Officium Iunia Axilla

  • Da der Brief nicht hier, in der Casa Pompeia, abgegeben worden war, dauerte es zwei tage, ehe Axilla ihn wirklich in Händen hielt. Die Aufregung, die sie beim Erhalt der Nachricht verspürt hatte, legte sich aber, als sie die Zeilen dann schließlich durchlas, mit denen der Consular sich an sie richtete. Gut, sie hatte jetzt keine weltbewegenden Worte erwartet, überhaupt kannten sie beide sich ja auch nicht so besonders gut. Allerdings war es dann doch fast ein bisschen ernüchternd, dass er, neben der Versicherung zum Fortbestand ihres Vertrages, einen gefallen erbat. An sie als Frau von Imperiosus.
    Der gerade nicht in Rom weilte!


    Axilla saß an ihrem Schreibtisch und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie würde Purgitius Macer wirklich gerne helfen. Sie mochte ihn. Irgendwie. Wie man jemanden eben mögen konnte, den man eigentlich nicht kannte. Aber er war sehr nett gewesen, und sogar zu ihrer Hochzeit gekommen. Nur konnte sie Imperiosus gar nicht fragen, weil der für die Kanzlei gerade unterwegs war. Soweit sie wusste, in Misenum, aber das konnte er ihr auch nur so gesagt haben. Auch wenn Imperiosus nicht dazu neigte, sie anzulügen. Nagut, nicht so, dass sie es mitbekäme.


    Also, was tun, sprach Zeus... ähm, Iuppiter. Natürlich konnte Axilla einfach warten, bis ihr Mann zurückkam. Ihm konnte sie ohne Probleme das Gewünschte aus den Rippen leiern, da war sich Axilla sehr sicher. Aber sie hatte keine Ahnung, wann ihr Mann denn wiederkam. Er war jetzt schon seit Wochen weg!


    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ihr auch nur ein halbwegs brauchbarer Plan einfiel. Sie griff zum Griffel und einer Wachstafel und setzte einen kleinen Brief auf.

  • Axilla war noch nicht einmal richtig zuhause angekommen. Sie hatte gerade die Tafeln in ihrem Officium abgeladen, war aber im Moment viel zu aufgekratzt, um wirklich etwas davon zu bearbeiten. Den ganzen Weg über hatte sie über die unverfrorene Decima nachgedacht und sich aufgeregt. Wie konnte diese Person nur annehmen, sie so einfach zu sich bestellen zu können? Was glaubte sie, wie sie mit Axilla umgehen könnte? Aber vermutlich war die Iunia da auch selber dran schuld. Wie viele Jahre hatte sie damit verschwendet, den Fehler mit Archias wieder bei der Deicma gut zu machen? Wie viele vergebliche Versuche zur Aussöhnung hatte sie unternommen? Es waren etliche gewesen, und noch mehr Entschuldigungen und Erniedrigungen. Natürlich musste diese hochnäsige Person da denken, dass sie da mit Axilla umspringen konnte wie mit einer Untergebenen.
    Aber damit war jetzt Schluss! Eigentlich sollte sie der Decima dankbar sein, dass sie sie von dieser Bürde befreit hatte. Axilla war seit langer Zeit endlich frei von jedweden Schuldgefühlen oder Gedanken an Verpflichtungen jemandem anderen außerhalb ihrer Familie gegenüber. Sie war so lange so unglaublich dumm gewesen und hatte so viel Zeit auf eine absolut sinnlose Tätigkeit verschwendet! Aber das würde ihr nie wieder passieren. Sie würde nicht länger irgendwas hinterherrennen, was ohnehin nicht passierte, und sich damit einer halbperegrinen Ehebrecherin unterordnen. Ganz sicher nicht!


