Ein zweites Geschäftsessen

  • Nachdem die ersten Annäherungsversuche auf der Rennbahn gestartet waren und ein Termin ausgemacht werden konnte, erwartete der Tiberier schon freudig die Verhandlungen in der Causa Tanco. Gleichsam wartete Lepidus nicht nur auf den Verhandlungsführer dieses Wagenlenkers, sondern auch auf seinen Factio-Kollegen Decimus, nachdem er das Treffen bei der Vollversammlung der Aurata angekündigt hatte. Der Tiberier bestellte unterdessen einen verdünnten Wein. Ihm lagen Tavernen zwar nicht besonders, aber die Apicia hatte einen recht guten Ruf. Hier ließen sich in der Tat öfter mal Senatoren und andere hohe Persönlichkeiten nieder, so dass sich Lepidus nicht allzu fehl am Platz vorkam.

  • Wenig später erschienen zwei Männer in der Taberna, sprachen den Wirt an und dieser deutete auf Tiberius Lepidus. Die Männer dankten dem Wirt und kamen an den Tisch des Tiberiers. Einer der beiden war Tanco, der andere demnach wohl sein Patron. "Salve", grüßte letzterer. "Ich nehme an, du wartest auf uns? Ich bin Leontiscus. Und Tanco hast du ja sicher zumindest schon einmal gesehen."

  • "Seid gegrüßt" sprach der Tiberier erfreut, vor allem in Anbetracht der Anwesenheit von Tanco persönlich. "Ein Kompliment noch einmal für deine Leistung bei den Munera Tiberii Duri. Ich bin sicher, du hättest es noch auf einen Podiumsplatz geschafft, wenn nicht dieser unglückliche technische Defekt gekommen wäre", lobte er den Lenker, was vielleicht verhandlungsmäßig nicht allzu klug war. Denn schließlich sollte man die Ware ja eher etwas schlecht reden, damit sie möglicherweise billiger wurde. "Ich warte derzeit noch auf den Princeps Factionis, den Consular Decimus Livianus, dessen Stellvertreter ich bin. Aber wir können gern schon etwas zu trinken bestellen. Das geht natürlich auf meine Kosten."

  • "Ja, das war unglücklich", bestätigte der Mann, der sich als Leontiscus vorgestellt hatte, während Tanco nur entsprechend unglücklich aus der Tunika schaute. Dass sein Patron anschließend einen Krug verdünnten Wein bestellte, hellte seine Miene dann allerdings gleich wieder ein wenig auf. Das schlechte Ergebnis schien also nicht allzu tief an seinem Selbstbewusstsein genagt zu haben. "Gerne. Wir warten. Wir haben Zeit mitgebracht."

  • Etwas verspätet und sichtlich auch ein wenig abgehetzt erreichte der Decimer die Taverna Apicia. Nachdem er sich einen kurzen Überblick verschafft hatte, erblickte er auch Tiberius Lepidus, der bereits mit zwei anderen Männern auf einem der Tische saß. Zielstrebig steuerte er auf sie zu.


    "Salvete meine Herren! Entschuldigt bitte die Verspätung. Ich wurde noch in der Praefectura aufgehalten."


    Mit diesen Worten nickte er ihnen grüßend zu und nahm neben Lepidus platz.

  • "Salve Consular", sprach der Tiberier zur Begrüßung und klärte den Decimer gleich auf, dass es sich bei den Männern sowohl um den Patron Leontiscus, als auch um den begehrten Tanco handeln würde. Nachdem die Getränke gebracht waren, konnte damit auch das Geschäftliche seinen Lauf nehmen. "Da wir nun alle versammelt sind, können wir uns ja dem eigentlichen Zweck unseres Zusammenkommens widmen." Lepidus sprach nun vor allem mit Leontiscus, denn dieser hatte ja hier das sagen. "Tanco ist uns sehr positiv aufgefallen und wir würden ihn für eine angemessene Verstärkung unserer Factio Aurata halten. Ich denke, der Mann hat es auch verdient, bei einem guten Rennstall unterzukommen"

  • "Salve, Consular", grüßte auch Leontiscus, während Tanco nur schweigend nickte zur Begrüßung und offenbar vorhatte, das Reden seinem Patron zu überlassen. "Ja, sicher hat mein Schützling es verdient, bei einer großen Factio zu fahren. Dafür lebt er jeden Tag. Was kann die Aurata ihm bieten?"

