[Forum Boarium] Ein schrecklicher Verdacht

  • Es war bereits Abend und Caerellia war voll von Eindrücken des heutigen Tages. Für manche war dieser Besuch wohl belanglos, doch sie war begeistert. Ihr Bruder Tiberius würde sie auslachen. Sie hatte heute mit dem Custos das Forum Boarium besucht. Wegen den Tieren. Selbst in Mogontiacum war sie über den Viehmarkt geschlendert und das nur wegen ihres Custos. Artemon, ein ehemaliger Gladiator, liebte nämlich Tiere über alles. Er hätte einen perfekten Bauern abgegeben, so gut kannte er sich mit Vieh aus. Und obwohl dort nicht der angenehmste Geruch war, sah sie sich diese Geschöpfe gerne an. In Germanien gab es die unterschiedlichsten Rassen, aber mit Rom konnte sich der Markt in Mogontiacum nicht messen. Er war riesig und edle Pferde wurden hier auch angeboten. Vor allem ein pechschwarzer Hengst hatte es ihr angetan. Sie konnte natürlich nicht reiten, aber sein Temperament und seine Anmut beeindruckten sie. Er war einfach atemberaubend. Ob auch Catullus, ihr Leibwächter, großes Interesse daran zeigte, war fraglich. Es schien ihn zu langweilen. Dem war sie sich sicher. Sie sollte ihn langsam erlösen.
    "Es wird an der Zeit heim zu gehen, Catullus.", forderte sie den Sklaven auf. War da gerade ein Seufzer zu vernehmen? Sie würden sich wohl nicht gut verstehen, aber das musste sie ja auch nicht. Trotzdem warf sie ihm einen bösen Blick zu ehe sie ihre dunkelblaue Palla zurechtrückte, welche sie über eine fliederfarbene Tunika trug. Ja, es wurde langsam kühl.


    Das Marktreiben wurde weniger und die einzelnen Besucher verschwanden in den unzähligen Gassen. Es schien langsam dunkler zu werden. Für Caerellia und ihren Begleiter wurde es das schnell. Sie mussten sich sputen. "Können wir irgendwie abkürzen?", fragte sie Catullus. Soweit vertraute sie ihm, dass er sie nicht an einen gefährlichen Ort geleiten würde. Immerhin würde er mit dem Leben bezahlen, wenn seiner Domina etwas geschehen würde. "Ja. Folge mir!", antwortete Catullus und er marschierte los. Sie schritten durch eine Straße, welche vom Forum weg führte. Catullus ging dicht neben ihr. Sie ahnte nicht, dass in einem Hinterhof gerade eine Christenmesse abgehalten wurde. So dicht neben ihr. Sie ahnte auch nicht, dass die beiden Männer vor einer hölzernen Tür, an welcher sie gerade vorbei ging, Schmiere standen. Auf der Straße war nichts ungewöhnlich, als sie plötzlich Aufschreie hörte und aus dieser einen Tür unzählige Menschen herausliefen. Sie liefen um ihr Leben. Einer von ihnen rammte aus Versehen den Custos und fiel zu Boden. Er zitterte am ganzen Körper. Caerellia hielt ihm eine Hand hin, um ihm aufzuhelfen. "LOS! WEG HIER!!!", schrie eine anderen Mann und immer mehr Menschen kamen aus diesem Loch. Die Panik wurde immer größer, denn auf einmal schrie eine Frau: "SIE KOMMEN!"


    Der Mann auf dem Boden schnappte sich Caerellias Hand, sprang auf und lief davon. "Was ist hier los, Catullus?", fragte sie ihren Sklaven ängstlich. "Wir müssen hier weg. Schnell!", antwortete Catullus und sie liefen in die gleiche Richtung wie die Christen. Sie liefen wie sie in die Falle.


    Sim-Off:

    Reserviert! :)

  • Die Einheiten zogen ihre Wege, auf Befehl und Pflicht, taten sie das, wozu sie bestimmt waren. Willfährig, gar willenlos erscheinend, griffen die Prätorianer in ihrer bürgerlichen Tarnung an; nahmen sich das, was ihnen von Befehl gegeben war. Verus fühlte sich verlassen als er dem letzten Trupp vorweg ging. Seine Befehle wurden grausam und präzise umgesetzt. Die Statores hatten diese Aufgaben schon hundertfach erledigt und sie hatten Übung im Aufbringen von Menschen gewonnen. Diese Christen konnten ihr Heil nur in der Flucht suchen und dennoch würden den Prätorianer viele unschuldige Seelen in die Hände fallen, nur um ihre irrigen Plan von Herrschaft und Ordnung zu verfolgen. Holz brach, als Türen aufgestoßen wurden, während Soldatenstiefel Staub und Steinchen verstießen. Verus wirkte ruhig, während seine Augen hektisch die Umgebung absuchten. Die Spitzel hatten gute Arbeit geleistet. In letzter Zeit waren ihm und seinen herzlosen Streitern einige christliche Zellen in die Hände gefallen, um diese aus dem sozialen Gefüge zu entfernen. Verus säuberte seine Welt von niederen und feindlichen Strukturen, zumindest glaubte er das.


    Oder hoffte es zu glauben, denn mit jedem eingerissenen Unterschlupf und jedem flüchtenden Menschen, der in Panik und Furcht aufschrie, wuchs der Zweifel an seinem eingeschlagenen Weg. Dennoch war eine Umkehr ausgeschlossen, da er vorallem gegen sich selbst grausam war. Es war längst in seinem Schädel, dass die Übermacht des römischen Staates nur durch brutale Gewalt erhalten werden konnte. Einst hatte er mit Varia darüber gesprochen, bevor sie hingerichtet wurde, durch seine Hände. Er hatte ihr erklärt, warum er das tat, was er tat. Und immer wieder musste er es auch sich selbst erklären, weil diese Brutalität nicht leichter, sondern immer schwieriger wurde. Selbst Luna begann an ihm zu zweifeln, seine Geliebte hatte sich zurückgezogen, in einem stillen Gebet an ihre Götter, während er selbst in diesem Kampf verloren war. Noch einmal Rom säubern, bevor das eigene Ende kam.


    Noch einmal zuschlagen und seine Existenz beweisen, durch das angebotene Leid und das Schauspiel von Obrigkeit. Knüppel und blanke Schwerter blitzten im diesigen Licht der Laternen des Gemäuers. Das Geschreie durchbohrte seine Ohren, als die Soldaten mit kalter Ausführung ihre Befehle umsetzten. Verus musste nicht einmal eine Order geben, da seine Offiziere und Unteroffiziere ihre Handlungen beherrschten. Er selbst folgte nur, beobachtete nur und hielt sich zurück. Wie von einer Kette gezogen, schien er seinem eigenen Schicksal nicht zu entkommen, wie auch die flüchtenden Christen ihrem nicht entkommen konnten. Ihr Leid, war auch das Leid des Tiberius. Die Prätorianer packten die Menschen aus der Menge, rissen einige sogar zu Boden, während Knüppel auf gepeitschte Leiber herabsausten und schmerzvolle Stille erzwangen. Greifende Hände suchten ihre Opfer, während andere Prätorianer eine Sperrkette bildeten, um möglichst viele an der Flucht zu hindern. Dieser Unterschlupf und die antirömische Messe waren für immer beendet. Verus zog in einfacher Bewegung seine versteckte Klinge, eine kunstvolle geschmiedete Waffe aus wertvollem Stahl und blickte vorsichtig durch die aufgebrochene Tür, bevor er in das Getöse hineintrat. Überall war Schmerz und Leid, während die Prätorianer ihr Werk verrichteten.


