Ipsa olera olla legit. - Jeder macht es so gut er es kann

  • Auf dem Forum rund um den Minerva-Tempel waren Handwerker aller Sparten zu finden. Schmiede, die Messer für den Haushalt, Fleischerbeile, Pfannen, metallene Töpfe, Roste für den Herd und Siebe anboten. Töpfer verkauften Teller, Schalen, Schüsseln, Töpfe, Becher mit und ohne Muster, mit oder ohne Glasur. Es gab einen Silber- und Goldschmied der an seinem Stand, Spiegel, Haarnadeln, Ohrgehänge, Ketten, Armreifen und Ringe anpries. Hier war alles bunt durcheinander.



    >>Casa Furia



    Das Essen, das aus der Taverne "Zum lachenden Tritonen " kam, war Tiberios so wenig genießbar vorgekommen , dass er um die Gesundheit seiner Leute fürchtete. Wider Erwarten hatte er sich nicht den Magen verdorben. Dennoch - wenn er an den alten übelriechenden Topf dachte, in dem das Essen geliefert wurde, verlor er jeglichen Hunger.
    Daher dachte er nun daran, über den Markt zu gehen, um unter den ferramenta einen neuen Liefertopf mit Deckel zu besorgen.
    Tiberios lief langsam , schaute sich Ware und Preise genau an. Er trug seine neue Tunika und seine Chlamys mit der Spange über der Schulter,, wenn auch seine Bronzetafel ihn als Sklaven auswies.
    Es durfte nur nicht zu spät werden, um zum Portus Ostiensis zurück zu kehren.
    Es hätte ein schöner Tag sein können , doch Tiberios dachte an das Handelshaus mit gemischten Gefühlen.
    Cassander und Himildo waren gute, zuverlässige Leute , aber Gorgonus sprach ,nach dem Tiberios ihn bestraft hatte, nicht wieder mit ihm.
    Es war schon so, dass er seine Anweisungen ausführte. Aber er antwortete nie und warf ihm ab und zu einen Blick zu, der seinem Spitznamen Gorgonus Ehre machte. Hätte er ihn versteinern können wie die Medusa mit dem Schlangenhaar, hätte er es wohl getan.
    Tiberios bückte sich und nahm einen Eisentopf in beide Hände, schwere, solide Ware.

  • << Baracke VII


    Scato war derjenige, der beim Astragaloi verloren hatte. So war es an ihm, den Topf für ihr Contubernium zu besorgen, damit nicht jeder nacheinander einzeln kochen musste, sondern alle gemeinsam ihre Mahlzeit zubereiten konnten. Das würde sehr viel Zeit und Abwasch sparen. Er entdeckte einen Topf, der ihm gefiel: Hübscher Topf Das Material war vermutlich irgendeine Legierung, gelb glänzend, fast golden. Das sah schön aus und zudem war der Topf ausreichend groß für je eine üppige Mahlzeit für acht ausgehungerte Urbaner. Der stabile Henkel sorgte zudem dafür, dass man den Topf auch aufhängen und gut herumtragen konnte.


    Doch noch jemand beäugte die Töpfe. Scato seinerseits beäugte nun ihn. Den kleinen Lockenschopf kannte er inzwischen gut genug, um ihn sofort zu erkennen, wenn er in sein Blickfeld geisterte, was er offenbar öfter zu tun gedachte. Erst die Thermae Agrippae und nun der Markt. Was für ein hübscher Zufall. Scato konnte sich einen kleinen Scherz nicht verkneifen. Er stellte sich ganz dicht hinter Tiberios, dann stupste er ihm mit beiden Knien in die Kniekehlen, so dass seine Beine zusammenklappten. Sofort griff Scato ihm unter den Arm, damit er nicht stürzte.


    "Hoppla", sagte er. "Wie gut, dass du mich hast."

  • Tiberios, der gerade an Gorgonus gedacht und einen Moment lang die Furcht hegte, , dass der große Sklave ihm unbemerkt gefolgt wäre , um ihn im Getümmel zu erledigen, atmete tief aus vor Erleichterung, als er Sisenna Iunius Scatos Stimme erkannte


    Dominus Sisenna Iunius Scato ! „, rief er aus und versuchte seine Nervosität zu verbergen – beinahe hätte er den Topf fallen lassen.


    Er hatte nie vergessen, dass der Römer ihn bei verschiedenen Gelegenheiten fast wie einen Gleichrangigen behandelt hatte :
    „Wie geht es dir , wenn ich das fragen darf ? Und dem anderen dominus , Manius Purgitius Lurco? "


    Tiberios stellte den Topf zu den anderen und verbeugte sich, wie es seine Erziehung erforderte , aber seine Augen leuchteten vor Freude.

  • Scato freute sich, weil Tiberios sich dermaßen freute. Diese gute Stimmung war einfach ansteckend; ihm gefiel das positive Gemüt des jungen Griechen.


    "Schön, dich zu sehen, Tiberios", gab er zurück. "Es ist Mittag und du bist hungrig. Jeder ist das um diese Zeit. Ich schulde dir noch eine Einladung. Sobald du dich für einen Topf entschieden hast, suchen wir uns etwas leckeres zu Essen."


