Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da

  • Leise vor mich hinpfeifend trat ich in den Palmenhain. Eine aufgescheuchte Taube gurrte, oben in den Wipfeln, und unter meinen Füßen knisterten trockene Blätter. Das Gespann hatte ich in Ravdusharas Obhut zurückgelassen, im tiefen Schatten hinter der Baumgruppe.
    Ein erwartungsvolles Kribbeln breitete sich in mir aus, während ich wartete, an eine Palme gelehnt, die Straße im Blick. Sie kam schnurgerade die Küste entlang von Nikopolis her... Das nahe Meer lag dunkel und schweigend, doch schon bald schob sich der Rand der Mondscheibe über den Horizont.
    Vollmond war heute! Perfekt für ein romantisches Stelldichein.... Ein zartschimmernder Lichthauch überzog die Meeresoberfläche, wurde heller, als die bleiche Scheibe immer höher stieg, bis sich schließlich eine glänzende Straße aus Silberlicht auf dem Wasser abzeichnete. Wie schön! Wenn ich ihr doch folgen könnte... wohin würde sie mich führen...


    Ich war ein wenig berauscht, und darum ganz besonders empfänglich für dieses herrliche Schauspiel.... also, nicht sehr berauscht, nur so ein bisschen - beschwingt, frei von Schmerzen, Sorge oder Bedauern... schließlich wollte ich dieses Treffen nicht mit irgendwelchen Mißstimmungen belasten. Nein, das wäre wirklich nicht in Ordnung gewesen! Der wunderschöne und wunderbare Mann, den ich zum Rendezvous geladen hatte – er würde doch kommen... ja doch, ganz bestimmt... - er verdiente es, dass ich mit den Gedanken ganz bei ihm war.
    Zwar war ich noch immer nicht wiederhergestellt, aber ich war es so leid, schwach und schmerzgebeugt zu sein! Ich wollte wieder... spüren wie das Leben durch meine Adern pulste, wollte Leidenschaft und diesen... ja, genau diesen aufregenden heißen Schauer, der mich jetzt durchlief, als ich in der Ferne eine Gestalt auf der Straße erspähen konnte...

  • Die prüfenden Blicke von Tempsanus, sein zufriedenes Grunsen und die alles Hektische in Frage stellende Ruhe, die er besaß, bestätigten, dass alles so in Ordnung war. Weihrauch, Wein und ein paar Datteln hatte ich mitgenommen.


    Meine Schritte knirschten auf dem Sand. Das Meer schickte unablässig kleine Wellenkämme an den Strand. Das stetige anschwellende und wieder abklingende Rauschen gab der Szenerie etwas beruhigendes. Der Mond schien heute besonders hell, warf Schatten. Das war auch der einzige Begleiter, seit ich einen Fuß auf die Straße nach Taposiros gesetzt hatte. Die Pteruges an meinem cingulum militare schlugen den Takt meines Schrittes an. Das gleichmäßige Klirren war in dieser Nacht weit zu hören. Mein Paenula hatte ich vorsorglich angelegt, es wurde Nachts kalt in der Wüste. Hier in der Nähe des Meeres weniger, frieren wollte dennoch ich nicht. Meine Gedanken eilten zurück , das unbeschwerte erste Aufeinander Treffen in der Wüste. Mit heute würde es nicht gleich zu setzen sein. Die Zeit, die Wüste, alles hatte Einfluss genommen, geändert, Zweifel aufkommen lassen, wieder verworfen. Er hatte sich geändert oder war ich es? Zwiespältige Gefühle. Mach dich frei davon. Nimm den Abend mit all seiner Schönheit in dich auf und schenke ihm den der auf dich wartet. Denk an den Abend des Versprechens zurück und lass es hier in Erfüllung gehen. Er wird warten, du solltest dich beeilen.


    Ich fühlte mich frisch. Das neulich erstandene Öl, sorgsam, wohl dosiert aufgetragen und einmassiert, begann seine Düfte durch die Wärme meines Körpers zu entfalten. Spuren von Sandelholz, Zimt, Zeder und Bergamott. Die frische Tunika nahm den Duft auf und hielt ihn fest. Unbemerkt von mir, in der Eile vergessen. Mein Haar hatte ich mit einem Lederband nach hinten gebunden und nach dem Bad nicht wieder gelöst.


