Memnon

  • "Wir haben einen Neuen. Er heißt Memnon", stellte der Centurio den anderen Auszubildenden den Neuen vor, der heute eingetroffen war. Weitere Worte macht er nicht. Die Männer wohnten zusammen, da würden sie sich ohnehin früher oder später gegenseitig kennenlernen.


    "Heute machen wir Leiterklettern. Stellt vier Leitern auf, jede an einer Seite des Platzes auf das Gebäude. Und dann geht's die erste Leiter rauf, über das Dach zur zweiten, dort runter, über die dritte wieder rauf zur vierten und dort wieder runter. Im Laufschritt! Jeder drei Runden! Ausführen!" Leitern lagen in einer Ecke des Platzes bereit, zusammen mit weiterem typischen Gerät der Vigiles.

  • Die Anderen hier schienen alle etwas erschöpft dachte ich mir. Nun gut vielleicht lag es auch an mir. Aber das sollte mich nicht weiter beschäftigen. Als ich vorgestellt wurde machte ich eine begrüßende Geste und wartete ab das der Centurio fertig erklärt hatte. Beim Abschluss seiner Befehlskette fing ich sofort damit an.


    Die Leitern zu erklimmen erschien mir nicht sonderlich schwer doch ich merkte schon sehr schnell das es doch fordernd genug war für die Muskeln war. Die erste Runde ging noch sehr schnell die zweite Runde fing an schon schwerer zu werden und die dritte Runde war eine große Leistung. Doch ich ließ mir nichts anmerken.


    Eins war sicher ich war noch nicht in Form genug um dies so leicht zu meistern doch das sollte sich bald ändern. Ich stellte mich wieder auf nach der dritten Runde und erwartete neue Befehle.

  • Während die Männer die Übung ausführten, beobachtete der Centurio sie von der Mitte des Platze oder von einer Stelle direkt neben einer der Leitern aus. Immer wieder trieb er zur Eile an, gelegentlich erteilte er auch mal ein Lob. Als sich die Männer aufreihten, war auch er wieder auf der Mitte des Platzes. "Schön. Dasselbe jetzt nochmal, mit einem gefüllten Wassereimer. Eimer aufnehmen, füllen, rauf auf die erste Leiter, Wasser an der Dachecke abkippen, die zweite Leiter runter, Eimer wieder füllen, die dritte Leiter rauf, an der Dachecke abkippen, die vierte Leiter wieder runter, Eimer wieder füllen. Jeder drei Runden! Im Laufschritt! Ausführen!" Eimer standen dort bereit, wo auch die Leitern gelegen hatten. Wasser gab es in zwei Becken in zwei der Ecken des Platzes.

  • Die Nächste Übung versprach interessant zu werden. Mein Körper dem die erste Übung schon nicht besonders gefallen hatte fand diese hier noch viel weniger begeisternd. Dennoch nahm ich mir meinen Eimer füllte ihn mit Wasser und ging die erste Leiter rauf. Kippte ihn wie befohlen und stieg wieder ab. Dann holte ich mir erneut Wasser und machte mich auf die zweite Leiter zu erklimmen. Es war ein Kraftakt diese Runden durch zu stehen doch es war meine Pflicht. Endlich konnte ich mich beweisen. Also führte ich die Übung durch so perfekt es mir nur irgendwie möglich war. Obwohl mein Körper gern eine Pause gemacht hätte. Nach beenden der dritten Runde kehrte ich wieder in die Reihe zurück. Einer der Männer schien sich verletzt zu haben denn seine Hand blutete doch er stellte sich in der Reihe auf und wartete auf Befehle. Was für eine Hingabe dachte ich mir.

  • Auch dem Centurio war die Verletzung eines Tiros nicht entgangen. "Raustreten! Nebenmann auch! Wunderversorgung durchführen!" Er deutete auf den Rand des Platzes, wo neben den Arbeitsgeräten der Vigiles auch eine Capsa mit Verbandsmaterial stand. Ein Vigiles musste eben auch so etwas können.


    "Die Pause nutzen wir, um mal zu schauen, was unser Neuer schon alles weiß. Memnon, was für Geräte gibt es noch außer den Leitern und den Eimern?"

