Vertrauen ist gut....

  • Die ersten Schiffe seit dem Bürgerkrieg trafen endlich am Hafen ein und natürlich lies es sich die Legion nicht nehmen diese erst einmal ausgiebig zu kontrollieren, immerhin konnte man durchaus davon ausgehen dass mancher politischer Flüchtling auf dem Boot anzutreffen war, vielleicht auch der ein oder andere der dafür sorgen sollte dass Rom kein Getreide erhalten würde.


    Thyrsus führte den Trupp an, sie waren zu zehnt und damit eigentlich ausreichend um einfache Kontrollen durchzuführen und Schiffe nach Bedarf auch abzuriegeln. Eines der Schiffe hatte es ihm gleich angetan, dieser Frachter fiel einem direkt ins Auge.
    "Der da, den nehmen wir uns als erstes vor.


    Es war nur eine Frage der Zeit bis jemand kommen würde um sich zu beschweren...

  • Quintus hatte seit seiner Ankunft in Aegyptus ja schon so oft am Hafen herumgelümmelt. Sogar in der Zeit der Blockade hatte er diesem Ort eine seltsame Treue bewahrt und war immer wieder hierhin zurückgekehrt. Aber auch er freute sich natürlich darüber, dass sich das Leben von den Hafenkneipen jetzt wieder zu den Warenlagern und den Kais hin verlagerte und überhaupt wieder viel mehr Betrieb herrschte. Sicher, auch zur Zeit der Blockade war - meist jedoch abseits des Megas Limen und zu nächtlicher Stunde - das ein oder andere "gegangen", an dem so mancher wohl auch gut verdient haben mochte. Dem Verginier war das nicht verborgen geblieben, aber er hatte sich darum bemüht, solche Machenschaften aktiv zu ignorieren. Das alles aber war natürlich überhaupt kein Vergleich zu der Aufbruchsstimmung, die jetzt hier herrschte und von der Quintus sich gerne anstecken ließ, als er dem geschäftigen Treiben zusah.


    Seine Aufmerksamkeit wurde aber bald von den Händlern, den Matrosen und den einlaufenden Schiffen weggelenkt hin zu einem kleinen Trupp römischer Soldaten, die zielstrebig auf einen Frachter zumarschierten, welcher gerade angelegt hatte. Als der Kommandierende seinen Legionären den Befehl gegeben hatte, das Schiff zu kontrollieren, dauerte es nicht mehr lange, bis sich rings um Verginius Mamercus eine Anzahl Schaulustiger versammelt hatte. Auf dem Frachter sprang derweil ein Schiffsjunge geschäftig umher, der aber seine Tätigkeit sofort unterbrach, als er des Auflaufs und der Soldaten gewahr wurde, und sich an einen Mann wandte, der auf dem Schiff eine bedeutende Stellung einzunehmen schien. Fast wie aufgeschreckt hörte dieser Mann, was der Knabe ihm zu sagen hatte, drehte seinen Kopf in Richtung der Soldaten und verließ dann entschlossen sein Schiff, um dem Kommandierenden der Legionäre entgegenzutreten: "Salve, Centurio! Mein Name ist Cativolcus, Kapitän und Miteigner dieses Schiffes. Wie schön ist es, wieder in Alexandria zu sein! Mein Schiff hat Wein geladen - wollt ihr kosten?" Dabei ließ dieser Cativolcus ein Lächeln auf seinem Gesicht spielen, das Quintus überhaupt nicht deuten konnte.

  • Centurio? Da sonst keine Legion hier anwesend war wurde wohl er selbst damit gemeint. Interessant fand es Thyrsus bis dahin erst einmal welches Aufsehen offensichtlich einige wenige Legionäre hier verursachen konnte. Innerhalb weniger Minuten war das Kai voller Schaulustiger und fast war der Terentier gewillt gewesen einen seiner Soldaten dazu zu bringen diesen Massen Einhalt zu gebieten. Nun aber musste er sich um den Kommandanten des Schiffes kümmern.
    "Salve Cativolcus. Ich muss dich leider gleich zweimal enttäuschen. Ich bin nur Optio und auch deinen Wein muss ich vorerst verschmähen. Aber du kannst mir direkt sagen ob ihr ausschließlich Wein an Bord habt, oder ob wir weitere Frachten finden werden."


    Sie konnten unmöglich alle Amphoren öffnen und nachsehen ob wirklich Wein darin enthalten war, aber immerhin war es den Legionären möglich in Dreiergruppe die Amphoren emporzuheben und aufzuwiegen, so konnte man immerhin erkennen ob es sich um Flüssigkeiten handelte.

  • Langsam wurde es auf den billigen Zuschauerplätzen rund um Verginius Mamercus herum ungemütlich. Es kamen nämlich immer mehr Menschen herbeigelaufen, die neben der wirtschaftlichen Aufbruchsstimmung womöglich auch noch ein erstes Skandälchen nach dem Ende der Blockade einsaugen wollten. Quintus war aber überhaupt nicht bereit, den guten Platz, den ihm die Götter bei dieser Darbietung beschert hatten, kampflos aufzugeben. Er war einer der ersten hier gewesen und begann nun, Püffe Nachdrängender ebenso unmissverständlich zu erwidern.


    Ob die Götter auch ihre Hände im Spiel und Cativolcus eine seherische Aussage hatten tätigen lassen, würde vorerst ungeklärt bleiben. Tatsächlich hatte er nämlich zu dem Anführer des Soldatentrupps gesagt: "Aber! Optio? Na, das wird aber doch ganz sicher nicht mehr lange so bleiben!" Wobei aus dem Tonfall des Kapitäns nicht zu erkennen war, ob er, was den Optio-Rang anging, eher mit einer Veränderung nach oben oder einer Veränderung nach unten oder gar mit noch etwas viel Schlimmerem rechnete.


