Teil II: Das Einsatzlager bei Eporedia

  • Es war spät, sehr spät am Nachmittag, als die Vorhut Eporedia erreichte. Die Gegend um die Stadt war in eine fast schon unheimliche Ruhe gehüllt, nicht einen Bauer sah man auf den Feldern, und nicht einen Ochsenkarren traf man auf den Straßen um das Städtchen an.
    Umso mehr war natürlich los als die Legio I endlich anrückte. Die spärlich verriegelte Stadt öffnete ihre Tore und ein paar offizielle traten heraus um die Vorhut zu begrüßen, das übliche Prozedere, wäre es nicht mitten in Italia gewesen.
    Die Stadt selbst bot nicht genug Platz für acht Kohorten einer Legio, und natürlich plante die Armee auch nicht länger zu bleiben als nötig, sodass die Vorhut begann das Marschlager vor den Stadttoren zu errichten, allerdings mit einer kleinen Modifikation: Die Soldaten nutzten eine Seite der Stadtmauer um ihr Lager daran zu errichten. Das sparte Zeit, Holz, und diese eine Seite war wohl besser geschützt als durch die üblichen hölzernen Palisaden.
    Somit war die Stadt auf der einen Seite vom Fluss Dora Baltea geschützt, die Brücke konnte man leicht halten, auf der anderen Seite von der Legio, und somit konnte die Stadt ihre Ressourcen auf die anderen Seiten verwenden. Darüber hinaus war es schlichtweg nicht anzunehmen dass dieser Haufen Sklaven tatsächlich erwägen würde auf die Stadt zu marschieren...


    Die Haupttruppe war noch auf ihrem Marsch und Seneca hoffte dass es die Truppe noch vor Einbruch der Dunkelheit in die Stadt schafft, denn das Umland war recht zerklüftet, und die ein oder anderen kleineren Hinterhalte könnten die Truppe im dunkeln wohl auf dem kalten Fuß erwischen..

  • Licinus war noch auf dem Weg und diskutierte von seinem Pferd aus mit dem tribunus laticlavius dem er den Sinn erklärte warum sie das Risiko eingingen in die Dunkelheit hineinzumarschieren.
    Und musste dabei feststellen, dass er erst mal klarstellen musste, was das Risiko dabei war. Nämlich mitnichten der Pferdefuß im Kaninchenbau.
    Entsprechend war der kleine Rest Reiter, den sie mit sich führten angewiesen worden auf den Flanken zu Reiten um Hinterhalte aufzuspüren. Licinus rechnete kaum damit, dass die Sklaven versuchen würden, ihnen den Weg zu verlegen. Nicht so lange sie die Truppe noch im Hauptkörper und somit nicht verstreut hatten.
    "Natürlich brauchen wir ausgeruhte Truppen, wenn die ganze Sache eine saubere werden soll, aber du kannst mir glauben, die Männer werden nicht eine Stunde nach normalem Marschende völlig entkräftet zusammenbrechen. Natürlich kann das passieren, ich kenne die Berichte. Aber verdammt, in der Wüste ist das Klima auch etwas anders als hier. Glaub mir ich muss das wissen, ich hab es selbst erlebt."
    Ein Kurier, verflucht Iunius, schick mir einen Kurier mit irgendeiner Nachricht, dass du angekommen bist und das Lager steht, seufzte Licinus innerlich. Dieses Gespräch raubte ihm gerade den letzten Geduldsfaden.

  • Als Senator brachte es gewisse Vorteile, wenn man sich einer Legion anschloß (was öfter geschah als man glaubte, waren Legionen doch nichts anderes als wandelnde römische Infrastruktur), doch am besten war es, wenn man noch als gedienter Offizier von Tuten und Blasen auch noch eine Ahnung hatte. Selbst wenn man sich selbst eine Art Schweigegelöbnis auferlegt hatte, um die anderen einfach die Arbeit machen zu lassen wie sie es für richtig hielten, hatte man doch die Genugtuung ständig im Stab präsent sein zu können.