    Er hob den Goldtopf. "Ich nehme den hier." Nachdem der Topf bezahlt war und den Besitzer gewechselt hatte, beantwortete Scato Tiberios seine Frage. "Mir geht es gut, ich bin fast durch mit der Ausbildung. Nur, wie es danach weitergehen soll, weiß ich noch nicht. Ich wollte mich von meinem Centurio beraten lassen, aber er ist ein vielbeschäftigter Mann, so dass es sich noch nicht ergeben hat. Mir schwebt eine Zusatzqualifikation als Miles Medicus vor. Vielleicht sogar irgendwann Optio Valetudinarii, falls ich dazu tauge. Mich interessieren Gesundheitsthemen und es gibt viel Verbesserungsbedarf, wo ich mich gern nützlich machen würde. Lurco ist ebenfalls fast fertig mit der Ausbildung und hat vermutlich in jeder einzelnen Disziplin Bestnoten. Ihn interessieren die Reitereinheiten, aber ich glaube, die gehören zu den Prätorianern. Da weiß ich nicht, ob man da so einfach von den Urbanern aus einsteigen kann, das müssen wir noch herausfinden."


    Er wartete darauf, dass auch Tiberios seinen Topf kaufte. "Und du? Wie geht es dir? Du wirkst ein wenig blass, oder liegt das an der komischen Sonne heute?"

  • Ich würde diesen kleineren schlichten schwarzen nehmen.“, sagte Tiberios und bezahlte seinen Topf: „Er ist ausreichend groß für vier Männer.“


    Er sah Scato interessiert an : „Welche Qualifikation brauchst du als Miles Medicus und was müsstest du tun, um ein Optio Valetudinanii zu werden? Und welche Verbesserungsvorschläge würdest du planen ? Ich würde mich freuen, darüner mehr zu erfahren, dominus Sisenna Iunius Scato .“


    Dann hörte er die Einladung des Urbaners und lächelte erleichtert :
    „ Danke dir , in der Tat bin ich hungrig , du bist sehr freundlich. Das Geld, das ich dabei habe, ist nicht für meine persönlichen Bedürfnisse bestimmt. - Wie es mir geht fragst du ?“


    Tiberios deutete auf seine neue Tunika, die Chlamys, den griechischen Mantel, und die bronzene Halskette :
    „Ich bin aufgestiegen, aber ….“
    und nun wurde er ernst , sehr ernst :
    „ ich fürchte, ich werde dem Vertrauen ,das man in mich gesetzt hat, nicht gerecht."

  • So, wie er Tiberios zu kennen glaubte, war dessen vorsichtige Andeutung seiner eigenen angeblichen Mängel in Wahrheit die Umschreibung einer totalen Katastrophe. Wenn Tiberios einem sagte, seine Lunge würde ein klein wenig kratzen, weil er von schwächlicher Konstitution sei, konnte man sicher sein, dass er von einem Vulkanausbruch sprach, der ihm mit seinen heißen Dämpfen die Lungen verbrannte. Wenn er sagte, sein unvollkommener Fuß würde ein wenig zwacken, faulte ihm das Bein weg. Und wenn er sagte, er würde dem in ihm gesetzten Vertrauen nicht gerecht ... ja, was war dann?


    "Mit den neuen Klamotten siehst du richtig schmuck aus. Zu was bist du denn aufgestiegen? Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, zum paedagogus? Oder zum magister ludi? Schreiben und kluge Dinge erzählen kannst du ja. Aber du hörst dich gar nicht glücklich darüber an. Was ist denn los?", fragte Scato besorgt.


    Er brachte Tiberios zu einer Caupona, einer Garküche, die er schon zuvor erspäht und sich vorgemerkt hatte. Sie war eingebettet in einen langen, zur Straße hin offenen Raum und endete mit einer L-Förmigen Verkaufstheke. Aus großen Amphoren, die direkt in die gemauerte Theke eingelassen waren, schenkten zwei Sklaven die dampfenden Gerichte aus. Anhand des Menschenandrangs und des Dufts schlussfolgerte Scato, dass es hier lecker schmecken müsste.


    "Such dir was aus und wehe, du nimmst mit Absicht irgendwas Preiswertes. Schau mal, sie haben hier sogar Fleischeintopf. Der sieht gut aus. Oder magst du Kuchen? Scheint gefüllt zu sein, sieht saftig aus."


    Fleisch war eines der Dinge, bei denen in der Castra ziemlich gegeizt wurde. Er für seinen Teil würde darum den Eintopf wählen. Um die Wartezeit in der Schlange ein wenig zu verkürzen, erzählte er weiter.


    "Was ich für Qualifikationen brauche, weiß ich nicht, darum wollte ich ja mit meinem Centurio, reden. Ich vermute eine theoretische Ausbildung und dann auch eine praktische im Valetudinarium. Der Optio da ist ziemlich nett und hat Humor, mit dem kann ich mir das gut vorstellen. Verbesserungsvorschläge habe ich viele! Zum einen eine Wasserspülung in den Latrinen. Die werden zwar regelmäßig ausgehoben, aber die liegen mitten in der Castra und stinken besonders im Sommer alles voll! Miasmen sagen dir sicher was. Das kann nicht gut sein. Außerdem benutzen manche dort die Xylospongia zum Abwischen der Sitzflächen, was sie schmutziger macht als vorher. Der Nächste setzt sich dann in die breitgeschmierte Scheiße. Da muss eine einheitliche Regelung her, als Tafel an die Wand, dass man so was nicht macht!"

  • „ Ich bin zum vilicus des Handelhauses Furii in Portus Ostiensis gemacht worden“, antwortete Tiberios mit Stolz und deutete eine Verbeugung an.


    Er unterbrach sich , als Scato ihm die caupona zeigte: . Die angebotenen Speisen rochen zu lecker, und ihm knurrte der Magen.
    Der Eintopf sah ausgezeichnet aus.


