Iunia Axilla

  • Sie hatte die Tafel nun schon über einen Monat. Eine lange Zeit, selbst für jemanden wie Axilla, um auf ein einfaches Schreiben zu antworten. Auch wenn sich natürlich jede Menge Gründe aufgetan hatten, eben nicht auf dieses spezielle Schreiben zu antworten. Sie konnte die Tafel ja kaum lesen, weil so viel wieder ausgebessert worden war. Woher also sollte sie wissen, ob das wirklich alles zu dieser Nachricht gehörte, oder es nicht von einer alten noch übriggeblieben war, die nur unzureichend wieder gelöscht worden war? Und außerdem hatte sie ja so viel zu tun gehabt mit der Hochzeit! Und nachdem sie festgestellt hatte, dass sie schwanger war, hatte sie ja auch Maßnahmen ergreifen müssen, um ihren Jetzt-Ehemann glauben zu machen, es wäre von ihm. Und dann musste sie sich ja auch erst in der Casa Pompeia einleben. Und die Zeit, die sie brauchte, um sich hier einzuleben! Sie kannte ja keinen von den Sklaven, auch wenn die alle wirklich sehr nett zu ihr waren. Und als Hausherrin musste sie sich hier ja auch einfinden, und natürlich auch immer wieder mal irgendwen einladen, immerhin war Imperiosus Procurator. Sie hatte also gar keine Zeit gehabt, sich hinzusetzen und zu antworten. Oder?


    Die erste Zeit war also die Tafel auf ihrem Schreibtisch gelegen. Doch als die Schreiben bezüglich der Hochzeit dann zunahmen, hatte Axilla einen anderen Platz gebraucht. Also hatte sie sie mit in ihr Cubiculum genommen und da auf den kleinen Tisch neben ihrem Bett gelegt. Und sie angestarrt in den bangen Nächten, in denen sie nicht hatte schlafen können. Immer wieder hatte sie die kleine Öllampe angesteckt und im schwachen Licht der kleinen Flamme die wenigen Worte gelesen. Viel stand ja wirklich nicht in das Wachs geritzt. Im Grunde genommen gar nichts. Aber das, was Axilla wieder und wieder anstarrte, was sie mit einem Stylus vorsichtig nachzuzeichnen versuchte, um die Worte Sichtbarer zu machen, das war es, was ihr Kopfzerbrechen bereitete. Und was sie die Tafel ein ums andere Mal weglegen ließ, da sie keine Zeit hatte, sich über derlei Dinge Gedanken zu machen.
    Nach der Hochzeit war es allerdings ein Problem gewesen. Axilla konnte die Tafel ja nicht einfach so offen herumliegen lassen. Sie hatte keine Ahnung, ob die pompeiischen Sklaven sie nicht wegräumen würden. Oder ob Imperiosus sie lesen würde. Immerhin war er doch recht häufig auch bei ihr in ihrem Zimmer... auch nachts.... wo er auch das ein oder andere Mal bis früh morgens blieb... Anfangs noch hatte Axilla die Tafel einfach in die Truhe gepackt, in der auch die Rüstung ihres Vaters transportiert worden war und die jetzt noch unter dem Gestell stand, auf dem die Rüstung aufgebaut worden war. Doch irgendwie empfand Axilla das nach etwa einer Woche als falsch, fast wie eine stumme Anklage, mit der die Rüstung und die Truhe selbst sie anstarrte. Also hatte Axilla die Tafel herausgeholt und erst einmal unter ihr Kopfkissen gelegt. Von dort war sie aber beim ersten folgenden ehelichen Zusammensein allerdings zwischen Matratze und Wand verschoben worden, was zwar ein guter Platz war, allerdings bei Axilla nach weiteren vier Tagen die Angst doch immens hatte werden lassen, dass das Wachs aufgrund der Wärme schmelzen könnte und somit die Nachricht unleserlich wurde.


    Und so saß sie jetzt also da, in ihrem Schlafzimmer, hatte eine weitere Tafel jungfräulich und aufgeklappt vor ihr liegen und fuhr noch einmal über die mit der stumpfen Seite des Stylus wieder ausradierten Stellen der Tafel. Nach wie vor waren die meisten Stellen zu verschmiert, um sie noch lesen zu können. Und wieder sagte sie sich, dass es vielleicht gar nicht ihr galt, was da weggewischt wurde. Das 'Iunia' oben wohl galt ihr, das wäre ein arger Zufall, wenn es anders wäre. Aber auch das noch einigermaßen leserliche 'Schreib zurück'. Und wenn es ihr galt, warum hatte er es ausgelöscht? Sollte sie doch nicht zurückschreiben? Vielleicht wollte er ja auch gar nichts von ihr hören. Nicht so wirklich. Sonst hätte er es nicht ausgelöscht. Aber warum hatte er es dann überhaupt geschrieben? Also, beim ersten Mal?
    In Axillas Gedanken begann sich derselbe Knoten zu bilden, der sich schon seit einem Monat bildete, und ihr fielen wieder die vielen Dinge ein, die sie doch eigentlich tun sollte. Sie wollte schon längst mit der Köchin gesprochen haben, ob die nicht ein wenig feuriger kochen konnte. Und vielleicht ein paar Gewürze aus Ägypten einkaufen konnte auf dem Markt. Oh, und sie wollte sich im Balneum nochmal enthaaren lassen. Sie war ja so schon sehr gepflegt, aber man konnte ja Schritte unternehmen, bevor es wirklich dringend wurde. Und sie wollte mit Imperiosus auch noch reden und ihm sagen, dass sie schwanger war. Auch wenn er es vermutlich schon wusste. Immerhin war er schon desöfteren morgens bei ihr gewesen (oder sie bei ihm), so dass er zwangsläufig mitbekommen hatte, wie sie sich hatte übergeben müssen. Und ganz sicher hatte der ein oder andere seiner Sklaven ihn auch schon expliziter darauf angesprochen. Also höchste Zeit, ihm die Bestätigung zu geben.
    “Nein, du schreibst das jetzt!“ ermahnte sie sich selber und sah noch einmal über die wenigen Zeilen, fuhr fast liebevoll mit dem Finger einmal darüber. Axilla seufzte. Warum nur musste das so schwer sein?


    Also fing sie an, zu schreiben, setzte den Stylus an, wieder und wieder. Und fand nicht einmal einen richtigen Anfang. Auch ein halb unterdrücktes Aufschreien, gepaart mit einem aufstehen und dreimal durchs Zimmer laufen – wobei die leere Tafel böse angeschaut wurde (und diese anklagend zurückschaute) – half nicht wirklich, diese Überfülle an Gedanken in ihrem Kopf zu einem sinnvollen Satz zu Wachs zu bringen. Was sollte sie ihm denn schreiben? Was durfte sie ihm schreiben? Wenn das alles doch nur nicht so unendlich schwer wäre!



    Vala,


    es freut mich, dass du wohlbehalten in Ägypten angekommen bist.


    “Freut mich, dass du angekommen bist? Blöööääär...“ Da wurde Axilla ja von ihrem eigenen stumpfsinnigen Geschreibsel schlecht. Hörbar durchatmend stützte sie ihren Kopf auf ihrer Hand an und überlegte. Das konnte sie besser.