    Wahrscheinlich war es diesem Kapitän auch einfach egal, mutmaßte Quintus. Denn schnell kam Cativolcus auf seine eigentliche Mission hier in Alexandria zu sprechen, nämlich seinen geschäftlichen Erfolg: "Also, mein Optio, wir haben noch einige wenige Passagiere hier an Bord, an Fracht aber führen wir tatsächlich nur Weinamphoren mit uns."


    Mit diesen Worten drehte er sich um und gab zwei seiner Matrosen einen Wink. Diese waren offenbar so gut auf ihren Vorgesetzten eingestellt, dass sie sofort in den Frachtraum des Schiffes liefen und schon sehr bald wieder mit einer Amphore zurückkehrten - und mit betretenen Gesichtern.


    Keinem der Anwesenden - und noch weniger den Schaulustigen - konnte der Ausdruck auf den Gesichtern dieser Männer entgehen. Und noch etwas war auffällig an ihnen: die scheinbare Leichtigkeit, mit der sie die Amphore trugen...

  • Schleimer...
    Zum Glück gab es Gedanken und vor allem Intuition und wenn Thyrsus hier in Aegyptus eines gelernt hatte, dann war es dass man Händlern nie und dieser Sorte Händler im Besonderen nicht vertrauen konnte. Dumm war er nicht, musste man zugeben, immerhin sorgte er dafür dass seine Mannschaft die Amphoren aus dem Schiffsbau hoben. Gut, dann würden seine Männer eben nur den Rest machen.


    Im Hintergrund wurde es zunehmend unruhiger und Thyrsus wagte einen flüchtigen Blick um zu sehen dass der Kai mittlerweile voller Menschen war. Er blickte einen der jüngeren Legionäre an. "Quintus, übernimm mal die Massen da draußen bevor mir noch jemand in das mare nostrum stürzt und ersäuft." Und schon wanderte der Blick wieder auf die Amphoren. Und was er sah gefiel ihm nicht...


    Die Mannschaft des Frachters handelte mit Leichtigkeit die Amphoren nach oben, als wären sie nicht schwer. Dabei wusste Thyrsus genau dass alleine das Leergwicht der Weinamphoren fast ein Talent betrug, und das war auch etwas noch einmal das Gewicht des Inhaltes. Diese Amphoren sahen hingegen so aus als wären sie leer.


    "Flavus, Marcellus, macht die Amphoren auf und schaut was drin ist. Die anderen umstellen den Frachter, Tullus du holst mir mal die Passagiere hier her. Und werter Kapitän Cativolcus, wenn auch nur einer ihrer Männer eine falsche Bewegung macht oder versucht abzuhauen werden meine Männer ihn töten."


    Natürlich würden sie das nicht tun, sie würden ihn aufhalten mehr aber auch nicht. Wenn hier etwas geschmuggelt wurde war es notwendig Informanten zu haben die noch am Leben waren, danach konnte man sie immer noch ihrer gerechten Strafe zuführen. Auch wenn es manchmal sicher einfacher wäre nicht zu fragen und gleich zum Abstrafen überzugehen. Und wo wir gerade bei Informationen waren...


    "Ach... und Cativolcus, an wen genau sollten diese Amphoren geliefert werden? Wofür sind sie bestimmt?"




    Sim-Off:

    Nur um sicherzugehn: Frachter hatten damals kein Oberdeck, ich weiß zwar nicht wie genau man die Dinger entladen hat, aber im Prinzip müssten sie auf den Amphoren balancieren. Ich geh hierbei von Dressel 1 Amphoren aus, mir wären für unsere Zeit sonst keine handlichen Weinamphoren bekannt.

  • Zitat

    Original von Lucius Terentius Thyrsus

    Sim-Off:

    Nur um sicherzugehn: Frachter hatten damals kein Oberdeck, ich weiß zwar nicht wie genau man die Dinger entladen hat, aber im Prinzip müssten sie auf den Amphoren balancieren. Ich geh hierbei von Dressel 1 Amphoren aus, mir wären für unsere Zeit sonst keine handlichen Weinamphoren bekannt.


    Sim-Off:

    Danke für die Korrektur, das mit dem fehlenden Oberdeck wusste ich wirklich nicht! Spielt hier allerdings ebenso wie Größe und Gewicht der Amphoren keine so große Rolle - oder vielleicht doch? Ich lass mich von dir überraschen :). Bei mir geht's folgendermaßen weiter:



    Quintus Verginius Mamercus betrachtete es mit ziemlichem Vergnügen, dass der energische Optio, noch bevor er zu einer weiteren Untersuchung des Frachters und seiner wenig vertrauenerweckenden Besatzung schritt, erst einmal unter den Schaulustigen für Ordnung sorgen wollte. Davon nämlich versprach der Verginier sich eine noch bessere Sicht auf das sich so langsam interessant gestaltende Geschehen am Kai und weniger Püffe in seine Rippen. Denn selbstverständlich würde er die Ordnungsversuche der beiden römischen Legionäre nicht auf sich beziehen, sondern behaglich dabei zusehen, wie die übrigen Schaulustigen ängstlich ein wenig vor den Soldaten zurückweichen würden, während er selbst - je nun, ein römischer Bürger war.