    Selbst im Marsch geschah das, hatten die Offiziere doch ständig zu tun und schwirrten um die marschierende Truppe umher, während der Legat meißt im Zentrum (beziehungsweise der zentralen Spitze) verweilte und den Ankerpunkt darstellte... und genau hier befand sich auch der inoffizielle Beobachter des Senats. Dass die erste Legion nunmehr seit Jahren effektiv von einem Ritter geführt wurde änderte wenig an der Sache. Die Legaten, die seit dem Bürgerkrieg von Rom nach Mantua geschickt worden waren, waren offensichtlich nur Behelfslösungen gewesen, die vor allem eins klarmachten: man vertraute dem Iulius offensichtlich derart, dass man dessen Kompetenz auch nicht unterminieren konnte, indem man eher minder bekannte und dementsprechend kompetente Legati nach Norden schickte.


    Der Gedanke amüsierte Vala, der etwas versetzt zum Legaten locker im Sattel seines müßig dahintrottenden Reittiers hockte und dem Gespräch zwischen Tribunus Laticlavius (those were the days!) und Praefectus lauschte.. Als er (wie alt er doch geworden war!) den Iulius als blutjunger TribLat kennengelernt hatte, war dieser gerade Primus Pilus (wie alt DER doch geworden war!) gewesen.


    "Es zeugt schon von einer gewissen Chuzpe, was du hier gerade unternimmst." , schmunzelte Vala als das Gespräch der beiden ein Ende gefunden hatte, "Man könnte fast meinen, du legst es auf größtmögliches Eierzeigen einer römischen Legion vor den aufmüpfigen Sklaven an. Erwartest du einen neuen Spartacus?"

  • "Rechne mit dem Schlimmsten, dann wirst du nicht überrascht." entgegnete Licinus nur halb im Scherz. Dieser Aufstand hatte in seinen Augen Potential. "Sie sind keine Kämpfer, den Göttern sei Dank, aber Schwerstarbeiter."
    Licinus hatte keine Bedenken, dass seine Männer besser gedrillt und bewaffnet waren. Was die pure Kraft anging war er weit weniger sicher.


    "Nein im Ernst, ich verspreche mir von einem großen Aufmarsch zweierlei. Erstens hoffe ich, dass sie sich einigeln und wir ihre Aktivitäten schon durch Präsenz reduzieren. Zweitens will ich etwaigen Sympathisanten ein klares Signal geben ruhig zu bleiben.
    Weißt du, ich glaube, wenn ein Gut überfallen wird, dann gibt es sicher einige Sklaven die sich den Rebellen mit Freude anschließen. Und andere, die es tun, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen. Und letztere will ich haben. Den Rebellen den Nachschub austrocknen, wenn du so möchtest."

    Eines der Grundprinzipien der Kriegsführung. Den Feind vom Nachschub abschneiden. Nur war der Nachschub in ihrer Situation merkwürdig diffus. Keine Nachschublinien, keine Vorratsdepots im Hinterland, keine Rekrutierungs- und Ausbildungsstellen. Solange die Unterstzer nicht aktiv wurden, war sie keine Feinde, keine Aufständischen. Bis der Mob vor dem latifunidum stand. Es konnte rasend schnell gehen. Und darum hieß es Präsenz zeigen.

  • Das Lager war einigermaßen errichtet.. Hier und da fehlten noch einige Pfähle, schließlich hatte jede Mannschaft welche mit sich geführt, da konnten auch die Ersparnis einer Mauer und die kräftige Mithilfe der Stadtbewohner nicht den Materialmangel wettmachen..
    Ein Bote war auf dem Weg zur Hauptstreitkraft... Es war erstaunlich wie ruhig es in diesem vermeintlichen Krisengebiet war. Eventuell hatten die Sklaven die Hosen voll, oder aber sie warteten ab und beobachteten die Legion, denn im Felde hätten sie keine Chance, und sie mussten ihr Heil in kleineren Attacken suchen..
    ...Abgesehen davon, solange es im Umland kleinere Ortschaften und Höfe zum Plündern gab mussten sich die Rebellen um Eporedia keine Gedanken machen, auf der anderen Seite jedoch erstreckte sich das römische Imperium zu jeder Seite viel zu weit umso mir nichts dir nichts abzuhauen, sie waren in dieser Lage, und mussten nun das beste daraus machen..