    Vala,


    es freut mich, dass du wohlbehalten in Ägypten angekommen bist.


    Ich bin inzwischen verheiratet. Gaius Pompeius Imperiosus ist s[/strike]ein guter Ehemann, Ritter und Procurator. Ich weiß aber nicht, wie er über einen ausgedehnten Briefwechsel zwischen mir und dir denken würde. Daher weiß ich nicht, ob ich dir oft schreiben kann.
    Und es gibt noch etwas, das ich dir sagen muss. Ich trage ein Kind. Dein[/strike] Ich muss jetzt an sein Wohl denken.


    Ich wünsche dir nur das Beste und den Segen der Götter bei deinen Vorhaben.


    Axilla


    Die Tabula war nicht einmal zur Hälfte beschrieben. Dennoch klappte Axilla sie zusammen und band das kleine Schnürchen um den Verschlussnagel, ehe sie mit Siegelwachs einen Verschluss daran machte und ihn siegelte. Von der Straße drang ein wenig Gebrüll herauf, das Axilla hier im inneren des Hauses aber nur als leises Echo noch hören konnte. Tagsüber war ja immer mal etwas los, nachts mit den ratternden Wagen war es noch schlimmer, und so baute man die Cubicula möglichst schalldicht zur Straße. Sie legte die verschlossene Tabula vor sich und sah sie einen Moment lang nachdenklich an. Ihr Verschreiber ärgerte sie. Sie wollte Vala ja wissen lassen, dass er Vater wurde, er hatte da ein Recht darauf, es zu wissen. Aber was war, wenn er es wusste? Was würde er tun? Und was würde er nicht tun? Axilla wusste nicht, vor welcher der möglichen Antworten sie mehr Angst hatte. Aber sie hatte die Stelle wieder gelöscht. Sicher konnte er nicht mehr lesen als sie bei seinen Zeilen, und aus dem einen kurzen Wort keine falschen Schlüsse ziehen. Oder richtige.
    “Pir...“ Verdammt, wie hieß der Sklave gleich nochmal? Es hatten sich zwar alle ganz artig Axilla vorgestellt, weil sie nach den Namen gefragt hatte, aber sie brachte sie noch andauernd durcheinander. Es war der große mit dem schütter werdenden Haar... irgendwas griechsiches. Piräus? Pilatos? Irgend sowas war es. “Philotes?“ versuchte Axilla es einfach mal ins Blaue, aber es rührte sich nichts von außerhalb ihrer Tür. Offensichtlich war der Name falsch. Villeicht doch “Pilatos?“ Sie konnte ja schlecht 'großer, dürrer Bursche da draußen!' rufen. Wobei, wenn sich nicht bald was rührte, würde sie vielleicht darauf zurückgreifen. Etwas seltsam war es schon, normalerweise kamen die Sklaven herein, slebst wenn sie den falschen Namen rief.
    Und so schaute Axilla einen Moment verwirrt zu der noch immer geschlossenen Tür und wollte gerade aufstehen, als sie doch aufschwang und ein gehetzt dreinschauender Sklave hereinkam. “Philippos, Domina. Verzeih mir, Domina.“
    “Ja, schon gut.“ Axilla verzieh gern, viel und oft. Auch wenn sie schon ein wenig neugierig war, was da denn so lang gebraucht hatte. Aber das würde sie besser nachher fragen, und vielleicht nicht Philippos – so war es gewesen! - direkt, sondern einen der anderen, während er unterwegs war. Ansonsten war das vielleicht doch etwas arg neugierig. “Ich hab hier eine Tabula. Ich will, dass du sie aufgibst und nach Ägypten schicken lässt zum Castellum der Legio Deiotariana in Nikopolis zu Händen von Duccius Vala. Das Geld lässt du dir vom Ianitor aus der Truhe geben, obwohl auf der Wertkarte der Iunia noch genug drauf sein müsste. Oh, und auf dem Heimweg könntest du bitte über die Märkte schauen und sehen, ob sie vielleicht noch irgendwo ein paar frische Oliven haben? Ich weiß, es ist jetzt nicht mehr die Zeit für frische Oliven, wegen den Stürmen auf See, aber vielleicht haben sie ja welche?“
    Treudoof schaute Axilla auf und sah in ein deutlich gequält dreinschauendes paar Sklavenaugen. Irgendwas passte nicht. “Das geht nicht, Domina“, kam es schließlich sehr gequält doch aus dem Sklaven, der irgendwie Angst vor ihr zu haben schien.
    “Wieso denn nicht?“ fragte Axilla nur erstaunt und verwirrt, aber mitnichten böse oder gar wütend zurück.
    Dennoch traute der Sklave sich nicht sofort, zu antworten. Erst nach ein paar Sekunden kam ein: “Weil die Cohortes Urbanae den Notstand verkündet haben und eine Ausgangssperre verhängt haben.“

  • Notstand. Ausgangssperre.


    Axilla sah den Sklaven mit eindeutig entgleisten Gesichtszügen nur verständnislos an. “Aber... aber...“ Ein wirrer Blick und eine Angst, die sich um ihre Eingeweide legte. Die morgendliche Übelkeit schien wieder aufzusteigen, obwohl es schon beinahe Mittag war. “Warum haben sie den Notstand verkündet?“