    Ein Hauch vom Meer, ich sah nach vorn. Der Hain, verlassen ? Du irrst dich, er ist da. Spürst du es nicht? Sei still. Warum dieser ewige innerliche Zwist. An eine Palme gelehnt. Ein Bild, in Marmor verewigter Jüngling. Er war da. Ich betrat den Hain schlug den Mantel zurück , blieb unweit von ihm stehen. „ Aquila.“ sprach ich mit gesenkter, ehrfürchtiger Stimme. Den Anblick nicht zu zerstören, der sich mir bot.

  • Zwei Schritte war ich von ihm entfernt. Zwei Schritte, zwei Wimpernschläge, zwei Ewigkeiten. Gefühlte Zeitalter, verflogener Hauch einer Winzigkeit unserer Existenz im Universum.



    War es der Gang der Dinge, was veranlasste uns hier zu sein, wohin gingen wir? Ich holte tief Luft. Seinen Namen auszusprechen, ein kläglicher Versuch, zum Scheitern verurteilt, das makellose Bild beizubehalten. Die Rettung dieses Augenblicks, ich ging diese zwei Ewigkeiten auf ihn zu, sah ihn im Licht des Mondes in die Augen. Sie glänzten, ein leicht verschleierte Blick, er war nicht frei vom Helfer des Vergessens, des Unterdrückens, des Flüchtens vor der selbst auferlegten Ausweglosigkeit. Er war nicht der Selbe, ich hasste dieses Opium. Es schmerzte mich ihn so zu sehen.


    „ Chaire Aquila.“ Salve klang für diesen Augenblick hart und zerstörend. Ich betrachtete die leuchtende Scheibe.


    „Der Glanz des Mondes, verklärendes Licht, die ewig am nächtlichen Himmel dahin ziehende Göttin Selene. Ein Hauch von Unendlichkeit und doch ist es vergangen, eh wir uns besinnen.“


    Die Worte kamen mir gerade in den Sinn. Ich wandte mich wieder zu Serapio. Meine Hand legte sich seitlich an seinen Hals, die Finger seine Nacken haltend, mit dem Daumen sanft über seine Wange fahrend, hielt ich den Augenblick fest. Ein Lapidares, abgegriffenes „Schön dich zu sehen“ brachte ich nicht über die Lippen. Ich spürte dieses feine Kribbeln auf der Haut.

  • Traumverloren sah ich ihn näherkommen... vom Mondlicht scharf umzeichnet, fern auf der Straße, wie Musik das Klirren des Cingulums, es untermalte jeden seiner Schritte, die ihn näher zu mir trugen... bis er direkt vor mir verharrte. Ich bewegte mich nicht, umfing ihn mit den Augen, die sich hinziehende Erwartung genußvoll auskostend... ich trank seinen Anblick, sog ihn tief in mich hinein, ich fühlte meine Seele leise erklingen, verzückt vom Anblick des SCHÖNEN... und ich sah mich in seinen Augen, ebenso schön und ganz... ich war nie verwundet worden. Alles war SCHÖN.
    Ah! Er war bei mir. "...mein WUNDERSCHÖNER Ganymedes... Du bist EWIG und ich bin es auch..."... in diesem Augenblick. Ich lachte leise, euphorisch, schmiegte meinen Hals, meine Wange gegen seine Hand, nein, wir brauchten keine Worte um uns zu verständigen, ich war der Augenblick, und er hatte mich ergriffen! Mit funkelnden Augen trat ich dicht an ihn, legte ihm seinerseits die Hand in den Nacken und bewegte meine Lippen zu seinem Hals, tat einen tiefen Atemzug an der warmen Haut... "... wie PHANTASTISCH Du riechst..." hauchte ich, bereits jetzt überwältigt von meinen so vielfach verstärkten Empfindungen... Ich selbst trug an mir den schweren Duft des Schlafmohns und eine todschicke rotseidene Tunika, locker gegürtet. - Welch köstlicher Taumel, als ich seine Lippen fand! Ich küsste ihn heiß, Lippen, Zunge, Zähne hießen ihn verspielt willkommen, dann wiederum wich ich unvermittelt von ihm zurück und lachte:
    "Bevor wir uns besinnen... lass mich Dich entführen!!" Ich nahm seine Hand und zog ihn hinter mir her, durch den dunklen Hain, hin zu der Stelle wo das versteckte Gespann uns erwartete.

