Lex Iulia et Papia: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 27: Zeile 27:
 
Die lex Iulia veränderte das Erbrecht in positiver Weise für jene, die in einer Ehe gemäß der lex Iulia lebten und gemäß dem sittlichen Wunsches Augustus Kinder in die Welt setzten.  
 
Die lex Iulia veränderte das Erbrecht in positiver Weise für jene, die in einer Ehe gemäß der lex Iulia lebten und gemäß dem sittlichen Wunsches Augustus Kinder in die Welt setzten.  
  
Die Ehepaare konnten testamentarisch ein Zehntel des Vermögens dem anderen Ehepartner vererben, über das Zehntel hinaus durfte der Ehepartner den Nießbrauch (ususfructus) über ein Drittel des Vermögens des Toten bzw wenn sie Kinder hatten denselben Anteil als Eigentum antreten. Letzteres trat auch ein, wenn die Witwe innerhalb von 10 Monaten nach dem Tod ihres Mannes ein Kind von ihm zur Welt brachte. Die Witwe hatte überdies – in jedem Fall – das Recht auf Rückgabe der dos. Die Möglichkeit der Vererbung an den Ehepartner kann durchaus als ein bedeutendes Novum im Römischen Recht angesehen werden. Die Römer hatten eine solch enorme Aversion vor der Vermischung von Vermögen der Ehepartner – wie man beim Schenkungsverbot unter Ehegatten durchaus deutlich sehen kann - sodaß diese konsequenterweise auch vor dem Erbrecht nicht halt machte. In frühester Zeit konnten Ehepaare sine manu sich gegenseitig überhaupt nicht beerben, später schon, doch erst nach den Kindern, Agnaten und Kognaten. Ehepaare in manu sind von dieser Regelung ohnehin ausgeschlossen, da die Ehefrau dem Mann nichts vererben konnte, weil sie ja kein eigenes Vermögen hatte und der Mann seine Frau wie eine Haustochter beerbte.  
+
Die Ehepaare konnten testamentarisch ein Zehntel des Vermögens dem anderen Ehepartner vererben. Über das Zehntel hinaus durfte der Ehepartner den Nießbrauch (''ususfructus'') über ein Drittel des Vermögens des Toten, bzw. wenn sie Kinder hatten, denselben Anteil als Eigentum antreten. Letzteres trat auch ein, wenn die Witwe innerhalb von 10 Monaten nach dem Tod ihres Mannes ein Kind von ihm zur Welt brachte. Die Witwe hatte überdies – in jedem Fall – das Recht auf Rückgabe der ''dos''. Die Möglichkeit der Vererbung an den Ehepartner kann durchaus als ein bedeutendes Novum im Römischen Recht angesehen werden. Die Römer hatten eine solch enorme Aversion vor der Vermischung von Vermögen der Ehepartner – wie man beim Schenkungsverbot unter Ehegatten durchaus deutlich sehen kann - sodass diese konsequenterweise auch vor dem Erbrecht nicht halt machte. In frühester Zeit konnten Ehepaare ''sine manu'' sich gegenseitig überhaupt nicht beerben, später schon, doch erst nach den Kindern, Agnaten und Kognaten. Ehepaare ''in manu'' sind von dieser Regelung ohnehin ausgeschlossen, da die Ehefrau dem Mann nichts vererben konnte, weil sie ja kein eigenes Vermögen hatte und der Mann seine Frau wie eine Haustochter beerbte.
  
Was passierte, wenn man nicht gemäß den sittlichen Geboten Augustus' lebte? Unverheiratete waren vollkommen von der Annahme einer ihnen testamentarisch vermachten Erbschaft oder eines Legats ausgeschlossen, sofern dieses Erbe nicht aus dem Kreis der engeren Verwandtschaft kam (Eltern und Deszendenten in direkter Linie bis zum dritten Grad sowie Blutsverwandte bis zum sechsten Verwandtschaftsgrad einschließlich der „sobrino sobrina natus“ (Cousins und Cousinen väterlicherseits aus dem Kreis der Verwandten siebten Grades)), die Unverheirateten hatten hierbei eine Frist von 100 Tagen, um gemäß den Vorschriften zu heiraten und damit zu erben. Kinderlose Personen (außer dem testamentarischen Erbrechts unter Ehepartnern und den vorher genannten Einschränkungen aus der engeren Verwandtschaft) verloren die Hälfte des ihnen zugedachten Legats oder Erbschaft. Augustus nahm überdies Frauen, die Kinder geboren hatten, von den erbrechtlichen Beschränkungen der lex Voconia aus und erlaubte ihnen, größere Summen als die dort zugelassenen zu erben, dasselbe Privileg erhielten auch die Vestalinnen. Sämtliche Sanktionen des Testaterbrechts endeten für beide Geschlechter mit dem Erreichen der Altersgrenzen. Etwas anders war es bei den Soldaten, die ja kein matrimonium iustum eingehen durften und dementsprechend auch keine legitimen Nachkommen und Erben gemäß der Lex Iulia et Papia hatten. Bei denen fand keine Einschränkung hinsichtlich des Erbes statt, sie konnten also voll erben und auch selber ihre Nachkommen voll beerben. Außerdem wurden bei Soldaten nicht so strenge rechtliche Anforderungen an deren Testamente gestellt.
+
Was passierte, wenn man nicht gemäß den sittlichen Geboten Augustus' lebte? Unverheiratete waren vollkommen von der Annahme einer ihnen testamentarisch vermachten Erbschaft oder eines Legats ausgeschlossen, sofern dieses Erbe nicht aus dem Kreis der engeren Verwandtschaft kam (Eltern und Deszendenten in direkter Linie bis zum dritten Grad sowie Blutsverwandte bis zum sechsten Verwandtschaftsgrad einschließlich der ''„sobrino sobrina natus“'' (Cousins und Cousinen väterlicherseits aus dem Kreis der Verwandten siebten Grades)), die Unverheirateten hatten hierbei eine Frist von 100 Tagen, um gemäß den Vorschriften zu heiraten und damit zu erben. Kinderlose Personen (außer dem testamentarischen Erbrechts unter Ehepartnern und den vorher genannten Einschränkungen aus der engeren Verwandtschaft) verloren die Hälfte des ihnen zugedachten Legats oder Erbschaft. Augustus nahm überdies Frauen, die Kinder geboren hatten, von den erbrechtlichen Beschränkungen der Lex Voconia aus und erlaubte ihnen, größere Summen als die dort zugelassenen zu erben, dasselbe Privileg erhielten auch die Vestalinnen. Sämtliche Sanktionen des Testaterbrechts endeten für beide Geschlechter mit dem Erreichen der Altersgrenzen. Etwas anders war es bei den Soldaten, die ja kein ''matrimonium iustum'' eingehen durften und dementsprechend auch keine legitimen Nachkommen und Erben gemäß der Lex Iulia et Papia hatten. Bei denen fand keine Einschränkung hinsichtlich des Erbes statt, sie konnten also voll erben und auch selber ihre Nachkommen voll beerben. Außerdem wurden bei Soldaten nicht so strenge rechtliche Anforderungen an deren Testamente gestellt.
  