    Irgendwas musste passiert sein. Irgendwas schlimmes. Der letzte Notstand, der ausgerufen worden war, das musste bei den Wirren vor Dives Iulianus Thronbesteigung gewesen sein, zu der Zeit, als sein Vorgänger Traianus sich selbst das Leben genommen hatte und der Senat die Republik wieder kurzzeitig einführen hatte wollen. Ihr Vater hatte ihr nur Geschichten von seinem Vater erzählt, der damals noch ein junger Mann gewesen war. Das ganze lag zwei Lebzeiten zurück.
    “Ich weiß es nicht, Herrin, das haben sie nicht gesagt. Es wurde nur verboten, die Häuser zu verlassen oder Versammlungen abzuhalten. Wer dagegen verstößt, wird eingesperrt, sagen sie.“
    Der Griff um Axillas Magen schien sich zu verstärken, und während sie ängstlich überlegte, was wohl passiert war, legte sich eine Hand schützend auf ihren Bauch. Ihr Verstand malte tausend schreckliche Bilder. Hatte Salinator nun endgültig die Macht an sich gerissen? Sämtliche stadtrömischen Einheiten unterstanden ihm, der Sohn des Praefectus Vigilium würde bald Ädil sein. Terentius Cyprianus tat, was er sagte. Beim Gedanken an ihn wurde Axilla kalt. Und die Cohortes Urbanae? Die waren ihm schon sehr lange hörig.
    “Levi ist noch draußen unterwegs...“ verbalisierte sie einen der vielen Gedanken, die ihr in den Sinn kamen. Er hatte etwas abholen sollen. Axilla konnte sich im Moment nicht einmal richtig erinnern, was es gewesen war. Eine Kleinigkeit aus der Casa Iunia, nichts wichtiges. Wenn er jetzt festgenommen wurde, oder gar getötet...?
    “Er wird sicher bald zu Hause sein, Herrin“, versuchte der Sklave, sie etwas zu beruhigen. Aber wie konnte sie jetzt ruhig sein? Was, wenn es wirklich stimmte, dass es Salinator war? Dass er jetzt genug Männer positioniert hatte, um die Macht wirklich an sich zu reißen? Der Kaiser war ja so lange schon nicht da, was sollte der also dagegen tun? Und vielleicht konnte er das auch gar nicht mehr, weil ein Mann mit einer Klinge schon unterwegs war. Was hatte Salinator damals doch zu ihr gesagt, als er sie genommen hatte? Sie habe dem künftigen Kaiser Roms eine nette Freude bereitet. Axilla hatte den Worten damals nicht dieselbe Bedeutung zugemessen wie jetzt in diesem Moment.
    Oh Götter! Wenn es wirklich stimmte? Als Kaiser, wenn er den Senat tatsächlich auflösen sollte – denn dass er kein Freund von diesem war, war bekannt – hätte er unbegrenzte Macht. Würde sie dieser schwache Schild, den sie mit ihrem neuen Ehemann zwischen sich und ihn gebracht hatte, da auch weiter schützen? Auch wenn Salinator keine weiteren Anstalten gemacht hatte, sich ihr zu nähern. Vielleicht hatte er sie auch ganz vergessen. Aber war das sicher? Und war sie dann auch vor Terentius Cyprianus sicher, der Salinator ganz sicher auf den Imperatorenthron gehievt hatte mit seinen Schwarzröcken?
    Das erste, was man bei zu erwartenden Unruhen tun musste, war, die eigene Stellung zu sichern. Sie hatte ihrem Vater oft genug zugehört, wenn er berichtet, wenn er sie unterrichtet hatte. Und auch, wenn er mit seinen Freunden gesprochen hatte. Eigene Stellung sichern, Wall schließen, Ruhe bewahren. Sollten die anderen ruhig einen Angriff wagen, der an den eigenen Schilden zerschellen würde. Sie verloren Männer, zahlten den Blutzoll, während man selbst nur warten musste. Und dann, wenn man die nötige stärke hatte, rückte man vor und zerschlug den feind. Nicht eher. Und wenn Salinator Rom abriegeln ließ, dann war es genau das, was dieser jetzt tat.


    “Herrin? Du bist ganz blass?“ drang die Stimme des Sklaven an ihr Ohr. Axilla sah auf und versuchte, ihr Gemüt zu beruhigen. Es gelang ihr nicht ganz. Vielleicht red ich mir das alles auch nur ein... versuchte sie sich selbst zu sagen, doch auch das ging nicht so ganz.
    “Bitte... versuch doch rauszubekommen, was denn passiert ist. Ich will wissen, was los ist. Und... schick trotzdem jemanden zum Ludus Dacicus, Malachi holen. Ich will ihn jetzt hier haben. Und... wenn Levi kommt, soll er auch sofort zu mir kommen.“
    Der Sklave sah sehr unglücklich drein. Sehr unglücklich. Offensichtlich hatte er auch Angst, und vermutlich aus gutem Grund. Wenn Blut auf den Straßen zu erwarten war – was es bei einem Notstand war, sonst gäbe es die Anordnung nicht – dann verbarrikadierte man sich am besten hinter seiner Hauswand und hoffte, dass niemand versuchte, das Tor einzureißen. Dennoch antwortete er mit Ja, domina“ und wandte sich zum gehen.
    Erst, als er fast die Tür erreicht hatte, fiel Axilla etwas ein, was sie vergessen hatte. “Oh, und versucht, herauszufinden, wo mein Mann ist und wann er heimkommt.“
    Mit einem erneuten Ja, domina“ war der Sklave dann auch verschwunden und Axilla saß noch da, die Tafel in ihren Händen. Was sollte sie machen? Was konnte sie machen? Sie fühlte sich so verloren.

  • Ich war gerade leichten Schrittes zur Haustür reinspaziert als man mir schon berichtete das meine Gattin wohl in Sorge um mich war, ich grinste leicht und machte mich gleich auf den Weg zu ihrem Cubiculum. Eigentlich hatte ich vorgehabt einen kleinen Spaziergang zu machen Rom war gerade ausgesprochen schön für meine Begriffe ... der gemeine Pöbel kroch fast schon durch die schattigen Gassen um ja nicht gesehen zu werden, während ich leichten Hauptes die Straßen entlang ging ohne auch nur einen Gedanken an die Ausgangssperre zu verschwenden. Dieser Ausdruck in ihren Gesichtern ... Furcht und Ungewissheit eine Mischung die für wahr einen geradezu einmaligen Geschmack hatte ...


    *klopf**klopf*


    Ich trat auch gleich darauf ein ...


    "Ich hoffe du hast dir nicht wirklich Sorgen gemacht ... uns droht doch nun wirklich keine Gefahr! Oder versteckst du einen Kaisermörder im Schrank?"


    Ich lachte herzhaft ... es war wirklich ein ganz besonders guter Tag ...

  • Es dauerte STUNDEN, bis endlich etwas definitives zu Axilla vordrang. Imperiosus' Sklaven bemühten sich zwar, sie zu beruhigen, aber sie schafften es nicht wirklich. Unruhig wie ein eingesperrtes Tier lief sie in ihrem Cubiculum auf und ab, schrak bei jedem lauten Geräusch von der Straße her zusammen und legte schützend ihre Hand auf ihren Bauch. Noch war dort nichts zu sehen, aber es konnte nicht mehr allzu lange dauern, bis die erste Wölbung dort auch nach Außen deutlich verkündete, was sie seit einigen Monaten schon wusste.
    Schließlich war es Levi, der endlich von seinen Besorgungen zurückkehrte und damit Axilla von ihrer größten Sorge befreite. Schluchzend vor Erleichterung fiel sie ihrem jungen Sklaven um den Hals und weinte erst einmal eine Weile, ohne sich wirklich von den besorgten Sklaven um sie herum beruhigen zu lassen. Sie hätte sich niemals verziehen, wenn Levi etwas zugestoßen wäre, niemals. Nach Leanders Tod hatte sie sich immer und stets Vorwürfe gemacht, dass sie nicht diese Straße entlang hätte gehen sollen, dass sie bessere Wachen, geübte Kämpfer hätte mit sich führen sollen, dass sie einfach nicht so schrecklich naiv und dumm hätte sein dürfen. Dann wäre Leander am Leben geblieben. Es war ihre Schuld, dass der engste Vertraute, den sie in ihrem Leben seit langer Zeit gehabt hatte, tot war. Ihre ganz alleine. Und auch, wenn sie nichts für den Notstand konnte oder die Zustände auf den Straßen, sie hätte sich ebenso schuldig gefühlt bei Levi, einfach, weil sie ihn losgeschickt hatte und ihn nicht hatte beschützen können. Sie wollte nicht, dass noch jemand starb, den sie liebte. Nie mehr.


