium in Rom, welches nach traditioneller Ansicht bereits von König Numa Pompilius begründet worden war. Die genaue Anzahl der Pontifices nach bei der Schaffung des Kollegiums ist unbekannt, vermutlich waren es jedoch sie wurde jedoch durch die lex Ogulnia (300 v. Chr.) auf 9 Mitglieder erhöht. Das Gesetz legte gleichzeitig fest, dass auch Plebejer Zugang zu den Priesterämtern ehielten und mehr als die Hälfte der Mitglieder dieser Bevölkerungsschicht entstammen musste. Sulla erhöhte die Zahl der Pontifices auf 15 und Caesar nochmals auf 16.

Das Collegium pontificum setzte sich folgendermaßen zusammen:
Reguläre Mitglieder:

Eng mit den Pontifices verbunen, jedoch nicht ganz reguläre Mitglieder:

Alle Pontifices hatten ihr Amt auf Lebenszeit inne und das Anrecht auf eine offizielle Eskorte beziehungsweise Assistenten, die sogenannten calatores, welche Räume in der unmittelbaren Nähe der Regia des Forum Romanum bewohnten, wo sich das Kollegium versammelte. Einziges offizielles Amtszeichen der Pontifices war ein Opfermesser mit eiserner Klinge, die secespita.

Zu Anfang ergänzte sich das Kollegium selbst duch Kooptation. Dies wurde jedoch 104 v. Chr. durch die lex Domitia (de Sacerdotiis) abgeschafft und die Pontifices fortan (mit einer Unterbrechung zu Zeiten Sullas, der dieses Gesetz zwischenzeitlich außer Kraft setzte) durch eine Abstimmung in 17 der 21 tribus Roms gewählt. Dennoch war das Recht auf die Kandidatur zu dieser Wahl und damit auf die Mitgliedschaft im Kollegium stets einer kleinen Elite der besten (anfangs patrizischen, später auch plebeiischen) Familien vorbehalten.

Durch einen Senatsbeschluss wurde das Amt des Pontifex Maximus 44 v. Chr. für erblich erklärt und war bis 382/383 n. Chr. Bestandteil der kaiserlichen Würden. Ein Sitz im Kollegium wurde regelmäßig auch jüngeren Mitgliedern der kaiserlichen Familie zugesprochen. Die übrigen Pontifices ernannte nun der Kaiser und besezte sie mit jenen, welche er besonders begünstigen wollte, denn ein Pontificat befreite gleichzeitig vom Militärdienst und weiteren staatlichen Pflichten.


In späterer Zeit hatten jede Colonia und jedes Municipium ein eigenes Collegium, dessen Mitglieder wie in Rom vom Militärdienst und weiteren Pflichten ausgenommen waren. Das Pontificat in einem dieser Kollegien stellte meist den Höhepunkt einer lokalen öffentlichen Karriere dar.

Aufgaben

Die Aufgabe der Pontifices von der mittleren Republik an war ganz allgemein das religiöse Leben des römischen Staates zu beaufsichtigen. Sie waren für alle religiösen Angelegenheiten verantwortlich, welche nicht ausdrücklich den übrigen Priesterkollegien (Augures, Quindecimviri, Fetialen und später auch Septemviri) zugeordnet waren.

Im Detail umfasste dies, den Senat, Beamte und Privatleute über die Richtigkeit und Wirksamkeit kultischer Handlungen oder im Allgemeinen jeder Handlung zu beraten, welche die pax deorum möglicherweise beeinträchtigen könnte. Dies geschah mithilfe von Beschlüssen (decreta) und angefragten Gutachten (responsa). Sie besaßen das Monopol des Wissens um die Kultsprache und kultische Handlungen, wie auch der richtigen Reaktion auf Prodigien und beaufsichtigten alle Aspekte der Leichenversorgung. Zusätzlich waren sie für die Tagesqualifikation der Fasti und allgemein für die Organisation sakraler und profaner Zeit zuständig. Vor der Veröffentlichung des Kalenders 304 v. Chr. verkündigten die Pontifices sogar den Status jeden einzelnen Tages.

Neben dem Sakralrecht hatten die Pontifices auch Einfluss auf das Profan- und Zivilrecht. So hatten sie die Aufsicht über Veränderungen des rechtlichen Status einzelner, welche den Bestand der sacra privata betreffen konnten, wie etwa im Fall der Adoption von Personen, deren Vater nicht mehr am leben war, und fungierten in Belangen der sacra privata im Allgemeinen als Ratgeber und Autoritäten. Dieser Einfluss hielt sich bis zur Zeit des Tiberius Coruncanius (280 v. Chr.), schwand danach jedoch zunehmend.

Ein wichtiger Aspekt des Kollegiums war die Schriftlichkeit. Täglich wurden wichtige Ereignisse (annales maximi) von den Schreibern des Pontifex Maximus protokolliert, niedergeschriebene Spruchformeln und Vorschriften waren für die korrekte Ausführung kultischer Handlungen unentbehrlich. Auch Prodigien und die darauf abgestimmten rituellen Antworten wurden festgehalten und bildeten so ein Archiv von Präzedenzfällen.


Quelle: Richard L. Gordon, Pontifex, Pontifices, Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd.X, Hrsg. Hubert Canick & Helmuth Schneider, Stuttgart/Weimar 2001