    Axilla ging in ihrem Officium ein wenig auf und ab, versuchte die Gedanken zu beruhigen. Es fühlte sich so unendlich gut an, sie zu haben. So kraftvoll und stark. Sie hatte schon einmal diese Wärme in sich gefühlt, als sie den Terentius verflucht hatte, den Seiana geheiratet hatte. Kurz stockte sie in ihrem Schritt. Ob das eine Auswirkung des Fluches war, dass Seiana fremd gegangen war? Sie hatte immerhin einen erheblichen Fluch ausgesprochen. Nehmt seine Arme, denn alles, was er berührt, soll zum scheitern verurteilt sein. Es soll unter seinen Fingern verrinnen wie der Sand der Wüste, soll zerbrechen und zerreißen, soll verrosten und verderben. Keine Erfolge soll er mehr vorzuweisen haben, keine Gunst. Sein Besitz soll ihm entgleiten und von Plagen heimgesucht werden, bis er nichts mehr besitzt... Axilla erinnerte sich noch genau an ihre Worte. Und bestimmt hatte er die Decima berührt, und nun zerrann seine Ehe ihm...
    Sei es drum! Axilla hatte deshalb keine Schuldgefühle. Er hatte es nicht minder verdient als die Decima. Und Axilla würde ihren Teil dazu beitragen, ihre Familie zu retten und die seine – oder besser die der Decima – dabei zu vernichten.


    Axilla hörte unten die Tür gehen und die Stimme des Ianitors, wie der jemanden begrüßte – und Axilla auch gleich daran erinnerte, dass das Abendessen ja gleich soweit war. Aber wer besuchte die Pompeier schon am späten Nachmittag?
    Eine Sekunde später hatte sie ihre Antwort und verdrehte schon die Augen. Sie ging wieder zurück zu ihrem Schreibtisch und fing schon einmal damit an, ihre Tafeln zu ordnen. Wenn der Bursche sie gleich fragen würde, ob sie die Decima empfangen wollte, wollte sie schon alles soweit geordnet haben. Oh, sie würde die Frau empfangen, hinter ihrem wohlgeordneten Schreibtisch sitzend und äußerst kurz. Sollte sie ruhig wissen, dass sie nach ihrer letzten Drohung hier keine Freunde mehr hatte.


    Allerdings kam der Bursche nicht. Und als es Axilla nach einer Minute dann doch unheimlich wurde und sie wieder zur Tür ging, um zu [strike]lauschen[/strike] hören, was da los war. Die Antwort, die sie bekam, ließ allerdings sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht weichen. Wie konnte er nur? WIE KONNTE ER NUR? Er fragte sie noch nicht einmal, ob sie einen Gast empfangen wollte. Noch dazu die Decima, von der er wissen musste, dass Axilla sich nicht gut mit ihr verstand. Er hatte wissen müssen, wie die Decimer ihr gegenüber standen. Und er lud sie zum essen ein und fragte seine Frau noch nicht einmal?!
    Axilla war vor Wut komplett weiß geworden. “Du!“ zischte sie einen Sklaven auf dem Gang nur kurz an und bemühte sich sehr um einen leisen Tonfall. “Geh zu meinem Mann und sag ihm“ Dass er nicht einmal daran denken soll, in den nächsten Jahren sie auch nur mehr anzusprechen, geschweige denn ihr Schlafzimmer zu betreten. Dass er ein ungehobelter Hohlkopf ist. Dass er, wenn er die Decima so gern hat, ja SIE heiraten kann, wenn er zu seiner jetzigen Frau nicht halten will. Dass sie ihn hasste. “Sag ihm, ich fühle mich nicht wohl und werde beim Essen nicht anwesend sein. Los!“ Axilla war eigentlich nie aufbrausend und herrisch, und dass sie es jetzt war, ließ den Sklaven fast über seine Füße stolpern, als er sich aufmachte, seinem Herrn mitzuteilen, dass dessen Frau am Essen nicht teilnehmen würde.

  • Ich klopfte kurz und trat ein, geistig und körperlich bereits auf Prügel eingestellt, ich wusste am besten um Axillas Art und eigentlich hätte ich das hier wohl auch vorhersehen müssen, doch im Willen eine Katastrophe abzuwenden hatte ich scheinbar eine noch viel größere heraufbeschworen ...


    "Axilla, Liebling ... Ich weiß das du sie nicht magst und das dies auf Gegenseitigkeit beruht, aber wir ..."


    Weiter kam ich nicht denn ....