    Kurze Zeit später kam auch einer von Imperiosus' Sklaven, der Malachi mitbrachte, und so etwas wie ein wenig Sicherheit machte sich in Axillas Gemüt breit. Die Angst war noch da, aber sie war nicht mehr so schlimm. Malachi konnte kämpfen. Er würde sie beschützen. Bestimmt. Dennoch konnte Axilla nur hoffen, dass es genug war, flüsterte ihr die Angst doch beständig Bilder ein von bewaffneten Prätorianern, die hier doch eindrangen, allen voran der Terentier, der gekommen war, doch zu vollenden, was er vor langer Zeit einmal begonnen hatte.
    Doch insgesamt konnte sie sich ein wenig beruhigen und saß so zwar blass aber ansonsten doch gefasst da, als auch die ersten Gerüchte zu ihr vordrangen. Der Kaiser war tot, so der Grundtenor. Wie und warum, das konnte ihr keiner sagen, aber darin waren sich wohl die Spatzen auf den Dächern einig, dass er tot war. Seiana hatte sogar einen Boten geschickt, der ihr mitteilen sollte, dass sie darüber Nachforschungen anstellen ließ. Auch wenn Axilla nicht wusste, was sie da machen sollte, außer Imperiosus fragen, wenn er heim kam. Was sie so oder so tun würde, was aber nicht hieß, dass sie danach sofort zur Acta rennen und Meldung erstatten würde. Vielleicht wusste ihr Mann ja etwas, immerhin war er Klient von Salinator. Welcher ebenfalls nach den Gerüchten wohl die Macht an sich reißen wollte oder gerissen hatte oder auch schon Kaiser war, je nachdem, wem man glaubte. Axilla würde ihren Mann fragen müssen.


    Und doch war es nicht er, nach dem sie sich sehnte. Den sie jetzt bei sich haben wollte, damit er sie tröstete. Ihr Blick glitt mit jeder neuen Meldung wieder auf die versiegelte Tafel und ihr Herz wurde dabei ganz schwer. Als schließlich nichts neues mehr kam, schickte sie alle Sklaven wieder hinaus, außer Levi und Malachi, die durften bleiben.
    Noch einmal sah sie auf die Holzoberfläche der zusammengeklappten Wachstafel, und schließlich griff sie danach und brach das vorhin noch mit soviel Selbstbeherrschung angebrachte Siegel, um die Tafel erneut aufzuklappen. Sorgfältig löschte sie den letzten Satz mit dem Runden Ende ihres Stylus, schmierte noch ein wenig mit ihrem Daumen darüber, um die Oberfläche wirklich zu glätten, und fügte einige Zeilen an.



    Vala,


    es freut mich, dass du wohlbehalten in Ägypten angekommen bist.


    Ich bin inzwischen verheiratet. Gaius Pompeius Imperiosus ist s[/strike]ein guter Ehemann, Ritter und Procurator. Ich weiß aber nicht, wie er über einen ausgedehnten Briefwechsel zwischen mir und dir denken würde. Daher weiß ich nicht, ob ich dir oft schreiben kann.
    Und es gibt noch etwas, das ich dir sagen muss. Ich trage ein Kind. Dein[/strike] Ich muss jetzt an sein Wohl denken.


    An dieser Stelle wollte ich enden und dir alles Gute wünschen, aber es ist etwas passiert. Ich weiß nichts genaues, aber der Kaiser ist tot. Ermordet, heißt es auf den Straßen. Und der Notstand wurde ausgerufen. Vala, ich habe Angst. Ich hab große Angst. Ich weiß nicht, was hier passiert, aber die Straßen riechen nach Blut. Es heißt, Vescularius hätte nun die Macht des Kaiserthrones.
    Ich weiß nicht, was hier in den nächsten Tagen passiert, oder schon passiert ist, wenn dich dieses Schreiben erreicht. Aber ich fürchte mich vor diesem Mann. Ich habe kein Recht, dir das zu schreiben, das weiß ich. Und doch[/strike]


    Ich bete, dass dich diese Nachricht wohlbehalten erreicht und wir uns wiedersehen


    Axilla




    Axilla las noch einmal über die Zeilen und drückte ihr Siegel in das Wachs. Mit einem flauen Gefühl im Magen schlug sie die Tafel zu und drückte sie einmal an sich mit geschlossenen Augen, als könne sie so die ganzen Gefühle in ihr in dieses kleine Utensil übertragen. Sie atmete noch einmal tief durch und versiegelte die tafel schließlich wieder mit Wachs.
    “Levi?“ Selbst in ihren Ohren klang es unsicher.
    “Ja, Domina?“ fragte der Sklave zurück, den der Tonfall seiner Herrin schon hellhörig machte.
    “Kennst du... Kennst du einen Weg, sicher aus der Stadt zu gelangen? Ohne... also, ohne dich in Gefahr zu begeben? Ich meine, also wirklich sicher, und...“
    “Domina, ich weiß nicht, ob du das mit deinem Mann besser besprechen solltest, wenn du gehen willst. Und wo willst du denn hin?“
    Verwirrt blinzelte Axilla auf und sah Levi einen Moment verständnislos an, ehe sie begriff. Ich? Nein, nicht ich. Ich... muss hier bleiben... glaube ich.“ Sie wusste es nicht. Vielleicht schickte Imperiosus sie ja auch weg? Vielleicht musste sie nicht hier in Rom bleiben, solange es so gefährlich war. Nur... wohin sollte er sie schon schicken? Er hatte keinen Landbesitz. “Ich... ich... also, wenn es ungefährlich für dich ist, dann... dann will ich, dass du nach Alexandria gehst und... und den Brief überbringst. Ich will, dass du in Ostia eine Überfahrt kaufst und... diesen Brief überbringst.“
    Jetzt war es Levi, der erst einmal baff war und nichts sagte. Eine ganze Zeit lang. Er stand nur da, noch sprachloser als seine Herrin, und schaute diese fragend und überrascht an. Axilla konnte sich vorstellen, was in ihm vorging. Zum einen natürlich die Sorge um die Gefahren dieser Reise, vielleicht auch Sorgen um Axilla. Und auf der anderen Seite war Alexandria Levis Heimat. Dort war er geboren und aufgewachsen in der Villa Iunia. Dort lebte seine Mutter. Dort war die Tochter der Köchin, in die Levi vor Jahren verliebt gewesen war, ehe sie ihn mitgenommen hatte nach Rom. Eigentlich hatte es nur eine Reise für ein paar Monate werden sollen, aber jetzt waren es Jahre. Axilla konnte sich vorstellen, was es ihrem Sklaven bedeutete, wieder nach Alexandria zu gehen. Was auch ein Grund war, warum sie ihn darum bat.
    Als Levi nach einiger Zeit noch immer nichts sagte, fragte sie also wieder: “Also, kennst du einen Weg? Der auch wirklich dich nicht in Gefahr bringt?“
    Levi zögerte einen Moment, ehe er antwortete. “Ja, Domina. Ich kann nach Ostia gehen. Auf einen Sklaven achtet kaum einer. Das geht.“


    Stumm hielt Axilla ihm die Tafel hin und wartete, dass er sie genommen hatte. “Ich setz auch noch ein Schrieben an den Maiordomus in Alexandria auf und für meine Farbmischerei, die du mitnehmen musst. Aber das hier gibst du bitte bei Titus Duccius Vala ab, er wohnt in Nikopolis. Und du nimmst dir das Geld, was du brauchst, aus der Truhe.“
    “Ja, Domina“, kam wieder die einfache Antwort, mit der Levi entschwand, um sich auf die Reise vorzubereiten. Und Axilla saß da mit dem schrecklichen Gefühl, etwas falsches getan zu haben. Aber wenigstens Levi wollte sie in Sicherheit bringen, wenn sie sonst schon nichts tun konnte. Und sie wollte, dass Vala wusste, wie sie fühlte.