    Gewalt war ihr Profession und vielleicht waren sie allein für die tyrannische Macht eines Kaisers verantwortlich, auch wenn sich Kaiser selten als Tyrannen sahen. Rom war zunächst immer eine Gewaltherrschaft; seit Nero und Caligula versteckten die Kaiser ihre Authorität nur. Die Gewalt erzwang Stille. Der Aufmarsch der Prätorianer vollzog diese düstere Stille, als Verus einem Widerständler, der eine Planke in die Hand genommen hatte, um seine Frau zu verteidigen, in den Rücken stach. Mit einer kräftigen Bewegung durchbohrte er Knochen, die mit einem Geräusch aufplatzten. Mit einer schnellen Bewegung riss er das Gladius heraus, während Blut darauf haftete. Der Mann sackte zu Boden und rührte sich nicht mehr, während man die Frau, die er beschützen wollte, in Gewahrsam nahm.


    "Widerstand," zischte Verus und die geleitenen Prätorianer nickten ihrem Anführer zu. Man würde dies so vermerken. Die Planke war Beweis genug für einen Angriff auf einen Mann des Kaisers, was sofortig mit dem Tode zu bestrafen war. Die Leiche würde ohnehin im Tiber verschwinden, wie auch die anderen tödlichen Opfer dieses Momentes. Die anderen verbrachte man in den carcer zur üblichen Bearbeitung. Verus war inzwischen geübt in der Abarbeitung dieser Christenfälle, auch unter Hand, sauber getrennt von der öffentlichen Wahrnehmung. Es gab immer eine gute Begründung und Tarnung für diese Aktionen. Verus trat durch eine geöffnete Tür, aus der weitere Christen geflohen zu sein schienen. Er blickte nun energischer durch und trat hinaus. "Ist die Hauptsperrkette eingerichtet?" - fragte der trecenarius einem beigetretenen Offizier, der auch eine blutige Klinge in seinen Händen hielt. "Ja, jedoch ohne Gladius, wie gewünscht. Abdrängbewaffnung," war die Antwort und Verus war zufrieden. Die entflohenen Christen rannten in eine Sperrkette aus kräftigen Prätorianern und mit Knüppel sowie Scutum. Als die ersten auf die Kette trafen, hagelte es erste Schläge auf die Schultern und Köpfe. Einige fielen zu Boden. Die Soldaten, die keine Rüstung trugen, brüllten lautstark: "Widerstand einstellen. Gebt auf," war die drastische Aufforderung. Es gab vorerst kein Entkommen, da sich die Menschenmasse am Wall zusammendrückte.

  • Sie liefen um ihr Leben. Flüchteten wie das Vieh am Markt, wenn diese zusammengetrieben wurden, damit sie einem Käufer übergeben werden konnten. Welche die Tiere züchteten, weiterverkauften oder schlachten wollten. Die Christen liefen in den Tod. Sie wusste nicht, wer sie verraten hatte. Keinem Bruder und keiner Schwester wollten sie solch einen Hochverrat zutrauen. Doch die Christen waren nicht blind in ihrer Religion und wussten, dass einige von ihnen schwächer waren und Angst um ihre Familien hatten. So kooperierten sie mit ihren Feinden. Wer würde wohl nicht so handeln, wenn es um die Menschen ging, die man liebte.


    Caerellia und Catullus konnten nicht glauben, woher auf einmal so viele Leute kamen, denn alle waren sie aus diesem Rattenloch gekrochen. Der Custos konnte eins und eins zusammenzählen. Es waren diese Christen, welche sich wohl in der Nähe versammelt hatten. Doch Caerellia hatte keine Ahnung. Sicherlich hatte sie von dieser Religion gehört und das sie eine wachsende Sekte waren. Doch hatte sie keine Ahnung gehabt, dass hinter diesen Gebäuden eben eine Messe gehalten worden war. Warum also hatten diese Menschen so panische Angst? Warum liefen sie von jemanden davon? Warum? Was war passiert? Das fragte sich Caerellia. Sie lief und lief. An ihrer Seite war Catullus. Dann wagte sie einen Blick zurück und sah wie Männer auf diese Menschen einschlugen. Sie wurden gepackt und über den Boden gezerrt. Caerellia bemerkte eine junge Frau, welche am Fuß weggezogen wurde und ihre Hände schreiend nach ihrem Kind ausstreckte. Vergebens. Catullus packte den Arm seiner Herrin. "Nicht stehen bleiben!", mahnte er sie. Doch die Iunia sah wieder um und beobachtete wie der Mann dieser armen Frau die Kehle aufschlitze. Caerellia stockte der Atem und meinte das ihr schwarz vor Augen wurde. Catullus sah das Zögern seiner Domina und zog sie mit sich.


    Sie waren unter dieser Menge, welche immer weiterlief, genau in die Sperrkette der Prätorianer. Caerellias Herz raste vor Angst und immer wenn sie sich umsah bekam sie die Grausamkeit ihrer Verfolger zu sehen. Sie schlugen auf die Flüchtigen nieder und was diese Menschen auch immer getan haben, sie mussten den ganzen Hass Roms auf sich gezogen haben. So liefen sie in die Arme des Feindes, der eigentlich nicht ihr Feind war. Vor ihr ertönten laute Aufschreie, da die Christen in der ersten Reihe mit den Knüppeln der Prätorianer bearbeitet wurden. Manche vielen zu Boden und krümmten sich vor Schmerzen. Einer der Männer schrie, das sie aufgeben sollten und es kam zu einem großen Gewusel, da die Flüchtigen in die Enge getrieben wurden. Caerellia sah zu ihrem Begleiter, auch ihm war die Todesangst anzusehen. Catullus hatte nicht nur Angst um Caerellia. Jetzt hatte er auch Angst um sein Leben. Für Caerellia war es ein finsterer Albtraum in dem sie gelandet war und der noch weitergehen sollte. Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort. Ein Fehler für den sie nichts konnte. Immer und immer weiter schlugen die Prätorianer auf die Christen ein und Caerellia schützte ihren Kopf, indem sie ihre Hände darüber hielt, obwohl es die Christen vor ihr waren, die getroffen wurden. "Wir haben nichts getan.", schrie sie. "Das werden sie uns nicht glauben.", antwortete ihr Catullus trocken.

  • Verus näherte sich mit seiner Einheit aus dem Rücken den in die Enge getriebenen "Aufständischen", wie sie absofort bezeichnet wurden. Es war eine Frage der Deklaration und Nomenklatur. Wie benannte man etwas? Verus war inzwischen recht geübt darin, die Berichte und Schriftstücke entsprechend anzupassen, dass er niemals rechtswidrig oder gegen den Kaiser handeln konnte. Aufständische waren doch stets zu bekämpfen. Und am Ende des Tages zählte nur das, was in den Akten stand. Ein Mensch konnte rein rechtlich noch leben, obwohl sein Leib längst tot im Tiber versank. Eine gesunde Praxis war diese Anpassung der prätorianischen Schriftstücke. Verus entwickelte sich immer mehr zu einem Tyrannen, der in seinem Machtbereich mit Anspruch und Macht herrschte. Die subura und die Christen verfluchten seinen Namen. Die Flüche waren jedoch Musik in seinen Ohren, der ihre Ablehnung genoss. Sein ganzes Leben war er verachtet worden, niedergehalten von Feinden und Freunden, so dass jeder Flucht in ein verkanntes Glück gewandelt wurde. Dieser Mann war verdammt zu einem Leben, welches er eigentlich niemals wollte.


