Gelübde

Aus Theoria Romana
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Um Hilfe von den Göttern zu erlangen, legten die Römer Gelübde ab. Die Anwendungsbereiche von Gelübden waren dabei breit gesät. Archäologisch sind besonders Gelübde im Zusammenhang mit dem Wunsch nach körperlicher Gesundheit belegt. Aber auch für die Lebensbereiche Landwirtschaft oder Familienplanung lassen sich entsprechende Gelübde feststellen. Generell schienen den Anwendungsbereichen aber keine Grenzen gesetzt gewesen zu sein.

Ein Beispiel für ein immer wiederkehrendes Gelübde war das der Consuln am Jahresanfang. In der Kaiserzeit gelobten diese am 3. Januar ein großes Opfer für das Wohl des Gemeinwesens im kommenden Jahr, gleichzeitig lösten sie das Opfer des letztjährigen Gelübdes ein.

Ritual

Im Sinne der kultischen Praxis war das Gelübde eine Umkehrung des üblichen Do, ut des. Der Gelobende bat eine Gottheit darum, ihm eine klar formulierte Bitte zu erfüllen. Für den Fall, dass die Gottheit die Bitte erfüllte, versprach er dafür eine klar definierte Gegenleistung zu einem ebenso klar definierten Zeitpunkt zu erbringen. Besonders wichtig, war die klare Definition der Bitte, der Gegenleistungen und des Zeitpunkts zur Einlösung. So weist Rüpke auf eine Diskussion unter den Pontifices, ob ein Gelübde gültig sein konnte, bei dem die Gegenleistung nur grob definiert wurde („aus der Kriegsbeute“).

Jedes Gelübde entspricht dabei einer Art Vertrag, dem sich beide Parteien – die Gottheit auf der einen, der Gelobende auf der anderen Seite – klar, deutlich und verbindlich unterwarfen. Trat der Wunsch ein, galt der Gelobende als voti damnatus (zur Erfüllung verurteilt). Er musste das Gelübde erfüllen und seinen Teil ableisten. Tat er es nicht, zog er sich den Zorn der angerufenen Gottheit zu. Für den Fall, dass das Gewünschte nicht eintrat, galt das Gelübde als erledigt. Die Gottheit hatte damit auch keinen Anspruch mehr auf die versprochene Gegenleistung. Mit Blick auf diese Verpflichtung wird die Präzision aller Teile verständlich.

Konkrete Orte für das Ablegen eines Gelübdes sind nicht nachgewiesen. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass einem Gelübde in der Regel eine längere Zeit der Vorbereitung vorausgegangen war. In dieser Zeit hatte der Gelobende Zeit, sich von den kultischen Spezialisten auszutauschen, in wie die Teile des Gelübdes aussehen sollten.

Opfergaben

Die Form und der Umfang der Gegenleistungen sind unterschiedlich. So stellten Gelobende den Göttern als Dank Opfer, Votivgaben, Altarstiftungen, Weihesteine oder Tempel in Aussicht. Als Faustregel konnte aber gelten: Je bedeutender der Wunsch, desto wertvoller auch die Gabe.

Üblicherweise lassen sich Votivgaben finden, die die ursprüngliche Bitte symbolisch abbildeten. Im Zusammenhang mit Bitten nach körperlicher Gesundheit sind Abbildungen von Körperteilen oder auch ganzen Körperpartien nachgewiesen. Beispiele hierfür sind Funde von sinnbildlichen Köpfen, Beinen oder Armen, aber auch von einem ganzen Torso. In der Landwirtschaft wiederum ließen sich Darstellungen von Herdentieren finden, die die gesamte Herde symbolisieren sollten. Als letztes Beispiel mag die Abbildung eines Kindes mit Bulla aufgeführt werden, die wahrscheinlich ein Gelübde im Zusammenhang mit einem Kinderwunsch darstellen sollte.

Handelte es sich um materiellen Dank, so wurde dieser mit der Inschrift VSLM versehen. Dies stand für "votum solvit lubens merito" (Er hat sein Gelübde gern und verdientermaßen eingelöst). Ein materieller Dank und die zugehörigen Inschriften können zudem als inoffizielle Werbemaßnahme für die Gottheit angesehen werden. Denn so wurde für Außenstehende bezeugt, dass die Gottheit einer Bitte nachgekommen und das Gelübde somit von Erfolg gekrönt war.

Devotio

Eine besondere Form des Gelübdes war das Selbstopfer (devotio). Vor einer Schlacht bot der Feldherr sich selbt als Opfer an, damit die römischen Götter seiner Armee den Sieg schenken sollten. Es wurde also zuerst das Votum eingelöst und damit die Gottheit unter die Verpflichtung gebracht, den Wunsch auch zu erfüllen. Die Selbstopferung erfolgte dadurch, dass der Befehlshaber sich den Feinden entgegenwarf, was üblicherweise den Tod zur Folge hatte. Überlebte er dies und die Römer gewannen trotzdem, so durfte er, nach augusteischer Theorie, nicht mehr in die römische Gemeinschaft aufgenommen werden. Eine Puppe, welche den Feldherrn darstellte, wurde verbrannt, er selbst wurde am Leben gelassen und fortan als Nichtbürger behandelt. Somit war aus der Sicht des Gemeinwesens das Opfer erfüllt.


Literatur

Rüpke, Jörg: Die Religion der Römer, C.H. Beck, München 2001.