[Trans Tiberim] Tarpeia – Ein Stück von Liebe und Wahn

  • Während in den großen Theatern der Hauptstadt eine Tendenz zu aufwendig ausgestatteten Spektakeln herrscht, zu Pomp, Materialschlachten und grellen Effekten für die breite ungebildete Masse, verbirgt sich in der alternativen Theaterszene Roms so manches rare Juwel. Das Pegasus-Theater in Trans Tiberim ist eines von ihnen. Weder fegen hier Reiterschwadronen über die Bühne, noch fliegen Olympier an einem Kran von der Decke. Hier herrscht der Geist des wahren Künstlertums! Schwer zu sagen, ob das Theater nun so modern ist, dass es schon wieder traditionell ist, oder so traditionell, dass es schon wieder modern ist. Jedenfalls ist es enorm angesagt unter Kennern und solchen die diesen Anschein erwecken möchten, sowie ganz allgemein unter jungen hippen (aus der Provinz zugezogenen, sich aber als Ur-Römer gebärdenden) Trans-Tiberim-Bewohnern...
    Mag das Gebäude, hinter einer Amphoren-Manufaktur und neben einem Wettbüro gelegen, auch schäbig sein, die hölzernen Sitzbänke hart, und die Inszenierungen bisweilen etwas arg ambitioniert – das Theater ist en vogue. Die Stars des Ensembles sind zum einen der griechische Libertus Leophanes, dessen zarte Interpretation der Iphigenie legendär geworden ist (und dessen neueste ruchlose Liebesaffären immer viel Material für Klatsch und Tratsch bieten), sowie der klassische Schauspieler Cnaeus Cluvius Philonicus, berühmt für seine Intensität, seine düstere Glut, und verklärt von dem Gerücht, er stamme aus der Nobilitas, der Familie des Konsuls Cluvius Rufus, der einst der Herold Kaiser Neros war. Cluvius Philonicus nun, so sagt man, habe dieser edlen Herkunft entsagt, und es aus echter Liebe zum Theater in Kauf genommen, als Schauspieler infam zu werden, die Ehrenrechte eines römischen Bürgers zu verlieren.


    Aushänge und Grafitti in der Stadt kündigten die Premiere eines neuen Stückes an:


    "Tarpeium nemus et Tarpeiae turpe sepulcrum fabor
    et antiqui limina capta Iovis..."
    *


    Das Pegasus-Theater präsentiert:
    Tarpeia – Ein Stück von Liebe und Wahn
    frei nach Propertius
    Premiere an den Kalenden des Dezember, zur sechsten Stunde


    es spielen:
    Leophanes als Vestalin Tarpeia
    Cnaeus Cluvius Philonicus als Feldherr der Sabiner Titus Tatius
    Lafrenianus Nasica als Kommandant des Kapitols Spurius Tarpeius
    Symnus als Romulus
    (...)



    *Von Tarpeias Hain will ich künden, und Tarpeias schmählichem Grabmal, und wie Iuppiters alte Festung erobert wurde.

  • Tarpeia. Ein Stück von Liebe und Wahn. Der Name des Cluvius Philonicus stand in einer der Hauptrollen ebenfalls in der Ankündigung und Dives schwante, dass dies kein sonderlich gutes Omen war. Und dennoch wagte sich der Iulier schlussendlich doch reichlich spät, erst kurz vor Beginn der Vorstellung in das Pegasustheater in Trans Tiberim. Dabei trug er ein Gewand, über das er sich zuvor einige Zeit lang den Kopf zerbrochen hatte: Grün als Farbe der Hoffnung hatte er beispielsweise von Beginn an ausgeschlossen für sein Outfit. Gelb war eine Farbe, die er ganz generell nicht als Kleidungsfarbe mochte. Zudem wäre sie als Farbe der Eifersucht ebenfalls alles andere als eine optimale Wahl gewesen. Blautöne indes trug er doch hauptsächlich zu Veranstaltungen der Veneta sowie entsprechend anlässlich irgendwelcher Wagenrennen. Und dies wiederum erinnerte ihn an die von zwei weißen Rössern gezogene Biga, auf welcher Serapio ihn am Festtag der Fors Fortuna einst entführt hatte. Auch diese Farbe schied damit kategorisch aus. Gleiches galt für Rot als Farbe der Liebe sowie irgendein feurig flammendes Orange. Und so griff der Iulier schlussendlich zu einer vermutlich doch etwas gewagteren Garderobe - vielleicht passte er damit ja auch ein bisschen besser zum sonstigen 'modernen' Publikum: In einem hauptsächlich schwarzgrauen Gewand erschien er im Theater. Nur hier und dort 'glimmte' ein fades und kraftloses Orange auf, welches wohl abgestimmt war auf die zu dieser Jahreszeit doch allmählich etwas dunelblonder werdenden Haare des Iuliers. Der sonstige Schnitt der selbstredend speziell zum heutigen Anlass erworbenen Kleidung erinnerte indes bewusst eher an die Mode des letzten Jahres. Dives wollte hier schließlich keineswegs den Eindruck erwecken, als wenn er sich extra für ein Treffen mit Serapio komplett neu hatte einkleiden lassen! Es reichte schon, dass man den Klamotten von Nahem vermutlich doch ansah, dass sie bis heute in der Tat ungetragen waren.


    Im Innern des Theaters sodann, an der rechten Seite der Zuschauerränge, blieb Dives erst einmal etwas unschlüssig stehen und blickte durch das aus seiner Sicht doch etwas unübersichtliche Publikum. Wenn er sich jetzt hinsetzte, dann würde Serapio ihn gewiss nicht finden, überlegte er sich. Blieb er jetzt jedoch zu lange allein hier stehen, sähe er aus wie bestellt und vergessen abzuholen. Etwas nervös biss er sich auf die Unterlippe und dachte kurz nach, was er nun am besten tun sollte...

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Das Theater summte wie ein Bienenstock, während sich die Ränge füllten. Es war aus Holz gezimmert, und die Seitenwände stiegen steil an, viel steiler als bei dem steinernen Rund eines der großen Amphitheater, so dass sich verschiedene Etagen übereinander schoben. In der "Loge", im ersten Rang, die ich für uns reserviert hatte, beugte ich mich über die Brüstung, sah hinab auf die vielköpfige Menge unter mir, dann, wie aus einem tiefen Schlund, hinauf zu dem Fleck graubedeckten Himmels über uns. Es war mitten am Tag, aber verdammt trübe. Hoffentlich fing es nicht an zu regnen...
    "Wartest du hier?" bat ich Borkan. Drei der Leibwächter waren mit uns hier oben, einen hatte ich am Eingang postiert um Ausschau nach Dives zu halten. Ausserdem trug ich selbst mein Gladius verborgen am Rücken unter der weit fallenden Lacerna. "Ich will sehen ob er schon da ist..." Ich zögerte, strich Borkan liebevoll über die Schulter, und meinte leise zu ihm gebeugt – die Custodes mussten ja nicht alles mitkriegen – "Es ist vielleicht besser, wenn Dives... nicht unbedingt mitbekommt... was uns verbindet."
    Ich hatte Borkan, bevor wir zu diesem riskanten Treffen aufbrachen, schon gesagt, dass Dives und ich uns ehemals nahe gewesen, uns dann entzweit hatten. Aber sonst hatte ich den Mund gehalten. Die Versuchung war zwar immens gewesen, ihm die ganze Geschichte ausschweifend zu schildern, und ihn in meine umfassenden Analysen von Dives' tiefgreifenden Charakterschwächen einzuweihen, und seinen geduldigen Ohren dann den stufenweisen Ablauf des Desasters zu schildern, und mich an seinem Mitgefühl zu wärmen, und von ihm dann am besten noch zu hören was für ein Trottel das sei, der mich um einer zänkischen Erpresserschlampe willen abserviert hatte.... Aber, ABER, ich hatte dieser Versuchung (diesesmal) heldenhaft widerstanden. Weil ich die Vorstellung so gruselig fand, Borkan könne dies aus Versehen seinen Freundinnen erzählen, und Greta und Inez würden es dann auf den Märkten erzählen und die Spatzen es von den Dächern pfeiffen...
    "Und falls, so unwahrscheinlich das auch ist, irgendwas schiefgehen sollte..." Auch darüber hatten wir schon gesprochen, "Geh nach Ostia, ins Domus Calamis, und zeig dem Verwalter Decimianus Atta den Ring und sag ihm dass ich dich schicke, dann wird er dir in allem beistehen, und wir können uns dort wiederfinden. Nur für den Fall der Fälle. - Bis gleich!"
    Ganz verstohlen gab ich ihm einen kleinen Kuss, halb auf die Stirn, halb aufs Haar, dann straffte ich mich und verließ die Loge.


