• Im Norden des Vicus Apollonensis, nahe des nördlichen Stadttores, befindet sich das Haus des ehemaligen Aladecurios Manius Fabricius Tullus, der sich mittlerweile sein Geld als Fernhändler mit guten Weinen verdiente, und seiner Familie. Dazu gehörten seine Frau Aviena Narcissa, sein ältester Sohn Manius Tullus Minor, der Mitglied der Legion war, sein jüngerer Sohn Publius Tullus, ein Aedituus im Mars-Tempel und seine Tochter Fabricia Tullina.


    Neben seiner Hauptprofession als Fernhändler ist der Hausherr zudem bekannt als Förderer des Cultus Deorum und der kulturellen Einrichtungen der Stadt. In die Lokalpolitik trieb ihn aber bislang nichts, da er er immer befürchtete, dass ihm nicht mehr genug Zeit für Beruf und Familie bleiben könnte.

  • Am Tag nach dem Verschwinden Alpinas war Curio am Abend zu Gast in der Domus Fabricia. Die Einladung zu dieser Cena war bereits ausgesprochen worden, als Curio seinem guten Freund Publius Tullus von seinen Hausbauplanungen und seiner geplanten Kandidatur für das Magisteramt im Vicus Appolinensis. So erschien Curio am Abend gut gekleidet und begleitet von seinem Sklaven Acanthos bei den Fabriciern, wurde natürlich sofort eingelassen und fand sich in einer Runde mit dem alten Fabricius, seinen beiden Söhnen sowie einigen Geschäftspartnern und Bekanntes der Fabricier wieder.

  • Zum Glück hatte sich Curio in der Taberna Medica einen Trunk besorgt, der die Kopfschmerzen reduzierte, die ihm den ganzen Tag über zu schaffen gemacht hatten. Daher viel es ihm am Abend deutlich weniger schwer, den Gesprächen zu folgen und auf Einladung des Fabriciers nach der Nachspeise sowohl seine Planungen für den Wahlkampf als auch jene für den Häuserbau kurz vorstellen. Curio war dem Vater seines Freundes dankbar, dass er ihm dieses Forum bot, seine Ideen auch an ein paar führende Köpfe der Händlerschaft Mogontiacums und an ein paar ehemalige Mitglieder der Legion heranzutragen. Daher nutzte er auch die Chance, diese so ausführlich wie möglich vorzustellen, wusste aber gleichzeitig auch, dass er die Gesellschaft nicht allzu lang aufhalten wollte. Nachdem Curio geendet hatte, blickte er in die Runde, sah zustimmendes Nicken, aber auch - vor allem vom Fabricier eine gerunzelte Stirn.


    Da haste aber viel vor, Helvetius. Mit Hausbau und Wahlkampf.


    begann er die folgende Diskussion ernst, aber nicht abweisend. Natürlich hatte Curio mit dem Fabricier schon besprochen, was er grob vorbringen wollte und der Fabricier hatte bereits angekündigt, darüber mit den übrigen Gästen in eine Diskussion einsteigen zu wollen, damit Curio sich auch in der Diskussion präsentieren konnte. Zur Unterstützung stellte der alte Fabricier Curio derweil seinen jüngeren Sohn zur Seite, der ihn bei Bedarf unterstützen sollte, wenn die Fronten zu groß werden sollten.


    Ja, das stimmt wohl, Fabricius. Glücklicherweise habe ich mit Pontifex Duccius einen verlässlichen Patron, der mir im Wahlkampf alle Möglichkeiten eröffnen möchte. Den Hausbau werde ich derweil mit meinem Bruder alleine tragen.


    Erneut blickte er in die Rund und trank einen Schluck stark verdünnten Weins. Er wollte ja morgen nicht schon wieder mit einem dicken Kopf aufwachen.


    Habt'er denn schon über andere Möglichkeiten nachgedacht? Ich hab zum Beispiel 'nen guten Freund, einen ehemaligen Legionscenturio, der nach seinem Dienstende auf's Land ziehn will, aber noch'n älteres Haus in den Canabae besitzt. Das will er jetzt gerne los werden. Mit einem freundlichen Hinweis von mir macht er auch bestimmt einen guten Kaufpreis. Gut ihr müsst auch noch was reinstecken, aber es ist deutlich günstiger, als so'n ganzes Haus im Apollinensis zu bauen.