  • "Wir sind beispielsweise finanziell exzellent aufgestellt. Tanco kann sich nicht nur einer üppigen Bezahlung erfreuen - Prämien bei Erfolgen mit eingeschlossen -, sondern wird von uns auch die besten Pferde, Wagen und Ausrüstung erhalten, die man für Geld kaufen kann. Dazu haben wir mit mir und den Consular Decimus ein wirklich sehr engagiertes Führungsteam, möchte ich meinen. Bei anderen Factios geht es doch eher schläfrig zu, während wir uns gern um alles kümmern, damit es Tanco und dem Rennstall im Allgemeinen an nichts fehlt." Und um auch noch einen drauf zu setzen. "Tanco wäre bei uns auch nicht nur irgendein Fahrer. Er wäre im Grunde der große jugendliche Hoffnungsträger, der unsere Fans sicherlich begeistern wird." Lepidus blickte noch kurz zum Decimus für den Fall, dass dieser noch etwas zu ergänzen hatte.

  • "Rosige Aussichten", kommentierte Leontiscus und wartete somit nicht erst ab, ob der Decimer etwas ergänzte. Immerhin hatte sein Gegenüber sie in eine äußerst komfortable Position gebracht in der sie nun quasi jeden Betrag fordern konnten, den sie wollten. "Ist Hoffnungsträger nicht sogar etwas untertrieben? Welche anderen großenen Fahrer habt ihr derzeit noch bei euch, von denen sich Tanco etwas abgucken kann?"

  • Lepidus hatte das Gespräch bisher zur vollsten Zufriedenheit des Decimers geführt und Livianus sah daher keinen Grund sich einzubringen. Nun jedoch ergriff er zum ersten Mal das Wort, um auch seine Sichtweise einzubringen.


    "Sotion und Pythocles sind keine Spitzenfahrer, aber ich denke das man von beiden etwas lernen kann. Wie Tiberius bereits sagte, sind wir finanziell sehr gut ausgestellt. Ich habe daher bereits darüber nachgedacht für unsere Fahrer demnächst auch ein neues Trainerteam anzustellen, dass sich speziell um die Bedürfnisse der einzelnen Fahrer kümmern und darauf eingehen kann. Vielleicht können wir sogar einen ehemaligen Topfahrer als Chef dieser Truppe gewinnen."

  • Das war natürlich etwas, an was der Tiberier noch gar nicht gedacht hatte. Einen Ehemaligen Spitzenfahrer als Trainer einzustellen. Da konnte er nur zustimmend nicken. Das wäre dann natürlich noch ein größerer Anreiz. "Ich denke ebenfalls, dass man von der Erfahrung Sotions und Pythocles' profitieren kann. Das Umfeld der Aurata sollte eine angenehme Grundlage für den Neuling im Rennstall sein", stimmte er dann noch einmal dem Princeps zu, ohne sich freilich auf die Finessen des Verhandelns sonderlich gut zu verstehen.

  • Bei der Erwähnung der Namen Sotion und Pythocles schüttelte Tanco deutlich missmutig den Kopf. Er schien von den beiden nicht viel zu halten, was seinen Patron wiederum zu amüsieren schien. "Ihr seht es, mit diesen Namen könnt ihr meinen Tanco nicht für euch gewinnen. Was ist mit Patroklos? Steht ihr noch in Kontakt zu ihm, seit er seine aktive Karriere beendet hat?" Leontiscus hatte seine Hausaufgaben offenbar zumindest dahingehend gemacht, dass er nicht nur die aktuellen, sondern auch ehemaligen Fahrer der Factio Aurata kannte.

  • Livianus beobachtete ebenfalls die eindeutige Reaktion des jungen Fahrers. Er hatte fast schon damit gerechnet und ging daher nicht näher darauf ein. Vor allem nicht, da sein Patron gleich wieder das Wort ergriff, was nun wiederum auch den Decimer zu amüsieren schien. Keinesfalls hatte er erwartet, dass er sein Gegenüber bei diesen Verhandlungen recht schnell über den Tisch ziehen konnte, doch schmunzelnd stellte er nun fest, dass dieser Leontiscus sehr gut vorbereitet war und sich sehr gut in der Rennstallszene auskannte. Für den jungen Fahrer war dies ein großer Vorteil, da ein Patron mit solchem Hintergrundwissen bestimmt nur gutüberlegte Entscheidungen traf und seinem Klienten damit zur Aufnahme im bestmöglichen Rennstall verhelfen konnte.