    Ich durchschritt ein Stück des Rundganges der dahinter entlangführte, und ging die Treppen zum Eingang hinab. Der Custos, der dort Ausschau hielt, zeigte ins innere und auf die rechte Seite. Ich folgte seinem Wink, drängte mich an einem Bauchladenmädchen vorbei, und da leuchtete schon, zwischen den dunklen Köpfen der Menschentrauben, Dives blondes Haar hervor. Ich bekam einen trockenen Mund, während ich auf ihn zuging. Das war... so komisch. Ich hatte diesen Rahmen hier für unser Treffen gewählt, mit der Vorstellung ein Theater, das an unser erstes Treffen erinnerte, könnte ihn verunsichern, und seine Deckung untergraben, so dass ich mehr aus ihm rausbekommen könnte. Aber das war nicht zu Ende gedacht gewesen. Ganz und gar nicht zu Ende.
    "Salve... Marcus Dives."
    grüßte ich ihn ungelenk.
    "Was für ein Zufall," fügte ich, um Ironie bemüht hinzu, "dich hier hier zu treffen. Aber wo sollte man einen Theaterliebhaber eher antreffen, als im Theater? - Du siehst..."
    gut aus? Bona Dea, hatte ich gerade wirklich angesetzt, so was stumpfsinniges zu sagen? Nachdem ich ellenlange Elegien darüber geschrieben hatte, dass er so gar nicht mehr gut aussähe.
    "...avantgardistisch aus."
    Es fiel mir seltsam schwer, ihn direkt anzusehen. Seltsam schwer, etwas annähernd vernünftiges zu sagen.
    "Hat der Ätna dein Gewand inspiriert?"
    In so düsteren Farben hatte ich ihn noch nie gesehen. Ich beschloß, dass sie ihn blass machten. Ich selbst hatte mich erneut aus Tricostus Truhen eingekleidet, und zwar ganz retro, in Eisblau und fahlem Weiß. Worauf ich auch Wert gelegt hatte – wobei ich mir sagte, dass ich das schon ewig vorgehabt hatte, und es gar nichts mit Dives zu tun hatte – ich war beim Barbier gewesen und hatte mir endlich mal diese unsäglichen grauen Haare, die sich an den Schläfen tückisch zwischen mein kastanienbraun mischten, überfärben lassen...

  • Meine Augen waren es die Serapio verfolgten, auch wenn ich wie er es mir gesagt hatte im Hintergrund hielt wollte sehen wie Dives reagierte – natürlich wusste ich um die Beziehung der Beiden und natürlich hatte es mir einen Stich versetzt, aber hier und heute hatte ich vielleicht eine Chance zu sehen, ob Dives noch Gefühle für MEINEN Serapio hatte. Das er ihm noch nachtrauerte konnte man nur zu deutlich erkennen, wenn er von ihm sprach, doch war es nicht an mir dies in Frage zu stellen oder gar eifersüchtig zu reagieren, denn wir hatte alle unsere Vergangenheit.
    Doch machte ich mir Sorgen, ja sorgen darum, was wären wenn... wenn Dives .. Nein ich wollte nicht daran denken, ich nickte Serapio also zu und lächelte fast schon schüchternund nickte ihm zu um mich dann in die Loge zurückzuziehen.

  • Sim-Off:

    Nochmal ein dickes 'Sorry' für das lange Warten!


    Der iulische Tribun hatte keinerlei Ahnung, ob nach seinem jüngsten Opfer die delphische Tochterstadt Phokeia mit göttlicher Liebe oder göttlicher Pest zu kämpfen hatte - geschweige denn, dass er selbst im wissenden Falle ein solches Ereignis auf sich selbst bezogen hätte. Mit eingebildeter Selbstsicherheit folglich, denn ganz sachlich gesehen hatte er seinen Schlussstrich unter Serapio nun also letztlich gezogen, stand Dives vor seinem ehemaligen Geliebten.
    "Wie ein Phönix aus der Asche des Ätna?", vermischte der Iulier die Frage seines Gegenüber mit den brieflichen Worten desselben. Es folgte ein bereits im Ansatz scheiterndes Lächeln. "Keine Sorge, ich werde dein zur Schau getragenes Eis heute nicht zu schmelzen versuchen; werde überhaupt auch keinesfalls hier emporsteigen oder heute neuerlich emporsteigen oder gar für dich emporsteigen.", gab Dives letztlich bitter zur Antwort, während ihn die gewählten Worte selbst schon kurz darauf schmerzten. Er atmete einmal tief ein und aus.
    "Salve, Serapio.", grüßte er dann - und hoffte, dass seinem Gegenüber der Unterschied in der Anrede auffiel. Denn jetzt konnte sich der Decimer sein 'Marcus' auch verkneifen! "Ein Zufall in der Tat führt mich heute gewissermaßen hierher. Ein verlorener Freund lud mich ein, diese Premiere mit ihm anzusehen, um mir vorher, währenddessen oder danach sodann seine Sorgen meine Tochter Torquata betreffend mitzuteilen." Erneut lächelte Dives halbherzig gequält und schaute Serapio nur kurz in die Augen, bevor er zur Theaterbühne sah. Der direkte Blickkontakt fühlte sich seltsam an und half auch nicht gerade dabei, vermeintlich kühl und unbeeindruckt zu bleiben. "Und? Ich hoffe, dir geht es gut, nachdem du dir deinen Ärger einmal richtig von der Seele schreiben konntest?", rang er sich schlussendlich zu einer bissigen Gegenfrage durch.




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • "Eher wie Schlackebrocken und beissender Schwefeldampf." versetzte ich schweflig. Es schmerzte mich, die tiefempfundenen Bilder meiner an ihn gerichteten Verse, hier so... grob und spöttisch aus dem Zusammenhang gerissen zu sehen. (Ich hätte die letzte Strophe doch weglassen sollen.) Natürlich war mein Eis 'zur Schau getragen'. Aber musste er mir das denn so unter die Nase reiben... Er wollte also heute nicht steigen.
    "Das ist... sehr beruhigend zu hören."
    Gütige Isis, hatte mein Name jemals so schnippisch geklungen wie aus seinem Mund gerade? Jetzt war ich also nur noch "Serapio". Na und. Er hatte einen unsteten Blick heute, der treulose Schöne, sah mich gar nicht richtig an. Und so standen wir da, und sahen jeder so halb am anderen vorbei, und ich merkte, dass ich unwillkürlich eine Hand fest zusammengeballt hatte, und ich erinnerte mich an seinen traurigen Brief, und hatte den Wunsch, ihm etwas richtiges zu sagen, etwas versönliches, aber dann kamen aus meinem Mund doch wieder nur scharfe Entgegnungen:
    "Das? Ach, das war doch nur eine kleine Fingerübung. Aber es ist recht mittelmäßig geworden, nun ja, du taugst eben nicht zur Lesbia." Ich zuckte ach so lässig die Schultern. "Und dir? Was macht der Nacken, hat er sich an die Krümmung gewöhnt? Ordentlich verschwielt? Geschmeidig an das Joch angepasst?"


    Seltsam aber... dass er schon Bescheid wusste, dass das, worüber ich mit ihm sprechen wollte, etwas mit seinem abenteuerlustigen Töchterchen zu tun hatte.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Ups. Tja, naja, das passierte einem eben, wenn man etwas erzählte, in Gedanken allerdings ganz woanders war. Und Dives war in Gedanken in diesem Augenblick tatsächlich noch nicht bei dem Thema, welches Serapio laut seiner Einladung hier besprechen wollte. Stattdessen beschäftigte ihn das Wiedersehen selbst zusammen mit der schmerzhaften Erinnerung an die messerscharfen Worte, mit denen Serapios Bekannter das divitische Herz dereinst Stich für Stich durchlöchert hatte, bis aller Inhalt dieses Zentrums der Gefühle ungehindert ausgelaufen war und nichts als Leere hinterlassen hatte. Und so also war, da Dives in diesen Tagen beim Thema Intrigen tatsächlich in allererster Linie und quasi omnipräsent an Torquata denken musste, ihm wohl dieser kleine Lapsus unterlaufen... unbemerkt auch noch im Nachhinein. Denn erwähntermaßen gingen ihm doch gerade noch so einige andere Dinge durch den Kopf fern jeder Intrigen-Thematik.


    "Ach, bin _ich_ jetzt also auch noch Schuld daran, dass _du_ nur ein paar mittelmäßige Verse zustande gebracht hast?!", verteidigte sich Dives stante pede auf diesen Vorwurf hin. Das wurde ja immer besser! "Wie bedauerlich." Wohlbemerkt bedauerlich, dass Serapio offensichtlich den Iulier dazu benutzen musste, sich in dieser Weise für sein Werk zu rechtfertigen.
    "Und danke der Nachfrage, mir geht es _sehr_ gut, nachdem ich das Joch meiner unerwiderten Gefühle endlich abgeworfen habe und nun ein für allemal los bin!" Dives atmete einmal theatralisch tief ein. "Aaach, riecht das nicht gut, diese Freiheit endlich wieder tun und lassen zu können, was man will? ...diese Freiheit, niemanden zu haben, der einem meint vorschreiben zu können, wann und wo man sich trifft; wen ich mögen darf und wen ich hassen muss; und wen ich heiraten kann und wen nicht." Der Iulier lächelte einen kurzen Moment lang spitz, bevor er seinen Blick abermals abwandte. Er sah auf die Zuschauerränge und blieb während seiner nächsten beiden Atemzüge stumm.
    "Aber sag, wollen wir uns nicht setzen? Das Stück fängt sicherlich bald an und ich befürchte, dass ich meine verlorenen Freund wirklich..." verloren hatte. "in diesem ganzen Trubel hier nicht wiederfinden werde. So du also noch keine _bessere_ Begleitung hast, wäre ich" natürlich nur ganz notgedrungen aus dieser zufälligen Situation heraus "dazu bereit, dir hier etwas Gesellschaft zu leisten."