    Curio kannte Corvinus' Vorliebe für die Canabae. Allerdings gäbe es auch da noch jede Menge Probleme. Er hatte sich bislang immer auf den Vicus Apollinensis vorbereitet, er hatte ja auch immer geplant, dort zu wohnen. Allerdings wäre seinem Bruder ein Haus in den Canabae wohl deutlich lieber.


    Ihr müsst ja auch an eure Finanzen denken, denn so dicke habt ihr's ja auch nicht.


    schaltete sich nun auch Tullus Minor, der ältere Sohn des Fabriciers ein. Normalerweise war er immer recht mundfaul, doch bei solchen Gelegenheiten blühte er förmlich auf. (Curio glaubte, dass daran auch sein stolzer Weinkonsum einen guten Anteil hatte.)


    Der Vicus Apollinensis ist der wichtigste Vicus der Stadt. Außerdem würde natürlich auch mein Arbeitsweg länger.


    gab Curio wiederum zurück. Eigentlich hatte er sich auf den Vicus Apollinensis eingeschossen, zumal die Canabae auch außerhalb der Stadtmauern lagen und bei einem Überfall ungeschützt dalagen.


    Aber du kannst mir gerne den Namen des Mannes geben, mein Bruder kennt ihn bestimmt, dann können sie mal miteinander sprechen.


    Zumindest wollte er das Angebot nicht komplett ablehnen, einerseits aus Höflichkeit, andererseits aber auch, weil die Argumente der beiden Manii Tulli natürlich auch nicht von der Hand zu weisen waren.


    Aber zurück zu deinen Wahlkampf Helvetius.


    ergriff nun ein weiterer Gast das Wort, ein Händler, den Curio flüchtig vom Forum kannte.


    Ich weiß zumindest, dass die Compitalien im Norden der Stadt zwar in recht gutem Zustand sind, aber dringend mal gereinigt werden müssten. Dort könntest du vielleicht mit deinem Wahlkamp anfangen.


    Curio nickte dem Mann freundlich zu und blickte dann zu Acanthos, der sich bereits eine Notiz machte. Auch den Hinweis auf den Legionscenturio hatte der Sklave mitgeschrieben und würde bei Bedarf dran erinnern, den Namen nachzutragen.


    Mit den Compitalien ist aber auch viel Arbeit verbunden. Im Südwesten in Richtung der Canabae steht eines, das einige Macken hat.


    gab nun ein weiterer Gast zu bedenken. Dass es teuer und arbeitsintensiv werden würde, war Curio klar. Daher nickte er verstehend. Allerdings würde er sich auch über Unterstützung einiger Händler freuen.


    Ich danke dir für diesen Hinweis. Ich habe ja, sollte ich gewählt werden auch genug Zeit, die Compitalien Schritt für Schritt zu renovieren.


    So ging die Diskussion noch einige Zeit hin und her. Einwände, Unterstützungserklärungen, aber auch Anmerkungen und Verbesserungsvorschlägen wechselten sich regelmäßig ab und Curio nahm alles geduldig auf, bedachte jeden Hinweis mit einem freundlichen Dank und jeden kritischen Punkt entweder mit einer Versicherung, darüber nachzudenken, oder mit einem Gegenargument. Das eine oder andere Mal kam ihm sein Freund Publius Tullus zu Hilfe und so ging es weiter, bis der der Gastgeber die Diskussion auf die aktuelle Lage um den Tod des Kaisers lenkte.

  • Als die Diskussion auf die Verlegung der Ala Numidia und deren Umsetzung lief, musste sich Curio kurz entschuldigen, um auszutreten. Glücklicherweise hatte das Haus einen kleinen Abort, den die Gäste aufsuchen konnten. Als er aus dem Triclinium hinaus ins Atrium trat, erblickte er die fabricische Tochter, Fabricia Tullina. Sie war ein paar Jahre jünger als ihr älterer Bruder und Curio, saß verdächtig nah am Triclinium und schien höchst interessiert zu lauschen. Die Cena des Fabricius, so hatte Curio von seinem Freund Publius Tullus erfahren, waren reine Herrengesellschaften. Während sich die Hausherrin längst damit abgefunden hatte und sich stattdessen anderen Dingen widmete, schien Tullina sich damit nicht abfinden zu wollen. Da sie nicht wusste, wer heraustrat, erhob sich ruckartig, kam aber nicht mehr schnell genug weg, sodass sie Curio direkt in den Weg lief.