    Direkt am Frachter zeigte sich der Kapitän, Schiffs-Miteigner, und was der sonst noch so alles war, Cativolcus nun ebenso wie der Optio von seiner energischen Seite. Er sah sich nämlich nicht lange mit an, wie die Matrosen offensichtlich leere Amphoren vom Schiff auf den Kai bugsierten, sondern lief sofort auf die erste Amphore zu, die die Matrosen auf dem Kai abgestellt und die die beiden Legionäre, welche ihr Optio damit beauftragt hatte, soeben geöffnet hatten. Ein Blick genügte Cativolcus, dann lief er, eine Frage des Optios an ihn missachtend, direkt auf sein Schiff und kam sogar noch dem Soldaten zuvor, der die Passagiere zum Optio hatte bringen sollen. Auch hier genügte dem vermutlich mit allen Wassern gewaschenen Kapitän ein einziger Blick.


    "Zwecklos", sagte er in scharfem, sarkastischem Ton zu eben diesem Soldaten und deutete dabei in die Ecke des Frachters, in die er seinen Blick soeben geworfen hatte. Quintus Verginius Mamercus ärgerte sich in diesem Moment, dass er trotz allen Reckens und Streckens nicht sehen konnte, was sowohl Cativolcus als auch der Soldat bei ihm nun erblickten. Cativolcus jedenfalls rang sichtbar um Fassung, und zwar mit Erfolg, denn mit einem Mal ging ein Ruck durch seinen Körper, er machte sich gerade und wollte sich wieder zurück auf den Kai begeben. Dabei wollte er den beiden Matrosen, die bisher die Amphoren geschleppt hatten, offenbar wieder irgendein Zeichen zukommen lassen. Doch er stockte, als er bemerkte, dass die zwei sich mit der Amphore, die nun zum Kai tragen wollten, deutlich schwerer taten als mit den Amphoren zuvor. Seine ursprüngliche Absicht ändernd, befahl Cativolcus ihnen nun: "Aufmachen!" Die Matrosen gehorchten, und nachdem sie den Befehl ausgeführt hatten, traten sie von der Amphore zurück und machten Platz für ihren Kapitän, der auch gleich in das Transportgefäß hineinlugte und daran schnüffelte.


    Als er seine Untersuchung beendet hatte, wandte er sich benachbarten Amphoren zu und versuchte, an ihnen zu rütteln. Dann kehrte er auf den Kai zum Optio zurück: "Dem ersten Anschein nach habe ich vier bis fünf Amphoren verloren. Eigentlich kein so schlechter Schnitt, wenn man die Länge unserer Fahrt in Betracht zieht. Auf der anderen Seite hätte ich nicht gedacht, dass Gelehrte so viel vertragen könnten."


    Aus den Worten und der Mimik des Kapitäns wurde nicht recht klar, ob er wirklich den Optio ansprach, obwohl er doch wieder direkt vor diesem stand, oder ob er nicht vielmehr laut dachte und für sich selbst seinen Schaden bilanzierte.

  • Sim-Off:

    Spielt indirekt schon ne Rolle. Die Amphoren wiegen 25kg + 25l Inhalt und sind etwa 1,20m hoch. Also unhandlich und schwer :)


    Nun war Thyrsus mehr als verwirrt, was wollte dieser Schiffskapitän denn nun von ihm? Und wo waren denn die Passagiere nun aufgeblieben? Wenn er also alles richtig verstand hatten die Gelehrten die Amphoren leergetrunken, und auf einmal war sich der Kapitän sogar sehr sicher dass es genau vier Amphoren fehlten. Thyrsus war sich recht sicher dass hier etwas faul war, die Frage war nur: Was war falsch und vor allem was wollte der Kapitän verheimlichen?


    "So langsam habe ich keine Lust mehr auf deine Spielchen. Bring mir SOFORT deine Passagiere hier her." Danach blickte er seine beiden Männer an die eigentlich die Amphoren prüfen sollten. "Ihr beiden sucht nun 3 beliebige Amphoren aus und prüft was da drin ist. Achtet darauf dass ihr einen Gewichtsunterschied findet."
    Dann widmete sich Thyrsus den leeren Amphoren und hielt seine Nase hinein, es roch zumindest nach Wein, aber... nun... war es eine Finte? Er schaute sich die Siegel der Amphoren an um zu sehen woher der Wein stammen sollte.


    "Woher stammt nochmal dein Wein?"

  • Was auch immer das für Berechnungen waren, die dieser Cativolcus in seinem Geiste anstellte - viel Zeit dazu ließ ihm der römische Optio nicht, dem jetzt angesichts des seltsamen Schauspiels von Kapitän und Schiffsbesatzung allmählich der Geduldsfaden riss. Seinen unmissverständlichen Anweisungen leistete Cativolcus augenblicklich Folge, indem er den beiden Matrosen, die bisher Amphoren geschleppt hatten, zurief: "Lasst die Amphoren! Darum kümmern sich jetzt die Soldaten. Schafft mir unsere 'Sieben Weisen' her!"


    Weil aber nicht jeder x-beliebige Matrose die hellenische Überlieferung in sich aufgesogen haben konnte, ertönte es als Antwort vom Schiff her: "Sieben? Aber es sind doch nur vier!" Mit einer Mischung von Ungeduld und Nachsicht verdrehte Cativolcus seine Augen in Richtung des römischen Optio, so als wolle er mit diesem ein geheimes Einverständnis herstellen, denn er hielt ihn wohl für ähnlich gebildet wie sich selbst. Zu seinem Matrosen gewandt, ließ er sich dann folgendermaßen vernehmen: "Ja, ja, ich weiß: vier zuviel! Führt den Miles, der da schon bei euch auf dem Schiff steht, zu ihnen und bringt sie dann her! "


    Während der Kapitän so seine Mannschaft dirigierte, hatte der Optio die leeren Amphoren auf dem Kai in Augenschein genommen und auch einer Geruchsprobe unterzogen. Auf seine Frage nach der Herkunft des Weines antwortete Cativolcus: "Das ist bester Wein aus Attika! Er stammt..."