    "Such dir was aus und wehe, du nimmst mit Absicht irgendwas Preiswertes. Schau mal, sie haben hier sogar Fleischeintopf. Der sieht gut aus. Oder magst du Kuchen? Scheint gefüllt zu sein, sieht saftig aus.", sagte Scato.


    „Wenn ich mich dir anschließen darf, nehme ich auch den Fleischeintopf ,bitte.“, sagte Tiberios.
    Die Aussicht auf eine gute Mahlzeit begeisterte ihn aufrichtig. Fleisch war eines der Dinge, die selten auf dem Speisezettel eines armen Römers geschweige denn eines Sklaven standen


    „Miasmen sagen mir etwas.", nickte Tiberios dann, während sie warteten:
    Und dazu gehört auch das contagion – Dinge oder Gegenstände wie Kleidungsstücke oder Decken., die Krankheiten von Kranken zu Gesunden weitertragen. Platon schreibt „ Tõ, d’ au genoméno phamèn hyp’ aitíou tinòs anágken einai genésthai - Von dem Gewordenen aber sagen wir, daß es notwendig aus einer Ursache entstanden sei.“, daher müsste es doch einen ganz konkreten Weg geben, wie das Miasma später an gebrauchten Dingen haftet….. o verzeih mir, dominus Scato , ich rede zu viel.“

  • Scato schaute nach einer Sitzgelegenheit und fand sie in Form einer Treppe. "Da können wir uns zum Essen hinsetzen", fand er und tat genau das. Seinen neuen Topf stellte er an sein Fußende, damit ihn niemand klaute. "Du meinst, das Miasma kann sich auch in Decken und Kleidung verfangen? Das ist gar nicht gut! Dann wäre es umso wichtiger, dass man es aus der Latrine herausbekommt. Sonst schleppt man das ja mit der Tunika mit in die Baracke. Kann man das aus Stoffen wieder herauslösen durch Waschen oder Ausräuchern?"


    Als Tiberios sich entschuldigte, stupste Scato ihn mit dem Ellbogen an. "Hey, wir unterhalten uns. Dazu gehört notgedrungen, dass du redest. Sonst wäre das eine recht einseitige Unterhaltung. Lass es dir schmecken!" Er angelte sich ein großes Fleischstück aus seinem Eintopf und kaute es genüsslich. Sehr gut, ganz zart, nicht fasrig. "Wenn du zum Vilicus gemacht wurdest, warum meinst du, dass du dem in dich gesetzten Vertrauen nicht gerecht wirst?", hakte Scato nach, als er heruntergekaut hatte. "Ehrlich, du siehst heute zerknautscht aus. Schmuck, aber zerknautscht."

  • Tiberios setzte sich auf eine Treppenstufe ein wenig unterhalb von Scato,stellte den schwarzen Topf zwischen seine Beine und lächelte schüchtern::
    „Dominus Scato, ich kann frei sprechen, wenn du mir die Erlaubnis erteilst. Ansonsten gehört sich das nicht.
    Da du es jedoch wünschst :Ich habe gelesen, die römischen Militärärzte sind die besten Chirurgen der bekannten Welt – und sie haben große Erfahrung , um Miasmen den Operationswunden fernzuhalten. Vielleicht funktioniert das auch mit anderen Materialien. Aber wie genau, dies weißt du bestimmt besser als ich .


    Er versuchte den Eintopf – und schwieg einen Moment. Das Essen war so gut, er wollte es ganz und gar genießen. Er hatte ganz vergessen, wie Fleisch schmeckte .


    "Wenn du zum Vilicus gemacht wurdest, warum meinst du, dass du dem in dich gesetzten Vertrauen nicht gerecht wirst?", hakte Scato nach, als er heruntergekaut hatte. "Ehrlich, du siehst heute zerknautscht aus. Schmuck, aber zerknautscht."


    Tiberios spürte echtes Mitgefühl und fast stiegen ihm Tränen in die Augen. Er hatte sich noch nie jemandem anvertrauen können. Ein Diener war dafür da, Probleme seiner Herrschaft zu lösen, nicht ihr welche zu machen, so einfach war das.


    Er schluckte :
    Jeder Sklave , ganz gleich ob er zufrieden oder unzufrieden ist , denkt , dass es herrlich sein müsste, einmal zu befehlen. Ich dachte auch , das wäre einfach. Mittlerweile denke ich, dass zu befehlen schwierig ist. „, begann er :
    „Ich habe das erste Mal in meinem Leben Anweisungen zu geben . Mein dominus hat das Vertrauen in mich gesetzt, dass ich das alles hinkriege .“

    Er erläuterte die Situation :


    „Ich weiß nicht, was ich mit Gorgonus machen soll. Ich fürchte eben, ich kriege es nicht hin.“ „

  • Tief empfundenes Mitleid fand seinen Weg an die Oberfläche und spiegelte sich in Scatos Gesicht. Tiberios, der fleißige und brave Lockenkopf mit dem zarten Gesichtchen - verhauen, gequält und gedemütigt von diesem riesigen grobschlächtigem und bösartigen Muskelprotz! Zumindest war es das, was Scato sich gerade ausmalte. Sogar das Stimmchen versagte dem kleinen Griechen. So garstig Scato bisweilen auch werden konnte, wenn jemand Recht und Gesetz nicht anerkannte, bei einer so liebenswerten Person wie Tiberios zerfloss er förmlich vor Bedauern. Vermutlich, weil der Grieche einfach nur niedlich war und nichts, aber auch gar nichts Unrechtmäßiges von ihm ausging.