    Oh.. ähm... Curio hehe... Ich war grade... ähm... auf dem Weg zur... ähhh... Culina, ja... genau. Mir was kleines zu Essen holen.


    Sie grinste schief, doch es war mehr als offensichtlich, dass sie interessiert den Gesprächen der Männer im Triclinium gelauscht hatte. Curio musste schmunzeln, setzte dann aber einen mahnenden Blick auf, den er immer benutzte, wenn ein Discipulus etwas ausgefressen hatte.


    Wenn da mal nicht jemand gelauscht hat.


    sagte er trocken und wartete die Reaktion der Fabricia ab. Diese errötete, fing dann aber sofort an zu leugnen.


    Gelauscht...? Ich...? Also... nein... nie-mals. Bestimmt nicht.


    Curio trat ein paar Schritte von der Tür weg und auf Tullina zu.


    Und war was interessantes dabei?


    wechselte er dann plötzlich in den Plauderton und zwinkerte der jungen Fabricia zu. Diese musste nun ebenfalls schmunzeln und setzte sich wieder auf ihren Stuhl.


    Deine Hausbaupläne waren interessant. Ihr habt euch da ja richtig Gedanken gemacht. Aber vielleicht wäre es doch besser, wenn ihr mal bei Papas Freund vorbeischauen würdet. Und natürlich die ganze Geschichte um den toten Kaiser. Im Moment geht es ja aber nur - wie so oft - ums Militär. Das finde ich nicht so interessant.


    Die beiden kannten sich mittlerweile recht gut. Sie gehörte auch zu den wenigen, die über die Geschichte mit seinem Vater bescheid wusste, neben Tullus und Alpina. Eigentlich sah sie auch gut aus, fand Curio, und würde seine Mutter sie hier für eine mögliche Partie umschauen, wäre sie wohl ganz oben auf der Liste. Tatsächlich konnte Curio sich das theoretisch auch gut vorstellen. Ob das auf Gegenseitigkeit beruhte, wusste er bislang noch nicht. Allerdings hätte er erstmal ohnehin keine Zeit - und vor allem nicht genug Geld - sich um eine Braut zu bemühen und womöglich auch noch zu heiraten. Im Moment ging es um den Wahlkampf und den Hausbau, da floss alle Energie und alles Geld rein, was er im Moment erübrgen konnte. Zudem wollte er erst dann eine Familie haben, wenn er diese vernünftig ernähren konnte und im Moment ging er ja auch selber in allen Belangen auf dem Zahnfleisch.


    Die Häuserplanungen stehen leider immer noch kompett am Anfang. Ich habe mir den Namen au jeden Fall notiert,


    gab Curio zerknirscht zu. Es ärgerte ihn schon, dass es einfach nicht vorangehen wollte mit dem Hausbau. Aber das würde sich schon noch ändern, im Zweifel auch mit einem komplett neuen Plan.


    So, ich muss jetzt aber noch austreten.


    verabschiedete er sich kurz. Als er dann nach wenigen Momenten zurückkam, saß Tullina wieder auf ihren Stuhl.


    Worum geht es jetzt?


    fragte er ruhig.


    Immer noch die Ala...


    antwortete sie gelangweilt und kicherte leise.


    Pass auf, dass dein Vater oder einer anderen die nicht erwischt. Am besten holst du dir ein Buch oder sowas. Dann kannst du besser behaupten, du hättest was anderes gemacht.


    Dann trat er wieder zurück ins Triclinium, nahm seinen Platz neben seinem Freund Tullus ein und hoffte, dass sich das Thema bald wieder änderte.

  • Irgendwann endete auch die angenehmste Cena. Die Gästen hatten nicht mehr allzu lange über die Ala diskutiert und waren zum Ende des Abends nochmal auf den Kaiser zu sprechen gekommen, bis der Gastgeber dann irgendwann freundlich aber bestimmt das Ende des Abends einläutete. Einige der Gäste machten sich daraufhin auch auf den Weg nach Hause, Manius Minor machte sich au den Weg zurück ins Castellum und so blieben nur noch Curio, sein Freund Tullus und dessen Vater zurück.