    ... und gerade wollte er wohl zu einer werbenden Erklärung ansetzen, als sich vom Schiff her ein Poltern und Lärmen erhob: Die Gelehrten wurden gebracht. "Theophrast, hihi, ich glaube, ich habe jetzt die theoria erreich - hihi!" - "Lykon, ja, ich bin auch nicht mehr weit von der entelechia entffffffffff" - "Haaalt, meine hyle, sonst bin ich nur noch morph´e", rief der dritte der Gelehrten, als unter der unsanften Behandlung der Matrosen sein durchaus kostbares Gewand zu reißen drohte - welches er allerdings, kaum, dass er das gekreischt hatte, schon mit dem besudelte, was sein Magen nicht mehr zu fassen vermocht hatte. "Recks -t so kcs , Straton, das ist die Katharsis!"


    Das war natürlich ein gefundenes Fressen für die Menge. Von überall her und allen Seiten drängten die Menschen jetzt trotz aller Bemühungen der römischen Soldaten heran, so dass einige schon gefährlich nahe an das Wasser gedrückt wurden. Lautes Gelächter und Spottrufe für die Gelehrten ertönten aus der Menge, und auch Quintus, der sich viel darauf zugute hielt, dass er erkannt hatte, dass diese Gelehrten offenbar Peripatetiker, also Schüler des Aristoteles, waren, konnte sich nicht mehr beherrschen: "Gebt acht, ihr Gelehrten: Der unbewegte Beweger hat euch gepackt! Ihr nähert euch eurer aret´e, eurer Bestform!"

  • Also zumindest die Passagiere hatten ein Alibi für die Amphoren geliefert, das Schauspiel war doch sehr... nun... seltsam. Thyrsus wusste nicht was er davon halten sollte, einige seiner Soldaten schauten gerade als hätten sie Bacchus selbst gesehen.
    "Ich denke da haben wir die Erklärung. Nun gut, dann lassen wir dein Schiff mal wie es ist und sehen uns nach weiteren Schiffen um. Ich danke dir für deine Mithilfe, und pass mir auf deine Weisen auf, ich will hier keine Ertrunkenen haben solange ich am Hafen verweile."


    Die Menschenmenge wich aus und die Legionäre machten sich auf dem Weg zum nächsten Schiff. Einige Schaulustige sahen den Passagieren zu, andere folgten den Legionären was Thyrsus weitaus weniger gefiel. Diese Menschen konnten einen nervös machen, zumal man nie wusste ob nicht einer davon etwas im Schilde führte.

  • Angesteckt vom Übermut der Menge bemerkte Quintus nur nebenbei, dass selbst der Kapitän sich beim Anblick seiner metaphysisch gebildeten Passagiere ein Lächeln nicht ganz verkneifen konnte. Schnell wurde Cativolcus aber wieder ernst, als der römische Optio erneut einige Worte an ihn richtete: "Ich danke dir, mein Optio, für deine Geduld, und ich freue mich, dass unser Wein weder dir und deinen Soldaten noch mir weitere Unannehmlichkeiten bereiten soll. Allerdings gibt es da doch noch ein Problem, oder besser gesagt: Ich brauche deinen Rat und deine Hilfe, bevor ihr eure Untersuchungen im Hafen fortsetzt."


    Nach diesen Worten trat Cativolcus noch ein wenig näher an den Optio heran, und wieder wurde Quintus nicht ganz schlau aus ihm: Tat er es etwa, um dem Optio den Weg zu verstellen und ihn aufzuhalten? Das nächste, was der Kapitän sagte, machte allerdings deutlich, dass er mit dem Optio über etwas zu sprechen gedachte, was er selbst als heikel ansah und was daher nicht für jedermanns Ohren bestimmt war: "Es verhält sich nämlich so: Diese vier Gelehrten bilden eine Abordnung des Peripatos in Athen an das hiesige Museion. Nun geben sie zwar im Augenblick ein klägliches Bild ab. In Wirklichkeit verfügen sie aber über beste Verbindungen nicht nur in Athen und ihren jeweiligen Heimat-Poleis, sondern in der gesamten Oikoumene. Solange sie nicht an einem sicheren Ort sind, sind sie in ihrem jetzigen Zustand dem Spott der Menge preisgegeben, und du weißt ja sicher besser noch als ich, wozu der Ochlos hier in Alexandria fähig ist; hinterher bewirft man die vier noch mit Gemüse."


    Als Cativolcus den "Ochlos", den Pöbel, erwähnte, deutete er mit der Hand in die Menge, und Quintus war es fast, als sähe er ihn dabei an. Doch das war vielleicht nur Einbildung. Der Kapitän wandte sich auch schnell wieder dem Optio zu und sprach weiter: "Natürlich sind die Gelehrten an ihrem Zustand nicht unschuldig; wenn sie aber wieder nüchtern sind, werden sie sich für den Spott, den sie hier erdulden müssen, schadlos halten wollen, und nicht zögern, sich dazu ihrer Kontakte zu bedienen. Man braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, wen sie verantwortlich machen werden: mich als Kapitän und Miteigner des Schiffes und dich als den höchstrangigen anwesenden Soldaten der Staatsmacht. - Was ich sagen will, ist Folgendes: Sie müssen, so schnell es geht, irgendwo in Sicherheit gebracht werden, bis sie wieder bei Sinnen sind und sich im Museion vorstellen können. Mir fehlen aber alle Möglichkeiten, die vier Gelehrten sicher von hier fortzubringen: Mein Wein ist für hiesige Markthändler und einige wenige römische Häuser bestimmt und wird bestimmt gleich abgeholt werden; aber wir können die Gelehrten wohl kaum auf den Karren von hier fortschaffen, die eigentlich für die Amphoren vorgesehen sind. Außerdem fehlt es mir an einem abgeschirmten Ort, an dem die vier sich erholen könnten; ein Lagerhaus hier im Hafen wird dazu wohl kaum geeignet sein. - Weißt du einen Rat?