  • Da stand er. Und scherzte. Axilla hatte gerade die Schreiben, die sie noch versenden wollte, vollendet, als er einfach in der Tür stand und scherzte. Sie war beinahe gestorben vor Angst und er scherzte!
    “Das ist nicht witzig“, schnappte sie nach einem Moment fast hysterisch und setzte sich aufgewühlt auf ihr Bett, zog in einer selbstbeschützenden Geste die Beine ran, die sie auch gleich mit ihren Armen fest umschlang. “Hast du gehört, was die Leute sagen? Der Kaiser ist tot, und... und... Vescularius... er...“ Axilla hasste ihre Schwangerschaft in Momenten wie diesen. Sie wäre so gern gefasst und ruhig, aber nur der Hauch eines Gedankens an die Gefahr, die ihrem Kind drohte, und irgend etwas in ihr schlug um sich wie ein wildes Tier und machte sie ganz durcheinander. Und so ängstlich, wie sie es sonst von sich gar nicht kannte. Aber im Moment erschreckte sie sich schon vor ihrem eigenen Schatten.
    Sie fing an, zu weinen, und hasste sich selbst noch mehr für diese fürchterliche und beschämende Schwäche. Das war fast schlimmer als die ganzen anderen fehler, die sie in ihrem Leben gemacht hatte. “Und ist es wahr?“ versuchte sie, so etwas wie Würde zurückzuerlangen und sich zusammenzureißen. Was aufgrund ihrer verweinten Augen nicht wirklich überzeugend sein dürfte, vor allem, da sie allein bei der Frage schon die Beine näher an sich ranzog. “Was passiert denn jetzt?“

  • Kaum das ich ihr trauriges Gesicht und ihre Haltung sah schämte ich mich schon fast für den Scherz den ich mir soeben gegönnt hatte, als sie auch noch zu weinen begann konnte ich nichtmehr anders und setzte mich zu ihr aufs Bett und umarmte sie, so das sie ihren Kopf auf meine Schulter legen konnte ...


    "Axilla, hab keine Angst! Dir wird nichts geschehen. Ich bin ja jetzt hier und so bald geh ich auch nirgendwo hin!"


    Es sei denn ich bekam überaschender Weise doch noch einen Auftrag ...


    "Der Kaiser mag tot sein, aber das ändert doch nichts! Er hat doch schon seit Monaten an seiner Krankheit gelitten und seit Jahren schränkt sie ihn ein! Ich bin sein personifiziertes Gedächtnis und hab ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen ... nun kann jemand diese Stelle ausfüllen der sich ihr auch richtig widmen kann!"


    Das ich natürlich davon ausging, dass das mein Patron sein würde, empfand ich nicht als erwähnenswert wer sonst könnte schließlich die entstandene Lücke füllen ohne das sofort ein Bürgerkrieg ausbrach ...

  • Sie wollte ihn wegstoßen. Sie wollte wütend auf ihn sein. Wollte ihn strafen für seinen Scherz, der ihr in ihrer Angst besonders makaber vorkam. Wollte ihn anfauchen und wegknurren wie ein Tier.
    Aber sie tat nichts davon. Stattdessen flüchtete sie fast wie ein Kind in seine Umarmung, kuschelte sich dicht an ihn und legte ihre Beine über seine, so dass sie fast auf seinem Schoß zu sitzen kam. Sie schmiegte sich einfach an ihn und schöpfte Kraft aus seiner ruhigen Haltung. Keine Angst haben... in Sicherheit sein... es hörte sich gut an, und Axilla wollte es gern glauben. Nur konnte sie es nicht. Nicht ganz. Wie sollte sie sicher sein, wenn der Kaiser tot war und Salinator vielleicht der nächste sein würde? War sie als Imperiosus Frau wirklich sicher? Als PU hatte er vielleicht nicht dem Procurator a Memoriam in die Quere kommen wollen, da er ihn noch brauchte. Aber als Imperator? Hatte er sie wirklich vergessen, oder war sie ihm schlicht nicht wichtig genug gewesen, oder musste sie Angst haben?
    “Der sich richtig widmen kann?“ fragte Axilla schwach nach und sah Imperiosus an. Er schien nicht unglücklich zu sein über den Tod des Kaisers. “Du meinst Vescularius, nicht? Deinen Patron? Wird.. wird er denn Kaiser? Was ist mit Ulpius Maioranus, oder Aelius Quarto? Und.. der Notstand. Wie lang... und wieso wurde er ausgerufen?“ Vielleicht war ja alles doch nicht so schlimm und sie benahm sich nur hysterisch wegen diesen furchtbaren Gemütsschwankungen, die sie grade durchschüttelten. Vielleicht würde ja alles halb so schrecklich, wie ihre Angst ihr einreden wollte. Vielleicht.

  • Meine hübsche Frau schien mir fast schon mehr davon zu verstehen als ich, zumindest war ich überrascht als sie nach den Verwandten des Kaisers fragte, fast tat es mir schonwieder Leid ihr die schlimmen Nachrichten zu verkünden ... immerhin war Maioranus Tod der einzige den auch ich als tragisch bzw. ungünstig empfand ...


    "Ich hoffe das er es wird, so bliebe der größte Teil der Macht da wo sie ist und ein Bürgerkrieg wäre unwahrscheinlich! Maioranus? Nun er teilt das Schicksal seines Vaters, wer auch immer dafür verantwortlich ist mochte die Ulpier nicht besonders! Was allerdings den Aelier angeht, weiß ich garnichts ... ich bin mir nichtmal sicher ob er überhaupt in der Stadt ist! Und hör auf dir Sorgen zu machen, wir sind hier sicher und ich habe genug Lebensmittel um uns einen Monat hier zu versorgen ... und so lange wird es sicher nicht dauern! Sicher suchen sie die Verschwörer die den Mord in Auftrag gegeben haben, sie werden Türen eintreten und Leute anschreien und nach ein zwei Wochen herscht wieder Ruhe!"


    Überzeugt war ich selbst zwar auch nicht ganz, aber im Moment staunte ich mehr über Axilla ... irgendwie hatte ich das Gefühl sie sei etwas .. "fülliger" geworden. Aber ich wollte lieber nichts sagen immerhin war sie auch so schon aufgekratzt genug ...