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Demonstrativ reckte ich die Nase in den Wind, witterte, trat einen halben Schritt näher zu ihm, krauste die Nase und urteilte:
    "Es riecht nach Selbstbetrug, aber ganz gewaltig." Wann hatte ich ihm denn bitte Vorschriften gemacht, was er zu tun und zu lassen, wohin zu gehen oder wen zu mögen – so selten wie wir uns gesehen hatten? Pah! "Du verwirrst mich maßlos, Dives. Genau so jemandem, der dir dies alles vorschreibt, dich zum Heiraten erpresst hat, und dich nun in der ganzen Stadt durch Prozesswut und Intrigensucht zum Gespött macht... so jemandem hast du dich doch durch die Hochzeit unterworfen...? - Aber ja, egal, so herzerfrischend es auch ist mit dir zu plaudern, du hast recht, wir wollen uns setzen. Ich bin allerdings mit Begleitung hier, doch er wird sich sicherlich freuen ein Relikt aus meiner Vergangenheit kennenzulernen. Hier entlang..."
    Unwillkürlich hatte ich bei den letzten Worten seinen Arm berührt, um ihm den Weg zu weisen. Das war gar nicht gut. Zwar zuckte meine Hand sogleich wieder zurück, aber diese kleine Geste hatte schon wieder die Erinnerungen aufgeschreckt, daran wie anders und wie schön es einmal gewesen war, mit uns. Meine Lippen pressten sich fester zusammen, ich wandte mich ab und steuerte die Stufen an, die hinauf zu den von mir reservierten Plätzen führten. Und auch meine Lust auf Gehässigkeiten war mir irgendwie vergangen, ich spottete vor den Stufen nurmehr halbherzig:
    "Du wirst nicht umhin kommen, zumindest ein wenig empor zu steigen."
    Statt dessen schnitt ich, während wir so gingen, beiläufig das eigentliche Thema im weitesten Sinne an: "Was meinst du denn eigentlich zu der Sache mit deiner Adoptivtochter?"

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • In der Tat nur selten hatten sie sich gesehen, Serapio und Dives. Und dennoch hatte der Iulier in all der Zeit nur einmal, so bildete er sich ein, die Möglichkeit gehabt, selbst aktiv zu bestimmen - als er dereinst dem decimischen Boten ganz spontan aus seinem decemvirischen Officium nach Trans Tiberim gefolgt war. Dem gegenüber standen ihre Treffen im Theatrum Ostiensis, beim Fest der Fors Fortuna sowie auf dem decimischen Landgut. Dort wiederum hatte nie Dives die Initiative in seinen Händen gehalten, war im Gegenteil nur über die zusätzlichen Gäste des Decimus Flavus informiert worden, von Serapios Biga 'entführt' worden und von ihm aufs decimische Landgut bei Ostia eingeladen worden. Und selbst in Trans Tiberim letztlich hatte der einstige Geliebte hinsichtlich des vescularisch-cornelischen Thronstreits die Meinung des Iuliers in gewisser Weise aktiv zu lenken versucht; rein subjektiv betrachtet aus der Sicht... eben des scheinbar in seiner Passivität gefangenen Iuliers.
    "Dafür habe ich von _ihr_ jetzt einen Sohn.", kämpfte Dives mit diesem Kommentar um das letzte Wort in diesem Streitpunkt und versuchte, seinem Gegenüber damit unbewusst einen Stich zu versetzen. Denn so ganz bewusst war er schließlich seit seinem Opfer an Apollon über Serapio hinweg und hatte es folglich auch überhaupt nicht nötig, ihm noch irgendwie wehzutun.


    Dann jedoch wurde er selbst eiskalt erwischt: Serapio war in Begleitung hier. Und so wie sich die laxe Bezeichnung des Iuliers als 'Relikt der Vergangenheit' anhörte, legte das doch irgendwie die Vermutung nah, dass der Decimer tatsächlich ganz problemlos den nächsten Liebhaber gefunden hatte. Ein Pfeil des Cupido nur, keiner des Amor, hatte Serapio wohl tatsächlich dereinst getroffen. Lust und Begierde nur, keine Liebe, das mochten wohl am Ende tatsächlich die Leitmotive des Decimers in seiner 'Beziehung' zum Iulier gewesen sein. Und das schmerzte... leider viel zu sehr.
    "Ich..." Auch die berührte divitische Hand ihrerseits zuckte an dieser Stelle zurück. "Ich hoffe, du bist glücklich.", gab der ehemalige Liebhaber dem ehemalig Geliebten etwas enttäuscht aber ehrlich zurück, bevor er über den Spruch des Emoprsteigens nur halbherzig lächelte. "Torquata?", ging Dives im Treppensteigen da lieber gleich auf die letzte Frage Serapios ein. "Sie ist ein anständiges Mädchen." Andernfalls hätte er sie wohl auch kaum adoptiert. "Irgendwer will sie des Nachts in aller Dunkelheit in inniger Vertrautheit mit irgendeinem Mann gesehen haben." Der abwertende Tonfall des Tribuns ließ keinen Zweifel daran, dass jener es für ausgemachten Blödsinn hielt! "Ganz ehrlich, man will sie da im Dustern erkannt haben. Dabei ist es so lange noch gar nicht her, dass Torquata überhaupt erst aus Misenum nach Roma gekommen ist. Und seit sie hier in Roma ist, hat sie die Casa Iulia kaum verlassen; das lässt sich an zwei Händen abzählen, wie oft sie draußen war. Und da behauptet wirklich jemand, dass er sie im nächstlichen Dunkel gesehen und erkannt habe." Er winkte ab. "Es ist wohl offensichtlich, dass es sich da nur um ein erfundenes, ausgedachtes Geschwätz handelt." Dives hielt kurz inne in seiner Bewegung. Hatten sie ihre Plätze schon erreicht? War der attraktive und junge Typ dort der 'Neue' von Serapio? Oder vielleicht der andere da, der so unschuldig aber desinteressiert neben einer Frau hockte? Er beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen einfach über Torquata weiterzureden.
    "Denn die Wahrheit ist, dass man die Iulier seit dem Vescularius einfach nicht mehr in kultischen Staatsämtern sehen will. Deshalb versucht man meine Tochter hier mit dieser billigen Intrige in ein schlechtes Licht zu stellen, so wie auch ich selbst vor meinem Vigintivirat damals dem Magister Septemvirorum geschrieben habe, ihm und seinem Collegium bis zum heutigen Tag aber nichtmal die kleinste Antwort wert war." Tja, so sah es aus! "Ich will nicht wissen, was man sich damals, von mir leider unbemerkt, über mich so alles für Lügengeschichten erzählt hat..." Aber das passierte dem Iulier nicht noch einmal! Heute wusste er von dem Gerede; und heute würde er sich für die Iulii Caepiones, für seine Adoptivtochter Torquata, für seine eigene Familia, die man damit erneut attackierte, einsetzen! Torquata würde eine Vestalin werden! Darauf verwendete Dives vielleicht nicht all seine, aber doch zumindest einen Großteil seiner Energie.




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Die guten Antworten, die fielen einem doch leider immer erst später ein... Ich hätte ihn ganz locker fragen sollen, ob er denn wirklich glaubte, dass dieses Kind von ihm war. Oder so was in der Art. Aber ich war viel zu sehr vor den Kopf gestossen, für irgendwas schlagfertiges. Es war einfach... wieder... und immer wieder.... das selbe. Irgendwelche idiotischen, hohlköpfigen, besitzergreifenden Weiber schnappten mir die Geliebten weg. Wie bei Hannibal. Wie bei Massa. Irgendwann würde auch Borkan sich in so ein Mädchen vergucken, und dann würde auch er mir sagen: 'Adios Faustus, es war echt nett mit uns, aber jetzt muß ich los, meine Freundin wartet.' Und ich konnte nichts tun, und nicht mit diesen dämlichen Weibern konkurrieren, aus dem einfachen Grund dass sie Weiber waren! Ich war tief getroffen von Dives Worten, sie bohrten sich tief hinein in den wunden Punkt.
    Wie konnte Dives, auch er, denn nur so verblendet sein?! Einen kleinen Schreihals hätte ihm jedes Mädel gebären können, auch eine die ihn nicht erpresste, und nicht zum Gespött machte.
    Finster in mich gekehrt ging ich da mit ihm durch das Theater. Und sein aalglattes 'ich hoffe du bist glücklich' ließ mich nur spöttisch mit dem Mundwinkel zucken. Klar.
    Wortreich verteidigte er seine Adoptivtochter, schweifte ab und holte aus, zog sogar irgendein Schreiben heran, auf das er angeblich keine Antwort bekommen hätte. Ich gewann den Eindruck, dass er verzweifelt nach Argumenten, wie abwegig auch immer, haschte... und ich verspürte eine unbändige Lust darauf, ihm seine traute Selbstbetrugsillusion in der Luft zu zerfetzen.


    "Wen meinst du mit 'man'?" hakte ich bei seiner vagen Theorie ein. "So flink und geschmeidig, wie du dich beim neuen Regime eingeschmeichelt hast – wer sollte ein Interesse daran haben, deine Tochter zu verleumden?" fragte ich ihn in ungläubigem Tonfall, meine Schritte verlangsamend, damit er mir noch antworten konnte bevor wir die Plätze erreichten und sein Redefluss zum Stocken käme. "Ich meine – ich persönlich finde es im Prinzip ganz natürlich, wenn man sich nachts aus dem Haus stiehlt um sich mit feschen Soldaten zu treffen. Wie du ja sicherlich auch. Aber denkst du nicht, dass eine angehende Vestalin über jeden Verdacht erhaben sein sollte?"



    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Ja, wen meinte Dives wohl mit 'man'? Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er darauf antwortete.
    "Wenn ich wüsste, wer 'man' ist, Serapio..." Was dann? Wäre der Tribun dann heute nicht hierher gekommen in der Hoffnung, dass man ihm ein paar mehr Details zu irgendeiner Intrige gegen ihn - und vielleicht ja eben genau dieser Intrige - berichten könnte? Hätte er diesen 'man' vielleicht gar selbst in die Hand genommen und sich um ihn oder sie 'gekümmert'? Naja, wenigstens letzteres war vermutich doch überaus kühn gedacht und etwas an der Realität vorbei. "...dann würde ich ihn oder sie vermutlich längst schon einem Gericht überstellt haben. Denn genau die Tatsache, dass ich mit dem Cornelius eben kein Problem habe und er offenkundig auch nicht mit mir, ist es doch, weshalb 'man' offenbar nur mit solchen niederträchtigen und völlig absurden Lügengeschichten gegen mich und meine Familia vorgehen zu können glaubt." Und Dives war sich hier durchaus sicher, dass wer-auch-immer-dahinter-steckte längst nicht so zimperlich nur dieses kleine Märchen erfunden hätte, wenn der Augustus tatsächlich auf Rache gegen die Iulier sänne für ihre vermeintliche Salinatornähe. "Irgendjemand will, dass die Iulii Caepiones in Misskredit beim Princeps geraten."