    So, Helvetius, dann hatteste ja deine Möglichkeit, in kleinem Rahmen Werbung zu machen. Zumindest ich muss sagen, dass du mich überzeugt hast und ich kann dir versichern, dass meine Familie dich unterstützen wird. In jeder Hinsicht.


    Curio atmete erleichtert durch. Zwar war die Cena bereits ein entsprechender Fingerzeig gewesen, diese explizite Unterstützungsbekundung, die er nun von dem Fabricier bekam, war aber im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert.


    Ich danke dir sehr für deine Unterstützung, Fabricius.


    antwortete Curio daher mit zuversichtlicher Stimme, dass sein Wahlkampf mit dem heutigen Tage richtig beginnen konnte.


    Eure Hausbaupläne haben auch Hand und Fuß. Aber über den Standort eures Hauses sollte ihr nochmal nachdenken. Wie dies auch kommen sollte, auch hier möchte ich euch unterstützen, ob es euch nun in die Canabae verschlägt oder doch in den Apollinensis. Halt mich auf dem Laufenden darüber!


    Das wiederum war mehr, als Curio erwartet hatte. Ob es da vielleicht gewisse Hintergedanken gab? Solche Versprechungen gingen ja nie ohne solche impliziten Aufforderungen einher. Wahrscheinlich wollte er vor allem einen weiteren politischen Verbündeten haben, da sie sich aber jetzt schon sehr lange kannten und die Fabricier ja auch bei seiner Amtseinführungsfeier dabei waren, war das ohnehin schon besiegelt. Ob er vielleicht sogar an die Zukunft seiner Tochter dachte? Das wäre jedenfalls starker Tobak. Er blickte hinüber zu Tullus, der breit grinste. Offenbar hatte er das angeleiert und Tullus hatte IMMER irgendwelche Hintergedanken. Curio Blick wanderte zurück zum alten Fabricier und reichte ihm nun die Hand zum Abschied.


    Auch hierfür danke ich dir sehr, Fabricius. Natürlich werde ich dich darüber auf dem laufenden halten, mit deinem Sohn Publius Tullus spreche ich ja eh fast täglich.


    Der Fabricier nickte freundlich und Tullus grinste weiter vor sich hin.


    Gut, gut. Dann komm gut nach Hause, Helvetius.


    verabschiedeten sie sich nun. Curio nickte Tullus nochmal zu und verließ dann, gemeinsam mit Acanthos das Haus. Als er aus die Straße trat, hielt er kurz inne. Zumindest im Moment lief alles prächtig. Es ging voran. Endlich.

  • Und natürlich landete auch eine Einladung im Haus der Fabricier.


    Iullus Helvetius Curio | Casa Helvetia | Mogontiacum


    Ad
    Manius Fabricius Tullus
    Domus Fabricia
    Mogontiacum


    Iullus Helvetius Curio M. Fabricio Tullo et familia sua s.d.


    Hiermit laden meine Verlobte Duccia Silvana und ich dich, werter Fabricius, und natürlich auch deine Familie herzlich ein, unserer Hochzeit beizuwohnen.


    Die Hochzeit findet am ANTE DIEM V KAL SEP DCCCLXV A.U.C.* in der Villa Duccia statt und beginnt etwa um die sechste Stunde des Tages. Nach der Trauung, die nach germanischem Ritus vollzogen wird, findet eine Cena statt, der der Brautzug nach römischem Ritus zur Casa Helvetia folgt. Auch danach seid ihr noch herzlich eingeladen, den Tag bei einem Umtrunk in der Casa Helvetia ausklingen zu lassen.


    Meine Verlobte, meine Familie und ich freuen uns auf euer Kommen.


    Mögen die Götter dich und die Deinen schützen!