  • Als Imperiosus sprach, fing Axilla ganz leicht an, zu zittern. Natürlich wusste sie, wie nah er seinem Patron war und dass er diesen trotz dessen Art irgendwie zu mögen schien. Axilla wusste nicht warum, andererseits hatte sie auch kein Bedürfnis, ihn ausgerechnet nach dem Vescularier fragen. Solange sie gar nicht an den Mann dachte, ging es ihr besser. Auch wenn das meistens nicht allzu lange klappte und im Moment eher so gar nicht.
    Aber die Nachricht, dass dieser Mann wohl tatsächlich der neue Kaiser würde, die machte Axilla Angst. Mehr als nur Angst. Es fühlte sich an, als würden ihre Eingeweide sich um ihren Magen schlingen und sich dabei mehrfach so sehr verknoten, dass selbst ein Alexander vor dieser Art gordischem Knoten hätte kapitulieren müssen. Auch wenn es eigentlich kaum möglich war in dieser Lage, zog Axilla ihre Beine noch ein bisschen weiter an in einem selbstbeschützenden Impuls.
    “Aber... wer sollte Ulpius Maioranus töten? Ich meine... ich...“ Und ganz plötzlich und gerade bei der jetzigen Konstellation fiel Axilla einer ein, der Grund hätte, den Sohn umzubringen. Vielleicht nicht den Vater, aber ganz sicher den Sohn. Die Schlingen um ihren Magen zogen sich heftiger zusammen.
    Und während Imperiosus fortfuhr und von eingetretenen Türen redete, wurde das Gefühl wirklich nicht besser. Wer sagte denn, dass nicht ihre Tür eingetreten wurde, oder die in der Casa Iunia? Gut, Seneca war Prätorianer, da würde er wohl kaum seine eigene Haustür eintreten. Aber wer sagte, dass der Terentius die Gunst der Stunde nicht nutzte, ohne dass ihr Vetter etwas davon mitbekam?
    Sie krallte sich geradezu an ihren Mann, als die Vorstellungen, was alles passieren könnte, überhand nahmen. “Ich will nicht hier bleiben“, gestand Axilla flüsternd und legte eine Hand auf ihren Bauch. “Was, wenn nicht in zwei Wochen Ruhe ist. Ich meine... Vescularius, er... als Kaiser, er... ich hab Angst, Imperiosus. Ich meine... kann ich nicht irgendwo hingehen, wo es sicherer ist?“ Noch immer hatte sie ihre Hand auf ihrem Bauch. Sie hatte Imperiosus zwar nicht gesagt, dass sie schwanger war, aber sie war der felsenfesten Überzeugung, dass er es wusste, nachdem sie sich schon seit ihrer Hochzeit jeden Morgen übergab und wohl jeden einzelnen Sklaven mit ihrem Heißhunger auf Oliven und salzig eingelegtes Gemüse schon belästigt hatte. So dumm war ihr Mann ja nicht, das dann nicht zu wissen. Noch dazu, wo sie in den Monaten seit ihrer Hochzeit auch nicht geblutet hatte und viel Zeit nachts mit ihrem Ehemann zu verbringen pflegte.

  • In diesem Moment wurde mir wiedereinmal bewusst das es so einige Dinge gab über die ich nicht so gut Bescheid wusste wie der gewöhnliche Bürger und obwohl mich das sonst stets nur zornig machte, hatte ich diesmal auch das Bedürfnis diesen Umstand zu ändern ... Axilla hatte Angst obwohl ich beteuert hatte das alles gut war, irgendetwas schien ihr nicht zu behagen an dem Gedanken das Salinator Kaiser wurde ... sicher der Mann war nicht unbedingt der Puplikums Liebling aber er hatte Rom auch nicht in den Ruin geführt ... gebürtige und "rechtmäßige" Kaiser hatten schon mit wesentlich Mehr, wesentlich Weniger bewerkstelligt.


    "Aber du brauchst keine Angst zu haben Axilla, mit ihm als Kaiser wird es keiner wagen dich auch nur auf die falsche Weise anzusehen! Nichteinmal seine Feinde könnten es sich leisten uns Schaden zu wollen, wer auch immer der neue Kaiser werden will braucht die Kanzlei, braucht mich! Ohne mich keine Kanzlei und ohne Kanzlei kein Imperium das man regieren könnte! Ich werde nicht zulassen das dir etwas passiert, wenn du möchtest lasse ich Seneca herkommen damit er uns Gesellschaft leistet. Wem könntest du mehr vertrauen?!"

  • “Und was ist, wenn ER mich ansieht?“, entfuhr es Axilla noch immer aufgewühlt. Denn das war es, was sie am meisten fürchtete. Das und ihre Furcht vor Terentius Cyprianus, dem sie durchaus zutraute, die Notwendigkeit der kaiserlichen Kanzlei etwas anders zu sehen.
    Kaum eine Sekunde später tat es ihr schon fast leid, dass es ihr rausgerutscht war. Verlegen sah sie beiseite und stützte ihre Stirn mit der Hand, weil sie das Gefühl hatte, einige Gedanken wollten daraus hervorbrechen. Warum konnte Imperiosus das nicht einfach verstehen und sie wegschicken? So viele schlichen jetzt bestimmt so schnell wie möglich aufs Land, um dem Treiben in Rom zu entkommen und schlicht abzuwarten, bis die Lage sich geklärt hatte. Vor allem die Wohlhabenden würden sich zurückziehen und Rom sich selbst überlassen. Was wäre also dabei, wenn auch Axilla gehen würde? Gut, Imperiosus hatte keinen Landsitz, aber sie wollte ja auch gar nicht zu ihm aufs Land. Sie wollte heim. Am liebsten wollte sie heim. Nach Tarraco, auch wenn dort ihr Zuhause schon lange nicht mehr war. Oder nach Ägypten. Zu Vala... ja... das wäre auch eine Möglichkeit, die ihr Herz sich aber nicht zu ersehnen traute.


    “Du weißt ja gar nicht, was er... er...“ Axilla wollte es Imperiosus ja gerne sagen, aber sie konnte es nicht. Nach Recht und Gesetz hätte sie sich als ehrenvolle Frau umbringen sollen. Entweder das, oder aber eingestehen, dass sie mit Salinator hatte schlafen wollen, dass sie sich verführen hatte lassen – oder nach dem Recht sogar ihn verführt habe – und dass sie es genossen hatte. Aber beides konnte sie nicht. Also blieb nur das Schweigen.
    “Ich hab Angst vor ihm... Auch wenn er dein Patron ist. Und... und... „ Es war zum Verzweifeln! Warum musste sie hier sein? Und Seneca? Konnte sie das wirklich fordern? Wenn er da wäre, wäre sie ruhiger. Bestimmt. Er wusste ja, was passiert war. Sie hatte es ihm gesagt. Aber sie konnte ihn doch nicht jetzt zu sich rufen!
    “Seneca hat... bestimmt viel zu tun und.. das ist wichtig für ihn. Für seine Karriere. Damit er Ritter wird und... ich kann ihn jetzt nicht hier halten.“
    Wem konnte sie mehr trauen als Seneca? Niemandem. Vala. Oder auch nicht. Imperiosus? Axilla wusste es nicht. “Er kann nicht hier bei mir bleiben. Das ist zu wichtig für ihn, dass er... tut, was Terentius Cyprianus von ihm will.“ Seneca war der Papierschild, den Axilla zwischen ihr und dem Terentier hatte. Der einzige Schild, den sie da hatte. Und die Sache war wirklich viel zu wichtig, als dass sie ihn davon abziehen lassen könnte. Er war wichtiger als sie.