    Die Wortwahl Serapios vom 'neuen Regime' übers 'Einschmeicheln' bis hin zu dem Punkt, dass er Torquata hier zwischen den Zeilen scheinbar für ungeeignet zur Vestalin hielt, ignorierte Dives vorerst.
    "Sicher fände ich es völlig natürlich, wenn sich eine Tochter hinter dem Rücken ihres Vaters heimlich aus dem Haus schleicht, wie ich ebenfalls der Auffassung bin, dass eine Vestalin - und sicherlich auch eine angehende Vestalin - über jeden Verdacht erhaben sein sollte.", stimmte der Iulier dann frei heraus den decimischen Aussagen zu. "Allerdings _ist_ Torquata auch über jeden Verdacht erhaben, Serapio. Denn ich bin schließlich nicht ihr leiblicher Vater, ich bin ihr Adoptivvater. Und sie ist von ihren mütterlichen Verwandten aus Misenum", so meinte er sich zu erinnern, "den weiten Weg hierher nach Roma gekommen, _um_ nicht nur als Mündel irgendeines Onkels hier bei ihren iulischen Verwandten unterzukommen, sondern um ganz gezielt von mir adoptiert zu werden und ganz gezielt damit die Voraussetzungen zur Captio Vestalis zu erfüllen.", versuchte Dives seinem Gegenüber klarzumachen, wie abwegig da doch die Torpedierung ihrer eigenen Pläne durch ein so undurchdachtes und unüberlegtes Handeln erschien. "Torquata ist ein gutes Mädchen, Serapio. Sie weiß ganz genau, wo sie hin möchte in den nächsten dreißig Jahren." Und dass sie gleich manch anderer Vestalin vielleicht sogar noch länger bleiben wollte, war hierbei keinesfalls ausgeschlossen. "Sie möchte als Vestalin der heiligen Vesta dienen. Und wäre ich mir dessen nicht absolut sicher und wäre ich nicht vollends davon überzeugt, dass sie auch befähigt ist eine hervorragende Vestalin zu sein, glaube mir, ich hätte sie kaum als meine eigene Tochter angenommen, die ihren und damit auch meinen Namen hier in ein derart schlechtes Licht tauchen könnte.", bürgte er hier praktisch für seine Tochter und hoffte stark, dass sie ebendies auch verdiente. Da es jedoch erwähntermaßen auch um seinen eigenen Namen ging, hatte er wohl auch kaum großartige Alternativen.


    "Doch sag, ist es auch das, worüber du hier mit mir sprechen wolltest? Hast du nähere Informationen darüber, wer meiner Tochter diese gehässige Lüge andichtete?", erkundigte sich der Iulier sodann und äußerte auch gleich einen gewissen Verdacht: "Ist es jemand aus einem der Quattuor Amplissima Collegia?" Vielleicht war es gar ein Augur, der nicht offen, wohl aber im Verborgenen am Ansehen der Iulier sägte? Denn Centho stand schließlich wohl um einiges stärker noch unter dem Verdacht, ein Freund des Vesculariers gewesen zu sein. Unter Umständen jedoch war es auch ein Septemvir. Damals, als der Iulier sich entsprechend empfohlen hatte, hätte er direkt an der Quelle gesessen und nicht erst solche infamen Gerüchte über Dives verbreiten müssen, um seine Aufnahme bei den Septemviri zu verhindern. Das könnte er klären, weshalb dem Iulier dereinst auch keinerlei derartige Gerüchte ans Ohre getreten waren. Noch vor seiner Kandidaturrede zum Vigintivirat hätte Dives zudem auch nicht ausgeschlossen, dass ein ganz bestimmter Haruspex hinter dieser ganzen Intrige hier steckte. Mittlerweile allerdings war er doch einigermaßen davon überzeugt, dass dieser alte Klappstuhl namens ostiensischer Hafengebühr sicher begraben lag. Einzig zum Collegium Pontificum also fehlte dem Tribun hier bisher eine passende Verschwörungstheorie...




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • "Oh bei Isis und Serapis" seufzte ich, angesichts von Dives wieder mal prachtvoll erblühendem Talent sich die Dinge zurechtzuschwatzen, "Es ist ja nun nichts neues, dass du nach der Maxime lebst, dass nicht sein kann was nicht sein darf! Aber gerade du solltest dir eingestehen, dass sowohl das Herz als auch die Lenden mit Leichtigkeit dazu fähig sind, den Verstand komplett auszuknipsen. Oder etwa nicht?"
    Und Frauen waren da keinen Deut besser. Eher noch schlimmer. Ein Spielball der Leidenschaften. Sagte man doch so.
    Aber ehrlich gesagt fand ich es schon irgendwie gut, ehrenwert und... süß... dass Dives sich so vollkommen für das Töchterlein einsetzte, dass er an sie glaubte, sich bedingungslos hinter sie stellte. (Ich wünschte, mein Adoptivvater wäre damals auch so für mich eingestanden, im Senat, als man mich zum Sündenbock gekürt hatte.)
    Ob es dass war, worüber ich mit ihm sprechen wollte...
    "Nur am Rande. Ich weiß, dass sie sich rumgetrieben hat, aber ich habe kein Interesse daran, das Mädchen in Schwierigkeiten zu bringen. Dir obliegt es auf sie aufzupassen, und die Vestalinnen werden ihre Tugend sicherlich prüfen und ihre Wahl weise treffen."
    Diese edlen Frauen würden schon durchschauen können, ob die Kandidatin würdig war oder befleckt, daran hatte ich keinen Zweifel.


    Wir hatten die Plätze erreicht, gerade noch rechtzeitig.
    "Da wären wir. Wenn ich vorstellen darf - mein Freund Borkan – mein alter Freund Marcus Iulius Dives..." stellte ich die beiden mit gekünstelter Lässigkeit einander vor, meinte harmlos zu Borkan: "Wir haben uns eben ein wenig über die alten Zeiten unterhalten, und über seine Tochter, die Vestalin werden soll."
    Dives hatte mein schlichtes 'in Begleitung' gerade ja schon richtig interpretiert, und, auch wenn's albern war, achtete ich jetzt doch sehr darauf wie er reagierte, angesicht von Borkans strahlender Erscheinung, ob es ihn traf, ob er eine Blöße bot...?
    Ich setzte mich neben Borkan, was Dives den Platz auf meiner linken Seite freiließ. Die hölzernen Bänke waren nicht gerade luxuriös, aber einer der Custodes hatte uns Kissen besorgt.
    Das Stück begann.


    Ein idealisiertes Kapitol war auf den dreieckigen Stelen der Kulisse dargestellt, davon angedeutet das Heerlager der Sabiner, sowie eine Quelle. Auf einem seitlichen Podest erschien nun ein stattlicher Mime in der Maske des Romulus, und seine volltönende Stimme erfüllte das Gebäude, umwebte die Bilder dieser uralten Geschichte aus einer Zeit, in der unserer stolzes Reich noch sehr klein gewesen war...


    "Von Tarpeias Hain will ich künden,
    Und Tarpeias schmählichem Grabmal,
    Und wie Iuppiters alte Festung erobert wurde.


    Dort war ein glücklicher Wald
    Um die Efeugrotte gepflanzet,
    Ringsher rauscht in den Fall
    Lebender Wasser der Baum:
    Laubiges Dach dem Silvanus,
    Wohin aus der Sonne melodisch
    Oft die Syrinx einlud,
    Schafe zur Tränke zu gehen.


    Hier, vor dem Sprudel umher,
    stellt Tatius Pfähle von Ahorn,
    Und sein sicheres Heerlager
    Umschanzte er mit Grund.
    Was war Rom damals,
    da so nahe das Horn des Kureten *,
    Mit langhallendem Laut
    erschütterte Iuppiters Fels?


    Von wo nun ausgehen Gesetze
    In die eroberten Länder,
    Da standen sabinische Speere
    Auf dem Marktplatze Roms.
    Selbst war Mauer der Berg,
    Wo die Kurie jetzo umhegt ist.
    Dort am heiligen Quell
    tränkte der Krieger sein Ross.


    Hier nun schöpfte der Göttin
    Den Quell Tarpeia zum Opfer;
    Und mit der Urne von Ton
    ging sie belastet das Haupt...-
    Konnte genug ein Tod
    Für den Frevel büßen des Mädchens,
    Welche die Schicksalsglut,
    Vesta, dir täuschen gewollt?"



    Der Feldherr der Sabiner, unter dessen Maske, wie ich wusste, Philonicus steckte, war prächtig anzusehen. Als die Vestalin Tarpeia, eine liebliche Maske, von Leophanes anmutig getragen, ihn erblickte, entglitt ihr der Krug. Er zersprang, das Wasser der egerischen Quelle netzte den Boden, und das Schicksal nahm seinen (altbekannten, und doch wieder schmerzlich anzusehenden) Lauf...