    Iullus Helvetius Curio
    _____________


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    Sim-Off:

    *28.08.2015

  • Als mittlerweile arrivierter Decurio der Stadt war Curio noch enger in den Kreis der Fabricierfreunde hineingewachsen, die regelmäßig im Triclinium des fabricischen Hauses zusammenkamen und über aktuelle Fragen diskutierten. Natürlich wurden hier auch Bündnisse geschmiedet, insbesondere für Wahlkämpfe, Informationen weitergegeben, Neuigkeiten ausgetauscht und grade von den älteren Teilnehmern in den guten alten Zeiten geschwelgt. Für Curio war diese Runde ein wichtiger Einflussfaktor, denn hier hatte er schon bei seinen ersten lokalpolitischen Schritte wichtige Kontakte knüpfen können, unter anderem zu dem ehemaligen Duumvir Acutius Diadematus, der mit zu den engsten Verbündeten des Helvetiers im Ordo decurionum abseits des duccischen Blocks gehörte. Nichtsdestotrotz hatte Curio dafür gesorgt, dass auch dessen Verhältnis zu den Ducciern besser geworden war. Hinzu kam, dass der alte Fabricier Curio sozusagen als Protegeé betrachtete und nahezu bei allen politischen und persönlichen Vorhaben des Helvetiers in irgendeiner Art und Weise beteiligt war. Das alles hatte Curio zweifelsohne seiner engen Freundschaft mit dem jüngeren Sohn des Fabriciers zu verdanken.


    Der heutige Abend plätscherte so ein bisschen vor sich hin. Am längsten wurde über die Folgen des frühen Wintereinbruchs diskutiert, aber auch die längst bekannten Unruhen jenseits des Limes waren ein Thema. Ein alter ehemaliger Centurio sprach sich ungehemmt für eine großangelegte Militäroperation aus, während der "allen widerspenstigen Germanen der Garaus gemacht" werden solle. Der alte Fabricier hielt, unterstützt durch den Acutier dagegen, dass das kaum zielführend sei, da eine komplette Niederschlagung auf germanischem Gebiet nahezu unmöglich sei, wie schon das allseits bekannte Beispiel des Quinctilius Varus gezeigt habe. Theatralisch zitierte er dabei den legendären Ausruf des Divus Augustus, der seine Legionen zurückgefordert hatte. Beim Thema Wintereinbruch wiederum war die Meinung recht einhellig: Der Handel und die Kommunikation in den Süden würden darunter leiden und die Provinz müsse dafür sorgen, dass sie sich in solchen Situation möglichst unabhängig halten sollten.


    Irgendwann kam dann auch wieder die Sprache auf Curios Hochzeit. Die Anwesenden gratulierten noch einmal, lobten die Zeremonieren - auch wenn da und dort missmutige Stimmen über die Übernahme germanischer Traditionen laut wurden - und fragten, ob denn schon "etwas auf dem Weg sei". Curio verneinte höflich, auch wenn er mittlerweile wusste, dass Silvana bereits schwanger war, es also bereits in den ersten Nächten geklappt haben musste. Doch hatten sie sich darauf geeinigt, es noch ein bisschen für sich zu behalten, bis die kritische Zeit vorbei wäre. Und natürllich kam der alte Fabricius auch auf die Karrierepläne Curios zu sprechen.


    Also, Curio, wie sieht es aus? Dürfen wir bei den kommenden Wahlen bereits mit einer neuen Kandidatur rechnen?


    Die Direktheit des Fabriciers haute Curio jedes Mal wieder um und so musste er erstmal einen großen Schluck Wein trinken, bevor er antwortetet.


    Ich bin noch zu jung, Tullus Maior. Bei den darauffolgenden vielleicht. Allerdings muss ich mich bis dahin auch schon nach Spezialisten umsehen. Als Aedil brauche ich ja vor allem einen schlagkräftigen Kämpfer als Custos und einen erfahrenen Ermittler für Sicherheitsfragen.


    Zwar gehörten die polizeilichen Aufgaben nicht direkt in seinen Bereich, aber dennoch waren die Aedilen auch mit Sicherheitsfragen betraut. Zudem könnte ein Ermittler den Kontakt zur Legion halten, wie auch selber bei Bedarf kleinere Ermittlungen durchführen. Der Custos wiederum wäre wohl vor allem dafür zuständig, zwei bis drei Leute anzuführen, die die Autorität der Aedilen unterstreichen und gleicheitig für deren persönliche Sicherheit sorgen sollten. Letzteres wiederum war ihm umso wichtiger, als dass er für Silvanas Schwangerschaft einen zuverlässigen Beschützer haben wollte, der gleichzeitig auch ein Auge auf Alpina und ihre Tochter haben sollte. Curio merkte nämlich schon jetzt, dass ein Lokalpolitiker nicht nur Freunde hatte.