    "Der erste Weg wäre natürlich, mit Gorgonus zu reden. Eine Einladung zum Essen, bei der du dich allen Sklaven in ungezwungener Atmosphäre vorstellst, am besten mit viel Alkohol, wäre für den ersten Tag gut gewesen, um sich zu beschnuppern. So bist du da einfach reingeplatzt und hast die in Abwesenheit des Herrn ausgekasperte Rangordnung über den Haufen geworfen. Obendrein wird ihm nun der Sack drücken, nachdem du sein Liebchen verjagt hast. Das macht die Meisten nicht freundlicher. Du bist jünger, du bist kleiner und du bist dort allein. So lange Gorgonus dich nur ignoriert", Scato schob das gedankliche Bild beiseite, auf welchem der Grobklotz den wehrlosen Tiberios gegen eine Wand donnerte, "aber deinen Anweisungen nachkommt, ist es in Ordnung und die Sache ist noch zu retten. Bleibe ruhig, körperlich sitzt er am längeren Hebel. Hat er dich bedroht? Oder schlimmeres?"


    Scato musterte Tiberios von Kopf bis Fuß auf der Suche nach Blutergüssen, Kratzern oder Würgemalen. Trotz seines Hinweises, dass ein Gespräch die beste Lösung wäre, wusste er nur zu gut, dass es Menschen gab, die nur die Sprache der Gewalt sprachen. Und diese verstanden einen nur, wenn man in der selben Sprache antwortete. Wenn Gorgonus so einer war, dann saß Tiberios bis zum Hals in der Scheiße.

  • Tiberios, der das Leben vor Allendingen aus Schriftrollen kannte (auch wenn er sich als Alexandriner als Mann von Welt empfand ) hörte Scato gebannt zu.
    Der Urbaner hatte ja so Recht :
    Ein Einstand mit Alkohol , ein freundschaftliches Anfangs- Besäufnis, das wäre der richtige Weg gewesen, mit Gorgonus Einvernehmen herzustellen. Wie schade, dass er den dominus Scato nicht früher getroffen hatte !


    Bei der nächsten Bemerkung des Römers: „ Du bist jünger, du bist kleiner und du bist dort allein. So lange Gorgonus dich nur ignoriert"aber deinen Anweisungen nachkommt, ist es in Ordnung und die Sache ist noch zu retten. Bleibe ruhig, körperlich sitzt er am längeren Hebel. Hat er dich bedroht? Oder schlimmeres?"“
    wurde Tiberos rot, so peinlich war ihm die Angelegenheit Und er wollte Gorgonus – er betrachtete ihn trotz allem als einen von seinen Leuten – in Schutz nehmen:

    Es wäre einfacher, wenn er ein unnützer, fauler Sklave wäre. Doch Gorgonus arbeitet hart, ich sehe das durchaus. Er will nur nicht für mich arbeiten. Bedroht….nun ja…. Er hat einmal gesagt, ich sei nicht der dominus und solle aufhören , mich so aufzuspielen und – es hätte schon Unfälle gegeben – weißt du, dominus Scato, das letzte Stockwerk läuft sozusagen um das Atrium herum und ist mit einer Balustrade gesichert , damit man einen freien Blick auf das Erdgeschoss hat ...aber das wird er nicht wagen , nicht wahr? Das wäre zumindest Beschädigung des Eigentums unseren Herren.“

    Tiberios sah den Älteren unsicher an, er war froh, jemanden Erfahrenen wie Scato seine Situation schildern zu dürfen.

  • Scato legte den Löffel in die halb leere Schüssel und dachte nach.


    "Die Sache ist vertrackt. Der Mist ist, dass ich als Urbaner rein gar nichts für dich tun kann. Die Schlichtung von Streits zwischen Sklaven ist Sache des Herrn oder dessen Stellvertreter. Nur dumm, wenn der Stellvertreter selbst mit dem Streit zu kämpfen hat. Vermutlich ist Gorgonus nur ein wenig stinkig, er muffelt pro forma herum und beruhigt sich irgendwann wieder. So läuft das meistens. Es gibt allerdings einen von zehn Fällen, wo es nicht bei Drohungen bleibt. Ist Gorgonus denn schon einmal auffällig geworden in der Hinsicht? Wenn er wirklich einen Unfall planen würde, hätte er dich vermutlich nicht gewarnt - es sei denn, er ist eine völlig von seinen Affekten gesteuerte Hohlbirne. Dann kommt man mit Vernunft nicht mehr weiter, dann brauchst du wirklich Hilfe und der Kerl braucht eine auf den Deckel oder muss weg. Wobei ich mich widerum frage, warum dein Herr so jemand unzuverlässigen kaufen und dann auch noch behalten sollte. Andererseits sind Menschen nicht immer logisch."