  • Das... also... das verschlug dem Iulier doch wirklich zunächst die Sprache, dieser Vorwurf. Denn hatte er sich dereinst auf Serapio eingelassen oder nicht, obwohl derartige Intimität zwischen zwei erwachsenen römischen Männern alles andere als sein durfte?! Er hatte sich auf Serapio eingelassen, hatte sich sogar auf die entstandenen Gefühle eingelassen und hatte sich einstmals hinter einem gewissen Nympheum sogar noch für seine offene Äußerung derselben belächeln lassen. Ja, er hatte selbst durch den elendigen Bürgerkrieg hindurch stets an Serapio gedacht und ihn alles andere als vergessen... bis - so Dives eigene Sicht - der Decimer sich erst in Trans Tiberim, dann auf der iulisch-sergischen Hochzeit und schließlich sogar auch noch einmal durch einen lyrischen Boten von ihm losgesagt und getrennt hatte, weil er den Gedanken an eine Ehefrau an der Seite des Iuliers offenbar nicht ertragen konnte. Dives antwortete nichts auf diese Unterstellung.
    Anschließend dann behauptete Serapio zu wissen, dass sich Torquata herumgetrieben hätte. Doch auch darauf reagierte Dives nur mit einem stummen Zusammenziehen seiner Augenbrauen, während er ein wenig misstrauisch wurde gegenüber seinem einstigen Geliebten. Denn wer wusste vorgeblich schon so genau Bescheid über die Gerüchte um Torquata? Und wer hatte zudem durchaus einen Grund - wie das umfangreiche Dichtwerk Serapios nahelegte - dem Iulier und seiner Familia noch einmal ein wenig eins 'reinzuwürgen', bevor er endgültig mit Dives abschloss? Einzig die Tatsache, dass der Decimer doch ehrlich klang in seinen Worten, Torquata nicht in Schwierigkeiten bringen zu wollen, hielt deren Vater von der Äußerung seines Gedankens ab. Zudem hoffte er vielleicht auch, dass er, der er Faustus einst doch ein bisschen zu kennen glaubte und ihm eine derartige Intrige damals gewiss nicht zugetraut hätte, sich letztlich nicht vollkommen in Serapio geirrt hatte.


    Sie erreichten ihre Plätze... und vor allem den Neuen Serapios. Unweigerlich musterte Dives den ihm nur als 'Borkan' vorgestellten Mann. Er hatte dunkles Haar und dunkle Augen, wenn der Iulier das richtig sah. * Beides waren keine Eigenschaften, die ihnen gemein waren. Und auch sonst schien dieser Borkan eher östlicher - vielleicht griechischer oder gar kleinasiatischer - Abstammung zu sein. Und über diesen etwas provinziellen Touch konnte gewiss auch nicht hinwegtäuschen, dass er vielleicht hier und da einen Muskel mehr besaß. Dives lächelte verhalten.

    Sim-Off:

    * Aus deinem Charakterblatt geht leider von Alter bis Größe praktisch nichts hervor.

    "Salve... äh..." Borkan? Nein, soweit war er gewiss noch nicht, dass er diesen Neuen Serapios so freundschaftlich leicht beim vermeintlichen Cognomen nannte. "In welcher Gens noch einmal bist du zu Hause?", fragte er folglich einfach nach. Auf diese Weise könnte er diesen Borkan dann hoffentlich auch gleich ein bisschen besser einordnen in die römische Gesellschaft: War er patrizisch? War es das, was Serapio vielleicht an ihm bewunderte? (Gut, so patrizisch wirkte er auf den ersten Blick eigentlich nicht.) War er Teil der Nobilität oder stammte vielleicht aus einem der troianischen Geschlechter? Nicht dass er den Namen schon einmal gehört hätte, doch Iunius Borkan hörte sich beispielsweise durchaus nicht allzu fremdartig an. "Mein Name ist Iulius.", stellte er sich im Gegenzug auch noch einmal selbst vor. "Und wie Serapio schon sagte, bin ich ein alter Freund von ihm... obgleich natürlich nicht ganz so... alt wie er selbst." Diese kleine Spitze konnte er sich an dieser Stelle nicht verkneifen und lächelte für einen kurzen Moment einen Hauch ehrlicher. Ansonsten nämlich fand er nur wenig Gefallen daran, hier so unvorbereitet und ohne auch nur ein briefliches Wort der Vorwarnung bewusst und absichtlich mit dem Mann konfrontiert zu werden, den er gewissermaßen als seinen Nachfolger bei Serapio betrachtete.
    Und apropos betrachten: Irgendwie wollte ihm das Gesicht dieses Borkan so vorkommen, als hätte er selbiges schon einmal gesehen. Ob er vielleicht ein Urbaner war? Und ob Serapio vielleicht ganz bewusst deshalb gegenüber dem iulischen Urbanertribun das Gentilnomen dieses Mannes verschwieg? Oder kannte Dives das Gesicht vielleicht von einer der Betriebsprüfungen der letzten Zeit? Vielleicht war dieser Borkan ja der Kassenwart irgendeiner der kontrollierten Tavernen gewesen. Nachdenklich zog er die Augenbrauen zusammen. Denn da fiel ihm doch glatt ein, dass er diesen ungewöhnlichen Namen doch in der Tat auch jüngst irgendwo gelesen zu haben meinte... womöglich in irgendeiner betrieblichen Mitarbeiter- und Angestelltenliste?


    Dives setzte sich auf den ihm angedachten Platz links neben Serapio und biss sich zunächst auf die Unterlippe, um bloß keinen Kommentar abzugeben.
    "Nett.", konnte er sich jedoch kurz nach Beginn des Stücks schon nicht mehr zurückhalten. Seine Augen nicht von den Vorgängen auf der Bühne lösend fügte er gedanklich hinzu: 'und so ganz anders als ich.' Denn natürlich wäre er sich doch überaus seltsam vorgekommen, wäre er hier auf sein perfektes Ebenbild gestoßen. Doch so absolut gar nichts von sich selbst in diesem Neuen Serapios sehen zu können, das tat auch irgendwie weh. Denn man fragte sich doch unweigerlich, ob es dann überhaupt irgendetwas gegeben hatte, das dem anderen an einem selbst gefallen hatte. Und warum war dereinst zwischen ihnen passiert, was dereinst zwischen ihnen passiert war, wenn Serapio eigentlich doch auf ganz andere Typen von Männern stand? Dives versuchte sich auf das Bühnenstück zu konzentrieren und darüber seine immer neuen Fragen vorerst zu verdrängen... Erschrocken blinzelte er aus seiner Gedanken- in die reale Welt zurückfindend, als der Wasserkrug der Tarpeia auf dem Bühnenboden klirrend in tausende Scherben zersprang - beinahe so, wie ein 'verbrauchtes' und darob lieblos weggeworfenes Herz.




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Am liebsten hätte ich mich gerade in Luft aufgelöst. Natürlich wusste ich, wen er hier hatte heute treffen wollte, doch im Leben wäre ich doch nicht auf den Gedanken gekommen, dass er ihn hier her brachte. Nun galt es jedoch aus der Situation das Beste zu machen so setzte ich als mein nichtssagendes Gesicht auf und blicke den ehemaligen Liebhaber von meinem Serapio an.
    Natürlich wusste ich – auch wenn er es mir nicht gesagt hatte - das Serapio noch nicht über ihn hinweg war, dieser Iulier musste ihn verdammt tief verletzt haben. Schon des öfteren hatte ich den Schmerz in den Augen meines Liebten gesehen, wenn er von ihm sprach – und ich für meinen Teil würde diesem Iulier nur zu gern das Herz raus reißen...
    Er wollte wissen welcher Gens ich angehören? Zumindest hieß es, dass er sich nicht an mich erinnerte, mir fiel ein Stein vom Herzen.
    Natürlich könnte ich ihm jetzt irgendeine Gensnamen nennen, aber er würde es wohl früher oder später als Lüge entlarven und mir widerstrebte es zu lügen... als natürlich log ich auch ab und an, aber nur dann wenn es sich nicht vermeinden ließ.
    „Salve Iulius!“ Begrüßte ich ihn also mit einer kühlen Stimme. „Ich glaube nicht, das Serapio erwähnt hat, welcher Familie ich entstammen und so soll es dann auch bleiben. Und ich freue mich einen von Serapios alten oder soll ich sagen ehemaligen Freunden kennen zu lernen.“ Ja diese Spitze konnte ich mir nicht verkneifen. Mir lag noch so einiges auf der Zunge doch ich verkniff es mir. Statt dessen lehnte ich mich in meinen Sitz zurück, warf Serapio einen Blick zu, der ihn wissen lassen sollte, dass ich im Gegensatz zu diesem verräterischen Iulier, immer zu ihm stehen würde. Dann blickte ich gebannt in Richtung Bühne.


    Sim-Off:

    ups habe ich doch glatt vergessen, habe mal die Grunddaten ergänzt der Rest komm später

  • Törichte Tarpeia. Törichte, wahrhaft liebende Verräterin. (Und törichte Torquata...) Auf meinem Sitz zurückgelehnt verfolgte ich die Tragödie, wobei das Gladius, welches ich in einer Rückenscheide unter dem weitem Mantel trug, recht unbequem war. Und fröstelte, doch nicht nur ob des beklemmenden Schicksals auf der Bühne und des frostigen Wortwechsels eben, auch weil es hier im Theater sehr kühl war und durch die Bretterritzen gewaltig zog. Ich schlang meinen Mantel enger um die Schultern, und vermisste die schöne Feh-gefütterte Lacerna, die ich, pleite und auf der Suche nach Borkan, beim Krämer versetzt hatte.