  • Ich sah Axilla entgeistert an, sie hatte Angst vor meinem Patron .. warum? Warum glaubte sie nicht das ich sie beschützen konnte ... oder zweifelte sie gar daran das ich es tun würde ... ich stand vom Bett auf und entfernte mich ein paar Schritte .. ihr den Rücken zugewandt ... ich hatte mein Leben lang nie wirklich jemandem ganz vertraut, ausser Axilla ... nungut das war natürlich gelogen, ich traute ihr auch kaum weiter als ich sie werfen konnte, aber das war weit mehr Vertrauen als ich den meisten meiner "Freunde" entgegenbrachte oder etwa meinem Patron. Ich war nicht dumm, ich wusste das Salinator sich meiner entledigen würde wenn ich mehr Gefahr als Nutzen hatte, aber gerade deswegen wahr ich ja auch stets darauf bedacht "nützlich" zu sein ... und gerade jetzt war er nun wirklich auf mich angewiesen ... aber was war mit Axilla ...


    "Axilla .. wie kannst du Angst vor ihm haben? Was hat er dir angetan das du ihn fürchtest? ... Und mach dir keine Sorgen wegen Seneca, persöhnlich angefordert für den Schutz eines Prokurators der Kaiserlichen Kanzlei ist kaum eine negative Zeile in einer Akte und glaub mir, ich mache diese Akten ich weiß worauf es dabei ankommt! Ich sorge dafür das du, er und ich hier sicher sind! Und dann verleihe ich ihm noch einen Orden dafür, oder glaubst du das die alternativen Aufträge zur Zeit so viel sicherer sind? ... Lass ihn bei der falschen Verhaftung den Lieblingslustsklaven eines Senators zu hart anfassen und er bleibt sein Leben lang einfacher Soldat, das kommt öfter vor als du glaubst!"


    Ich musste es wissen, immerhin sorgte ich dafür das die entsprechenden Eintragungen in Akten vorgenommen wurden, der einzige Unterschied zwischen einer Heldentat und einer krankhaften Neigung zu Gewalt war die Bewegung die meine Hand vollführte während ich eine Akte bearbeitete ...

  • Als Imperiosus sich von ihr befreite und aufstand, fühlte sich Axilla ganz elend. Einsam, vollkommen einsam. Sie wollte jetzt doch nicht allein sein, schon gar nicht, wenn ihr Mann böse auf sie war. Sie wollte doch diesmal in ihrer Ehe alles richtig machen! Und genau deshalb konnte sie ihm auch un-mög-lich sagen, was Salinator ihr getan hatte. Er würde das nicht verstehen. Damit würde sie alles kaputt machen, noch bevor es richtig angefangen hatte.
    Axilla stand auch auf, mit linkisch wirkenden Bewegungen, und tappste hinter Imperiosus. Sie hob ihre Hand an und zögerte kurz, ihn wirklich zu berühren, kurz zuckte ihr Körper in seine Richtung, hielt dann inne, ehe sie ihn von hinten leicht umarmte und ihren Körper an seinen schmiegte. “Es tut mir leid“ flüsterte sie eine Entschuldigung, auch wenn sie gar nicht wusste, was ihr leid tun sollte. Aber sie war sich sicher, dass sie sich entschuldigen sollte. Und Seneca helfen. “Du musst Seneca nicht extra hierher beordern lassen. Ich... es geht schon. Ich bin nur grade sehr durcheinander. Das Kind und das alles... und der Tod des Kaisers... entschuldige bitte.“ Sie kuschelte sich noch weiter an Imperiosus, wusste genau um die Wirkung, die das haben mochte, wenn sie ihn so hielt und langsam über seine Brust fuhr. Sie wusste, dass Imperiosus sie hübsch fand. Und auch, wenn sich das schlechte Gewissen in ihr regte und sie jetzt auch sicher nicht in Stimmung war, mit ihrem Mann intim zu werden, so sagte sie sich einfach, dass es zum Besten für ihre Familie war. Und sie wollte ja wirklich, dass Imperiosus nicht mehr böse auf sie war. “Eine Phalera oder so kannst du natürlich trotzdem gern an ihn verleihen...“ murmelte sie weiter und fuhr kraulend weiter über seine Tunika.

  • Kaum das ich mir ihrer Berührung gewahr wurde war aller Ärger verflogen, ich konnte ihr unmöglich böse sein ... allein der Gedanke an ihre Gegenwart lies mich ruhiger schlafen und ihr Anblick fazinierte mich auf eine mir unheimliche Art und Weise ... ich wand mich zu ihr um, die Umarmung zu erwiedern war meine Intention doch ihre Worte ließne mich inne halten ...


    "Kind? Welches Kind?"


    Und in just diesem Moment begriff ich die Zusammenhänge und verfluchte mich bereits innerlich für meine eigene Dummheit, wie konnte ich die Symptome bemerken ohne die Konsequenz zu schlussfolgern? ... Wie konnte ich meine schwangere Frau in solch gefährlichen Zeiten auch nur einen Moment aus den Augen lassen ... Seneca's Karriere wurde soeben noch zweitrangiger als zuvor ... sie war buchstäblich in den "ignorierten Bereich" gewandert ...


    "Wie? Woher .. Ich .. entschuldige ich bin etwas überrascht, obwohl ich es wahrscheinlich nicht sein sollte! Die Götter müssen uns wirklich wohlgesonnen sein wenn sie uns schon so früh mit einem Kind segnen!"