  • Erst war Axilla nur etwas auf und ab gegangen, wie ein gefangener Löwe in einem viel zu engen Käfig. Sie hätte schreien wollen, so laut, bis ihre Lungen brannten, aber sie durfte nicht. Die Decima hätte es gehört, und sie wollte ihr ganz sicher nicht diese Genugtuung geben. Eher wollte Axilla an dem unterdrückten Schrei implodieren.
    Ziwmlich schnell aber hatte sie sich hinter ihren Schreibtisch gesetzt und sich darauf konzentriert, zu atmen. Zu schnauben hätte die Intensität wohl eher beschrieben, mit der sie vor heißer, sich durch die Eingeweide fressender Wut dasaß und vor sich hinstarrte. Tränen waren ihr in die Augen geschossen und rannen verräterisch und leise über ihre Wangen. Sie fühlte sich so unendlich verraten, dass sie nichts dagegen tun konnte. Aber solange die Tränen nur leise waren, war ihr das auch egal. Die Decima würde nie etwas davon erfahren, sie war hier ganz allein.


    Nun, nicht lange, denn schon bald darauf ging die Tür auf. Fast hätte Axilla losgelacht, als sie die Worte gehört hatte. Dass sie und die Decima sich nicht mochten? Seiana hatte alles daran gesetzt, alles was Axilla jemals etwas bedeutet hatte, zu zerstören, und im Moment war ihr Vetter an der Reihe. Aber diesmal würde Axilla es nicht in dummer Naivität einfach zulassen, diesmal würde sie nicht brav und sittlich und voller Vertrauen in die Götter einfach abwarten und nichts tun. Diesmal würde sie kämpfen, ohne Gnade. Auch wenn ihr Mann ihr dabei in den Rücken fiel.
    “Geh!“ war das erste, was sie sagte, als sie mit roten Augen und zornigem Blick langsam aufschaute, unendlich verletzt von dem Mann, der ihr hier so gegenübertrat. “Geh zu ihr, wenn du so viel mehr Wert auf sie legst als auf mich. Geh einfach!“

  • "Ich lege auf niemanden mehr Wert als auf dich, Axilla!"


    stellte ich zuerst ganz entschieden fest, an meiner Loyalität zu zweifeln war unberechtigt ...


    "Und das ist auch der Grund warum die Decima hier ist! Euer Streit steht dir im Weg! Und in einem Streit gibt es nur zwei Möglichkeiten, ihn beilegen oder ihn gewinnen!"


    Ich hatte schon so einige Streits geführt und sie endeten nur auf diesen beiden Wegen, alles andere machte nur die ersteren beiden Lösungen schwieriger ...


    "Alles was ich will ist dir zu helfen, zu jedwedem Ende!"

  • Axilla war zu verletzt, als dass die Worte wirklich zu ihr durchdringen konnte. “Du hast mich nicht einmal gefragt und kommst jetzt hier her, um von mir zu verlangen, sie als Gast hier im Haus zu empfangen? Mit ihr Salz und Brot und Wein zu teilen und sie damit nach den Sitten unserer Vorväter und aller zivilisierten Völker der Welt unter den Schutz des Hauses zu stellen, solange sie hier ist?“ Axilla schnaubte und wendete den Blick ab, weil noch mehr Tränen kamen.
    “Du hilfst mir kein bisschen“ kam es anklagend von ihren Lippen, und sie verschränkte die Arme, hielt sich selbst fest, um sich ein wenig Schutz zu geben. Sie fühlte sich kalt und tot und leer. “Du hast keine Ahnung, was sie alles getan hat. Sie ist niemand, mit dem ich streite, sie ist mein Feind, und mit Feinden esse ich nicht! Und ich will auch nicht, dass sie in die Nähe meines Sohnes kommt!“
    Sie schaute beständig beiseite, ihre Augen waren inzwischen rot und sie hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Imperiosus machte sich das ganze sehr, sehr einfach, tat so, als ginge es hier um etwas, das man verzeihen konnte, über das man einfach hinweggehen konnte. Aber die Decima hatte versucht, sie zu ermorden! Auch wenn Axilla das erst neulich klar geworden war. Und sie hatte gedroht, die Iunier zu vernichten, hatte Seneca in Gefahr gebracht und war mit dem Mörder von Axillas Cousine verheiratet – noch. Sie war schuld daran, dass Axilla Archias alles mögliche unterstellt hatte. Vielleicht hatte sie sogar was mit dessen Tod zu tun, Axilla wusste es nicht. Im Moment konnte sie es sich aber gut vorstellen. Und ihr Mann stand da und tat so, als ob man sich da wieder einfach vertragen könnte, und lud sie auch noch zum essen ein. Für Axilla war das der schlimmste Verrat. Ich bin ganz allein...