    'Nett' raunte es zu meiner Linken. Ich zwang mich mit aller Macht, jetzt nicht zu Dives zu sehen. Und dies unkommentiert zu lassen. Dives hatte zwar, als ich die beiden bekannt machte, sein undurchschaubares Lächeln tapfer aufrecht erhalten, doch ich konnte mir denken, dass es in ihm anders aussah. Dass er, sonst so geistreich, sich mit einem Mal nicht besser zu helfen wusste, als plump über mein Alter zu sticheln, das zeigte doch wie schwer er daran zu schlucken hatte... daran, es nicht nur zu hören, sondern es mit eigenen Augen zu sehen, dass er mich, als er mich fallenließ - als er sich gegen mich, für das Nichtwissenwollen und für die Erpresserin entschied - verloren hatte. An einen Mann, der wirklich zu mir stand!


    Aufgewühlt erwiderte ich Borkans solidarischen Blick, zog eine entschuldigende Grimasse – eben hatte ich ja noch angekündigt, dass es nur um die Ermittlung gehen sollte, dass Dives es besser nicht erfahren sollte, dass wir zusammen waren, und dann war es mir irgendwie doch herausgerutscht. (Törichter Serapio.)
    Doch Borkan hatte sich gut geschlagen! Ich griff nach seiner Hand, und verschränkte meine Finger mit den seinen. Strich mit dem Daumen zärtlich über seinen Handrücken. Zum einen, weil es mich unheimlich danach verlangte. Am liebsten hätte ich Borkan sogar den Arm um die Schultern gelegt. Das wünschte ich mir schon lange... seitdem ich in Alexandria einst bei einer Elektra-Vorstellung, die ich mit Alibi-Freundin Celeste besucht hatte, gesehen hatte, wie ein Erastes seinen jugendlichen Eromenos in aller Öffentlichkeit im Theater in den Arm genommen hatte – und sich keiner daran gestört hatte! (So lange schon hegte ich diese Wunschvorstellung, dass die Rolle meines Geliebten in diesem Traum schon mehrmals gewechselt hatte, und eine Zeitlang hatte er natürlich auch Dives Gesicht getragen... -)
    Zum anderen gab mir diese Geste einen winzigen kleinen... einen blassen Hauch von Genugtuung für diesen grauenvollsten aller Augenblicke auf der Hochzeit des Grauens, als Dives feige so getan hatte als würde er mich, der ich verzweifelt vor ihm stand, gar nicht mehr sehen... und statt dessen demonstrativ die Hand seiner Erpresserin ergriffen hatte.


    Wie war das noch gewesen, bei Platon, der sagte, dass wahrhaftige Liebe gleichbedeutend damit war, der Raserei zu verfallen, der Mania. Vom Eros erfüllt zu sein... war ein göttlicher Wahnsinn. Ich litt mit der liebenden Tarpeia da unten auf der Bühne...die allerlei Ausreden benützte, um ihren feindlichen Feldherren zu treffen:


    "Oftmals gab unwahr sie
    Die Schuld den Omen des Mondes,
    Sagend, im fließenden Strom
    Müsse sie spülen das Haar.
    Oftmals bat sie die Nymphen,
    Mit Silberlilien schmeichelnd,
    Dass doch den Tatius nicht
    Schändete Romulus Speer.


    Zum Kapitol dann steigend,
    Sobald es mit Rauche bewölkt ward,
    Brachte von Stachelgerank
    Wund sie die Arme zurück.
    Jezo saß sie und klagt'
    Also vom tarpejischen Gipfel
    Ihr dem benachbarten Zeus
    Nicht ungeahndetes Weh:"


    Warum nur reichte allein die Erwähnung der 'Nymphen' aus, um mich wieder auf irritierende Gedanken, die gar nichts mit dem Stück und schon gar nichts mit den Ermittlungen zu tun hatten zu bringen? Aus den Augenwinkeln nur spähte ich heimlich nach links, Borkans Hand zu meiner Rechten weiter streichelnd, während Tarpeia anhob, zu ihrer wahnsinnigen Liebesklage:


    "O ihr Feuer im Lager, und Tatius Prätorgezelt du,
    Und des sabinischen Heers Rüstungen, reizend für mich!
    Gern als Gefangene säß' ich vor eueres Herdes Penaten,
    Hielte mein Tatius nur mich als Gefangne daheim!


    Ihr romanische Berg', und bergumwohnende Roma,
    Leb' auch, Vesta, mir wohl, welche mein Frevel beschimpft!
    Möge das Ross, ach jenes, mich Liebende tragen ins Lager,
    Dem mein Tatius rechts selber die Mähne gelegt!


    Wundern wir uns, dass Scylla getobt auf die Haare des Vaters,
    Und ihr glänzender Schoß tobende Hunde gezeugt?
    Wundern wir uns des Verrats am Hornscheusale, dem Bruder,
    Als das verfolgete Garn führt' aus der Irre des Wegs?


    Ha! ich Frevlerin werd' ausonischen Mädchen zum Vorwurf,
    Ich, zum Dienste des jungfräulichen Herdes gewählt!
    Wer mit Erstaunen vernimmt, dass Pallas Flamme gelöscht sei,
    Wolle verzeihn: den Altar sprengeten Tränen von mir.


    Morgen, so sagt das Gerücht, wird ringsum Kampf in der Stadt sein.
    Nimm vor der dornigen Höh tauendem Hang dich in Acht.
    Schlüpfrig ganz ist der Weg und treulos; denn in geheim stets
    Hält er die Krümmung hinan täuschende Wasser verdeckt.


    O, dass bekannt mir wäre Bezauberung magischer Lieder!
    Reizender, auch mein Mund hätte dir Hilfe gebracht!
    Dich ziert Purpurgestick; nicht ihn, der zur Schande der Mutter,
    Aus unmenschlicher Brust Wildheit der Wölfin sich sog.


    Lass mich Fremde bei dir doch Königin werden am Hofe;
    Brautschatz, nicht zu verschmähn, ist die verratene Rom.
    Aber wenn nicht; doch strafe den Raub der sabinischen Töchter:
    Raube du mich, und vergilt gleiches mit gleichem Gesetz.


    Ich kann trennen die schon kampffertigen Treffen: o Weiber.
    Ihr auf meinem Gewand mittelt den Friedensvertrag.
    Gieb, Hymenäus, den Ton: sei stumm, wildhallende Tuba!
    Glaubt mir, sänftigen wird euere Waffen mein Bett.


    Schon die vierte Drommete verkündiget nahendes Tagslicht,
    Und zum Oceanus schon sinkt das verwachte Gestirn.
    Lass mich versuchen den Schlaf; von dir zu träumen begehr' ich.
    O, dass freundlich mir doch schwebe vor Augen dein Bild!"





  • Nun gut. Dives quittierte diese Geheimniskrämerei um die gentile Verwandtschaft dieses Borkan nur mit einem etwas schiefen Lächeln und dachte sich, nachdem auch Serapio offenbar kein weiteres Wort dazu verlieren wollte, lediglich seinen Teil dazu. Denn ihn erst so unvorbereitet - eine ganz andere Situation, als wenn man eine Hochzeit zu sprengen versuchte und doch irgendwie wusste, was einen erwartete und mit welchen Möglichkeiten man rechnen müsste - auf diesen Borkan treffen zu lassen und dann nicht den Mut zu haben, ganz offen dazu zu stehen, dass dieser Mann ein Iunier, ein Iulier irgendeines anderen Zweiges als der Caepiones oder aber, Götter verbietet, vielleicht ein edler Cornelius war, das fand Dives dann doch etwas schwach und irgendwie auch enttäuschend. Nicht frei zu sein an der Seite Faustas, das warf Serapio ihm mehr als nur einmal vor. Doch diese Situation hier bewies wohl, dass auch er längst nicht so frei war, wie er es vielleicht gerne wäre.
    Und selbst auf den leisen Kommentar von der Seite reagierte Serapio allem Anschein nach nicht. Oder hatte er den Iulier womöglich einfach nur nicht richtig gehört? Dives wagte einen kleinen Kopfschwenk nach rechts, nur ein oder zwei Digiti. Doch schon dieses kleine Stück reichte aus, um das Händchenhalten zur rechten Serapios zu entdecken. Reflexartig wandte sich der Iulier ab, schaute nach links zu seinem dortigen Sitznachbarn und rutschte etwas auf seinem Sitzkissen zurecht. Alles andere als dabei an irgendeine Revanche denkend - zumal dies hier auch nur irgendein Theater in Trans Tiberim war und damit alles andere als ein Vergleich zu einer Festivität, bei der man als Gastgeber unter dem Druck und der ständigen Beobachtung nicht nur der eigenen Freunde und Verwandten stand, sondern auch jener manch sonstiger Gäste der höchsten Bevölkerungsschichten Romas - fröstelte es Dives ungemein. Hätte er geahnt, dass Serapio heute in solcher Begleitung hier erscheinen würde, er hätte selbst noch jemanden mitgenommen! So wie sich Caelius Caldus in der Casa Iulia ein zweites zu Hause gemacht hatte, wäre der es Dives schon beinahe schuldig gewesen, für einen Nachmittag seinen Freund zu mimen. Ohne jenes Vorwissen indes saß er hier nun zusammen mit Serapio und Borkan... einsam und allein. (In Phocaea möge die Pest ausbrechen!)