  • Seine Antwort auf meine erste Berührung war überschwänglich, Besitz ergreifend. Sie versetzte mich in den ersten Rausch der abrupt endete. Sein Duft, alles was ich von ihm spürte setzte mich in Brand, das Feuer begann zu lodern, fiel sofort wieder in sich zusammen, als er mich frei gab. Sein Lachen fachte es wieder an, hielt es am brennen. Die Sabinerinnen, ging es mir durch den Kopf. Ich lachte leise und ließ mich hinterher ziehen. Unser letztes Zusammentreffen, war es damals nicht auch fast wie eine Entführung gewesen. Der Mond begleitete uns durch den Hain. Serapio wusste genau wohin er wollte, bis wir bei einem Gespann anhielten. Ich atmete tief durch. Noch nie war ich mit einem Gespann gefahren. Heute wird das erste Mal, dazu der Vollmond, Serapio an meiner Seite, die Wüste. Leichte Aufregung macht sich in mir breit, gepaart mit Abenteuerlust, bereit mit ihm hinaus zu fahren.

  • Wie durch einen Vorhang traten wir zwischen den Stämmen hindurch, und da stand, weiß und stolz im Mondenschein mein Schmuckstück, mein Spielzeug, mein ganzer Stolz. Die schlanke Kanzel mit den schwarzen Randleisten wurde von unserem Familienwappen geziert. Ravdushara hielt die vorgespannten Pferde am Zügel.
    "Dies ist Tertia, und dies Quarta!" stellte ich Massa voll Stolz die beiden edlen Stuten vor, strich Tertia, dem ungestümen Apfelschimmel, über den seidigen Hals, durch die wallende Mähne, und Quarta sanft über die schneeweißen Nüstern. Sie wandte uns den feinnervigen Kopf zu, schnoberte, spielte aufmerksam mit den Ohren.
    "Sie haben iberisches Blut, wie ich!"
    Mit einem ausgelassenen Grinsen sprang ich in die Kanzel. Rechts und links an den niedrigen Wänden der Biga war, sorgfältig ausbalanciert, ein wenig Gepäck verstaut und verschnürt.
    "Komm! Hast du schon mal ein Gespann gefahren?! Sie sind wild heute, seit dem Feldzug ist es das erste Mal..." Und vorhin war ich nur ganz langsam gefahren, hatte meinen Sklaven die Tiere am langen Zügel führen lassen, mit einer Hand war es wirklich nicht leicht, die beiden zu kontrollieren. "Sie wollen rennen! Bis zum Mond oder wenigstens bis zu den Pyramiden... oder nach Kanopus!"
    Ich lachte, denn natürlich war eines wie das andere viel zu weit für einen Ausflug... aber alles war so SCHÖN in diesem Augenblick, ich musste wohl träumen, und im Traum schrumpfen und weiten sich bekanntlicherweise die Wege...
    "Komm, du musst mir helfen!" Ich strahlte Massa an und nahm mit der linken die Zügel auf. "Komm, nah, komm, näher, halt mich, halt mich fest..." raunte ich, beschwörend, wie ein Zauberer, umfing ihn mit fiebrig heißem Blick. ... sag mir, VENUSTUS MEUS, wohin möchtest du? Ich weiß eine einsame Meeresbucht, wo des Nachts die Nereiden herumtollen! Ich weiß einen Ort in der Wüste, wo der Wind in uralten Ruinen flüstert! Und am Mareotissee, da gibt es eine Stelle, wo die unglaublichsten Lotosblüten blühen..."

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  • Was für ein Wagen. Gar nicht zu vergleichen mit denen, die ich bisher bei Wagenrennen zu Gesicht bekommen hatte. Bei den Stuten war ich vorsichtig, diese imposanten Tiere ....Die eine Stute, Quarta, spürte, dass ich sie mehr zurückhaltend ansah. Ja, es ist keine Angst, sagen wir, Respekt vor dem Tier. Ich streckte die Hand aus und wollte sie streicheln... Faustus !! du kannst mir doch nicht... Er stand unternehmungslustig im Wagen. Später liebe Stute. Nun denn, ich sprang zu ihm. War eine wackelige Angelegenheit , ich musste Halt suchen, erfasste den Rand der Kanzel. Kam links hinter ihm zum Stehen. „ Oh, ja wild. Ich bin noch nie mit einem Gespann gefahren, Faustus.“ Rutsche es mir heraus.