    Einst war Salinator für sein Schicksal verantwortlich, nun seine eigene Familie und diese verteufelten Aurelii mit ihrer eitlen Arroganz. In Wahrheit entsprach keiner der Ansprüche beider Familien noch der Wirklichkeit. Ihre Titel und einbrechenden Vermögen konnten nicht die Macht seiner Geheimnisse ersetzen. Im Militär und allen voran innerhalb der Prätorianer hatte er etwas Besseres gefunden, als den steten Verrat durch seine eigene Familie. Verus fühlte sich verraten und verkauft an dieses Leben, welches er hier darstellte. Inzwischen peitschten die panischen Flüche gegen seine Ohren, wie einige ihm den Tod wünschten oder um ihr Leben flehten. Die Reihen waren fest geschlossen, als die Prätorianer aus dem Rücken, die ersten Leute zu Boden rissen, um diese mit einfachen Seilen zu fesseln. Bei Widerstand schlugen sie mehrfach mit ihren Knüppeln zu. Gelegentlich stachen geübte Offiziere in die Menge, so dass alsbald Blut den Boden durchtränkte und die Panik die Menschen auseinander riss. Durch die geschlagenen Lücken konnten weitere Körper aus der Menge entfernt werden, um durch gedrillte Prätorianer den Fesseln zugeführt zu werden. Die Maschine lief geordnet ab. Das Blut auf Verus Klinge war inzwischen eingetrocknet, glänzte aber noch im diesigen Licht des Sonnenunterganges. "Verdammt seist du," schimpfte ein gefesselter Christ, zu dem der trecenarius herabblickte, um diesem mit seinem Fuß fest ins Gesicht zu treten. Verus beäugte den Anblick kalt und ging weiter. "Gute Arbeit," kommentierte der Offizier die Arbeit seiner Kameraden, bevor er sein Gladius wieder in den versteckten Tragegurt führte. Das leidvolle Flehen ignorierte er. Er hatte es zu oft gehört und oft war es auch nur ein purer Reflex von verdammten Personen. Sein eigenes Flehen hatte ihm in Dakien oder Germanien auch kein Heil gebracht. Diese Welt war hart und grausam; je schneller auch diese Menschen dies begriffen, umso besser wäre es für sie.


    Nur eine Zusammenarbeit konnte sie noch retten. Auch Iunia Caerellia wurde alsbald von kräftigen Händen gepackt, einen Meter über den Boden gerissen, bevor man sie mit einem Strick fesselte. Verus stand unweit der hübschen Iunia, wenn auch abgelenkt durch eine Einteilung und eine Wachstafel, die man ihm in die Hände gedrückt hatte. Die Arbeit war erledigt. Ein Großteil der "Aufständischen" war im Gewahrsam, ein Teil verwundet und ein weiterer Teil tot. Iunia wurde aufgerichtet und in die Menge aus Gefangenen gebracht, die auf dem Boden in sitzender Pose kauerten, bis die großen Viehwagen anrollen konnten. Verus hatte auch den Abtransport bereits geplant.


    Ein Wagen traf bereits ein und dessen hölzerne Räder klapperten über den Stein. Jedoch wurde der Wagen, wie in Rom üblich, nicht von Vieh gezogen, sondern von Sklaven und hatte einen bestellten Fuhrmann, der zu Verus ging. "Salve," grüßte der Transportunternehmer, dessen Wagen für diese Unternehmung gebucht worden waren. Für ihn war es nur ein Geschäft. "Wie ich sehe, waren die Helden Roms mal wieder erfolgreich...," scherzte er bitterböse mit eitlem Zynismus. Verus wandte sich um, während einige Soldaten im Hintergrund noch ein paar widerspenstige Gefangene mit Stockhieben bearbeiteten. Deren Geschrei störte ein wenig die anbrechende Unterhaltung, so dass Verus lauter sprechen musste. "Gut, dass du angekommen bist. Die restlichen Wagen kommen auch noch?" - fragte der Offizier, der eine schnelle Abwicklung wünschte. "Ja, aber sie verzögern sich ein wenig aber du kennst das ja. Wir schaffen genug Wagen heran. Wieder zuerst die Toten?" Verus blickte zu dem kleinen Haufen an Leibern, welche gerade durch andere Soldaten auf Befehl ihres optios zusammengebracht wurden. Die Prätorianer trugen jeweils einen Körper zu zweit und warfen diesen achtlos auf den kleinen Haufen. Ein Soldat zählte mit einer Wachstafel die Toten und notierte sich Auffälligkeiten für eine spätere Bearbeitung. "Es sind ja nicht viele aber ja," war die Antwort. "Ich verstehe," sagte der Fuhrunternehmer und deutete auf seine Handlanger, die den Fuhrgriff fallen ließen, um den Soldaten zu helfen. Der kleine dickliche Unternehmer nickte Verus dankend zu und begann mit seiner Arbeit, gleichgültig ob dieser Tatsache, dass er bald Leichen transportierte. Geld stank nicht. Verus hingegen blickte wieder auf seine Tafel, während er geleitet von seinem Stab zu den Gefangenen trat, die mehr oder minder lebendig waren. Auch die Verletzten hatte man inzwischen dorthin verbracht. "Ihr alle werdet beschuldigt, gegen Rom aufgewiegelt zu haben, gegen die staatliche Ordnung revoltiert zu haben, den Kaiser beleidigt zu haben und die römischen Staatsgötter negiert zu haben," erklärte der trecenarius ohne jegliche Betonung in seiner Stimme. Schließlich blickte er von seiner Tafel auf. Nun waren gut die groben Blutflecken auf seiner Tunika zu erkennen, die sich durch den Stoff zogen, wie ein Farbmuster. Auch sein Geleit zeigte entsprechende Kampfspuren, schienen diese aber vollkommen zu ignorieren, da Soldaten es gewohnt waren, im Blut zu stehen. "Eure Gruppe ist hiermit aufgelöst," stellte er sachlich fest und gab die Wachstafel mit einer kühlen Bewegung zur Seite, wo sie von einem Adlatus angenommen wurde. Es herrschte ein georndetes und reges Treiben von einzelnen Soldaten, die alle ihre Aufgaben hatten. Es war durchdacht und zwei Soldaten räumten sogar die Trümmer zur Seite, während eine kleine Gruppe mit Besen und Lappen Blutspuren im Groben beseitigten. Die erschöpften und niedergeschlagenen Kampfeinheiten hatten sich zur Absicherung etwas zurückgezogen und gönnten sich verdünnten Wein aus mitgebrachten Karaffen. "Ihr seid Christen," sagte Verus und blickte nun Iunia direkt ins Gesicht. "Du wirkst nicht, wie dieser Abschaum," merkte er an, als er die junge Frau betrachtete. Sie wirkte in der Tat auf Verus unpassend gekleidet, wenn auch ihre Kleidung unter dem brutalen Übergriff gelitten hatte. Der trecenarius riss die Frau aus der Menge und schubste sie zwischen seinen Stab, die eine Gruppe um sie bildeten.