    "In der Tat hatte ich bei der Besetzung eines solchen Trainers an Patroklos oder Helios gedacht und wir stehen auch noch mit beiden in Kontakt. Sie sind zwar nicht mehr als Fahrer aktiv, aber nach wie vor Kenner der Szene und man trifft sie auch noch sehr oft auf den Besucherrängen an.


    Ich möchte mich jedoch noch nicht auf einen bestimmten Namen festlegen, da mir auch große Namen anderer ehemaliger Fahrer in den Sinn gekommen sind, die zwar nicht für uns gefahren, aber vielleicht durch ihre Erfahrungen in anderen Rennställen einen neuen Schwung in unseren Rennstall bringen könnten."

  • "Wenn Tanco sich heute für euch entscheidet, hat er dann ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Trainers?", fragte Leontiscus nach. Anderenfalls würden sie hier ja quasi die Katze im Sack kaufen, denn versprechen konnte man viel und am Ende kam dann irgendein namenloser Hanswurst als Trainer um die Ecke.

  • Mehr als ein Mitspracherecht war realistischerweise nicht zu erwarten gewesen, so dass Leontiscus zufrieden war, dass seine Forderung erfüllt wurde. Er wechselte schnell einige Worte mit Tanco, dann nickte er. "Einverstanden. Kommen wir zum Finanziellen. Wieviel?"

  • Bei dieser Frage sah Livianus zu seinem Stellvertreter, der sich wohl schon mehr damit beschäftigt hatte und vermutlich einen besseren Einstiegspreis in die Verhandlung nennen konnte als der Decimer, dem aufgrund seines Wohlstandes manchmal der Geschäftssinn abhanden gekommen schien. Hätte er gleich zu Beginn einen Preis vorzuschlagen, so wäre dieser sicher viel zu hoch gewesen.

  • Auf der Rennbahn hatte Lepidus zum Glück einen Preis aufgeschnappt, sonst wäre er hier auch völlig ahnungslos gewesen. Dennoch setzte er erst einmal nicht ganz so hoch an, um sich noch ein bisschen Verhandlungsspielraum zu sichern. "Für die reine Ablösesumme an dich, sagen wir 5000 Sesterzen". Beim Gehalt war sich der Tiberier schon deutlich unsicherer. Ein Lenker, der noch nichts vorweisen konnte, verdiente sicher nicht mehr als ein Pontifex, um es mal mit Größenordnungen zu vergleichen, die er kannte. Schon eher im Bereich eines Minor. "Beim Gehalt sagen wir, wöchentlich 400 Sesterzen + Prämien für die Platzierungen bei den Rennen. Da sagen wir mal 1500, 1000 und 500 und für die Plätze 1, 2 und 3."

  • Leontiscus wollten schon den Kopf schütteln, als die Ablösesumme vorgeschlagen wurde, stockte dann aber doch noch einmal beim Gehalt. Auch Tanco schien es einen Augenblick die Sprache verschlagen zu haben und er schaute seinen Patron etwas verstört an. Dieser fing sich jedoch schnell wieder. "Das Gehalt klingt sehr angemessen, aber ihr müsst zugeben, dass 5000 Sesterze für meine bisherigen Dienste sehr wenig sind, wenn der Fahrer ein solches Gehalt wert ist." Tatsächlich war er gerade in einer misslichen Lage - bei dem Gehaltsangebot konnte und wollte er Tanco keine Steine in den Weg legen. Es wäre mehr als dumm, ein solches Angebot auszuschlagen. Aber 5000 waren einfach deutlich weniger als das, was er sich für sich selber ausgerechnet hatte.

  • "Was würdest du denn für eine angemessene Ablösesumme halten?", spielte der Tiberier den Ball gleich zurück. So konnte er dann wenigstens herausfinden, wie weit ihre Vorstellungen derzeit noch auseinander lagen.

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