    Unterdessen nahm das Schauspiel unten auf der Bühne seinen Lauf: 'Oftmals bat sie die Nymphen, / Mit Silberlilien schmeichelnd, / Dass doch den Tatius nicht / Schändete Romulus Speer.' Dieser Satz in der Tat weckte Erinnerungen im Iulier. Wie oft schließlich hatte er selbst dereinst in den dunklen Zeiten des cornelisch-vescularischen Bürgerkrieges dafür geopfert und gebetet, dass Serapio nicht schändete Romulus Speer? Gar einen ganzen Tempel hatte er zu diesem Zwecke dem Iuppiter Serapis, an den er sich an der Nymphen statt gewandt hatte, versprochen! Letztlich hatte der große Ewige Serapio offenkundig tatsächlich verschont und gerettet, während das Aus ihrer Liebe - so man jene überhaupt als gegenseitig voraussetzte - wohl nur die gerechte Strafe dafür war, dass der versprochene Tempel bis heute nicht viel mehr als eine karge Bauruine war. Und zu guter Letzt hatte selbst im Schmeicheln mit silberweißen Lilien der Iulier so eine gewisse Erfahrung, prangte exakt jene doch durchaus hin und wieder aus dem Siegelwachs mancher an den Decimer gerichteten Briefe.
    Doch es war vorbei; vorbei mit den Briefen, vorbei mit den Silberlilien, vorbei mit Serapio. Mit einem bitteren Lächeln im Gesicht lugte Dives noch einmal auf das Händchenhalten etwas weiter rechts. Er selbst war vorbei, war Vergangenheit. Die Zukunft offenkundig hieß Borkan - ein Mann, über welchen der Iulier durchaus ein paar Informationen einzuholen versuchen würde. Denn er wurde das Gefühl einfach nicht los, dass er diesen Typ irgendwo schon einmal gesehen hatte, und entscheidender noch, sogar seinen Namen heute nicht zum ersten Mal vernahm.


    Und während sodann die Tarpeia zu ihrem Klagelied ansetzte, fragte sich Dives, was beim leuchtenden und erleuchteten Apoll er hier eigentlich gerade machte: Er saß allein in einem Theater in Begleitung mit seiner alten Liebe Serapio und dessen neuer Flamme Borkan, konnte sich ob der zwischen diesen beiden ausgetauschten Zärtlichkeiten kaum auf das Schauspiel vorne konzentrieren, fühlte sich einsam und allein und fror allmählich etwas, während er eigentlich nur darauf wartete, dass ihm Serapio irgendwann eröffnete, was das nun für eine ominöse Intrige war, vor der er sich in Acht zu nehmen hätte... Dives biss sich etwas ärgerlich auf die Unterlippe. Hätte er auch nur die Hälfte dessen geahnt, was ihn bisher hier erwartet hatte, er hätte wahrscheinlich Caldus hier antanzen lassen - allein - und wäre selbst daheim in der Casa Iulia geblieben!




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Die rasende Liebe der Tarpeia, die Truppen der Sabiner vor den Toren Roms... je weiter das Stück voranschritt, je düsterer sich das Verhängnis zusammenzog, je mahnender die Gesänge des Chores durch das Theater brausten... um so unaufhaltsamer kroch die Beklemmung durch meine Augen und Ohren in mich hinein, schlang das Leid der Tarpeia sich würgend um mein Herz...
    Vollkommen gebannt folgte ich dem Drama, hatte Borkans Hand mittlerweile wieder losgelassen und die Hände starr auf meine Knie gelegt, denn ich verstand die Qualen der Heldin so gut, ich fand mich wieder in dieser törichten Frau, die so unendlich zerrissen war, zwischen ihrer Liebe zu einem Hochverräter auf der einen Seite... - äh, feindlichen Feldherrn, aber so viel anders war das nicht, auch er brachte Unheil und Krieg über Rom – und der Pflicht gegenüber Rom auf der anderen Seite...
    Aufgewühlt und blass presste ich die Lippen aufeinander, machte mein Gesicht starr, um niemandem, aber auch keiner Menschenseele, hier auch nur den geringsten Einblick zu erlauben, während ich bebend, auf meiner eigenen Bühne wieder das alte Stück aufgeführt sah: wie Manius zu mir gekommen war, sich unter Todesgefahr in die Stadt gestohlen hatte, um mich zu überreden, mich den Aufständischen anzuschließen, wie er von mir als Gardepräfekten verlangt hatte den Kaiser zu ermorden, wie er mich belogen, so ungeheuerlich belogen hatte, wie es mich innerlich auseinandergerissen hatte, 'ich sollte dich ausliefern!' hatte ich ihm entgegengeschleudert, und zugleich hatte ich so entsetzliche Angst um den Geliebten gehabt.... Manius hatte in seiner Verblendung geglaubt im Recht zu sein. Titus Tatius übte auch nur Vergeltung für den Raub der Sabinerinnen.
    Und so kam es, dass ich da, so merkwürdig das auch klingt, ausgerechnet zwischen meiner neuen Liebe und meiner alten Liebe, im Theater saß und ausgerechnet die Gedanken an Manius, die ich so lange einfach verbannt hatte, einfach nicht zugelassen hatte, durch das Theater erweckt, über mich hereinbrachen.


    Auf der Bühne des (großen und allgemeinen) Theaters wurde derweil das Pariliafest gefeiert, die Römer (damals wohl noch nicht ganz so sehr auf Gravitas versessen) machten Musik, schmausten und tranken, tanzten Hirtenreigen und sprangen über flackernde Strohfeuer... während die liebesblinde Tarpeia heimlich den Titus Tatius traf und ihren verräterischen Bund mit ihm schloß. Sie verbrachten die Nacht zusammen, die Vestalin brach frevelnd ihr Gelübde – alles nur angedeutet, wir waren ja in einer Tragödie, nicht beim Possenspiel. Eine Nacht des Liebesglückes nur... wobei es bei Philonicus' Interpretation des Titus Tatius meisterhaft in der Schwebe blieb, in wie weit der Sabinerfeldherr der Römerin nun ebenso verfallen war, und in wie weit er sie von Anfang an lediglich als sein Werkzeug ansah.
    Am Morgen führte Tarpeia den Feind über einen verborgenen Pfad hinauf in die Festung, Tatius erschlug erst die Wachhunde, dann fielen seine Soldaten über die ihren Rausch ausschlafenden Römer her, im Handstreich war das Kapitol – und damit Rom erobert. Noch über den Leibern ihrer gefallenen Landsleute, forderte Tarpeia den Tatius auf, sein Versprechen wahr zu machen, und sie zu seiner Königin zu machen. Doch der Geliebte bestrafte ihren Verrat, der ihm Rom eingebracht hatte, durch seinen eigenen Verrat, und auf seinen Befehl hin scharrten sich seine Soldaten um die gefallene Vestalin, warfen ihre Schilde über sie und zertrümmerten ihr alle Knochen.


    "Dieses, o Jungfrau, war
    Bräutlicher Lohn für den Dienst!"

    schloß Romulus als Erzähler lakonisch die Geschichte,
    "So empfing der Fels seinen Namen,
    Durch Tarpeia, Führer des Feindes.
    Oh Wächter, dein Schicksal ist es,
    den Lohn, obschon schuldlos, zu tragen."


    Das Ende.
    Stille.
    Applaus.
    Die Schauspieler kamen, die Masken nun in den Händen tragend, auf die Bühne, wurden vom tosendem Beifall umströmt. Philonicus strahlte, und auf den jungen Leophanes, der die Tarpeia verkörpert hatte, flogen aus dem Publikum so einige Blumensträusse und ein... strophium... zu, (was er mit blasiertem Lächeln quittierte).
    Überwältigt, und noch immer tief in das Geschehen auf meiner eigenen Bühne versunken spendete auch ich reichlich Applaus. Ich blieb sitzen, als der Aufbruch begann, versuchte mich wieder zu sammeln. Die Holzböden knarrten, Gewänder raschelten, und ein Murmeln und Plaudern erhob sich in dem Theater, als die ersten Eindrücke ausgetauscht wurden, während das Publikum zu den Ausgängen strebte.



  • Und das Stück zog sich und zog sich immer weiter und weiter in die Länge - so zumindest für den iulischen Tribun. Denn erst hatten ihm die dutzenden Fragen und Gedanken zu diesem Borkan, zu Serapio und zu deren gemeinsamen Händchenhalten jede Konzentration genommen - der iulische Zuschauer hatte sich also kaum richtig einfinden können in das Stück -, dann hing er auch zwischendurch wiederholt einzelnen Sätzen, Bruchstücken des Gesamtwerks, mit seinen ganz eigenen Assoziationen und Erinnerungen nach, bevor er gelegentlich einen heimlichen Blick nach rechts warf in der Hoffnung nicht neuerlich so vorgeführt zu werden. Und kaum lenkte er seine Aufmerksamkeit hernach wieder auf die Bühne, da hatte er abermals eine Teilhandlung verpasst, fühlte sich obdessen einmal mehr allein und ausgeschlossen und fror, nur um sodann erneut ein paar Worte aufzuschnappen, die ihn auf gedankliche Reisen schickten. Kurzum hätte sich Dives diesen Theaterbesuch bislang wohl wahrlich schenken können - was erwähntermaßen jedoch nicht am Theater selbst, den Schauspielern, der Inszenierung oder dem aufgeführten Stück, sondern in erster Linie und eigentlich bei genauerer Betrachtung sogar ganz ausschließlich an seiner heutigen Begleitung lag. Denn wie hatte Serapio noch gleich in seiner Einladung geschrieben? 'Komm bitte allein' - vorgeblich aus irgendwelchen Gründen der Vorsicht. In Wahrheit jedoch schien es wohl vielmehr darum zu gehen, dass Dives hier allein erscheinen sollte, um auch ja nur das dritte Rad am Wagen neben Serapio und Borkan zu sein! Ob es am Ende also überhaupt noch etwas gäbe, eine Intrige oder ähnliches, über das Serapio wirklich noch sprechen wollte? So ganz sicher war sich der Iulier da nicht.