    Verus hatte keine Zeit für Feinheiten, da er nur ein begrenztes Zeitfenster für diesen Einsatz hatte. "Schmuck und feine Stoffe," merkte ein Offizier an und schlug mit seinem Knüppel unsanft aber nicht fest gegen ihren Oberschenkel. "Schlimm," antwortete Verus. "Jetzt haben diese Christen sogar schon Einfluss auf die noblen Familien." Doch nun war ihm auch klar, dass er diese Frau nicht einfach abfertigen konnte, ohne einen größeren Prozess. "Dir ist klar, was wir gegen dich vorbringen, Christin?" - spuckte Verus beim Sprechen. "Schade, sie wäre eine gute Sklavin," meinte ein vorbeitretener Soldat. Der trecenarius hielt inne, zog seine Vitis (jenen Disziplinarstock) und schlug dem Prätorianer kräftig auf den Rücken. "Disziplin, Miles!" Verus wirkte ungehalten, denn dieser Verstoß gegen Disziplin war in seinen Augen furchtbar. Als Centurio hatte er gelernt, jeden Verstoß gegen die Hierachie und Ordnung zu bestrafen, was er auch sofort tat. "Einen Monat Gerste und vier Stockhiebe durch deinen Centurio," befahl Verus, während der Soldat Haltung annahm. Der Centurio des Mannes eilte herbei und bestätigte den Befehl mit einem lautstarken: "Jawohl!" Danach trat Verus wieder zurück, wo die Iunia immer noch im Kreis stand. "Dein Name?" - fragte Verus nun etwas freundlicher, wobei seine Stimme immer noch laut war, da die Wehklagen und das Wimmern immer noch über dem Ort lagen.

  • Sie sollte in Roma ein neues Leben beginnen. Das war jedenfalls der Plan ihres Bruders gewesen. Wobei seine Beweggründe weitaus größere waren als die ihren. Doch hier sah sie nicht das Leben, sondern die Gnadenlosigkeit des Todes. Wie oft hatte man ihr gepredigt, wie gefährlich es in Roma war. Und sie wusste es selbst. Man glaubte in eine Stadt zu kommen, die nur so von Ordnung und Stolz trotzt und doch wurde sie von so viel Grausamkeit heimgesucht. Caerellia war immer vorsichtig gewesen. Sie war nie alleine oder mit zu wenig beschützender Begleitung in die Stadt gegangen. Eigentlich wollte sie schon längst zuhause sein. Ja, sie nannte die Domus Iunia nun ihr Zuhause. Auch wenn ihre wahre Heimat immer Germanien sein würde. Ab wann würde man sich Sorgen um sie machen? Dieser eine Tag hatte so schön angefangen. Sie hatte sogar vorgehabt heute Abend noch einen Brief nach Mogontiacum aufzusetzen, gespickt mit all ihren Eindrücken. Vielleicht sogar mehrere? Einen an ihre Eltern und einen an ihren Cousin Seneca? Und nun? Vielleicht würde sie nie mehr in der Lage sein einen Brief zu schreiben.


    Jetzt näherte sich hinter Caerellia und Catullus eine Einheit, welche in die Gruppe eindrangen und die Christen zu Boden warfen, um sie zu fesseln. Das Geschrei wurde immer lauter. Flucht war unmöglich. Immer und immer wieder schrien Christen auf und Caerellia sah wie einige der Männer mit ihren Gladii in die Menschenmenge stachen. Catullus war immer noch neben ihr. Er würde sie nicht beschützen können. Es war nicht seine Schuld, dass er ihr nicht helfen konnte. Das wusste sie. Jetzt hatte sie nur noch ihn, auch wenn sie diesen Sklaven noch nicht gut kannte und auch nicht sonderlich mochte. Doch auch das sollte sich ändern. Denn plötzlich wurde sie von einen der Prätorianern am Arm gepackt und mitgezehrt. Das alles geschah so schnell, dass sie sich gar nicht wehren konnte. "CAAAAATUUULUUUUS!", schrie sie in die Richtung ihres Custos, als sie weggezogen wurde. Aber ihr Flehen ging im Geschrei der anderen unter. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte Todesangst. Doch sie konnte sich nicht gegen den Griff des Soldaten wehren. Der Prätorianer fesselte sie und richtete sie dann auf. Ihr ganzer Körper bebte vor Angst, als sie in die Augen des Mannes blickte, der sie nun zu den anderen Christen brachte, die zusammengekauert auf ihr weiteres Schicksal warteten. Sie wurde neben einen alten Mann geschubst und sie suchte vollkommen verängstigt dessen Blickkontakt. "Fürchte dich nicht mein Kind. Wir sind niemals allein.", sagte er ruhig zu ihr. So ruhig, dass sie glaubte, er sei nicht mehr bei Verstand. Aber er war alt. Sein Leben war bald vorbei. Vielleicht lag darin seine Ruhe. Dann sah die Iunia wieder in die Richtung, aus der sie gebracht worden war. Wo blieb ihr Custos? Immer mehr Christen wurden gefesselt zusammengetrieben. Caerellia hielt immer weiter Ausschau nach Catullus und endlich wurde er zu ihnen gebracht. Der Leibwächter humpelte und Blut lief ihm über das Gesicht. Er schien sich gewehrt zu haben. Man setzte ihn auf die andere Seite der Gruppe.


    Caerellia wusste weiterhin nicht, wer diese Leute waren, unter denen sie sich befand. Doch sie war einfach nicht in der Lage zu sprechen. Sie stand unter Schock und ihr war übel. So sehr plagte sie die Angst. Dann näherte sich klappernd ein Wagen. War er für sie gedacht? Wohin würde man sie bringen? Caerellia streckte sich. Sie musste wissen, was da vor sich ging. Ein Fuhrmann sprach mit einen der Männer, der hier wohl das sagen hatte. Doch was sie sagten, konnte sie nicht verstehen. Die beiden Männer sahen zu einem Haufen aus Leichen. Weitere leblose Körper wurden herangeschafft und auf den Haufen geworfen. Caerellia war entsetzt wie achtlos sie mit ihnen umgingen, als wären sie Abfall, der beseitigt werden musste. Lange konnte sie diese Handlung nicht mitansehen. Eins wurde ihr klar: In dieser kurzen Zeit hatte sie so viel Grausamkeit gesehen, wie in ihren ganzen Leben nicht.


    Doch dann kam der Mann, begleitet mit weiteren seiner Gefolgsleuten, welcher eben noch mit dem Fuhrmann gesprochen hatte, auf die Gefangenen zu. Caerellia schreckte auf. Es ging weiter. Aber es konnte nur noch schlimmer werden. Denn seine Beschuldigung, die er ihnen vorwarf, traf auf keinen Fall bei Caerellia zu. Nichts von all dem hatte sie verbrochen. Sie war unschuldig. Sie gehörte nicht zu diesen Leuten. Wer immer sie auch waren, welche solch einen Hochverrat verbrochen hatten. Vor ihnen standen diese Schlächter, welche diese Menschen niedergemetzelt hatten wie Vieh. Ihr Anführer sprach von einer Gruppe, die nun aufgelöst sei. Die Inuit wusste nicht, von welch einer Gruppe er sprach. Aber lange konnte sie darüber nicht weiter nachdenken. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die Handlungen dieser Männer zu beobachten. Was würde als nächstes geschehen? Vielleicht war das alles nur ein Albtraum aus dem sie bald wieder erwachen würde. Alle erzitterten vor den Anblick dieses Mannes und Caerellia erstarrte, als er sie als Christen bezeichnete. Nein! Sie war keine Christin. Sie? Gerade sie sollte eine Christin sein? Sie wollte den Göttern Roms dienen und keiner fremden verbotenen Gottheit. Aber diese Männer waren Soldaten Roms und sie waren nicht ihre Feinde. Ganz im Gegenteil! Man musste ihr glauben. Als hätte er ihr Entsetzten bemerkt, blickte der Prätorianer Caerellia nun direkt ins Gesicht. Er musterte sie und ihr gefiel gar nicht was er da sagte. Doch schon packte er sie. Caerellia schrie vor Furcht auf und wurde in die Gruppe der Männer gestoßen. Ein "Nein" war zu hören, welches von Catullus kam, der aber seiner Herrin nicht helfen konnte.