Das Erbe, das von den Erben nicht angenommen werden konnte (weil sie nicht verheiratet waren oder keine Kinder hatten) wurde zunächst den Verwandten in direkter Deszendenz (Eltern und Kindern) zugesprochen, dann jenen Personen, die Kinder hatten. Für den Fall, daß niemand existierte, der die bonorum possessio (kurz: das Erbe) fordern konnte, oder aber dann, wenn dieser sein Recht dazu verloren hatte, gingen die Güter an den populus, die Staatskasse.
+
Das Erbe, das von den Erben nicht angenommen werden konnte (weil sie nicht verheiratet waren oder keine Kinder hatten), wurde zunächst den Verwandten in direkter Deszendenz (Eltern und Kindern) zugesprochen, dann jenen Personen, die Kinder hatten. Für den Fall, daß niemand existierte, der die ''bonorum possessio'' (kurz: das Erbe) fordern konnte, oder aber dann, wenn dieser sein Recht dazu verloren hatte, gingen die Güter an den ''populus'', die Staatskasse.
  
 
Für Freigelassene wurden noch gesonderte Regelungen aufgestellt:
 
Für Freigelassene wurden noch gesonderte Regelungen aufgestellt:
  
- Ein Freigelassener, der mehr als 100.000 Sesterzen hinterließ und weniger als drei Kinder hatte, schuldete seinem Patron einen Vermögensanteil proportional zur Anzahl seiner Kinder: Hatte er kein Kind oder eines, erhielt der Patron die Hälfte, bei zwei Kindern ein Drittel. Starb der Patron und war der Freigelassene nun Klient dessen Tochter, so hatte sie die gleichen Rechte wie ihr Vater, sofern sie das ius liberorum besaß.  
+
- Ein Freigelassener, der mehr als 100.000 Sesterzen hinterließ und weniger als drei Kinder hatte, schuldete seinem Patron einen Vermögensanteil proportional zur Anzahl seiner Kinder: Hatte er kein Kind oder eines, erhielt der Patron die Hälfte, bei zwei Kindern ein Drittel. Starb der Patron und war der Freigelassene nun Klient dessen Tochter, so hatte sie die gleichen Rechte wie ihr Vater, sofern sie das ''ius liberorum'' besaß.
- Eine Freigelassene konnte nur dann frei testieren, also ohne auctoritas ihres Patrons, wenn sie vier Kinder gebar und somit das ius quattuor liberorum erhielt. In diesem Fall erbte der Patron immer ein Fünftel ihres Vermögens. Überlebte die liberta ihre Kinder, so fiel ihr gesamtes Vermögen an den Patron.
+
- Eine Freigelassene konnte nur dann frei testieren, also ohne ''auctoritas'' ihres Patrons, wenn sie vier Kinder gebar und somit das ''ius quattuor liberorum'' erhielt. In diesem Fall erbte der Patron immer ein Fünftel ihres Vermögens. Überlebte die ''liberta'' ihre Kinder, so fiel ihr gesamtes Vermögen an den Patron.
- Hatte die Freigelassene mit ius quattuor liberorum eine Patronin, so erbte die Patronin nichts. Starb die liberta und war die Patronin die Tochter des Patrons, der die ehemalige Sklavin freigelassen hatte, so bekam die Patronin den Anteil ihres vorverstorbenen Vaters.  
+
- Hatte die Freigelassene mit ''ius quattuor liberorum'' eine Patronin, so erbte die Patronin nichts. Starb die ''liberta'' und war die Patronin die Tochter des Patrons, der die ehemalige Sklavin freigelassen hatte, so bekam die Patronin den Anteil ihres vorverstorbenen Vaters.  
 
- Der Sohn einer vorverstorbenen Patronin erhielt von der Lex Papia die Rechte eines Patrons, wenn er Kinder hatte (hier reichte ein Sohn oder Tochter).
 
- Der Sohn einer vorverstorbenen Patronin erhielt von der Lex Papia die Rechte eines Patrons, wenn er Kinder hatte (hier reichte ein Sohn oder Tochter).
  

Version vom 7. Dezember 2007, 01:24 Uhr