    Doch auch die unangenehmsten Situationen fanden bekanntlich irgendwann, mal etwas früher, mal etwas später, ein Ende. Und so dauerte dann auch dieses 'Stück von Liebe und Wahn', in dem sich Dives mehr gefangen denn frei genießend sah, glücklicherweise nicht ewig. Das Publikum applaudierte. Einige Zuschauer erhoben sich begeistert von ihren Plätzen. Serapio blieb sitzen. Entsprechend sah auch der normalen Beifall spendende Iulier vorerst keinen Grund sich zu erheben. Stattdessen wartete er nur ab, bis sich der tosende Applaus hoffentlich irgendwann wieder etwas legte, auf dass eine anständige Unterhaltung mit dem eigenen Sitznachbarn wieder im Bereich des Möglichen wäre. Mit erwartungsvollem Blick und leicht forderndem Unterton wandte er sich dann an Serapio:
    "Also?"




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • "Also..." echote ich, aus meiner Versunkenheit aufschreckend, "...ähm. Ja. Lass uns zur Sache kommen."
    Oh Faustus. Ich war wohl noch nicht so ganz wieder da. Und Dives sah höchst ungnädig aus. Wie gut, dass Borkans solidarische Präsenz mir den Rücken stärkte.
    "Wir können in einem der Nebenräume sprechen, in Ruhe." sagte ich, mich erhebend. Ich reckte meine Glieder, strich meine Lacerna zurecht, und unterdrückte ein sarkastisches Schmunzeln: "Keine Angst" versicherte ich Dives, "Ich will dich weder umbringen noch verführen."



    Durch den Strom der Gäste ging es zu einer Seitentüre, und ein bestochener Saaldiener ließ uns ein. Mit einem Mal waren wir hinter der Fassade, sahen die rohe Rückwand der pompösen Kapitolskulisse, und die Seile und Räder des Flaschenzuges, der den Göttern Flügel verlieh, sahen verschwitzte, erleichterte Choristen, abgelegte Masken, hölzerne Speere und "blutbefleckte" Schilde. Dann ging es durch einen dunklen Schlund von Gang in einen Lagerraum, in dessen langgestreckten Ausmassen unzählige Kulissen und Requisiten aufbewahrt wurden. Der Saaldiener verschwand, ich schickte auch die Custodes hinaus, und wir schienen endlich allein zu sein... mit den Versatzstücken unzähliger Bühnengeschichten, die hier in einem wilden Durcheinander um uns aufragten, im trüben, durch die kleinen Fenster hineinsickernden Winterlicht.


    Ich setzte mich auf einen Stapel blauweißschäumender Sturmwellen. Sah stirnrunzelnd zu einem mannsgroßen Kranich, der mit seinen Glasaugen lauernd zu mir her lugte, flankiert von einem zerklüfteten Vulkan – aus welchem Stück der wohl kam? - überragt von einer Hydra, aus deren mottenzerfressenem Leib die Sägespäne herausquollen...
    "Warum ich dich eigentlich hierher gebeten habe..." ließ ich die Katze mal die Nase aus dem Sack stecken, fasste Dives genau ins Auge dabei, "...ist wegen des Mordes an dem syrischen Händler auf dem Markt, vor einigen Tagen... der deiner Aufmerksamkeit als Tribun der Stadtkohorten wohl kaum entgangen sein sollte, da er sich vom alltäglichen Einerlei des Mordens hier in Rom auf so hochinteressante Weise abhebt. Ein Attentäter, der sich gleich darauf selbst den Garaus macht, wo hat man das schon mal gesehen (ausser bei judäischen Zeloten oder verschmähten Liebenden)? Dazu ein Opfer, das um die Eskapaden deines Töchterchens wußte und kein Geheimnis daraus machte. Das kann einen ja schon zum Nachdenken bringen, nicht wahr?"
    Bestimmt würde er mir gleich mit voller Überzeugung versichern, dass auch dies nur das Werk von "Ihnen" war, die auf diese niederträchtige Weise gegen ihn und seine Familie vorgehen wollten.



  • Serapio erhob sich. Also stand auch Dives auf von seinem Platz.
    "Oh, das glaube ich dir aufs Wort.", kommentierte er den Schlusssatz des Decimers anschließend mit einem unglücklichen Lächeln im Gesicht. Denn die Parallele zu ihrer ersten Begegnung in Ostia lag schließlich geradezu offensichtlichst auf der Hand. Und wenn man dazu nun noch die heutigen Vorzeichen hinzuaddierte von der Vorstellung dieses Borkans bis hin zu dem gemeinsamen Händchenhalten mit ihm, dann war die Intention Serapios doch sonnenklar: Die womöglich auch für ihn einstmals schöne Erinnerung an ihr erstes Aufeinandertreffen, ihr erstes Kennenlernen und ihre erste gemeinsame Zweisamkeit sollte hier und heute vergessen gemacht, zerstört und vernichtet werden. Die alte Erinnerung sollte vollends verblassen im Antlitz einer neuen und deutlich unschöneren. Und für Serapio, nur mit dem Lustpfeil Cupidos, nicht dem der Liebe des Amor getroffen, war es wahrscheinlich der größte Hochgenuss in der ersten Reihe dabei zu sein, wenn auch dieses Stückchen Glück im Iulier zerbrach.
    Doch was wollte letzterer nun dagegen tun? Hätte sich Dives nun mit ablehnendem Dank verabschieden sollen? Hätte er zugeben sollen, dass er die alte Erinnerung an eine andere Zeit schon ganz gerne bewahrt und behalten hätte? Hätte er sich diese Blöße nicht nur vor Serapio sondern auch diesem aus welcher Familie auch immer stammenden Borkan tatsächlich geben sollen? Nein. Das konnte er nicht. Er konnte jetzt keinen Rückzieher machen. Er war in diese Falle seines einstmals Geliebten getappt. Jetzt galt es nach dem Motto 'Augen zu und durch' so würdevoll wie möglich diese Situation zu meistern und zu überstehen. Nicht zuletzt war es gewiss kein Zufall, dass derart kurz nach seinem Opfer an Apoll Serapio nun zu diesem wenig erfreulichen Treffen geladen hatte: Dives hatte um eine Heilung von seinen Liebesqualen gebeten - und just nun also kam sie, die Gelegenheit sich auch noch den letzten Rest seiner Liebe für diesen attraktiven Hispanier austreiben zu lassen...


    So also folgte der Iulier anstandslos bis in besagten Nebenraum, der allem Anschein nach irgendein Requisitenlager war. Doch wen interessierte das angesichts der bevorstehenden Ereignisse? So gut es eben ging, versuchte sich Dives vorzubereiten und zu wappnen für das, was da nun kommen würde. Und dann kam es.
    "Es soll jetzt also wieder um meine Tochter gehen? Wie oft muss ich dir denn noch sagen, dass an den Gerüchten um sie und irgendeinen Soldaten nicht das Geringste dran ist?", begann Dives ruhig und beinahe kraftlos, schüttelte dann kurz den Kopf, nur um hernach das bisher in allen Unterredungen zu dieser Thematik gut und bewusst zurückgehaltene stärkste Argument vorzubringen. "Und selbst WENN - und ich möchte den hypothetischen Charakter dabei betont wissen - WENN sich Torquata aus dem Haus geschlichen und heimlich mit einem Soldaten getroffen hat! Ist es dir vielleicht auch nur einen einzigen Augenblick mal in den Sinn gekommen, dass sie einen leiblichen Bruder Iulius Macro bei den Cohortes Urbanae hat? Ist es dir auch nur einen einzigen Moment in den Sinn gekommen, dass meine Tochter ihren Bruder vermissen können und Sehnsucht nach ihm hat? Hast du auch nur einmal VERSUCHT anzunehmen, dass meine Tochter NICHT so eine Tarpeia ist wie die, die gerade draußen auf der Bühne gestorben ist?!?", brachte er dann mit Nachdruck vor, bevor er sich erstmal einfach nur abwandte von Serapio und ein paar Schritte gehen musste, um erneut ruhiger zu werden. "Und nochmal... Ich sage damit nicht, dass es so gewesen ist.", fügte er nachträglich noch einmal an. Es verging ein kurzer Augenblick des Nachdenkens, dann drehte sich Dives dem Decimer wieder zu.
    "Aber was willst du eigentlich damit andeuten, dass du ihren Namen in einem Atemzug mit diesem ermordeten Syrer nennst, von dem ich natürlich gehört habe? Willst du ihr jetzt auch noch daraus einen Strick drehen, dass dieser Mann schlecht über sie geredet hat?", hakte der Tribun nach und schüttelte enttäuscht den Kopf. Soviel also dazu, dass Serapio in Torquata keine Tarpeia sah. "Gesetzt den Fall, dass morgen der Cornelius ganz unerwartet und plötzlich sein Leben aushaucht... bist dann auch du sofort verdächtig, dahinter zu stecken, nur weil du deine Differenzen mit diesem Mann hast?" Gut, das musste man sicherlich noch ein wenig präzisieren: "Ich meine, natürlich gibt ihr das ein Motiv. Aber genauso wie ein Augustus hat auch ein tratschender Händler mit Sicherheit noch diverse andere Feinde." Aufgrund dieses Zufalls da nun zwangsläufig eine Verbindung zwischen Torquata und diesem Syrer herbeizudichten, das war in der Tat schon fast beleidigend. "Und wenn du MICH fragst, dann ist es doch sehr viel wahrscheinlicher, dass die syrischen Freiheitskämpfer, von denen du bei deinem offenkundigen Interesse für diesen Fall sicherlich ebenfalls gehört haben wirst, hinter diesem Anschlag stecken als meine kleine, unschuldige Tochter Torquata." Mit bitterer Miene schaute er Serapio an.




    DECURIO - OSTIA
    TUTOR - IULIA TORQUATA
    VICARIUS PRINCIPIS FACTIONIS - FACTIO VENETA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!