    Warum hatte man sie ausgewählt? War das nun ihr Tod? Vollkommen verschreckt sah sie sich um, in die Gesichter dieser Männer. Was wollte man von ihr? Sie war unschuldig. Die Soldaten gafften sie an und einer von ihnen beurteilte ihre Erscheinung. Schon spürte sie einen der Knüppel an ihrem Oberschenkel. Er schlug nicht fest zu, doch sie wankte. Sie war so hilflos und hatte so viel Angst vor diesen Männern, dass ihr bereits eine Träne über die Wange lief. Aber was sagte er da, sie war doch keine Christin. Caerellia schüttelte den Kopf bei seinem Irrtum. Aber sie brachte kein Wort heraus. Die Gefangenen beobachteten sie und waren wohl froh, dass sie sich Caerellia herausgepickt hatten. Dann wandte sich der Offizier, der sie aus der Menge gezogen hatte, wieder ihr zu. Wie abwertend er mit ihr sprach. Voller Hass! Der vorbeischreitende Prätorianer meinte, dass sie eine gute Sklavin abgeben würde. Sie traute ihren Ohren nicht. Doch der trecenarius wies den Prätorianer sofort zurrecht und die Bestrafung folgte ebenso schnell. Caerellia zuckte zusammen, als wäre sie von dem Stock getroffen worden.
    Verus kam zurückmarschiert und Caerellia kauerte sich zusammen. Er wollte ihren Namen wissen, aber seine Worte waren für sie kein bisschen freundlicher. "Iunia Caerellia.", wisperte sie. "Ich bin keine..." Sie holte noch einmal tief Luft."„... Christin." Aber Caerellia erinnerte sich an Catullus Worte. Sie würden uns nicht glauben. "Ich kennen diesen Gott nicht. Er ist nicht mein Gott.", flehte sie weiter. Das sagten sie wohl alle! Wer war dieser Gott, der dem Imperium so sehr zusetzte, dass man Angst vor ihm haben musste? Dieser falsche Gott war schuld, dass sie nun hier war und um ihr Leben zittern musste. Nein, nicht der Gott war schuld, denn es gab ihn nicht. Seine Anhänger waren es mit ihrem blinden Wahn!

  • Rache. Ein einfacher Gedanke wurde wirksam. Nicht gegen die arme Frau gerichtet, sondern gegen jedes Ungemach und Widrigkeit dieser Stadt. Verus hatte in seiner langen Karriere als Soldat viele Städte besetzt, Dörfer niedergebrannt und bereits Erfahrung in diesem blutigen Handwerk. Er fand nicht Gefallen am Kriegshandwerk selbst, sondern an jenem Gefühl der süßen Rache an der Gesellschaft. Für ihn war alles menschliches Handeln gebunden durch Emotion und Wahn der Illusion, dass ein Mensch Bedeutung haben konnte. Niemand hatte wirklich Bedeutung, nicht einmal er selbst. Er hatte die Leichenfelder von Dakien gesehen. Deren Angesicht ließ ihn nicht mehr los. Es hatte ihn verändert. Dieser Mann hatte finsteren Schlachten erlebt und hatte in seinem Kampf mehr geopfert als nur seine Moral. Natürlich war es möglich, dass diese Frau unschuldig war aber in seinem Weltbild spielte Wahrheit keinerlei Rolle mehr. Natürlich war es gut, Fakten zu kennen aber in der Ausführung spielten kalte Erwägungen eine Rolle und jene Bestätigung, dass die Macht in der Manipulation jener Wahrheiten lag. Durch zynische Arbeit gegen die Wahrheiten, durch Lügen und Misstrauen schuf Verus ein jenes Umfeld, was ihm Macht verlieh.


    Es machte Menschen mundtot, ließ sie zornig schweigen und gleichsam ließ es sie Rache an Schuldigen, wie Unschuldigen, fordern. Jene Rache, die er schon lange lebte. Die Wut war stets ein schlechter Berater und die Prätorianer hatten diesen Berater vielen Menschen zur Seite gestellt. Diese Christenkampagne verfolgte einen klaren Zweck, und auch die Gewalt und Brutalität, die er scheinbar gegen niederen Menschen dieser Welt richtete, um einen erneuten Aufstand zu verhindern, war in Wahrheit sein Aufstand gegen falsche Eitelkeiten und die Arroganz dieser Stadt. Er opferte die Schwäche einer Trägheit gegen die Gewalt des Wandels. Verus hoffe, dass er eines Tages hinter den Leichen, Opfern und Hinterbliebenen etwas fand, was es wert war. Iunia war durch Zufall in diesen Umstand geraten. Sie konnte nichts für diese Welt. Und sie konnte mit Sicherheit nichts für die Grausamkeiten des römischen Staates. Dennoch war sie nun fest verwoben mit dem Krieg, den die Prätorianer seit ihrer Gründung führten. Gegen die Wahrheit und gegen die Freiheit. Sie dienten stets politischen Zielen und saßen einem falschen Gericht vor. Verus zeichneten in diesem Augenblick keine weichen Gesichtszüge aus. Seine Augen wirkten frostig, so als ob aus ihnen Eisblitze zucken konnten.


    "Hm!"Er betrachtete die Frau aufmerksam, fast durchschauend, so als ob er wissen würde, wer sie wirklich war. Der trecenarius hatte schon viele Menschen brechen sehen, sie reduziert auf Kernbestandteile ihrer Persönlichkeit, um diese für weitere Interessen zu verwenden. Es war genau dieser Blick, den auch der Kaiser unheimlich fand. Verus war eine unheimliche Person geworden, dessen Kameraden blind folgten, da sie wussten das hinter dieser Fassade tatsächlich etwas lauerte, was sie brüderlich verteidigte. Verus war Kamerad. Ein Diener der Gemeinschaft und kämpfte mit seinen Untergebenen auf den selben Feldern bis zum Untergang. Dies hatte er stets bewiesen. Er teilte aber nicht nur dies, sondern war auch gefürchtet für seine Netzwerke und geheimen Schatten, die mit ihrem Flüstern ein jedes Gift verbreiten konnten. Nicht ohne Grund waren mit seinem Amtsantritt viele Menschen verschwunden, die einst gegen Rom oder die Prätorianer vorgegangen waren. Die angebrachte Gewalt schauderte Verus nicht einmal mehr, obwohl er sich wünschte, etwas hierzu zu fühlen. Er wollte etwas fühlen, fern dieser Rache, aber dort war nichts mehr. Eine ferne Erinnerung an Menschlichkeit lag bei ihm und entfloh in diese entfernte Nähe. Sie war noch greifbar aber dennoch unerreichbar für einen kampferfahrenen Soldaten, der mehr sehen und erdulden musste, als viele Söhne und Töchter dieser Stadt, die sich hinter Reichtum und schicken Mauern verstecken konnten. Mit Kraft, Mut und Klugheit hatte sich Verus diese Position erarbeitet aber hierzu eine Krankheit in sein Herz gelassen, deren Tentakel nach allem griffen, was ein Herz brauchte und es gierig zerstörten. Enttäuschung war eine Bestätigung und Verus hatte jede Forderung an diese Gesellschaft eingestellt. Sollten sie ihn alle verfluchen, wie einst Sulla. Sollten sie ihn verdammen, solange sie ihn fürchteten und er seinen Weg gehen konnten. Er opferte diese kranken Weg für einen fanatischen Glauben und Dogma, dass Rom obsiegte. Nicht diese Stadt, sondern diese absolute Idee von Recht und Ordnung, die Römer gerne pflegten. Die Iunia konnte nicht verstehen, was die Fanatiker um Verus bewegte. Nicht einmal der Kaiser verstand dies vollens. Doch dieser Wahnsinn wuchs mit jedem Soldaten, der seinen Eid bei den Prätorianern leistete. Es war eine Ideologie gewachsen, die keinerlei Abweichung duldete. Es war eine Zeit angebrochen, wo Verrat nicht mehr nur politisches Mittel war. Verus war nur Wirt für eine alte Idee von Rom, die auch Sulla bewegte. Das Militär wollte die Probleme dieser Gesellschaft mit ihren Mitteln lösen; Ungerechtigkeiten mit Brutalität und Grausamkeit beseitigen. Ein ewiger Kampf um Deutungshoheit entbrannte, und doch war dies für diesen Augenblick nicht von Bedeutung, denn diese Frau war ausgeliefert. Ihr gekauerter Zustand kümmerte Verus nicht, sondern wurde nur vermerkt, wie man einen Sachverhalt schlicht notierte. Irgendetwas wollte Mitgefühl zeigen, wurde aber durch die Dominanz des militärischen Drills verboten. Dennoch erinnerte sich Verus an dieses Gefühl, dass etwas nicht richtig sein konnte. Verus richtete die Vitis gegen die Iunia, um diese gegen ihr Kinn zu pressen, damit sie ihren Kopf etwas weiter hob. Er wollte ihr Augen sehen.