  • Ich schüttelte überrascht den Kopf, was war denn schon wieder in meine schöne Frau gefahren? Ihr Feind? Da musste ganz klar mehr passiert sein als die Archias-Geschichte, aber "mehr" wusst ich eben nicht ...


    "Wenn du dich dann besser fühlst lasse ich sie direkt wieder herausschmeißen, aber was steht denn alles zwischen euch das du sie einen Feind nennst?


    Ich nahm sie in den Arm auch wenn sie sich wehren würde, ich kannte Axilla sie fühlte sich einsam und verraten ... aber weder das eine noch das andere würde ich je zulassen ...


    "Unser Sohn und du sind alles was mir wirklich wichtig ist, also sag mir was ich tun soll um dich wieder Lächeln sehn zu dürfen?!"

  • Ein Teil von Axilla wollte laut 'JA' brüllen, als Imperiosus meinte, er könne die Decima auch wieder rausschmeißen. Ein Teil von Axilla wollte sie an den Haaren von Sklaven herausgezerrt wissen – oder sie selbst hinauszerren – und mit einem gekonnten Tritt auf die Straße in den Dreck befördert wissen. Aber der größere Teil von Axilla wusste, dass das wohl das einzige wäre, was noch schlimmer wäre, nun, nachdem der Ianitor die Decima schon reingebeten hatte.