  • Kaum war es ausgesprochen traten zwei Männer aus der Reihe und gingen an den Rand des Exerzierplatzes um die Wunden des einen zu versorgen. Also eins war gewiss. Disziplin war hier wohl ein großes Thema und eben das hatte ich mir auch erhofft. Als mir diese Frage gestellt wurde musste ich nicht lang nachdenken denn ich hatte bereits die Vigiles schon mal in Aktion erlebt. Daher antwortete ich dem Centurio :


    "Die Äxte, die Decken und die Hakenstangen."


    Ich bemühte mich genau so viel Disziplin zu vermitteln wie die Anderen. Daher stand ich so stramm es nur ging und versuchte möglichst in meinen Worten Respekt mitschwingen zu lassen statt des üblichen Trotztons.

  • "Nicht falsch", stellte der Centurio trocken fest. "Wofür benutzt man sie?", wollte er als nächstes wissen, während die beiden Vigiles am Rand des Platzes dabei waren, ein Stück Leinen als Verband um die Wunde zu wickeln.

  • Die nächste Frage des Centurios brachte mich kurz zum nachdenken. Als ich das letzte Mal die Vigiles im Einsatz gesehen hatte für was hatten sie die jeweiligen Werkzeuge benutzt. Ich erinnerte mich noch sehr gut an jenen Abend. Das Feuer verschlang eines der Gebäude in der Stadt. Im nächsten Moment standen ein paar Vigiles da. Es gab welche von ihnen denen sah man es an das Feuer für sie zum Alltag gehörte. Doch andere waren von Furcht so zerfressen das ihnen selbst die Knie schlotterten. In einem der Oberen Etagen befand sich noch jemand. Der Zugang von unten war verschüttet gewesen. Ich beobachtete wie sie in das nebenstehende Gebäude gingen. Dort bahnten sie sich ihren Weg mit der Axt aufs Dach um dann auf das andere Gebäude zu Springen und dort die Wand mit der Axt zu öffnen. Daher sagte ich:


    "Die Axt benutzt man um sich einen Weg durch Wände zu bahnen oder um die Dächer zu erreichen."


    Dann viel mir ein wozu sie die Decke benutzt hatten. Sie waren auf die Dächer der umliegenden Häuser gegangen und hatten diese abgedeckt damit sie nicht auch in flammen auf gingen. Also sprach ich weiter:


    "Die Decke benutzt man zum ersticken von kleinen Bränden und legt diese auch auf die Dächer der umliegenden Gebäude um eine Ausbreitung des Feuers zu vermeiden."


    Nun war nur noch die Hakenstange übrig. Dummerweise hatten die Vigiles sie an dem Abend nur dabei gehabt aber nicht benutzt. Vielleicht hatten sie ja doch aber es war meinem Auge entfallen. Nun gut dann musste ich selber mir eine Funktion überlegen in der Hoffnung das diese im Ansatz richtig war. Also sprach ich:


    "Die Hakenstange benutzt man um Gebäude, die vom Feuer schon so Umschlungen das es unmöglich ist sie zu löschen, einzureisen. Man kann sie auch benutzen um brennende Dachstücke zum Boden zu bringen."


    Das war das einzige was ich mir vorstellen konnte für dieses Werkzeug.

  • Auch diesmal waren die Antworten nicht völlig falsch, aber der Centurio war etwas unzufriedener. "Wenn ihr es hinbekommt, mit der Axt eine Tür einzuschlagen, bin ich schon glücklich. An Wände braucht ihr erst einmal gar nicht zu denken! Und dass eine Decke auf einem Dach die Ausbreitung eines Brandes verhindert ist Unsinn! Vergiss das einfach sofort wieder!"


    In diesem Augenblick kamen die beiden anderen Tirones zurück und reihten sich wieder ein. Den Centurio ging näher hin. "Verband vorzeigen." Der Tiro streckte seinen Arm vor und den Centurio inspizierte ihn. "In Ordnung." stellte er fest und ging wieder ein paar Schritte zurück.