    "Eine Iunia," gab er zynisch von sich und dieser Umstand kam ihm gerade gelegen, da er so einen Bonus gefunden hatte, um Einfluss auf einen der Tribuni seiner Prätorianer auszuüben; und gleichsam konnte er so Iunia Axilla eine Falle bauen, die mit einem Feind in den Reihen der Administration verheiratet war. Ein Tyrann hatte sein neues Schlachtfeld gefunden. Eine Iunia war ihm ausgeliefert aber trotz dieses feinsinnigen Umstandes, war nun Vorsichti angebracht, damit die politische Absicht und das dogmatische Interesse nicht gegen die Prätorianer gerichtet werden konnte. Die Statores dürften sich nun keinerlei Fehler erlauben und die Bearbeitung dieses Vorganges bedurfte tatsächlich weniger Brutalität, sondern mehr Manipulation, die nicht selten grausamer war, wie vergangene Opfer der Schatten in panischer Angst berichten konnten."Wer sich bei den Christen bettet, ist wohl ein Christ," erklärte der trecenarius selbstischer und lachte finster auf. Seine Lache war unehrlich und falsch; gespielt aber gleichsam verdammungswert, da sie sich gegen die Würde der Iunia richtete. Sein Stab nickte, hielt sich aber zurück, um dem Schattenmeister nicht ins Wort zu fallen. Denn sie wussten, dass nun eine andere Bearbeitungsweise angebracht ist. "Lügen," stellte Verus fest. "Ich denke, du bist schuldig, wie angeklagt," meinte der Tiberius und spuckte neben Iunia auf den Boden, weil sich etwas Schweiß mit Blut vermengt hatte und einen fürchterlichen Geschmack im Mund erzeugte. Auch Gerüche legten sich auf seine Zunge und erzeugten diesen typischen Geschmack von Konflikt. Soldaten schmeckten und rochen Krieg. Und diese Eindrücke setzten sich fest. Wenn eine Hand eine Waffe im Kampf geführt hatte, konnte sie jenes Gewicht nicht mehr vergessen und somit war jede Handlung mit dieser Hand in einen Vergleich mit dieser Schwere gewoben. Dieser Ort begann zu stinken. Das Flehen der Iunia kümmerte Verus nicht, der in seinem Schädel Pläne durchging, wie dieser Sachverhalt zu verwenden war. "Eine Hinrichtung ist wohl nicht zu vermeiden," log nun der manipulative Verus, um den Druck gegen diese Frau zu erhöhen und eine Fassade der Angst zu errichten, bevor er sie in das weitere Verfahren überführen wollte. Seine Entscheidung war bereits gefallen, während man die üblichen Arbeiten im Umfeld weiter fortsetzte. "Die weiteren Wagen sind eingetroffen," meldete ein Soldat in Verus Ohr, so dass Verus die Vitis sinken ließ. Er ließ von diesem Vorgang ab, um kurzfristig die Organisation anzuleiten. Er blickte zum Leichenhaufen, der bereits fast vollständig verladen war und blickte dann zu den anderen Wagen, die bereits herangerumpelt waren. "Centurio Pertinius," rief Verus laut und der Centurio trat herbei. "Lade die Gefangenen auf und verbringe sie mit einem Wachzug zum carcer. Ich möchte dass dieser Platz sauber und schnell geräumt wird," befahl Verus sachlich und der Centurio entgegnete gewohnt militärisch. Man begann also die ersten Gefangenen auf die Wagen zu treiben. Verus hingegen wandte sich wieder der Iunia zu und blickte sie todernst an.

  • Verus war ihr unheimlich. Sein Blick war eiskalt. In Caerellias Körper herrschte nur noch die pure Angst. Er sah nicht in ihr eine Tochter der Gens Iunia. Er sah in ihr nur die Christin und diese Christen verachtete er mehr als alles andere. Noch nie hatte ihr jemand so einen kalten Blick zugeworfen. Noch nie war sie so einer Tat beschuldigt worden. Nie hätte sie sich zu träumen gewagt, einmal des Hochverrats angeklagt zu werden. Doch nun war sie in eine Falle getappt und nur die Götter konnten sie retten. Aber würden sie ihr zur Seite stehen? Oder würden sie IHM zur Seite stehen? Ihr kamen die Worte des alten Mannes in den Sinn. Die Worte dieses Christen. Sie wären nie alleine. Doch nun fühlte sich Caerellia von allen Göttern verlassen. Sie war alleine. Niemand hielt zu ihr. Nicht einmal ihr Custos konnte sie retten. Was würde geschehen, wenn er sich einmischte? Zuletzt wäre das auch sein Tod. Der Tod war ihr auch vor wenigen Monaten erst begegnet. Sie hatte eine Seite von ihm kennengelernt. Er war allgegenwärtig und doch so fremd für sie. Man hatte Caerellia ihren geliebten Bruder genommen. Wieder einmal hatte sie gesehen wie kurz das Leben doch sein konnte. Doch war es auch eine Erleichterung, sollte sie nun sterben. Immerhin würde sie ihn wiedersehen, dort in den für Lebende unerreichbaren Gefilde. Der Tod war dann doch gar nicht so schlimm für sie.


    Was ging nur finsteres in ihr vor? Zu welche Gedanken brachte sie dieser Mann? Sich den Tod zu wünschen war unmenschlich. Sie wollte Leben. Noch so viel erleben. Doch hatte dieser Prätorianer ihr Leben in seiner Hand. Es war eine Erleichterung für sie, dass sie nicht in die Seele von Verus blicken konnte. Sie wäre daran zerbrochen. Dann hätte sie wohl auch aufgehört zu fühlen. Aber seine Kaltherzigkeit beeinflusste bereits seine Ausstrahlung. Er war eins mit der Finsternis und zog Caerellia in seine Schwärze. Wie sollte jemand der den Glauben an alles verloren hatte, einer Unschuldigen glauben? Das war unmöglich. Doch Caerellia wusste nicht wie es um den Anführer der Prätorianer stand, deshalb schöpfte sie Hoffnung.


    Sie konnte ihren Blick nicht vor ihm verstecken. Er zwang sie in sein Gesicht zu sehen, indem er mit der Vitis ihr Kinn anhob. Caerellia zuckte bei dieser Handlung zusammen und sah nun wieder seine eiskalten Augen. Sie hatte eine solche Angst vor ihm, obwohl er nicht ihr Feind war. Eine weitere Träne lief ihr über das Gesicht, welche auf den Disziplinarstock tropfte. Es mochte nicht schicklich sein zu weinen, aber das war ihr im Moment völlig egal. Es war keine Schwäche, die sie da zeigte. Sie war ihm unterlegen. Es wäre dumm tapfer zu sein, denn es lag ganz bei ihm, wie er urteilte. Ob sie leben durfte oder sterben musste.