    Und dann kam Imperiosus zu ihr rüber. Axillas Griff um sich selbst verstärkte sich, schon in Befürchtung der Dinge, die da kamen. Sie woltle von ihm nicht umarmt werden. Sie wand sich in seinem Griff, wollte ihn wegdrücken, knurrte ihn sogar an, setzte ihre Ellbogen ein, aber er ging nicht weg. Axilla wollte nicht von ihm jetzt umarmt werden. Er hatte sie verraten und gegen sie gestellt, sie wollte ihn hassen. Sie wollte jetzt allein sein, mit sich. Allein konnte sie es stumm ertragen. Allein konnte sie es in sich hineinfressen und vergraben, weg zu den vielen anderen Dingen, die dort vergraben worden waren unter Mauern aus Einsamkeit und Pflicht. Da konnte sie dann mit den Gefühlen umgehen, da konnte sie sie wegignorieren und weitermachen.
    Aber Imperiosus ließ sie nicht. Er umarmte sie, hielt sie fest, bis Axilla schließlich schluchzte und weinte. Wenn er sie so hielt, konnte sie nicht in stiller Wut bleiben. Wenn er sie so hielt, fühlte sie seine Nähe, roch seine Haut, spürte seine Wärme. Hörte sein Herz. Da konnte sie ihn nicht so hassen, wenn er der einzig konstante Punkt in einer bebenden Welt war. Uns so zerbrach ihr Widerstand weinend, und sie hielt sich an ihm fest, ließ das Gefühl zu und machte sich für einen Moment nichts daraus, dass sie doch stark und wütend und souverän sein wollte.
    Sie wusste nicht, wie lange sie da saß und heulte, allzu lange konnte es nicht sein. Irgendwann wäre sicher ein Sklave gekommen, um den Hausherrn zu fragen, ob man dem Gast schon was auftischen sollte. Da aber keiner kam, waren es wohl nur ein paar Minuten, bis sie sich wieder beruhigt hatte, um auf seine Frage antworten zu können. Er wusste das alles ja gar nicht. Vielleicht sah er es anders, wenn er es wusste.
    “Die Decima, sie... sie...“ Axilla atmete einmal lang und hörbar durch. Sie hatte keine Stimme für das, was sie sagen wollte. Und gleichzeitig schämte sie sich auch für einen Teil.
    Es war seltsam. Erst hasste sie Imperiosus und wollte nicht, dass er sie anfasste. Aber jetzt hatte sie weit mehr Angst davor, dass er sie loslassen könnte, wenn er von Axillas Schwangerschaft von Archias erfuhr. Zum Glück waren sie einander so nah, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte, und er nicht ihre verheulten Augen.
    “Ich war von Archias schwanger, bevor... als er noch mit ihr verlobt war. Er... wir... Er hat mich geliebt, weißt du. Und... ich wollte das nicht, dass das passiert. Aber... ich hab dann auch versucht, das Kind weg zu machen, weil ich es so nicht bekommen durfte. Und ich bin zu einem Heiler gegangen, um Kräuter dafür zu holen. Ich wusste nicht, dass der Heiler für die Decima gearbeitet hat, aber er hat. Und es hat nicht funktioniert. Ich hatte starke Schmerzen, und Leander, mein Leibsklave, er hat den Heiler dann nochmal geholt. Das Kind ist in mir geblieben, aber... ich war sehr schwach.
    Danach war da diese Hochzeit bei den Aureliern. Von Aurelius Ursus und der Tiberia. Ich bin mit Duccius Vala dahin gegangen, und Archias war so eifersüchtig, so unendlich eifersüchtig, dass er... er hat ihm eine Schüssel mit Essen über den Kopf geleert, obwohl die Decima daneben stand. Kurz danach hat er auch die Verlobung gelöst und kam zu mir, und ich hab ihm das mit dem Kind auch gesagt. Und er hat sich so gefreut darüber, und wollte mich heiraten.
    Aber... ich bin überfallen worden, auf dem Weg zu ihm. Leander hat sich zwischen mich und den Angreifer geworfen, und er wurde dabei getötet. Wäre nicht ein Passant zur Hilfe gekommen... Aber das Kind, es... es ist trotzdem... ich hab es verloren...“
    Axilla sank bei den Worten immer mehr in sich zusammen. Es war so unlogisch, um ein Kind zu trauern, das sie nie gehabt hatte und erst gar nicht hatte haben wollen. Aber was wäre alles anders gewesen, wenn es geboren worden wäre? “Ich hab mir damals nichts dabei gedacht, aber heute... der Heiler hat seiner Herrin sicher nach dieser Sache bei der Hochzeit und der neuen Verlobung mit mir erzählt, dass ich ein Kind von Archias erwarte. Das war kein zufälliger Überfall, es waren dutzende Menschen auf der Straße, und der Angreifer ist direkt zu mir gekommen. Direkt zu mir.“
    Axilla starrte auf den Boden, wollte Imperiosus Blick nicht sehen. Wollte keinen Ekel und kein Abscheu sehen, wenn er sie ansah, und sie fürchtete sich wahnsinnig, eben das in seinem Blick zu finden. Oder schlimmer, dass er sie für verrückt hielt und glaubte, das sei alles Einbildung.
    “Und da ist noch mehr. Ich... ich hab geschworen, nichts davon zu erzählen, aber... da ist eine Sache, wegen der ich die Decima auch vor einigen Wochen dann zur Rede gestellt habe. Ich wollte nur, dass sie aufhört, mehr nicht, aber... sie hat mir gedroht, hat gesagt, dass sie alle Iunii zu Fall bringen will, hat uns hier gedroht, Atticus... Ich hab sie geschlagen deswegen, da ist sie abgehauen. Und sie hat gesagt, dass das wegen Archias ist. Ihr Bruder hat mir auch schon einmal gedroht, das war bei einem Gladiatorenkampf, als wir uns zufällig getroffen haben. Er hat mich wegen Archias beleidigt und... aber jetzt gehen sie weiter! Sie greifen meine Gens an, Gaius, meine Familie. Das ist nichts, was man verzeihen kann. Jetzt gibt es keine Gnade mehr.“ Axilla konnte da nicht anders. Ihre Gens war das einzig wirklich wichtige für sie, mit allem, was dazugehörte.

  • Zuerst hatte ich geglaubt Axilla habe den Streit immer nur aufbauschen wollen, wenn sie von einer Feindschaft sprach, doch nun stand mir von Sekunde zu Sekunde, von Wort zu Wort und von Schadtat zu Schandtat der Mund weiter offen. Ich war froh das sie mich nicht sah, vorallem da ich mir selbst nun so unseglich dumm vorkam. Wie hatte ich all das nicht wissen können?


    Ich fasste mich, wie ich es immer tat wenn mein Verstand einsah das er vorerst ohne Gefühle besser zurecht kommen würde und nahm Axillas, trotz zahlreicher Tränen, immernoch bezauberndes Gesicht zwischen meine Hände, so das sie mich ansehen musste, auch wenn sie nicht wollte ...


    "Axilla solange ich atme ... wird Niemand dir oder unserem Sohn etwas zu leide tun! Die Götter sollen meine Zeugen sein, wer immer auch Hand an unsere Familie zu legen versucht wird es bitter bereuen!"