    Immerhin hatten auch notorische Nervensägen wie Eireann und Grian einen Besitzer. Völlig abwägig war es also nicht, dass der Herr genau wusste, wen er da gekauft hatte und ihn trotzdem behielt. Einmal mehr sehnte Scato sich nach seinem guten alten Terpander. Der hätte mit Gorgonus reden können, so von Sklave zu Sklave. Er wäre wehrhaft genug, um sich nicht einschüchtern zu lassen und gleichzeitig alt und gelassen genug, um Provokationen an sich abperlen zu lassen. Leider war Terpander nicht hier und würde es auch nicht sein. Und vielleicht war das einer der Gründe, warum Scato so unstandesgemäß an dem kleinen Griechen hing. Natürlich wusste er, dass Tiberios ihn nicht zu interessieren hatte, weil er ihm nicht gehörte. Doch es gelang Scato nicht, ihn einfach als irgendeinen Sklaven zu betrachten. Das war er nicht für ihn. Früher oder später würde das zu Gerede führen, dessen war Scato sich bewusst. Aber bei ihm war Scato nicht in der Lage, die Distanz zu wahren, die angemessen gewesen wäre. Stattdessen verspürte er den Wunsch, sie endgültig beiseite zu fegen. Er wollte keine Distanz, er wollte Tiberios besitzen. Und der Gedanke, das nicht zu können, machte ihn wütend.


    Er stupste ihn an, um das finstere Schweigen zu brechen, in das er verfallen war. Er wollte doch nicht mehr grübeln. "Schau nicht so traurig, hm? Und vergiss nicht, zu essen." Scato schaufelte ebenfalls noch etwas Fleischeintopf, da Essen im Allgemeinen beruhigte. So war es auch diesmal. Als die Schüssel leer war, ging es ihm wieder besser.


    "Gibt es einen Verwandten deines Herrn, der mit Gorgonus mal reden kann? ", fuhr er fort, nachdem er den letzten Bissen runtergeschluckt hatte. "Da Gorgonus ein hart arbeitender Mann ist, denke ich, kann man durchaus an sein Pflichtgefühl appelieren. Aber dich so allein wieder in die Höhle des Löwen zu deiner Hinrichtung spazieren zu lassen ... da dreht sich mir, offen gestanden, der Magen um bei dem Gedanken."

  • Tiberios aß erstmal – solch ein Essen sollte man genießen und es war zu gut.


    Seltsamerweise fühlte er sich getröstet – der dominus Scato hatte schon wieder Recht : Gorgonus wäre zu dumm, einen " Unfall " anzukündigen und dann durchzuführen – und dumm war er nicht , eher nur roh und vermutlich einfach wütend, dass man ihm einen neunzehnjährigen Griechen vor die Nase gesetzt, der noch nie in seinem Leben körperliche Arbeit geleistet hatte.


    Tiberios war wie immer sehr vorsichtig mit dem, was er offenbarte.


    Sisenna Iunius Scato war dermaßen höher im Rang, dass es ein Wunder war, dass er sich mit ihm abgab, daher wollte er ihm keinesfalls lästig fallen.
    Trotz der Haltung des immer dienstbereiten, pflichtbewußten Scriba, zu der er erzogen worden war , konnte er nicht gut verbergen, wie sehr er den Römer mittlerweile mochte.


    Tiberios wußte nicht in wie fern Sisenna Iunius Scato Untergebene hatte, doch er fragte sich, ob der Urbaner von seiner Gabe wußte, Loyalität und Zuneigung in Menschen zu wecken. Er selbst wäre für ihn jetzt schon durchs Feuer gegangen.


    " Ich glaube nicht, dass Gorgonus jemals etwas Böses getan hat , aber er ist die Nachtwache und dazu gehört, dass er mit einem Knüppel umherläuft und furchterregend wirkt .“, sagte Tiberios:“ Das ist wohl genau der Zweck, warum er gekauft wurde. - Mit den Verwandten meines Herren sprechen – ich kenne sie nicht gut genug und will den Furiern gegenüber keinesfalls jetzt schon den Eindruck erwecken, ich sei meinem neuen Amt nicht gewachsen .“


    Er dachte weiter über Scatos Worte nach : „ Meinst du , eine Runde Wein und vielleicht ein Besuch im Lupanar könnte was ändern ? Auch jetzt noch ? …. und bitte dominus Scato, bereue es nicht, dass du mir Erlaubnis gegeben hast, zu sprechen. Ich schäme mich sehr , dass ich deine Güte und Großzügigkeit ausnutze.“

  • "Ausnutzen? Ich besteche dich mit Essen, damit du ein wenig Zeit mit mir verbringst und du sprichst von Ausnutzen? Oder willst du mir damit in deiner Sprache sagen, dass ich dich nerve?" Scato blinzelte ihm amüsiert zu. Was für ein putziges Persönchen.


    "Du hast Recht, den Herrn und seine Verwandten solltest du nur dann kontaktieren, wenn du wirklich um deine Gesundheit fürchtest. Jemand, der seine Leute anschwärzt, macht sich in der Regel nicht beliebt. Aber es gibt Fälle, wo das seine Berechtigung hat. Eine Runde Wein und ein Besuch im Lupanar würde womöglich das harte Herz des Gorgonus erweichen. Wenn er sonst nie jemandem was tat, hört er sich für mich einfach wie ein unsensibles Grobholz an, vielleicht ist er sogar ein anständiger Kerl, zumindest scheint er kein wirklicher Fiesling zu sein. Vielleicht trifft sogar das Gegenteil zu und er ist ein verkapptes Sensibelchen - womöglich hat er Angst, dass er nun, da du da bist, unter die Räder kommt und all seine geleistete Arbeit nichts mehr gilt? Manche reagieren auf Angst mit Zorn. Als Wächter kann man natürlich kein Lämmchen einstellen, so wenig wie einen Kämpfer als Scriba, das muss man bedenken. Böse muss der Gorgonus deswegen nicht sein, bloß weil er rummuffelt. Von daher finde ich deine Idee, es mit der Einladung zu probieren, ziemlich gut! So kannst du herausfinden, woran du bei ihm wirklich bist."