    Nach seiner verschwörerischen Aufforderung. Die ich kein zweites Mal abgewartet hätte. Legte mein rechten Arm sich fest um seine Taille, die Handfläche auf seinen flachen Bauch. Seine Hitze schlug durch den Stoff seiner Tunika. Ich schmiegte mich an ihn, hielt mich mit der linken Hand am Rand der Kanzel fest um uns mehr Halt zu geben. Es passte keine mehr Feder zwischen uns. „ Aquila, Faustus.“ Flüsterte ich ihm ins Ohr. Wohin ? Die Qual der Wahl. Ich mochte das Meer, die Wüste an solchen Abenden wie heute, ein See ? An einem See, mit Blumen war ich noch nie. „ Lass uns an den See fahren.“ Ich sah nach vorn. „ Dann in die Wüste und ans Meer !“ Strahlend, mit einem Augenzwinkern, blickte ich ihn an. „ Du bringst mir das fahren bei und ich werde dich wie einen Feldherren über die Ebene lenken. Die Legionen folgen dir begeistert. Auf einem Hügel überblickst du das Schlachtfeld. Und danach fliegt das Gespann, einen Platz zum erholen und verweilen suchend durch die Palmenhaine. Bis zu diesem See..... ich war begeistert, meine Phantasie ging mit mir durch.

  • Noch viel schöner, als mein teures Spielzeug zu haben, war es, es Massa vorzuführen und von ihm gewürdigt zu sehen! NOCH viel schöner war es, in seiner festen Umarmung droben auf der Biga zu stehen... Ich lehnte mich an ihn, während ich die Zügel zwischen meinen Fingern ordnete, genoss das wohlige Prickeln, als sein Atem mein Ohr kitzelte, schwelgte lachend in den Bildern, die er heraufbeschwor – ich, der Feldherr... - und neckte ihn:
    "Oh Venustus... ich sehe, du willst ALLES! ... das will ich auch... ALLES gehört uns..... ".. wenn wir es nur ergriffen. Über meine Schulter hinweg, schnappte ich, den Kopf wendend, nach seinen Lippen, streifte sie schnell und flüchtig, presste mich aufreizend gegen meinen Gefährten.
    "Aber was es heute nacht zu erobern gilt... bezwinge ich ohne Legionen... - HEJA! HEJ!!!"
    Ravdushara sprang rasch beiseite, als ich die Zügel auf den Rücken der Pferde schnalzen ließ. Die beiden zogen ruckartig an, rissen den Wagen nach vorne, sodass ich vollkommen darauf angewiesen war, dass Massa uns beide hielt... was seinen ganz eigenen Reiz hatte. Die muskulösen Leiber der Pferde streckten sich, die Hufe hämmerten dumpf auf den Boden, der Wagen glitt mit knarzenden Rädern über den sandigen Boden. In einem flotten Trab zogen Tertia und Quarta uns am Saum des Wäldchens entlang, dann lenkte ich sie, energisch, denn sie waren eigensinnig heute nacht, in einer langgezogenen Rechtskurve in Richtung Landesinneres.


    Eine karge Ebene erstreckte sich vor uns, hier und dort streckte ein Dornbusch die zerzausten Zweige gen Himmel, und alles war in dieses unwirklich silberne Licht getaucht. Unser Schatten sauste scharfgezeichnet neben uns her. Fliegen hatte Massa gesagt. Obgleich ich keine Peitsche handhaben konnte, war es ein leichtes, die Pferde angaloppieren zu lassen, sie waren so ungestüm wie wir, ausgehungert danach, endlich wieder nach Herzenslust rennen zu dürfen. Die weißen Rücken wogten auf und ab, die Mähnen flogen, und der Fahrwind rauschte uns um die Nasen.
    "Lauft meine Schönen!" feuerte ich sie voll Begeisterung an. Vamos, vamos, streckt eure Schwingen aus, meine PEGASI, tragt uns hinauf zu den STERNEN...!!!"
    Wie ein Pfeil rasten wir dahin, der Hufschlag dröhnte donnergleich, die Kanzel holperte heftig, und Erdbrocken und Steine spritzten hochauf. Ich war berauscht, berauscht vom Mond, betrunken von der atemberaubenden Geschwindigkeit, betört von Massas Nähe, hautnaher Nähe, seinem kräftigen Arm um mich, seinem lockenden Körper so dicht an mir... Ich spürte jeden seiner Atemzüge... Und ich lachte laut, voller wilder Freude, als wir da durch die Nacht preschten, umfangen von besinnungsloser Seligkeit... von Glück!
    Wir rasten einen niedrigen Landschaftssattel hinauf, und da hatten wir einen phantastischen Blick über das weite Land, sahen wir auch schon den Mareotisee, wenige Meilen nur entfernt, ein silbern blitzender Spiegel, umrahmt von endlosen Schilfwäldern, von Obstplantagen und prunkvollen Anwesen inmitten eines weitverzweigten Netzes von Bewässerungskanälen.
    "Dort drüben ist Eleusis!" rief ich, gegen den Fahrtwind. Irgendein kleines Tier huschte flink vor uns davon, verschwand zwischen lockerem Geröll.