    Ich küsste sie und richtete sie auf so das sie nicht dasitzen musste wie ein Häufchen Elend ...


    "Ich weiss ich bin kein Feldherr wie dein Vater, aber ich weiss eine Schlacht zu führen! Wenn die Decima uns herausfordern will, dann werden wir ihr entgegentreten und ihr zeigen das mit uns nicht zu spassen ist!"

  • Eigentlich war Axillas Vater nur einfacher Tribun gewesen und bei weitem kein Feldherr, aber das kümmerte sie gerade nicht. Imperiosus nahm sie, zog sie auf die Beine, küsste sie, und schwor ihr, schwor ihr, dass er sie und Atticus beschützen würde. Dass er die Decima vernichten würde, wegen ihr, für sie. Vor so viel Rührung wollte Axillas Herz am liebsten zerspringen. Sie umarmte ihren Mann wieder, fester, ganz fest, hielt ihn einen Moment einfach nur an sich gedrückt. “Ich liebe dich“ flüsterte sie, und sie meinte es auch so. Wo sie ihn vor wenigen Momenten noch gegen die Wand hatte klatschen mögen und sicher war, ihm niemals verzeihen zu können, für diese Sache liebte sie ihn. Nicht nur, weil er sie liebte, zu Atticus ein toller Vater war, ihr zuhörte, ihr Geschenke machte. Nein, es war mehr als Freundschaft, mehr als bloße Achtung und Anerkennung seiner Bemühungen. Es war anders, als sie es für Vala empfand. Anders, als sie es für Silanus empfunden hatte, auch anders als das, was sie für Archias empfunden hatte. Aber es war echt und es war da, und anders als mit diesen Worten konnte sie es auch nicht beschrieben.


    Sie stand einen Moment einfach so da, bis der Rest seiner Worte langsam zu ihr in ihr Bewusstsein gesickert war. Er hatte 'wir' gesagt. Nicht 'ich'.
    Langsam löste sich Axilla wieder von Imperiosus und sah ihn an. Sie wusste, wie sie aussah, wenn sie geweint hatte. Ihre Augen waren rot und glänzten, und ihre Haut war blass. Axilla wusste das. Und sie wusste, dass man das sah. “Ich kann nicht da runter. Nicht so. Das geht nicht.“ Die Decima würde ihre Schwäche sehen. Da wollte Axilla lieber auf der Stelle tot umfallen.

  • Ich lächelte sanftmütig und wischte ihr eine Träne aus dem Gesicht ...


    "Dann wartet sie eben etwas länger auf uns! Unsere Sklaven kriegen das schon wieder hin, mich bekommen sie ja jeden Morgen auch wieder hin!"


    Ich strich ihr über ihr schönes Haar und lächelte, das sie mir nichtmehr böse war brachte mir mehr Zufriedenheit als ich hätte zugeben wollen, doch nun da sie mir sogar erneut ihre Liebe gestanden hatte, war ich bereit jedwedem Feind entgegenzutreten ... selbst dem Praefectus Praetorio und seiner selbstgefälligen Brut ...

  • “Du kannst sie jetzt doch nicht zwei Stunden warten lassen, damit ich Baden kann und mich herrichten“, lehnte Axilla das Angebot ihres Mannes ab. Nein, so ging das auf gar keinen Fall, so gern sie die Decima auch demütigen wollte, aber so ging das einfach nicht. Axilla wusste sehr wohl, was einfach nur ihr Rachedenken war, und was davon wirklich umsetzbar war. Die Decima erst einladen und dann stundenlang herumstehen zu lassen, das war Rachedenken. So gut es sich auch angefühlt hätte, aber zumindest den Schein nach außen musste man wahren.
    Außerdem hatte Imperiosus sich die Suppe auch eingebrockt. Auch wenn er jetzt wirklich, wirklich, wirklich süß war und Axilla ihm auch vergeben hatte, dass er sie nicht gefragt hatte, ehe er die Decima hereingelassen hatte oder auch Axilla selbst das hätte regeln lassen – immerhin wollte die Decima zu ihr und nicht zu ihrem Mann – vergessen hatte sie es nicht. Von daher durfte Imperiosus die Suppe jetzt auch auslöffeln.
    “Du weißt so gut wie ich, dass das nicht geht. Schick sie meinetwegen weg, weil ich mich nicht gut fühle, aber ich kann so nicht runter gehen und wir können sie auch nicht so lange warten lassen. Das geht nicht. Und das weißt du.“

  • Ich grübelte, das würde jedoch auch gleichzeitig enthüllen das ich mich Axilla in ihrem Streben angeschlossen hatte ...