    Scato zögerte. Er würde Tiberios gern noch etwas sagen, doch er schaute auf seine leere Schüssel, in der noch ein paar Kräuter klebten.


    "Ich finde es spannend, dass du als Sklave nun lernen musst, Verantwortung zu tragen und Anweisungen zu geben. Bei mir ist es umgekehrt. Als Tiro sind mir nun plötzlich alle Hände gebunden. Mein Leben gehört mir nicht mehr, es gehört dem Kaiser. Viel mehr Freiheiten als du habe ich im Moment nicht. Mein Tagesablauf ist minutiös durchgeplant, ich kann gezüchtigt werden für Fehlverhalten. Ich lerne Demut ohne Widerspruch und Respekt. Niemand nimmt mir meine alltäglichen Arbeiten mehr ab, wie rasieren oder Wäsche machen und wenn doch, dann nur aus Freundlichkeit. Ich kann nichts mehr befehlen, nur um etwas bitten und im Zweifelsfall muss ich damit leben, dass mich ein Nein erwartet und alles selbst tun. Der einzige Unterschied zwischen uns beiden ist im Moment, dass ich meine Situation selbst gewählt habe und du in deine hineingeboren wurdest."

  • Tiberios hörte Scato aufmerksam zu. Er hatte schon so viele Dinge gesagt, die richtig waren, bestimmt lag er auch hier richtig.
    Es nochmal mit Gorgonus versuchen, notierte er sich in Gedanken : Auch wenn wir in diesem Leben keine Freunde werden, vielleicht reicht es für ein vernünftiges Nebeneinander.


    Manche reagieren auf Angst mit Zorn , hatte der dominus Scato gemeint.
    Tiberios hörte in sich hinein, wie er selbst reagierte, wenn er Angst hatte. Er versteckte seine Angst nicht hinter Zorn, sondern hinter seiner anerzogenen Haltung – kalte Korrektheit und fast schon beleidigende Höflichkeit.
    Auf diese Weise war er Gorgus gegenübergetreten. Vielleicht sollte er damit anfangen, ihn wie alle anderen Gorgonus und nicht bei seinem korrekten Namen Gorgus zu nennen.
    Tiberios nickte :
    „Ich werde deinen Ratschlägen folgen und etwas Neues ausprobieren“, sagte er schon wesentlich zuversichtlicher als am Anfang ihres Gespräches:


    Als der dominus Scato von seinem Stand als Tiro sprach , wurde der junge Sklave sehr nachdenklich.
    Dass diese stolzen Römer sich auf diese Weise ihrer Pflicht unterwarfen, hatte er sich nicht so
    vorgestellt . Aber er hatte sich auch das Befehlegeben anders vorgestellt.


    „ Demut ohne Widerspruch und Respekt – Roma ist wahrhaftig eine strenge domina, dominus Sisenna Iunius Scato.“, sagte er beeindruckt und dann sehr besorgt:
    „ Dürftest du als Tiro denn einen Sklaven besitzen ? Wäre ich in deinem Dienst, würde ich dir all die ungeliebten Arbeiten wie Wäsche waschen abnehmen, und du bräuchtest niemals um etwas zu bitten.“

  • Komplimente war er nun überhaupt nicht gewöhnt. Er wünschte sich einen schlagfertigen Spruch, um die Situation zu entschärfen, doch ihm fiel keiner ein. So saß er nun und musste das Kompliment unverdünnt ertragen. Etwas verkrampft wirkte sein Gesicht, dessen Ausdruck erst nach einer Weile entfernte Ähnlichkeit mit einem Lächeln erkennen ließ.


    "Ich dürfte einen Sklaven haben", sagte er schließlich. "Jedoch gehe ich nicht davon aus, dass du bei mir in der Castra leben dürftest. Außerdem wäre es Vergeudung. Du bist Scriba, mehr noch, Vilicus und das in deinem jungen Alter! Jemand mit deinem Wissen sollte nicht in der Castra einem faulen Soldaten die Wäsche waschen. Auch als Sklave kann man in Wohlstand leben und Ansehen erlangen und das wirst du, Tiberios. In dir schlummert mehr, als du heute ahnst und definitiv etwas anderes als ein gewöhnlicher Hauhaltssklave. Dein Herr hat einen Rohdiamanten für einen Spottpreis gekauft, den die Erfahrung schleift und verfeinert. Es ist kein Wunder, dass dein Herr dich nicht verkaufen will. Das würde ich auch nicht tun."


    Die Argumente galten nicht nur Tiberios, sondern auch dazu, Scato selbst davon zu überzeugen, dass der Grieche nichts in seiner Obhut verloren hatte. Scato musste sich wirklich zusammennehmen. Was schöne Frauen bei manchem Kameraden bewirkten, schaffte in seinem Falle der Grieche. Um dem entgegenzuwirken, sollte er nun aufstehen, irgendwas Lässiges zum Abschied sagen und einfach gehen.


    "Ich würde dich gern besitzen", gestand er stattdessen düster.

  • Tiberios war bewegt.
    Der Römer war wie ein dunkler See, tief und undurchschaubar, doch wenn er etwas von seinen Gefühlen zeigte, war es, als würde sich die Sonne auf der Wasseroberfläche spiegeln.