    "Wo waren wir? Ach ja - Äxte. Selbe Übung wie eben, nur diesmal jeder zusätzlich zum Eimer eine Axt! Wieder jeder drei Runden! Ausführen!" Benutzen brauchten sie die auf dem Dach allerdings nicht - den Centurio wollte ja nicht seine eigenen Kaserne zerhacken.

  • Als der Centurio den Befehl gab holte ich mir eine Axt und einen Eimer. An Äxte war ich gewohnt. Sie waren einfach eine unglaubliche Erfindung. Besaß man die Kraft die Axt richtig zu schwingen war diese ein unbeugsamer Gegner der Alles zerteilte auf seinem Weg. Nun gut obgleich dies sehr aggressiv manchmal wirken konnte. Die Axt fühlte sich gut an in meinen Händen. Alle körperlichen Beschwerden schienen verflogen. Ich nahm die Axt in die eine Hand. Den Eimer in die andere Hand und fing an die Leitern Auf und Ab zu steigen. Es war als ein alter Bekannter auf meinem Rücken mit mir kletterte. Die Leitern schienen kein Hindernis mehr zu sein. Nach der ersten Leiter folgte sogleich die Zweite. Nach der ersten Runde sogleich die Zweite. Nichts konnte mich nun bremsen. Bei Mars würde ich die dritte Runde schnell hinter mich gebracht haben. Am Ende der dritten Runde stellte ich mich erneut ins Glied. Allerdings war diesmal mein Körper schweigsam. Es war überwältigend gewesen. Nun wartete ich auf weitere Befehle.

  • Der Centurio war durchaus zufrieden, dass der Neue den körperlichen Anforderungen gewachsen schien, ließ sich das aber keineswegs anmerken. Zu frühes zu starkes Lob war schlecht für die Moral. Stattdessen wartete er einfach, bis alle ihre Runden beendeten hatten.


    "Äxte und Eimer wegräumen! Leitern wegräumen! Feuerholz auf der Mitte des Platzes aufschichten!" lauteten die nächsten Anweisungen. Offenbar sollte nun eine andere Übung folgen. "Memnon, kannst du Feuer entfachen?" wandte er sich dann erneut an den Neuen.

  • Als mich der Centurio fragte ob ich Feuer machen kann musste ich innerlich lachen. Als Kind wurde mir stehts gesagt ich soll nicht mit dem Feuer spielen doch seiner Zeit war ich noch törichter als ich es heute bin. Somit spielte ich solange bis ich mich dann doch verbrannte. Seit dem hatte ich nur noch mehr Lust das Feuer zu studieren und zu berühren. Gut das vermochte auf jemand anderen vielleicht etwas merkwürdig wirken aber das war mir egal zumal da keiner davon was wusste. Ich antwortete also zugleich mit :


    "Ja Centurio das kann ich."


    Und fing an den anderen zu helfen das Holz zu stapeln. Als nun der Haufen groß genug war ging ich daran den feuerspenden Funken zu entfachen der das Feuer speisen sollte. Siehe da es brannte. Das Feuer war wunder schön. Es breitete sich schnell aus und verschlang in seiner Gier das Holz. Alles um sich herum drohte es zu zerstören. Vielleicht war das auch der Grund warum ich zu den Vigile wollte. Ich wollte diesem temperamentvollen Freund in seine Schranken weisen.

  • Der Centurio beobachtete aufmerksam, wie sich der Neue beim Entfachen des Feuers anstellte, sagte aber nichts. Anschließend wartete er, bis sich das Feuer ein wenig entwickelt hatte und der Holzstapel gut brannte. "Antreten!" rief er die auszubildenden Männer dann wieder in eine Linie zurück. "Ausrüsten und vorrücken zur Brandbekämpfung mit Wasser!" An den Siphones war noch keiner der Männer ausgebildet, sie würden also auf die altbewährte Eimerkette zurückgreifen müssen.

  • Das Feuer fing an langsam um sich zu greifen. Unglaublich dachte ich mir. Als es einen gewissen Grad erreicht hatte hörte ich nur wie wir vom Centurio zusammen gerufen wurden. Nun erhielten wir den Befehl es zu löschen. Sogleich stürmten alle zu den Eimern.