    Der Wind war stärker hier oben – lag es daran, dass mir mit einem Mal so kalt wurde? Brrr, bis auf die Knochen war ich durchgefroren, jetzt wünschte ich mir meine Paenula herbei, doch die war beim Gepäck verstaut, und sowieso musste ich mich auf die Zügelführung konzentrieren, denn, auch wenn mein Gespann etwas robuster gebaut war, wie schnell ging etwas schief bei solch wilden Überlandfahrten, es musste nur ein Pferd in ein Erdloch treten und schon... Mein Übermut war jedenfalls schlagartig fort. Mir war so flau im Magen... Hatte ich schlechtes Opium erwischt?!
    Mein Arm schmerzte wieder, in einem regelmäßigen Pochen... und der Wind... Der Wind war so komisch, er raunte an meinem Ohr, fast wie Stimmen... wahrscheinlich trug er die Wortfetzen irgendeines Gesprächs... irgendwelcher Hirten in einigen Stadien Entfernung... oder war es mein Puls, der da so rauschte?
    Schweiß trat mir auf die Stirn, und schwindelig war mir... es war, als hätte sich meine Umgebung verdunkelt, einen Moment lang bildete ich mir ein, die Schatten zögen sich um mich herum zusammen. Ich schauderte, als ich mich an die dunklen Worte des Serapispriesters erinnerte. Mühsam zügelte ich das Gespann, wir kamen schlingernd zum Stehen. Die Pferde verharrten, mit bebenden Flanken und scharrenden Hufen, sie hatten noch nicht genug. Ich krallte die Linke um den Rand der Kanzel, hielt mich dort fest, drängte mich gegen Massa... seine Wärme, seine Stärke waren wie ein Leuchtfeuer.

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  • Der Fahrtwind trieb mir Tränen in die Augen. Ich kniff sie zusammen. Es war herrlich. Ja, wir flogen dahin. Die zwei Schimmel , die weiße Biga, die wilde Fahrt, es musste so sein. Er stachelte die Pferde zu noch schnellerem Lauf an. Ich hielt ihn fester, drückte mich an ihn. Meine Herz pochte vor Aufregung. Vom höchsten Punkt des Sattels sah ich in die Schönheit des Tals hinab. Ein Traum tat sich vor mir auf. Heute war es einer, der in Erfüllung ging. Ich strahlte, war glücklich, ... es fand einen jähen Abbruch.


    Die Pferde! Der Wagen! „ Faustus!“ Er hatte Mühe alles unter Kontrolle zu halten bis wir standen. Ich hielt ihn, ich stützte ihn eher ab. Seine Hand hatte die Zügel fahren lassen, krallte sich in die Umrandung der Biga. „ Faustus! Aquila! Was hast du !“ Er zittterte, seine Stirn von Schweißperlen übersät. Diese elende Zeug. Daran war dieses elende Opium schuld. Ich konnte nicht viel tun. „ Ganz ruhig Faustus. Ich bin bei dir.“ Seine Hand von der Biga lösend , fing ich ihn auf, setzte ihn auf den Boden und legte ihm meinen Paenula um. Es klimperte leise auf seiner Brust. Sie rutschen aus der Tunika. Ein neues Amulett? Im fahlen Licht des Mondes schwer zu erkennen. Es dauerte bis ich es zuordnen konnte. Hastig durchsuchte ich das Gepäck am Wagen. Was ich suchte wusste ich nicht. Eine Decke fiel mir in die Hände. Sie landete auf meinem Paenula und sollte ihn ebenfalls wärmen. Ich wickelte ihn richtig darin ein.