    Ich wollte mich sowieso noch nach einem Custos umschauen, der unserem Ianitor als Beschützer des Hauses zu Hand gehen kann. Ich hatte an einen ehemaligen Soldaten gedacht, dem ich auch gerne Kost und Logis bei uns einräumen würde.


    Den Kauf eines Sklaven ließ sein momentanes Budget schlicht nicht zu, denn wenn, wollte er einen versierten Kämpfer haben, und die waren schlicht zu teuer, da sie ja auch in den Gladiatorenschulen heißbegehrt waren.


    Der Fabricier blickte einen Augenblick in seinen Weinbecher und fing dann unvermittel an, breit zu grinsen. Ein Schluck folgte, mit dem er seinen Becher komplett leerte, und gleich ließ er sich von einer Sklavin, die im Hintergrund stand, nachschenken.


    Sag mal, Praeconinus, kannst du dich noch an Bestia erinnern? Vielleicht kennst du ihn auch noch als Roderiq.


    Mit einer Hand griff er zu der Essensplatte in der Mitte und ließ dann ein halbes gekochtes Ei in seinem Mund verschwinden. Der Angesprochene, einer seiner ehemaligen Kameraden von der Ala, fing ebenfalls an zu grinsen und nickte dann nachdrücklich.


    Natürlich, natürlich. Bestia!


    antwortete er. Sein Nicken ging in ein nostalgisches Kopfschütteln über und da er schwieg, setzte der alte Fabricius an.

  • Bestia kam gebürtig aus Belgica, doch hatte es ihn als romanisierten Peregrinus in den Dienst des Reichs gezogen, um - wie so viele andere - das Bürgerrecht zu erwerben. Daher hatte er im nächstgelegenen Castellum angeheuert und war als Soldat zu den Grenzkohorten versetzt worden. Im Laufe seiner Dienstzeit hatte er sich vor allem durch seine Kampfstärke zu einem wichtigen Soldaten der Grenzkohorte gebracht. Regelmäßig war er in den ersten Schlachtreihen eingesetzt worden, wenn es zu Zusammenstößen gekommen war. Der alte Fabricier und sein Kamerad hatten den Mann kurz vor dem Erwerb des Bürgerrechts während ihrer Erkundungsritte am Limes kennengelernt und sich gewissermaßen mit ihm angefreundet. Doch war ihm ein weiterer Aufstieg verwehrt geblieben, sodass er nach dem Erwerb des Bürgerrechts das Ende seiner Dienstzeit abgewartet und anschließend den Abschied eingereicht hatte. Seitdem verdingte er sich als Helfershelfer und Söldner in privaten Diensten seinen Lebensunterhalt, der aber eher dürftig ausfiel, wie der alte Fabricius schilderte.


    Curio hörte dem Vater seines Freundes konzentriert und interessiert zu, musste dann aber doch irgendwann nachfragen, da ihm der Name doch seltsam vorkam.


    Aber er heißt doch nicht wirklich Bestia, oder? Ich mein, wer will schon freiwillig so genannt werden?


    fragte er also und blickte in die Gesichter der beiden Alaveteranen. Es war wieder der Kamerad des Fabriciers, der ihm antwortete.


    Doch, doch. Er heißt Bestia: Galeo Vedius Bestia.


    Curio runzelte die Stirn. Das klang ja sehr vertrauenswürdig. Ein Mann, der sich bei seiner Einbürgerung freiwillig als Bestie bezeichnet? Und eine solche Bestie sollte dann auch noch auf seine Familie aufpassen? Allerdings stellte nun der Fabricius noch etwas klar.


    Eigentlich heißt er Roderiq. Bestia war lediglich ein Spitzname, der ihm in seiner Kohorte gegeben wurde. Warum er ihn allerdings auch als Cognomen gewählt hat, kann ich dir nicht sagen.


    führte der Alte aus und trank einen weiteren Schluck Wein.