    Nun bildete sich eine Kette die die Eimer nach vorne reichte. Ich gliederte mich ein in die Kette und half. Das Feuer wehrte sich anfangs vehement gegen das Löschen. Es wollte nicht verlöschen obgleich die Wassermassen es erdrückten. Erst nach dem siebten Eimer fing es an den Kampf auf zu geben. Endlich erlischte es. Ein ganz und gar atemberaubender Augenblick dachte ich mir und ließ mir davon nichts anmerken.

  • Der Centurio verfolgte den Löschvorgang schweigend. Offenbar wollte er diesmal sehen, wie sich die Tirones, die schon länger dabei waren, anstellten und ob sie dem Neuen einen passenden Platz zuwiesen. Zumindest das schien zu klappen, denn er reihte sich in der Eimerkette ein. Schließlich war das Feuer aus und es herrschte Stille. Zu viel Stille, für die Meinung des Centurios. "Und jetzt? Meldung?" fragte er ungeduldig.

  • Als das Feuer seinen letzten Funken getan hatte rief der Centurio zur Meldung. Sicher war ich mir nicht damit was gemeint war dennoch tat ich das einzige was mir richtig erschien. Ich lief zu ihm stellte mich vor ihm auf und nahm Haltung an. Dann sagte ich:


    "Feuer gelöscht, Centurio."


    Nun ja ich war ja zur Ausbildung hier dachte ich mir. Also wenn ich schon einen Fehler machte dann richtig.

  • "Gut so, Tiro!" quittierte der Centurio die Meldung, während auch die anderen Tirones wieder in einer Linie antraten. "Aufräumen und dann ab auf die Stuben zum Essen fassen! Tiro Memnon, du gehst heute Abend mit auf Patrouille bei der dritten Wache." Damit verschwand er vom Innenhof und ließ die Tirones beim Aufräumen alleine.

  • Die letzten Worte des Centurios hallten in meinen Ohren mit einem so süßen Klang das ich sie einfach nicht für wahr halten konnte. Ich durfte schon nach einem Tag auf Patroullie. Natürlich half ich meinen Kameraden beim aufräumen und doch waren meine Gedanken ganz wo anders. Ich dachte mehr daran wie ich wohl heute Abend mich anstellen würde. Ob es viel für mich zu tun gab oder ob das alles nur eine weitere Nacht voller Ruhe werden würde. Anderer seits musste ich schon sagen seit ich hier in Rom angekommen war hatte ich in Rom noch nie eine Nacht voller Ruhe erlebt. Mittlerweile dachte ich mir schon wenn es Ruhe gab das was nicht stimmte mit der Stadt.

  • Ich erreichte den Exerzierplatz und vernahm den mir allzu bekannten Duft der hier in der Luft lag. Es war eine Mischung aus Feuer und Schweiß. Nun die Mischung vermochte es mir den Schweiß ins Gesicht zu tragen. Ich stellte mich auf wie mir befohlen wart und wartete auf weitere Befehle.


    Während ich hier so stand musste ich ab die Begegnung mit diesem Mann denken. Spartacus war glaube ich sein Name. Diese Kette hatte was zu bedeuten. Jupiter wollte gewiss nicht nur sich einen Scherz mit uns erlauben. Plötzlich fiel mir ein was mir der Freund gesagt hatte der mich hier nach Rom geschickt hatte. "Die Antworten die du sucht findest du in Rom. Den Schlüssel dazu trägst du schon bei dir."


    Möglicherweise war damit die Kette gemeint denn sie war das einzige was ich seit meiner Kindheit bei mir trug. Doch genug vor sich hin geträumt. Es wird Zeit die Gedanken wieder in den Tag zu richten.

  • Der Centurio musterte die Reihe der Tirones und schien mit dem Bild zufrieden. "Memnon, du hattest diese Nacht deine erste Patrouille", begann er dann zu sprechen. "Berichte deinen Kameraden, wie diese abgelaufen ist!" Da die Kameraden zwar auch alle noch Tirones waren, aber schon länger dabei, hatten diese ihre jeweils erste Patrouille alle schon hinter sich. Es ging also offensichtlich weniger darum, diesen neue Einblicke zu vermitteln. Vielmehr wollte der Centurio überprüfen, wie der Neue den Dienstbetrieb wahrnahm.

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