    Zum See, in die Oase, dort gab es Wasser und Menschen. Das hieß für mich die Biga lenken. Trotz der Kälte fing ich an zu schwitzen, ich hatte noch nie die Zügel eines Gespanns in den Händen gehalten. Los, fahr ! Kann ich sie nicht nach unten führen? Das ist ein Wagen, der wird gefahren. Danke das weiß ich. Stell dich nicht so an. Ich stieg auf, stellte mich so, dass ich ausreichend Halt hatte und Faustus vor dem runter fallen bewahrte. Er hatte die Zügel schnalzen lassen. Versuch Nummer eins. Nein, nichts. Versuch Nummer zwei, etwas stärker. Die Stuten waren schnell bei der Sache. „OHHH.“ das ging aber zügig in die Senke. Ich zog an den Zügeln. Gut, das bremste sie ab. Sie rasten nicht mehr, sie rannten nur noch. Mir war nicht wohl, es durfte jetzt nur nichts unvorhersehbares eintreten. Eine halsbrecherische Fahrt. Der See in Sichtweite, eine kleine Palmengruppe. Bremsen gleich ziehen an den Zügeln. Geschafft. Durchgeschwitzt und schwer atmend band ich die Zügel an eine der Palmen. Lehnte mich kurz an, sah nach der Verschnaufpause zu Faustus im Wagen. " Faustus? Wie gehts dir." Meine Hand strich sanft über seine Wange und fühlte die Stirn. Nahm er mich überhaupt war? Ich setze mich auf die Kante der Plattform und überlegte was als nächstes wichtig war.

  • Kaum stand der Wagen, knickten mir die Knie ein. Massa fing mich noch irgendwie auf, jedenfalls fand ich mich auf dem Boden der Biga, eingehüllt in seinen Mantel, der war noch warm von ihm... Zittrig zog ich den dicken Wollstoff fester um mich. Ich musste Massa ganz schön erschreckt haben, wollte ihm versichern, dass mir doch gar nichts fehlte, aber offenbar fehlte mich doch was... jegliche Kraft war von mir gewichen. Elend kauerte ich da, an die Seitenwand gedrückt, während Massa die Zügel an sich nahm und die Pferde souverän weiterlaufen ließ. Der Boden ruckte auf und ab, ich wusste nicht, was mit mir los war oder wohin wir gerade fuhren, war auch zu matt, um mir Gedanken darum zu machen. Aber meine Enttäuschung war bodenlos... kaum erhaschte ich - nach all dem krank herumliegen, und nach dem schmerzlichen Ende meiner großen Meditrinalienhoffnung – kaum erhaschte ich endlich wieder einen Silberstreif des Glücks... klappte ich schwächlich zusammen, und musste mich zu allem Überfluss schon wieder von Massa retten lassen. An seiner Stelle hätte ich langsam die Nase voll davon... Niedergeschlagen vergrub ich den Kopf in der Handfläche, fühlte den klebrigen Schweiß auf meiner Stirn.
    Auf einer tieferen Ebene, irgendwo unterhalb meines Weltschmerzes, war mir zugleich bewusst, dass ich das hier verdient hatte. Die Männer meiner Kohorte, die in Tasheribat gefallen waren... würden sie sich jemals wieder voller Freude den Wind um die Nase wehen lassen? Nein. Und dann war da die Sache mit Aton, die mir natürlich noch immer nachging... eben erst hatte ich ihm diesen unbarmherzigen Brief geschrieben, im Zorn... ohne so wirklich ganz genau zu wissen, welche Rolle er in dem Prozess gehabt hatte... und ohne selbst so wirklich ein Unschuldslamm zu sein.


    Wir hielten unter Palmen. Ich legte den Kopf zurück und sah ratlos hoch zum Himmel, direkt in das knochenweiße Antlitz des Mondes. Schwarze Punkte schwärmten an den Rändern meiner Wahrnehmung. Ich blinzelte unruhig. Massas Hand war an meiner Wange, meiner Stirn.
    "...... mir ist... irgendwie nicht gut." sagte ich leise. ".. da oben, da war doch irgendwas... hast du das auch gemerkt?"
    Mir war flau im Magen, übel in der Kehle, aber ruhig zu sitzen, tief zu atmen, war schon mal eine Verbesserung.
    Ich rang mir ein Lächeln ab und bat: "... hast du mal was zu trinken für mich bitte?" Mit der linken Hand zupfte ich am Gepäck, Pontia hatte mir nämlich ein Proviantpaket geschnürt, mitsamt Weinschlauch, als ich ihr erzählt hatte, ich würde eine Fahrt mit Celeste zusammen unternehmen.
    "Ich glaube, ich habe bloß zu wenig getrunken heute."
    Und zu Essen hatte ich wohl auch vergessen, wenn ich recht darüber nachdachte. (Aber ich hatte auch einfach gar keinen Appetit zur Zeit und dazu noch sehr unangenehme Verdauungsbeschwerden.)