    Unterdessen erreichte der Bote die Hauptstreitmacht. Der Praefectus war aufgrund seiner Eskorte nur schwer zu übersehen und so machte sich der Eques umgehend zu ihm auf und überbrachte mündlich die Botschaft des Tribuns..
    "Salve Praefectus Iulius. Tribunus Iunius schickt mich, er informiert dich darüber dass das Lager zu einem großen Teil vorbereitet ist, jedoch fehlt noch Material zur Fertigstellung der Westflanke des Lagers. Darüber hinaus ist es ruhig und es gibt keinerlei Anzeichen von Feindaktivität. Für wann darf ich dem Tribunus die Ankunft des Heeres verkünden?" fragte der Soldat während sein Gaul ein wenig hin- und her tänzelte..





    Unterdessen in Eporedia


    Die Soldaten saßen bereits zusammen und kochten ihren Puls als einer der wachhabenden Milites eine in einer tristen Tunika gekleideten Mann im halbdunklen vor dem Lager stehen sah.. Er machte seinen Kameraden auf den Mann aufmerksam und beide griffen sich ein Pilum und gingen langsam auf die Gestalt zu.
    Ehe sie sich versahen rannte der Kerl wie von der Tarantel gestochen weg, und sprang auf ein Pferd auf welches weiter hinten, versteckt hinter einigen Bäumen und Gestrüpp weidete, und verschwand in die Berge.


    Die Milites waren natürlich ein wenig verwirrt über diese ungewöhnliche Begegnung, jedoch fanden sie, auf der grünen Wiese liegend eine kleine Schriftrolle, geschrieben in perfektem Latein, soweit sie es denn beurteilen konnten, war es das erste Anzeichen von feindlicher Präsenz in ihrer Nähe..


    Wir beobachten euch.
    Wir haben euch schon gestern beobachtet, und wissen über jeden eurer Schritte Bescheid. Wir wollen kein Land, wir wollen kein Geld, wir wollen nur unsere Freiheit.
    Ihr lasst uns wie die Tiere schuften. In den Minen, auf den Feldern, und als lebendige Möbelstücke für eure reichen Herrschaften.
    Betrachtet dies als Warnung: Unsere Rebellion ist ein Spiel welches im verborgenen gespielt wird. Wir messen unseren Erfolg in römischem Blut. Wir verlangen nicht viel, nur freies Geleit über die Grenzen eures verlogenen Imperiums hinaus.
    Solltet ihr unserer Forderung nicht nachkommen werden wir Hof um Hof, Dorf um Dorf heimsuchen. Wir werden wachsen und wachsen, bis auch ihr Eporedia nicht mehr beschützen könnt. Und wer weiß, vielleicht werden wir das beenden, woran einst Spartacus gescheitert ist.


    Bleibt wachsam.


    Gezeichnet
    Ambiorix, ehemaliger Sklave des Titus Calventius Collatinus


    Natürlich waren die Soldaten erstaunt ob der doch kryptischen Schreibweise der Sklaven, und natürlich auch wegen deren Selbstbewusstsein, weshalb sie auf der Stelle kehrt machten, und den Brief im Kommandozelt abgaben bevor sie sich wieder mit ihren Kameraden tuschelnd auf ihren Posten begaben.

  • Mercur schien seine Gebete zu hören. Jedenfalls erschien bald ein Melder und konnte aufhören den paedagogus zu spielen. Stattdessen wandte er sich dem Melder zu: "Noch eine Stunde, schätze ich, etwas weniger." Das galt natürlich für den vorderen Teil der Marschkolonne, für den hinteren musste man mit noch zwei Stunden oder mehr rechnen.
    Licinus blickte in Richtung der Sonne
    Der Fortschritt der Schanzarbeiten überraschte Licinus dann allerdings ausgesprochen positiv. Er hatte mit deutlich weniger gerechnet. Einfadch aus Materialmangel, immerhin waren die centurienmulis mit den meisten Schanzüfählen noch unterwegs, auch wenn man natürlich einige umgeladen hatte.
    "So weit schon? Sehr schön. Was weißt du sonst noch? Wie ist die Stimmung in der Stadt?"

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