  • Nun war Thyrsus aber mehr als erstaunt, warum reiste eine solche Gesandtschaft in einem Frachter an, noch dazu unangekündigt? So ganz glauben wollte er das erst einmal nicht, auch wenn der Kapitän des Frachters bisher ja nicht unbedingt gelogen hatte.
    "Wieso reist eine Gesandtschaft in einem Frachter, noch dazu auf einem solch ungemütlichen. Und wieso wissen wir nichts davon, wenn es eine wichtige Delegation ist hätte man uns Bescheid gegeben oder zumindest ein Schiff der Classis geschickt um sicherzustellen dass den Gelehrten nichts passiert."


    Er hatte keine Ahnung was er tun sollte, Nikopolis war weit weg, hier in Alexandria selbst hatte die Legion nur sehr geringen Handlungsspielraum, wenn überhaupt wäre die Classis eine Option.
    "Lucius, geh mal schnell zur Classis und frag dort mal nach ob die kurzfristig 4 Personen für sagen wir einen Tag aufnehmen können. Wenn Fragen auftreten sollen sie herkommen."


    Sim-Off:

    Narrator für Antwort der Classis wäre nett :) DANKE

  • Während der römische Optio noch redete, folgte Quintus dem Blick des Kapitäns Cativolcus, der an seinem Schiff vorbei über das Wasser hin in unendliche Fernen zu gehen schien. Keine Frage: Cativolcus war nachdenklich, schien dem Optio dabei jedoch, wie seine Antwort gleich zeigen sollte, aufmerksam zugehört zu haben: "Na, so hochoffiziell ist der Besuch dieser Gelehrten gar nicht. Sie stehen wohl in Korrespondenz mit peripatetischen Kollegen hier am Museion, und die wollten sie zu einem Kolloquium besuchen, nicht den Praefectus oder so. Solche administrativen oder politischen Stellen sind in diese Visite gar nicht eingeweiht, glaube ich."


    Der Kapitän wandte seinen Kopf jetzt wieder zum Optio zurück und sah diesen direkt an: "Übrigens ist dieser Besuch meines Wissens nach schon vor langer Zeit ausgemacht worden, aber dann wurde Alexandria ja abgeriegelt, und so wurde lange nichts daraus. Ja, und nun waren ich und meine Mannschaft mit die ersten, die probiert haben, Alexandria wieder anzufahren: Wir sind einfach in See gestochen, obwohl die Hafenblockade hier noch gar nicht offiziell aufgehoben war. Ich hatte aber glaubwürdige Nachrichten darüber, dass das bald der Fall sein würde, und da wollte ich eben zu den ersten gehören, die hier eintrudeln und wieder Geld verdienen. Du glaubst gar nicht, mein Optio, welche Verluste mir die Hafenblockade gebracht hat."


    Unter gewöhnlichen Umständen, so der Eindruck des jungen Verginiers, hätte Cativolcus hier wohl noch eine wortreiche Klage über diese Verluste angeschlossen, aber die Umstände waren ja eben nicht alltäglich, wie dem Kapitän ein kurzer Blick auf die vier Gelehrten wohl wieder ins Gedächtnis rief. Diese vier hatten sich, nachdem man sie vorsichtig auf dem Kai abgelegt hatte, wieder beruhigt und schlummerten friedlich vor sich hin - was Cativolcus wahrscheinlich mehr als recht war, denn so bekamen sie wohl nichts mehr von den Spottrufen mit, welche weiterhin von der Menge gegen sie ausgestoßen wurden. Allerdings waren inzwischen junge Männer zu den Gelehrten getreten, die ihre Sklaven zu sein schienen; auch sie wirkten etwas wackelig auf ihren Beinen, wie Quintus fand, mussten die Spottrufe aber durchaus noch verstehen.


    "Genauso wie ich nicht mehr länger auf erneuerte Verdienstmöglichkeiten in Alexandria warten wollte, wollten auch diese Gelehrten ihren schon so lange avisierten Besuch im Museion nicht mehr länger hinausschieben. Deshalb wählten sie mein Schiff. Außerdem stammt meine Ehefrau aus einer relativ hochgestellten Familie Attikas, und einer ihrer Neffen ist selbst Schüler im Peripatos in Athen und mit diesen Gelehrten oberflächlich bekannt. So wurde der Kontakt zwischen uns hergestellt."


    Die Bemerkung mit der Gemahlin aus der hochgestellten Familie ließ Quintus ahnen, wer in diese Ehe das Geld eingebracht hatte und womöglich geschäftlich auch immer noch die Fäden zog.

  • Geduldig hörte Thyrsus dem Mann zu, es klang zumindest alles plausibel, machte aber das eigentliche Problem nicht besser. Im Gegenteil, da es kein offizieller Besuch war konnte man die Gelehrten samt Anhang nicht einfach an die öffentlichen Stellen übergeben, die Classis wäre hier ebenfalls falsch, und bei der Legion wäre der Aufenthalt undenkbar.
    "Das Problem ist eben dass wir nicht in das Gymnasion dürfen, auch nicht in das Museion. Die Gelehrten können wir nicht in ihrem Zustand durch die Stadt befördern, das wäre mehr als riskant. Wir müssen sie für einen Tag irgendwo unterbringen so dass sie wieder zu Sinnen kommen, danach bekommen sie ne kleine Standpauke und dürfen ihre Kollegen besuchen."