  • Er wusste es nicht? Axilla hatte es ganz fest angenommen, dass er inzwischen wusste, dass sie schwanger war, oder dass einer der Sklaven es ihm gesagt hatte, wenn er schon nicht von allein drauf gekommen wäre. Natürlich wussten Männer nicht allzu viel von der ganzen Sache. Axilla selber wusste ja auch nicht wirklich etwas davon. Das Kind von Archias hatte sie verloren, als sie etwa gleich lang schwanger gewesen war. Vielleicht ein paar Wochen mehr. Von Geburt und all dem wusste sie erschreckend wenig für eine Frau. Aber wie sollte sie auch, so ganz ohne Geschwister?
    Aber trotzdem hatte sie gedacht, dass Imperiosus sich zumindest soviel hätte denken können, dass die ganze Kotzerei und das Ausbleiben ihrer Blutungen eine Schwangerschaft bedeuten könnten. “Naja, mein Kind...“ meinte sie kleinlaut mit Blick auf ihren Bauch. Sie vermied es, zu sagen, es wäre sein Kind, denn das wäre eine Lüge. Und so direkt belügen wollte sie ihn nicht. Wenn er dachte, dass es von ihm war, war das schon Lüge genug, indem sie ihm nicht die Wahrheit sagte. Aber sie musste es ihm bei aller Wahrheitsliebe ja auch nicht auf die Nase binden und damit ihr Kind, Valas Kind, dem sicheren Tod überantworten. Wenn Imperiosus sie nicht sofort auf die Straße setzte, würde er es mit Sicherheit mit dem Kind so machen, sobald es geboren war, und sie würde NICHTS dagegen unternehmen können.
    “Und... ich weiß, ich hätte erst später... Anzeichen zeigen sollen. Aber wenn man schon vor der Hochzeit... ich meine... das kann ja passieren...“ Wieder eine ganz gefährliche Halbwahrheit, aber wenn das Kind nur etwas mehr als ein halbes Jahr nach ihrer Hochzeit zur Welt kommen würde, musste Imperiosus sich ja etwas denken. Sofern er nicht bezüglich der Dauer einer Schwangerschaft auch so blind war wie bei ihren Anzeichen. Sie sah noch immer nicht auf beim sprechen, sondern stur auf einen Punkt etwas vor ihren Fußspitzen. Sie konnte ihm diese Gedanken nicht eingeben, wenn sie ihn dabei so direkt ansah.
    Dass er sich eigentlich freute, bekam sie so gar nicht richtig mit. Erst, als ihr Blick doch fragend kurz nach oben ging, bemerkte sie, dass er nicht übermäßig ärgerlich wirkte, sondern sich wirklich zu freuen schien. “Du freust dich doch, oder?“ fragte sie dennoch einmal leise nach und kaute sich nervös auf ihrer Unterlippe herum, während sie auf die Antwort wartete, die das weitere Schicksal dieses Kindes entscheiden konnte.

  • "Ob ich mich freue? Ha! Natürlich, wer würde sich nicht über einen solchen Segen freuen. Es tut mir nur Leid das es mir nicht früher aufgefallen ist! Aber das liegt wahrscheinlich daran das ich stets so von deiner Schönheit geblendet bin das ich solcherlei Kleinigkeiten kaum sehe!"


    Die Schmeichelei ging mir jetzt ganz besonders einfach über die Lippen, ich war ehrlich begeistert. Mein erstes Kind, der Beginn meiner eigenen Dynastie ... meiner eigenen Familie. Ein Sohn, klug und stark um die Ziele seines Vaters fortzusetzen oder eine Tochter .. schön wie ihre Mutter, die den Weg für eine weitere profitable Heirat ebnet ... ich träumte kurz vom effektiven Potential meiner Kinder und sah dann wieder zu Axilla ...


    "Weiß Seneca schon davon? Sicher wird es ihn freuen zu höhren das er bald .. nunja äh Großcousin!? wird."


    Ich nahm Axilla in den Arm und küsste sie, die sich daraus eröffnenden Möglichkeiten machten mich glücklich ... zur Zeit war ich wirklich nur von Glück umgeben wie es schien, nichts und niemand konnte mir etwas anhaben ... zumindest fühlte ich mich gerade so ...

  • Die Erleichterung, die über Axilla hinwegschwappte, manifestierte sich in einem sehr erleichterten Seufzer, als sie sich von Imperiosus einfach an sich ziehen ließ und sich küssen ließ. Auch, wenn es falsch war, so war doch Valas Kind jetzt erst einmal sicher. Es würde nicht blutig und frierend auf dem nächsten Komposthaufen abgelegt werden, um entweder zu erfrieren, von einem streunenden Hund gefressen oder von einem Fremden mitgenommen zu werden. Und so sehr sie sich auch schuldig gegenüber ihrem Mann fühlte, sie sagte sich, dass sie auch eine gewisse Verantwortung gegen dieses Kind hatte. Mehr als das. Das Kind von Archias war ein Unfall gewesen. Sie hatte es nicht wirklich gewollt, selbst, als er sie geheiratet hatte. Sie hatte den Aelier gern gehabt, sehr gern sogar, aber nicht so sehr, dass sie unbedingt seine Kinder hatte bekommen wollen. Schon gar nicht damals in Ägypten, als das ganze passiert war. Aber bei Vala war es anders. Sie wollte nicht, dass sein Kind, ihrer beider Kind, sterben müsste für die Ehre. Und die Familienehre war das einzige, was Axilla noch wichtiger wäre. Und nun konnte sie beides haben, und die Erleichterung darüber löschte sogar fast die Angst wegen der restlichen Situation, der Ausgangssperre und der ungewissen Zukunft aus.
    “Nein, Seneca weiß noch nichts davon. Ich wollt es ihm persönlich sagen, wenn... also, wenn das hier vorbei ist und er richtig Zeit hat. Wenn... der neue Kaiser im Amt ist und es wieder sicher ist. Ich will nicht, dass er sich Sorgen macht deswegen.“
    Axilla blieb noch in Imperiosus Armen und kuschelte sich etwas näher an ihn, genoss die Nähe und das Gefühl, doch wieder ein Stückchen Sicherheit in ihr Leben gebracht zu haben. Auch wenn es nur ein kleines bisschen angesichts des großen Chaos war.
    “Und... Vescularius, also... ist er der neue Kaiser?“ griff sie dann dennoch das alte Thema noch einmal auf. Und sie betete, dass Imperiosus jetzt 'nein' antworten würde, so dass ihr wenigstens noch ein bisschen Hoffnung blieb.

  • Ich plante bereits Seneca von den momentanen Aufgaben abziehen zu lassen, aber Axillas Frage brachte mich dann doch wieder ins Hier und Jetzt ... War der alte Vescularier jetzt schon Kaiser? Eigentlich sah alles ganz danach aus, aber fest stand noch garnichts ... es konnte jederzeit ein anderer Mann mit Geld und Macht aufstehen und selbst die Spitze der Pyramide für sich fordern das wäre immerhin nicht das erste Mal ...


    "Das ist noch nicht sicher, wer weiß ob nicht jemand bereits plant seinen Anspruch anzufechten ... das ganze braucht Zeit, aber wer auch immer den Kaiser ermorden lassen hat wird sicher nun versuchen auch Salinator aus dem Weg zu räumen!"

  • Irgendwie zweifelte Axilla daran, dass Salinator Selbstmord begehen würde, jetzt, wo er doch so nah daran war, wirklich Kaiser zu sein und nicht nur wie einer mit vierundzwanzig Liktoren irgendwo zu erscheinen und den Senat herumzukommandieren. Aber das sagte sie ihrem Mann lieber nicht. Aus einem ihr unerfindlichen Grund schien er Salinator wirklich zu mögen, und sie wollte nicht, dass er sie noch einmal fragte, warum sie vor Salinator Angst hatte.
    “Achso“, machte sie nur leise und hoffte, dass ihr Mann die Erleichterung in ihrer Stimme nicht hörte. Denn ein klein wenig Hoffnung blieb, dass Imperiosus mit einer Sache doch recht hatte. Vielleicht nutzte wirklich jemand die Gunst der Stunde und versuchte, Salinator aus dem Weg zu räumen. Und vielleicht hatte er Erfolg? Axilla konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand schlimmer oder weniger geeignet sein konnte. Zumindest für sie wäre wohl kein anderer so gefährlich wie der Vescularier.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!