    Jedenfalls ist er schwer in Ordnung und seinen Arbeitgebern gegenüber absolut loyal. Da kommt bei ihm der Ethos des römischen Soldaten durch.


    Curio nahm nun seinerseits seinen Becher und trank einen großen Schluck. Er kannte den Loyalitätsethos der Soldaten sehr gut, wahrscheinlich war er selbst so sehr davon geprägt, dass er selbst kleinste Indiskretionen schon als Vertrauensbrüche wertete. Zudem hatte ihm dieser während der ganzen Geheimnistuerei um seine Beziehung zu seiner heutigen Frau extrem zu schaffen gemacht. Nachdenklich blickte er in seinen Becher und drehte ihn leicht, sodass der Wein in ihm einen kleinen Strudel bildete.


    Wo kann ich diesen Roderiq denn finden?


    fragte er irgendwann nach einer kurzen Pause und blickte zwischen den beiden Männern hin und her.


    Ich werde mich für dich umhören, Curio, und dir dann eine Nachricht zukommen lassen. Wir können ihn dann aufsuchen, allerdings nur zu zweit, da er auf Fremde manchmal nicht gut zu sprechen ist.


    versprach der alte Fabricius und lachte dann laut auf, als er die Pointe eines Witzes mitbekam, der soeben zu seiner linken erzählt worden war. Schnell wechselte er das Thema und sorgte dafür, dass der Witz erneut, dieses mal aber lauter, wiederholt wurde.

  • Curio hatte sich nach dem Angriff auf ihn, seiner Abwesenheit auf dem Landgut und zuletzt durch die kurzzeitige Trennung von Silvana etwas rar gemacht bei den Cenae seines Mentors Fabricius Tullus Maior. Bei den letzten Treffen hatte er sich daher auch erstmal wieder in die Diskussionen einfinden müssen, die oft auf Gespräche bei vorhergehenden Treffen verwiesen, die er natürlich verpasst hatte. So langsam wurde es wiede besser und grade das heutige Treffen konnte und wollte sich der Helvetier nicht entgehen lassen, denn vor wenigen Tagen war sein Patron zum neuen Flamen der Provinz ernannt worden und natürlich wurde es auch an diesem Abend thematisiert.


    Natürlich war eine Nachfolge von Sulpicius unvermeidlich. Er ist doch in den letzten Jahren doch kaum noch in Erscheinung getreten und wenn, dann nur noch, um ihm unliebsame Kulte zu schikanieren. Es war für mich schon eine Überraschung, dass er bei der Amtseinführung von Duccius Verus anwesend war. Deswegen kann ich für mich nur festhalten, dass wir mit dem neuen Flamen deutlich besser aufgestellt sind.


    argumentierte Curio in die Gruppe hinein, recht offen, wie es für die Treffen üblich war, da es zum Ehrenkodex der Mitglieder gehörte, das hier besprochene innerhalb dieser vier Wände zu belassen. Andernfalls hätten Fabricius und die übrigen Anwesenden wahrscheinlich auch ihre Konsenzen gezogen und die gegenseitige Unterstützung umgehend eingestellt, was mit Blick auf einige hochrangige Mitglieder der Runde durchaus zu Problemen führen konnte. Abseits des duccischen Einflusses wusste Curio nämlich sehr gut, dass er zum Beispiel das gute Ergebnis im Vicus Navaliorum bei seiner letzten Wahl vor allem den hier geknüpften Kontakten zu verdanken hatte.


    Für die Neuen hier: So sieht die mustergültige Unterstützung eines Klienten für seinen Patron aus.


    antwortete der alte Fabricier süffisant, trank einen großen Schluck aus seinem Becher und ließ dem ein Stück Hühnchen folgen. Curio blickte zu dem ehemaligen Reiteroffizier und schüttelte mit einem leichten Grinsen seinen Kopf.


    Selbst wenn ich nicht Verus' Klient wäre und darüber hinaus auch sein Schwiegersohn, das soll natürlich nicht unter den Tisch fallen, hätte ich für die Ablösung von Sulpicius plädiert. Dass nun allerdings mein Patron sein Nachfolger wird, freut mich derweil natürlich umso mehr.

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