    Er wiederholte den Namen ihrer Familie und es klang so, als würde es ihm gefallen. Wieso das so war, konnte sie nicht wissen. Sie wünschte sich so sehr, dass er in ihr keine Christin sah. Was für ein absurdes Wunschdenken. Sie bettete sich nicht zu den Christen. Sein Lachen war fürchterlich. Er lachte sie aus. Aber was machte sie zu einer Christin? Weil sie hier an diesem Ort war? Was an ihr sagte sonst noch aus, dass sie eine Christin war? Ihre Stimme? Ihr Blick? Ihre Worte? Ihr Strahlen, das er bereits verloren hatte? "Ich gehöre nicht zu ihnen.", versuchte sie sich zu verteidigen. Doch ihre Stimme war mehr ein Stimmchen. Er würde über jedes Wort urteilen, dass aus ihren Munde kam und welches von diesen Worten war wohl das richtige, dass ihm vom Gegenteil überzeugte? Aber ihre Worte ließen ihn nicht umdenken.


    Doch es war doch keine Lüge. Schuldig? Angeklagt? "Nein! Nein!", wiederholte sie immer nur und ihr Körper bebte. "Klage mich nicht für etwas an was ich nicht bin.", sagte sie verzweifelt. Er hatte aus purer Verachtung über sie auf den Boden gespuckt. Weitere Tränen liefen ihr über das Gesicht bis der wörtliche Todesstoß folgte. Verus wies auf eine mögliche Hinrichtung hin und Caerellia glaubte, dass ihr gleich schwarz vor Augen werden würde. "Bitte! Bitte! Bitte! Glaub mir doch! Ich kenne diese Leute nicht und sie kennen mich nicht.", flehte sie und spürte immer noch den Druck der Vitis. Was sagte sie da? Wie konnte sie sich sicher sein, dass unter diesen vielen Leuten keiner war, der sie kannte? Catullus war schon einer unter ihnen und natürlich würden diese Christen die Prätorianer anlügen und sagen, dass ihnen Caerellia unbekannt sei. Man würden ihnen kein Wort glauben.


    Ein Soldat machte eine Meldung und Verus ließ den Stock sinken. Caerellia senkte sofort ihr Gesicht und verbarg es hinter ihren Händen. Sie fing an bitterlich zu weinen. Die Leute des Fuhrmanns gingen weiterhin ihrer grausigen Arbeit nach und ein weiterer Wagen erreichte den Schauplatz. Als sie hörte, dass man sie aufladen und zum carcer bringen würde, weinte sie noch bitterlicher. Es entging ihr aber nicht, dass Verus sich wieder ihr zuwandte und sie wischte sich ihre Tränen ab. Sein Blick war grausam und eins wurde ihr bewusst, er hatte jetzt schon ihren Stolz gebrochen.

  • Verus rang mit sich. Nicht, weil ihn die Situation überforderte, sondern weil er sie schon zu oft erlebt hatte. Die emotionale Verfassung der Frau war ihm hingegen vollkommen gleichgültig. Niemand kümmerte sich wirklich um seine Gefühle, und die Legionen hatten ihm auch den Zugang zu einer solchen Gefühlsduselei erschwert. Härte und Stärke waren das Kredo eines Soldaten. Mit Emotionen, wie Mitgefühl oder Liebe, tötete und verstümmelte es sich schlecht. Ein Gladius konnte nur mit eisiger Präzision und Gefühlskälte ausreichend zielgerichtet geführt werden. Ein wirklich guter Soldat fühlte nichts, sondern handelte einfach. Nicht ohne Grund verschwendete die Legion sehr viel Zeit auf Abhärtung und Konditionerung, damit die Soldaten ohne großartige Emotionen in die Schlacht gingen. Es bewahrte ihn auch davor, zu viel über seine Handlungen nachzudenken oder einen Reuekomplex zu entwickeln. Leider war Verus in dieser Hinsicht kein guter Soldat. Er dachte zu viel nach. Vielleicht erlaubte ihm dies einen Zugang zu höheren Weihen aber kostete ihn zusehens seine Zuversicht und diese heimtückische Reue machte sich breit. Verus seufzte, als er sich erneut als dieses Monster fühlte, was er nun einmal war. Ein losgelassener Horror aus den Abgründen des Imperiums, gefordert und gefördert für nur einen Zweck, die Schatten der Macht zu verbreiten. Pluto hatte seine heimliche Freude an diesem Tag.


    Ihr Flehen war bekannt, erwartbar und nicht ausdrücklich neu. Gerade Frauen neigten dazu mit ihren Tränen und Emotionen, wie mit einem Maskenspiel, zu spielen, um Schaden von sich abzuwenden. Ihre Rollen wechselten sie schnell aber auch Verus wechselte seine Rollen schnell. Dies hatte er gekonnt von Sergia Fausta erlernen können, die ganz Rom mit ihrem Spiel hinter das Licht geführt hatte. Doch die causa Sergia war bereits erledigt und Verus war froh darum. Eine Spielerin weniger auf dieser furchtbaren Bühne, die Rom nun einmal war. In letzter Zeit nistete sich der bleibende Gedanken ein, dass es vielleicht in der Ferne besser war. Weit weg von den diesen Spielen, die hier alle zu pflegen suchten. Verus war mit sich im Unklaren, wie er verfahren sollte. Der Prätorianer blickte in den sich schwarz färbenden Himmel, beobachtete die vorbeiziehenden dünnen Wolken, die bereits vom Mond bestrahlt wurden. Ein nicht hässlicher Anblick. Verus hatte noch einen Sinn für Ästhetik, obwohl er durch seinen Drill praktische Lösungen stets bevorzugte. Ästhetik hatte im Leben eines echten Soldaten keinen Platz. Wuchtige Formen und Kanten dominierten seinen Alltag. Es tat gut, seinen Blick für einen Moment von diesem menschlichen Fiasko abzuwenden, welches sich hier darstellte. Diese Christen wurden zu einer echten Plage, obwohl Verus in diesem Gedanken vergaß, dass er selbst diese Plage beschworen hatte, um seine Brutalität zu installieren und zu demonstrieren. Fanatismus erleichterte Brücken in unliebsame Regionen des Handelns. Der Blick fiel wieder herab, auf die bekümmerte Iunia, welche zerbrochen und zusammengesunken vor seinen Augen verweilte.


    "Aha," machte Verus bitter. Ein spürbarer Sieg für die Schattenmänner. Ihre Tränen, ihr Weinen, würde ihr nicht helfen. Schon andere hatten versucht, Verus zur Aufgabe zu zwingen aber der trecenarius gab niemals auf, wenn seine Interessen noch umzusetzen waren. Die Iunia konnte nicht wissen, wie dieses Spiel gespielt wurde. Sie konnte noch nicht verstehen, was Rom wirklich am Leben hielt. Erst jetzt spürte der Meister so etwas, wie Mitgefühl. Er verstand, dass sie mit Sicherheit in diese Sache geraten war und er sie benutzen konnte, um weitere Interessen zu verfolgen. Diese Überzeugung war da, dass sie nützlich sein konnte. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch war. Eine Iunia an der Leine würde den Prätorianern eine weitere Familie ausliefern, wie einst die Claudia. Inzwischen waren die Claudia mit dem Stadtpräfekten eifrige Verbündete seiner Sache. Eine merkwürdige Entwicklung, dass der gerade praefectus urbi nun klar auf Seiten der Prätorianer stand, und dies auch gegen Teile der römischen Bevölkerung. Seine Pläne, die er konstruierte, waren weitreichender als die von Verus, der nur auf schlichte Kontrolle und Machenschaften setzte. Ein Tyrann herrschte nicht nur durch Brutalität. Verus blickte schweigend auf diese Frau herab, wie als ob er ein Kunstwerk betrachten würde. Er suchte etwas in ihr, was ihm einen Ratschluss für die weiteren Pläne ermöglichte. Eine polare Stille suchte ihren Weg, ließ diese Iunia ohne Antworten zurück, während die Soldaten ihr Handwerk um sie herum verrichteten. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Verus antwortete.