    Konnte man nur hoffen dass so etwas nicht immer bei den Griechen vorkam, immerhin hielt ihn diese kleine Gruppe nun bei weiteren Kontrollen auf. Thyrsus gefiel das alles immer weniger, am Liebsten würde er die Griechen hier lassen und sie ihrem Schicksal übergeben, aber das ging ja auch wieder nicht, am Ende würde er dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

  • Quintus hörte zu, wie der rhomäische Optio verschiedene Möglichkeiten in Erwägung zog, am Ende aber auch keine Lösung fand. Irgendwie, fand der junge Verginier, war die ganze Situation damit an einem toten Punkt angelangt, vielleicht ziemlich passend zum Zustand der vier Philosophen, die so fest schlummerten, als ob sie schon entschlafen wären. Und auch die Menge, in der Quintus sich ganz vorne hatte behaupten können, schien des Spottens über die Gelehrten langsam müde zu werden und wartete auf neue Attraktionen.


    Die kamen in Gestalt eines hochgewachsenen Mannes mit hagerer Figur und Gesichtszügen, die eher eine Herkunft aus der Wüste oder westlicheren Regionen vermuten ließen als ägyptische oder gar hellenische Eltern. Seinen Gesichtszügen nach mochte der Mann mittleres Alter erreicht haben, sein Gang aber war noch gänzlich aufrecht und federnd und seine Haare an Haupt und Bart noch fast schwarz ohne den abgeblichenen Glanz irgendwelcher Färbemittel. Quintus hatte diesen Mann einige wenige Male schon gesehen, noch viel mehr aber schon von ihm gehört, vor allem in den letzten Monaten, denn, so munkelte man, dieser habe zu denen gehört, denen die Hafenblockade mit am besten bekommen sei.


    Trotz seines auffälligen Äußeren war dieser Mann wie aus dem Nichts aufgetaucht und ging nun direkt auf diejenige Stelle am Kai zu, an der noch immer der Optio und der Kapitän des Schiffes nach einer Lösung aus ihrem Dilemma suchten. Die Menge machte bereitwillig Platz, einige wohl weil sie den geheimnisumwitterten Hageren kannten, die meisten aber sicher, weil sie in ihm den Akteur sahen, der dem Geschehen auf der Bühne neues Leben einhauchen würde.


    Mit dieser Annahme behielten sie Recht: "Salve, Optio, chaire, Kapitän! Mein Name ist Telemnastos, und ich würde nicht wagen, mich in euer Gespräch zu mischen, wenn ich nicht meine Hilfe anbieten könnte."


    Quintus hatte so seine Zweifel, ob der genannte der wirkliche Name des geheimnisvollen Hageren war, hörte aber nichtsdestotrotz gespannt weiter zu. "Ich bin Händler hier in Alexandria und wollte gerade nach einem meiner Boote sehen, das ganz in der Nähe liegt. Dabei bekam ich die Aufgabe mit, die diese vier Philosophen hier euch unbeabsichtigt gestellt haben, nämlich sie möglichst geschützt vor dem Ochlos an einen sicheren Ort zu bringen. Nun, das erwähnte Boot von mir ist bemannt; ich könnte es jetzt schnell kommen und mit ihm die Gelehrten über die Kanäle nach Schedia bringen lassen, wo ich eine bescheidene Villa besitze, die ich den Gelehrten gerne zur Verfügung stellen will."


    Der Mann, der sich als Telemnastos vorgestellt hatte, wandte sich sodann direkt an den römischen Offizier: "Selbstverständlich könnten Männer von dir die Philosophoi im Boot begleiten und so für einen noch größeren Schutz sorgen, auch wenn ich kaum glauben mag, dass ihnen während der Fahrt auf den Kanälen Gefahren drohen. Denn so sehr die Menge jetzt auch über die Gelehrten spottet, so feige wären sie doch, ins Wasser zu springen und damit dem Boot auch nur nahe zu kommen; die wenigsten könnten sich auch wohl im Wasser an der Oberfläche halten. Außerdem verfügt mein Boot natürlich über ein Sonnensegel, das die Philosophen vor neugierigen Blicken schützt. - Die Einladung zum Mitfahren gilt natürlich insbesondere auch für dich ganz persönlich, mein Optio."


    Aber auch die Seite des Cativolcus galt es zu bedenken, dem sich Telemnastos jetzt zuwandte: "Sicher willst auch du einen oder mehrere Männer als Begleitung der Philosophoi abstellen, die ja schließlich dir als Kapitän anvertraut waren. Deine Leute sind, solange mein Boot noch Platz bietet, sehr willkommen, und auch hier gilt das natürlich auch vor allem für dich selbst. - Jedenfalls wäre meine Freude groß, diese Gelehrten auf einem sicheren Wege zu einem Erholungsort bringen zu können, und ich bin sicher," - diese Worte sprach Telemnastos ganz betont - "die Freude wäre auch auf deiner Seite."


    Nicht nur Quintus, sondern allen Zuhörer war klar, dass diese letzten und mit starker Betonung gesprochenen Worte des Telemnastos ein unmissverständlicher Hinweis darauf waren, dass dieser seine Hilfe nicht kostenlos anbot, sondern von Cativolcus eine großzügige Entschädigung erwartete. Die ganze Zeit schon überlegte Quintus, ob nicht Cativolcus sein hageres Gegenüber insgeheim schon kannte, doch gab es nichts im Verhalten des Kapitäns, das darauf hingedeutet hätte.