    Ob mein Herr deiner Meinung sein kann, und ich nicht versage , dominus Scato, das muss ich erst noch beweisen.“, sagte Tiberios leise:
    „In Alexandria hatte ich einen erastes – ich weiß nicht, wie weit du mit den griechischen Bräuchen vertraut bist, denn eigentlich ist diese Institution nur etwas für freie junge Männer, aber ich hatte das Glück von einem guten Menschen als Geliebter ausgesucht zu werden. Philippos - so hieß er - empfahl mir,: „ Nimm deinen Stand an .Du kannst selbst keine Macht haben, denn deine Aufgabe wird sein, einem Mächtigen das Leben zu erleichtern. Strebe nach der apatheia, der absoluten Gemütsruhe der Philosophen , und du wirst innerlich frei sein .“


    Jetzt lächelte der junge Alexandriner:
    „ Ich bin schlecht in apatheia, denn mein Gemüt ist ganz und gar nicht
    gelassen.
    „, sagte er:
    „Den Teil von mir, der nur aus freien Stücken gegeben werden kann , den besitzt du bereits, dominus Sisenna Iunius Scato !"


    Er errötete und sah zu Boden. Von Gemütsruhe war er gerade wirklich weit entfernt.
    Der standesbewußte Tiberios hoffte , Sisenna Iunius Scato würde ihn nun einfach auslachen – was solle er mit den Gefühlen eines Sklaven, der ihm nicht einmal gehörte?
    Und er hoffte gleichzeitig, Scato würde das nicht tun.

  • Scato blinzelte verunsichert. Er versuchte, zu begreifen, ob er sich gerade irgendetwas zusammenreimte. Sehr langsam sickerte durch sein Bewusstsein, dass Tiberios die Worte womöglich genau so meinen müsse, wie sie bei ihm angekommen waren. Eines klugen Mannes wie Tiberios würdig, während Scato sich gerade vorkam wie der letzte Trampel. Sein Hals war wie zugeschnürt.


    Scato konnte sehr viel reden, die meiste Zeit über sagte er dabei nichts. Seine endlosen Wortschwalle dienten dazu, die Stimmung durch Albernheiten zu heben oder die Leute auf Distanz zu sich zu halten. Man nahm an ihm war, was man hörte und das war oft Unfug, sah, wie er grinste. Dies war sein Schild, denn nur wenige kamen auf den Gedanken, dass sich dahinter ein ganz anderer Mensch verbergen mochte, der keineswegs immer guter Dinge war, der durch das Tal der Schmerzen gewandert war und dass ihm keinesfalls immer zum Lachen zumute war, wenn er lachte. Was hätte es genützt, wenn jemand dies wüsste? Doch Tiberios war einfach unter dieser Maskerade hindurchgeschlüpft und saß nun ganz dicht bei ihm, nicht nur phsysisch, sondern direkt an Scatos blanker Seele. Mit Worten, leicht wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, berührte er ihn im Innersten und Scato lief ein Hitzeschauer die Flanken hinab, der Wohlgefallen und Angst zugleich verhieß.


    Tiberios hatte es geschafft, Scato mundtot zu machen. Um ihm zu antworten - und das wollte er unbedingt - musste er etwas tun.


    Scatos Hand fuhr in Tiberios´ Genick. Er griff ihn genau dort, wo der Hals endete. Sanft bog er seinen Kopf in seine Richtung, so dass ihre Gesichter einander zugewand waren. Das war anmaßend und es stand ihm nicht zu, in dieser Weise über das Eigentum eines anderen zu verfügen. Dennoch tat er es. Er würde ihm nicht weh tun, er wollte ihm etwas zeigen. Einige Augenblicke sah Scato ihm genau in die Augen, als würde er in ihnen suchen, was Tiberios gesagt hatte, eine Bestätigung dessen, dass er ihn richtig verstanden hatte. Dann bog er ihm den Kopf ein wenig nach unten und zur Seite, die Hand änderte ihren Griff und drückte Tiberios mit sanfter Gewalt gegen seine Brust, so dass der Grieche seinen beschleunigten Herzschlag hören konnte. Einige Herzschläge lang hielt er ihn so und ließ ihn lauschen. Scato strich ihm mit dem Daumen über die Wange, ehe er den Griff wieder löste, so dass Tiberios sich aufrichten konnte.


    Stumm wie ein Fisch und mit zusammengepressten Lippen sah Scato ihn an. Dann fing er sich wieder.


    "Nein, ich weiß nicht, was ein erastes ist ... ich dachte bisher immer, das sei ein Name." Gedanklich würgte er Terpander für diese weitere Lüge. "Und soll das heißen, du hast dich freiwillig als Sklave gemeldet? Du hast dich aus freien Stücken für dieses Leben entschieden?"

  • Tiberios schloss einen Moment die Augen, als Scato ihn berührte , ihm wurde schwindlig , so tief war die Zuneigung, die er fühlte.


    Er besaß genug Geistesgegenwart , mit seinen Händen über die Tunika des Römers zu streichen, als würde er sie richten , als wäre er ein Sklave, der die Kleidung seinen dominus in Ordnung hält . Er wollte nicht, dass dieser stolze Römer wegen ihm ins Gerede geriet oder gar verachtet wurde, , das war er selbst nicht wert.
    Sklaven wie ihn konnte ein freier Mann in einem Lupanar benutzen oder wenn er sie selbst besaß, mit ihnen machen, was er wollte, aber Gefühle gegenüber einem fremden Sklaven – das war völlig unmöglich, das würde zur gesellschaftlichen Ächtung führen. Da konnte man nur noch in die Barbarenländer jenseits der bewohnten Welt auswandern.