    "Du wirst sterben," eine Wahrheit, die jeden Menschen ereilte aber Verus würde sie nicht töten, sofern sie ihm keinen guten Grund gab. Eine Wahrheit, die nun gebraucht wurde, und in ihrer Bewertung lag. Ihr Stolz lag in Trümmern und ihre Würde war ausgeliefert. Verus und seine Handlanger hatten etwas gefangen nehmen können, was kostbar war. Nicht nur eine wohlhabende Iunia, sondern auch Wissen aus dem Hause selbst. Dies war sogar noch viel wichtiger für die paranoide Welt der Prätorianer. Sie war nützlich. "Führt sie in die Gefangenschaft ab," rief Verus lautstark, damit die Frau in ihrem Weinen dies nicht überhören konnte. "Sie erhält eine eigene und saubere Zelle," befahl Verus, als dem Schatten zwei Soldaten hinzutraten, um die Iunia fest zu packen. Man verbrachte sie zu den anderen Gefangenen, wo sie durch Zufall auch ihren Sklaven wiederfand. Es war das übliche Verfahren. Die Iunia würde bearbeitet, eingeordnet und schließlich schlussbearbeitet werden. Verus würde wohl doch nicht von seinem erlernten Weg abweichen, der kaltherzig und gerade war. Auf dem Transportwagen saßen die Christen und vermeintlichen Christen zusammengekettet durch Halsringe und ihre Hände waren fest mit jenen Seilen verbunden. Auch Iunia legte man einen Halsring aus altem Metall an, welcher einige Kratzspuren zeigte. Die Gefangenen wimmerten leise, während andere beteten und ihren Gott beriefen. Immer wieder gingen Prätorianer vorbei, um gelegentlich mit ihren Knüppeln auf die Schultern zu schlagen, um für Ruhe zu sorgen. Der Wagen würde bald in Richtung castra davonrollen.

  • Es schien so als er würde er ihre Worte gar nicht vernehmen. Verus und Caerellia befanden sich in verschiedenen Welten. Er war nicht in der Lage sie zu hören, weil er nicht konnte. Und Caerellia wusste nicht wie seine Welt geordnet war. Sie verstand ihn nicht. Alle seine Blicke waren eine Folter und Tränen war er natürlich gewohnt. Wenn jemand dazu in der Lage war, so ein Gemetzel auszuführen, der scherte sich nicht um ein paar Tränen. Keiner dieser Männer wollte ihr helfen oder würde ihr helfen. Niemand brach seinen Gehorsam gegenüber seinen Vorgesetzten. Und warum auch? Wer konnte schon mit Sicherheit sagen, dass Caerellia keine Christin sei?


    Sie flehte ihn an, doch er antwortete ihr nicht. Er betrachtete sie nur und sagte kein Wort. Es war kein Spiel, auch wenn sich Caerellia das wünschte. Er würde nicht auf einmal sagen, dass er sie angelogen habe und sie gehen durfte. Dass er nicht gleich antwortete verhieß nichts Gutes. Und schlussendlich war es auch so. Jetzt bestätigte er ihr den Tod. Natürlich dachte Caerellia nicht so weit, dass man diesen Satz auch so auslegen konnte, dass jeder einmal sterben musste. Er sprach auf jeden Fall von ihrer Hinrichtung mit diesen Christen und sie hatte schon gehört wie manche Hinrichtung dieser Art ausgeführt wurden. Kein Gott rettete sie dabei. Auch nicht dieser Christengott.


    Caerellia sank bei diesen Worten auf den Boden. Ihre Hoffnung schwand zusehends. Ihr Tod war besiegelt. Sie fragte sich, ob es weh tun würde? Sie wusste bereits die Antwort und sie flehte ihn nochmals an. "Nein...du irrst dich.", wimmerte sie und immer mehr Tränen liefen über ihr zartes Gesicht. Doch schon gab Verus lautstark den Befehl sie abzuführen. Es war zu spät. Sie hatte ihn nicht überzeugen können und ehe sie sich versah, kamen zwei Soldaten, welche die Iunia packten und zu den anderen Gefangen brachten. Sie sah Catullus nicht, denn ihr Blick war zu verschwommen. Man brachte sie auf den Transportwagen. Sie wehrte sich auch nicht mehr, als man ihr den Halsring anbrachte mit dem nun die Gefangenen zusammengekettet waren. Sie konnte ihren Kopf kaum noch bewegen. Einige der Christen begannen ihren Gott anzurufen und die Soldaten straften sie sogleich dafür. Doch das Wimmern konnten sie nicht auslöschen, als der Wagen sich in Bewegung setzte.


    Ein Mann saß ihr zur Linken und begann sie zu trösten. "Du bist tapfer gewesen, Iunia Caerellia. Und ich glaube dir.", sagte er sanft. Er wusste ihren Namen. Natürlich wusste er ihn. Jeder der Christen kannte nun Iunia Caerellia. Caerellia versuchte ihren Kopf nach links zu drehen und sah in das Gesicht eines jungen Mannes. Er war nicht älter als sie und strahlte die gleiche seltsame Zuversicht aus wie dieser Alte. Sie verfluchte ihn dafür. "Warum fürchtest du dich nicht? Niemand wird dich vor dem Tod erretten. Niemand wird dir den Schmerz nehmen, den du erleiden wirst und die Schande, die du über deine Familie bringst", antworte Caerellia schluchzend. "Weil ich auf dem richtigen Pfad bin. Ich kann ihn dir zeigen, wenn du möchtest.", antworte er ihr rätselhalft. Was für ein Dummkopf. Caerellia antwortete nicht, sondern sah diesen Mann nur ungläubig ins Gesicht und auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte, seine Worte, seine Ausstrahlung, beruhigten sie, auch wenn das Jammern der anderen Gefangenen immer lauter wurde. Vielleicht aber waren es auch nur die Worte, die sie erhoffte hatte, weil sie ihr Hoffnung schenkten. Man näherte sich in Richtung castra und jetzt sah sie auch Catullus. Er war voller Wut. Er hasste diese Leute um ihn. Ihr Custos war auf gar keinen Fall ein Christ. Der Christ neben ihr war nun ganz still. Er schien wohl zu beten und war so klug, dass er es im Stillen tat. So mochte er nun bei seinem Gott sein und Caerellia war wieder alleine. Sie sah wie einige der Gefangenen sich einnässten und andere sich übergaben. Dann schloss Caerellia die Augen. Sie wollte einfach nur schlafen. Endlos lange schlafen, um dann Zuhause in Germanien aufzuwachen. Der Wagen polterte weiter über die Straße und das Weinen der Christen hielt immer weiter an, aber Caerellia hörte es gar nicht mehr. Es lag kein Gestank mehr in der Luft, sondern Luft wie an einem kalten, klaren Wintertag und sie glaubte die Stimmen ihrer Eltern zu hören. Sie bat die Götter nie mehr aus diesem Traum zu erwachen, doch wieder erhörten sie sie nicht.

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