    Dieser dachte einen Moment lang über den Vorschlag nach, den Telemnastos soeben durch die Blume gemacht hatte, dann aber nickte er dem hageren Händler zu, zweifellos in der Gewissheit, dass seine Ehefrau sich diese unerwarteten Auslagen über die Familien der vier Gelehrten wieder zurückholen würde.


    Jetzt hing alles Weitere ab vom Optio der römischen Legion.

  • Manchmal nahm das Schicksal merkwürdige Wege in diesem Fall war es schon fast skuril. Aus dem Nichts taucht ein unbekannter Mnn auf und bietet die fast schon perfekte Lösung für das Problem an. Thyrsus dachte eine Weile darüber nach, konnte aber ebenfalls keine bessere Lösung finden.
    "Ich denke so können wir es machen. Allerdings muss ich dein Angebot mitzukommen ablehnen, denn meine Männer müssen hier weiterhin die Schiffe kontrollieren und dazu Bedarf es eben meine Anwesenheit. Ich stelle aber zwei meiner besten Soldaten ab, sie werden sicherlich einen Weg zurück finden."
    Er winkte die beiden Legionäre zu sich die damit beauftragt wurden die Gelehrten vom Schiff zu bringen und gab ihnen im Stillen einige Anweisungen. Ein kurzer Salut und die ganze Sache war bereits erledigt.


    "Diese Männer werden euch begleiten. Der Rest der Truppe macht sich fertig, hier warten noch weitere Schiffe, dann hoffentlich ohne diese Sorte der Überraschung."
    Erst einmal musste die Menge etwas auseinandergebracht werden, der Menschenauflauf war unüberschaubar, es war schon erstaunlich mit welchen Kleinigkeiten hier Aufsehen erregt werden konnte.

  • Es war nur eine winzige Bewegung, ein kurzes, fast unmerkliches Abspreizen der rechten Hand seines herabhängenden Armes vom Körper, das Telemnastos als Zeichen diente. Kaum hatte seine Hand wieder in ihre gewöhnliche Stellung zurückgefunden, konnte Quintus nämlich schon mitansehen, wie sich eine Gestalt vom äußeren Rand der Zuschauermenge löste, um dann am Hafenbecken entlang zu rennen, bis sie seinen Blicken entschwunden war.


    Ansonsten hatte die Entscheidung des römischen Optio die Situation natürlich geklärt. Besonders Cativolcus schien sichtlich darüber erleichtert, konnte er so doch endlich seinen Handelsabsichten hier in Alexandria nachkommen. Während der Optio seine Soldaten zusammenrief, beorderte der Kapitän seinen Schiffsjungen zu sich und gab ihm offenbar einige Anweisungen. Eifrig hörte der Knabe zu und setzte sich dann in Bewegung, wobei der Verginier nur bewundern konnte, mit welcher Anmut und gleichzeitig Entschlossenheit dieses halbe Kind sich durch die Menge der Schaulustigen Durchgang verschaffte.


    Größere Schwierigkeiten damit hatten einige Sklaven, die sich jetzt nach und nach bei Cativolcus einfanden. Quintus konnte nicht alles hören, was gesprochen wurde, aber verstand soviel, dass diese Sklaven in den Häusern reicher Römer dienten, welche mit Cativolcus und dem Handelshaus seiner Ehefrau wohl schon länger Beziehungen unterhielten. Da sie nun durch den allgemeinen Aufruhr, den die Untersuchung des Schiffes und der Auftritt der vier Philosophen verursacht hatten, mitbekommen hatten, dass Cativolcus nach dem Ende der langen Blockade Alexandria wieder angelaufen hatte, hatten sie sich gleich hierher aufgemacht, um nach der - in diesem Fall wortwörtlich zu verstehenden - Dürrezeit endlich wieder attischen Wein von ihrem bevorzugten Händler zu beziehen. Cativolcus war mit einigen dieser Sklaven offenbar schon länger bekannt und begrüßte sie entsprechend vertraut; Telemnastos dagegen schien diesen Servi offensichtlich gänzlich unbekannt zu sein.


    Zwischen den Sklaven und Cativolcus entspann sich derweil ein prächtiges Gefeilsche um Weinamphoren. Diejenigen Sklaven, die mit dem Kapitän einig wurden, winkten nach Lastkarren und ließen die bestellte Anzahl an Amphoren von den sie begleitenden Transportsklaven aufladen, um sie in die Häuser ihrer Domini zu schaffen, während sie Cativolcus bezahlten. Inzwischen trafen aber auch immer mehr andere Händler mitsamt ihren eigenen Lastkarren und Arbeitern ein, die augenscheinlich der Knabe herbeigeholt hatte, der sich jetzt wieder aufs Schiff zurückzog. Auch diese Kaufleute aus Alexandria schienen für Cativolcus keine Unbekannten zu sein; beim Anblick des Telemnastos aber, der sich während dieser ganzen Verkaufsszenen im Hintergrund hielt, wurden einige von ihnen sehr verlegen. Dieser geheimnisvolle Fremde selbst aber ließ sich überhaupt nichts anmerken und beobachtete den ganzen Handelsbetrieb rund um Cativolcus' Wein mit fast demselben Abstand wie der junge Verginier, vermutlich aber mit weitaus größerem Interesse.