    Sisenna Iunius Scato aber war ein Urbaner und Lupercus, stand durch seine Fähigkeiten vermutlich am Anfang einer großen Karriere – und er , Tiberios , war der Letzte, der ihm das zerstören würde. Denn er fürchtete, dass Scato ihn eines Tages dafür hassen würde.


    "Nein, ich weiß nicht, was ein erastes ist ... ich dachte bisher immer, das sei ein Name."Und soll das heißen, du hast dich freiwillig als Sklave gemeldet? Du hast dich aus freien Stücken für dieses Leben entschieden?", fragte Scato in diesem Moment .


    „Erastes, der Liebhaber und Eromenos der Geliebte, so war der griechische Brauch, immer ein älterer Mann und ein jüngerer. Der Ältere gibt dem Jüngeren alles ,was er an Erfahrung und Weisheit hat, der Jüngere tut alles dafür, den Älteren stolz zu machen. Alexander der Große meinte, ein Heer aus Geliebten wäre unbesiegbar, weil jeder für den anderen freudig sterben würde. Diese Verbindung gibt es jedoch nur für Aristokraten, natürlich nicht für Sklaven. Philippos war ein Freund meines Herren ,und er bat ihn , mich für drei Monate auszuleihen, um ihm verschiedene Texte aus dem Lateinischen zu übersetzen.
    Das hätte schlecht für mich enden können, wenn Philippos ein schlechter Mensch gewesen wäre, doch das war er nicht. Er hat mich als erastes umworben, bis ich sein eromenos wurde.
    Ich wollte sagen, dass ich unfrei geboren bin und diese Entscheidung der Götter angenommen habe. Aber denken kann ich , was ich möchte.“


    Und nun machte sich Tiberios daran, Sisenna Iunius Scato zu schützen, obwohl es ihn innerlich fast zerriss, in dem er sich selbst demontierte.


    „Damals war ich noch jünger, dominus Sisenna Iunius Scato, inzwischen bin ich älter.“, sagte er in diesem kalten schneidenden Ton, der vermutlich schon Gorgonus auf die Palme gebracht hatte:
    „Ein Sklave muss sehen , wo er bleibt. Wenn du mit mir schlafen willst, gib mir ein paar Sesterzen und dann bekomme ich das hin. Da ist nichts, was dir eine Last sein sollte, und ich bin daran gewöhnt. Also sag mir, wo und wann.“


    Und Tiberios hielt die Hand auf.




  • Scato, der eben noch die Finger von Tiberios an seiner Tunika gespürt hatte, wie sie zupften und strichen, starrte den Sklaven nun wie vom Donner gerührt an. Mit vielem hatte er gerechnet, vor allen Dingen mit einer höflichen Abfuhr, aber nicht damit, dass die Situation in kalten Geschäftssinn umschlug. Wie hart Tiberios dreinsah! Scatos Blick schwenkte einige Male zwischen dem hübschen Gesicht des griechischen Jünglings und seiner fordernd ausgestreckten Hand hin und her. Natürlich stand Tiberios eine Bezahlung für seine Dienste zu, ebenso dessen Herrn, wenn Scato die Zeit seines Sklaven vergeudete. Scato wusste das. Und doch traf ihn diese brüske Aufforderung bis ins Mark. Warum eigentlich, was hatte er erwartet? Was?!


    Er konnte nicht sagen, ob seine Wut auf Tiberios oder auf sich selbst größer war. Er war ein Narr und Tiberios eine miese Ratte. Genau so ein falsches Stück wie Terpander, dieses Ausmaß an Verlogenheit musste eine Kardinaleigenschaft aller Griechen sein. Was für ein widerliches Volk. Zum Glück würden sie nun alle beide gleich aus seinem Leben verschwunden sein.


    Scato stellte die Schüssel ab, aus der er gegessen hatte, und löste seinen Geldbeutel vom Gürtel. Alles, was noch darin war, schüttete er in Tiberios´ offene Hand. Die Münzen rieselten nur so, die Hälfte rollte über den Gehsteig, manche hopsten auf die Straße und eine genau in einen Regenabfluss, der in die Cloaca Maxima führte. Nicht nur sein eigenes Geld, sondern das das gesamte nach dem Topfkauf noch verbliebenen Guthaben der Gruppenkasse landete in Tiberios´ feinen Fingern, ehe auch noch der schlaffe Beutel auf dem Münzberg landete.


    "Ich hoffe, der Stundenlohn passt so. Wenn nicht, mach ein Schreiben fertig und gib die Rechnung in der Castra Praetoria ab. Schlag ruhig noch eine Bearbeitungsgebühr drauf. Als Vilicus solltest du mit dem Einfordern offener Posten ja vertraut sein."


    Er ließ das Geschirr auf der Treppe stehen, griff nach dem Henkel seines neuen Topfes und marschierte davon. Einige Passanten sahen ihm verwundert nach. Wenn nun irgendwer Scato dumm kam, hatte derjenige ein gewaltiges Problem, denn Scato war in der Stimmung, jemanden in der Luft zu zerreißen. Sein Herz stand in schwarzen Flammen. All dieses Gesäusel von Erastes und Eromenos und von Pan und Daphnis und wie sie alle hießen, er könnte kotzen! Er nahm sich vor, Tiberios gewaltsam aus seinem Hirn zu radieren. Ein Lupanarbesuch wäre genau das richtige, bar jedweder Gefülsduselei. Es wurde Zeit, dass er diese Lektion endgültig verinnerlichte.


    Lupanarbesuch-Versuch Nr. 2 >>

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