[Subura] Insula XXIV des Lutatius Votienus

  • Das. War. Inakzeptabel.


    Da stand sie nun, vor den sinnbildlichen Scherben ihres Lebens in Gestalt einer heruntergekommenen Bruchbude mitsamt dem obligatorischen, schmierigen Vermieter, der ihr unerhört offen auf den Hintern starrte. Als ob sie jemals so tief sinken könnte, sich mit einem fettwanstigen, mittellosen Kleingeist ins Bett zu legen. Sie war Aglaia! Naja, zumindest hieß sie jetzt so, nachdem sie sich einen Ruf erarbeitet hatte. Männer hatten Schlange gestanden, nur um ein paar Stunden mit ihr konversieren zu können! Sie war Muse gewesen von Dichtern (oder solchen, die sich dafür hielten)! Begehrt von den höchsten des Reiches! Gast im Hause vieler Senatoren!


    Gut, das war jetzt über fünfzehn Jahre her. Aber dennoch war dieses Domizil im Vergleich zur Pracht von früher schlicht und ergreifend inakzeptabel! Wie konnte es nur soweit kommen? Ah, ja, sie wusste es ja. Es war ein Fehler gewesen, sich auf nur einen Mann festzulegen. Aber Lucius war so ein herrlich anhängliches Hündchen gewesen. Er hatte ihr jeden Wunsch erfüllt und war so erfrischend eifersüchtig gewesen, wenn sie einen anderen Mann nur angesehen hatte! Ja, er war auch fett gewesen, und alt, und verheiratet, aber dafür wirklich unverschämt reich! Und sie hatte als seine Geliebte ganz offiziell auf seinem Landgut gelebt wie die Herrin des Hauses, während seine langweilige Ehefrau im stinkigen Rom jeden Tag versauerte. Lucius hatte sie mit Perlen und Juwelen geradezu überschüttet, mit feinster Seide aus dem Osten gekleidet. Sie hatte einen eigenen Sänger gehabt, der sie in den Stunden unterhalten sollte, wenn er nicht da war! Natürlich hatte Lucius den Mann für einen Kastraten gehalten, alles andere wäre seiner Eifersucht zuwider gelaufen.


    Aber dann? Warum nur hatte sie seinem Drängen an jenem Abend nachgegeben? Aglaia hatte doch gewusst, dass er immer größere Schwierigkeiten hatte, seine Potenz in Gang zu bekommen. Es hätte sie mehr wundern müssen, dass der kleine Lucius so bereitwillig seinen Dienst zu tun bereit war. Zum Glück nur hatte sie auf ihm gesessen, als Lucius auf einmal die Augen verdreht hatte und dann vollständig ermattet zurückgesunken war. Im ersten Moment hatte Aglaia noch gedacht, sein Höhepunkt hätte ihn der Ohnmacht nahe gebracht, und sie versuchte, ihn zu wecken. Erst da hatte sie bemerkt, dass sein Höhepunkt ihn wohl doch etwas weiter weg getragen hatte.
    Und diese vermaledeite Kuh von einer Ehefrau! Die Sklaven hatten ihr natürlich sogleich Bescheid gesagt, und noch ehe Aglaia all ihre Habseligkeiten hatte packen können, war die Frau mitsamt ihrem schwachsinnigen Sohn und einem Edikt des Praetors aufgetaucht und warf sie aus dem Haus! Ohne ihre Perlen, ihre Juwelen, ihre teuren Kleider. Noch nicht einmal der dumme Sänger blieb ihr! Nur das, was sie am Leib trug und das kleine Bündel, was sie zufällig in der Hand gehabt hatte, als diese Grobiane es wagten, Hand an sie zu legen und sie auf die Straße zu werfen! Sie! Als wäre sie eine gemeine, kleine Lupa!


    Und jetzt stand sie hier, in dieser stinkigen Kaschemme, die zu mieten sie gezwungen war. Das. War. Inakzeptabel. Sie brauchte dringend wieder einen wohlhabenden Geliebten.

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