    Echte Bewegung kam erst wieder in seine Gestalt, als dicht neben dem Schiff des Cativolcus ein Boot anlegte. Es war zweifellos das des Telemnastos, der auch gleich dem Boot entgegenging. Doch schon nach den ersten Schritten huschte es wie ein Schatten über sein Gesicht, und eine Meldung eines der Männer im Boot lieferte dafür auch gleich die Begründung: "Herr, wir haben jetzt nicht genug Männer an den Rudern." Quintus war sich sicher, dass solche Logistik-Probleme bei den Machenschaften des Telemnastos die absolute Ausnahme darstellten, und entsprechend neugierig blickte der Verginier zu dem Boot hin, in dem er auch den Mann wieder zu erkennen glaubte, der vorhin auf das Handzeichen des Telemnastos hin losgelaufen war - offenbar um das Boot zu holen. Der geheimnisvolle Händler trat jetzt jedoch so nah an sein Boot heran, wie es ihm möglich war, ohne es selbst zu besteigen oder in das Hafenbecken zu fallen, so dass Quintus zu seinem Verdruss nicht mitanhören konnte, wie Telemnastos seine Leute für diesen Fauxpas ausschalt bzw. welche Maßnahmen er nun ergriff.


    Es war wirklich unmöglich, vom Boot des Telemnastos her auch nur ein Wort zu verstehen. Am Kai herrschte jetzt an der Anlegestelle von Cativolcus' Schiff ein reges Treiben, in das auch unfreiwillig die Zuschauermenge miteinbezogen wurde, die ständig vor herbei- und hinwegfahrenden Karren ausweichen musste. Wieder erhielt Quintus etliche Püffe, die er zwar nicht unerwidert ließ. Er registrierte aber auch mit Unbehagen, dass er durch die Bewegung der Menge immer mehr an den Rand des Hafenbeckens herangedrängt wurde. Und das Schlimme daran war, dass er nicht wirklich etwas dagegen tun konnte: Nach hinten ausweichen konnte er nicht, weil dort die Bewegung der Menge am heftigsten war. Zu der dem Hafenbecken abgewandten Seite hin ausweichen aber konnte er ebensowenig, weil das bedeutet hätte, dass er, der ja sowieso schon in der ersten Reihe stand, sich vollends in die Mitte des Geschehens, also zu den Händlern und den römischen Soldaten hin, hätte begeben müssen. Deshalb konnte er ja auch nicht weiter nach vorne gehen; der Platz in der ersten Reihe der Schaulustigen, um den er hier vor einiger Zeit noch so erbittert gekämpft hatte und auf den er so stolz gewesen war, weil er ihm gute Unterhaltung beschert hatte - dieser Platz erwies sich für den Verginius jetzt mehr und mehr als Falle.


    Die Falle schnappte zu, als die römischen Soldaten auf Geheiß ihres Optios darangingen, die Menge auseinander zu treiben. Es kam, was Quintus schon hatte kommen sehen: ein Stoß und noch einer und noch einer - und platsch! - er war im Hafenbecken.


    Einen Wimpernschlag dauerte es, bis Quintus realisiert hatte, was geschehen war. Dann versuchte er natürlich, so schnell wie möglich wieder an die Wasser-Oberfläche zu kommen. Während dieser Zeit dankte er im Stillen den Göttern, weil sie ihm einen Vater geschenkt hatten, durch dessen Beruf in der Wasserversorgung seiner Heimat er das Schwimmen schon früh beigebracht bekommen hatte; Todesangst litt der Verginier folglich in diesen Augenblicken im Hafenbecken nicht. Seinen stummen Dank richtete er aber auch an alle Herrscher der Makedonen und Römer, an findige griechische Ingenieure und fleißige ägyptische Arbeiter, die dafür gesorgt hatten, dass das Hafenbecken tief genug war, dass das Wasser seinen, Quintus', Sturz hatte auffangen können.


    Als der Verginier seinen Kopf wieder über Wasser gebracht hatte, war das erste, was ihm auffiel, welch großen Dienst er den vier griechischen Philosophen durch seinen Wassergang erwiesen hatte. Denn die Menge, welcher der Suff der Gelehrten schon wieder langweilte, verspottete nun ihn. Schnaufend - weniger wegen des Wassers, sondern aus Ärger über die Lachnummer, die er hier gerade unfreiwillig gab - schwamm Quintus auf die Kaimauer zu und schwang sich über sie. Er war jetzt da, wo er auf keinen Fall hin gewollt hatte, nämlich im Mittelpunkt des Geschehens, und das auch noch triefend und nass. Und es kam noch schlimmer: Ungläubig sah der Verginier mit an, wie sich jetzt dieser Telemnastos auf ihn zu bewegte, also eine jener Gestalten Alexandrias, von denen Quintus sich immer ferngehalten hatte. Bis jetzt: "Sag, du kannst schwimmen?" Wäre der Verginier mit Telemnastos allein gewesen, hätte er genau gewusst, was er jetzt geantwortet hätte. Doch in Anwesenheit des römischen Optio mochte Quintus das Offensichtliche nicht abstreiten, obwohl ihm schwante, was Telemnastos mit ihm vorhatte: "Ja, du hast es ja gesehen." Bestimmt, so dachte Quintus noch, war aber auch dies der Wille der Götter.


    Er blickte den römischen Optio an, hilfesuchend, aber Hilfe suchend nicht für sich, sondern nur, damit der Offizier niemanden für seinen, Quitus', Wassergang belangen möge. Das kurze Bad eines kleinen Etruskers war eine Stafaktion unter Alexandrinern nicht wert. Ansonsten gab der Verginier sich für das umittelbar Bevorstehende ganz in die Hand seiner Götter.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!