    "Dann werde ich sie empfangen und dich entschuldigen! Vielleicht wird sie mir gegenüber etwas unvorsichtig und wir können einen Vorteil erlangen!"


    Natürlich vor allem anderen deswegen weil ich die Decima überhaupt nicht als Bedrohung sah sondern nur den dahinter lauernden Praefectus Praetorio ... immerhin war die Decima trotz alledem immernoch nur eine Frau ...

  • Das Wort „empfangen“ gefiel Axilla nicht und sie rümpfte leicht die Nase. Auch der Plan gefiel ihr nicht so wirklich, und sie bezweifelte sehr stark, dass Seiana irgendwas rausrutschen könnte. “Ich glaube eher, wenn du da irgendwelche Fragen stellst, wird sie noch paranoider, als sie sowieso schon ist.“ Das Angebot von vorhin mit dem Rauswerfen klang viel verlockender, und von Minute zu Minute besser. “Und mir wär auch lieber, wenn sie nicht hier im Haus essen würde. Ich will mir später nicht nachsagen lassen, ich hätte einen Gast betrogen.“ Das Gastrecht war etwas heiliges, was sogar über die Grenzen des römischen Reiches hinaus Gültigkeit hatte. Selbst die wildesten Barbaren kannten die Sitte. Wenn man mit jemandem Brot, Wein und Salz geteilt hatte, war er ein Gast und stand unter dem Schutz des Hauses. Axilla wollte aber ganz sicher nicht, dass Seiana sich in diesem Haus auch nur eine Minute sicher fühlte.
    “Ich werde auch der Amme sagen, dass Titus bei mir im Cubiculum bleibt. Ich will nicht, dass die Frau ihm zu nahe kommt.“ Axilla traute Seiana nicht mehr. Kein kleines bisschen. Ihre Drohung war der kleine, feine Tropfen gewesen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hatte. Axilla würde sie nicht in die Nähe ihres Kindes lassen, damit sie es mit ihrem Gift verpesten könnte.

  • Ich legte die Stirn in Falten und sah meine junge Frau etwas ungläubig an, ich sollte sie nicht rauswerfen, aber ich sollte sie auch nicht willkommen heissen ... was ging in diesem hübschen aber scheinbar schwer verwirrten Kopf schon wieder ab ...


    "Und was soll ich stattdessen tun? Warten bis sie von allein geht? Heimlich in der Küche essen?

  • Du musst nicht gleich gemein werden“, meinte Axilla etwas beleidigt und löste sich von ihrem Mann. Sofort war dann doch die Wut von vorhin wieder da, brachte sein Fehlverhalten in Erinnerung. Sie wollte ja nur das richtige tun, vertraute sich ihm an und er behandelte sie so von oben herab. “Du könntest dich auch einfach entschuldigen, sagen dass ich krank bin und das Essen leider ausfallen muss und du sie auf ein andermal vertrösten musst.“ Was war daran so schwer?
    Aber bevor Imperiosus jetzt hier anfing, mit ihr zu diskutieren, komplimentierte sie ihn auch schon aus ihren Räumlichkeiten. “Aber bitte, wenn du unbedingt mit ihr essen willst, iss.“ Mit einer wedelnden Handgeste scheuchte sie ihn schon fast von sich weg. War ihr doch egal, wenn er sich so ehrlos benehmen wollte. Aber er brauchte nicht von ihr verlangen, das gut zu finden, oder ihren Sohn da mit reinzuziehen.

  • "Das war nicht gemein gedacht ich wollte dir damit nur ..."


    Und schon stand ich vor einer verschlossenen Tür ... die Frau war wirklich nicht zu verstehen, ich hätte den Palantin für sie auf den Kopf gestellt und sie misstraute mir bei jedweder Gelegenheit ... am liebsten hätte ich nun ein Festmal samt Orgie mit der Decima gefeiert, nur um sie zu ärgern, aber selbstverständlich fehlten mir dafür der Mut und das Interesse am Körper der Decima ...

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