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  • Das hatte ich beim durchwühlen der Sachen übersehen. Den Weinschlauch unter den Arm geklemmt, untersuchte ich das Paket. Beiläufig ging ich auf seine Frage ein. „ Da oben?.. Du meinst auf dem Hügel? Außer dem Wind habe ich nichts gemerkt. War nur eine Sinnestäuschung von dir, weil du halb verdurstet und verhungert bist.“ Ich war der festen Überzeugung, dass es vom Opium kam. Es brachte ihn um den Verstand, schwächte seinen Körper und tötete seinen Geist. Schleichend, von ihm selber unbemerkt. Seine Umgebung nahm es war, zog sich von ihm zurück, wenn er weiter so machte. Alleine würde er dahin siechen. Brachte sich eines Tages selbst um.


    Zwei Becher waren in ein Tuch eingewickelt. Frisches Fladenbrot, Datteln, Feigen, zartes gebratenes Geflügel, packte ich aus. Ein Becher gab ich Faustus in die Hand und schenkte ein. Ein schöner gleichmäßiger Strahl ergoss sich in den Becher, glitzerte im Mondlicht. „ Das Opium bringt dich um. Hör auf damit. Es zerstört dich und nicht nur dich.“ Es war eine Feststellung meinerseits, die er nicht ignorieren konnte. Ich war kein Mensch der mit ansah, wie sich ein anderer zerstörte. Heute Abend, hier unter den Palmen am See, war er kein Tribun. „ Du zerstörst alles um dich.“ Ein Stück gebratenes Geflügelfleisch auf einen Fladen legend. „Wenigstens einen Bissen. Du hast auch nichts gegessen. Das vergisst man schnell bei diesem Zeug. Gewöhne dir das Essen wieder an. Der Medicus hat Mittel, die den Appetit wieder bringen. “ Meinen Becher anstarrend sagte ich leiser. „ Reicht das Sterben nicht fürs erste? Denk an deine Schwester, deinen Vater. Willst du sie im Stich lassen?“ Willst du mich im Stich lassen? hallte es in meinem Kopf. „ Denk an dich, deine Wünsche, deine Träume. Die kannst du dir nur mit eigener Kraft und Stärke erfüllen. Wir säßen heute nicht gemeinsam hier, hättest du in der Wüste nicht gezeigt, dass du sie hast.“

  • Eine Sinnestäuschung?! Natürlich, du hast dir das nur eingebildet stimmte mein Verstand zu, doch mein Empfinden protestierte: Nein! Da war irgendwas!! Über den Rand der Kanzel hinweg spähte ich in die Nacht, in die Richtung, aus der wir gekommen waren, und sah in der Ferne die Anhöhe, kahl, im Mondlicht... und wieder lief es mir kalt über den Rücken, stellten sich die Härchen an meinen Armen auf. Ich konnte den Ursprung dieser Furcht nicht benennen... sie war einfach da. Hastig wandte ich den Blick ab, richtete ihn auf Massa. Er hat recht. Hör auf rumzuspinnen, Faustus. Erst die Träume, dann die Kanaldeckel, jetzt das hier, bald fürchtest du dich vor deinem eigenen Schatten...
    Ich konzentrierte mich auf den Becher in meiner Hand, als Massa mir einschenkte, auf das kühle, glatte, reale Tongefäß. Der Wein tat mir gut! Ich trank einen großen Schluck, und setzte gerade zum zweiten an, als Massas Bemerkung wie ein Messer durch die Nacht schnitt.
    Das Opium bringt dich um.
    Entgeistert ließ ich den Becher sinken, atmete mit einem unwilligen Schnauben heftig aus. Aber er war noch nicht fertig, und warf mir allerhand an den Kopf...
    "Bona Dea, du bist ja auf einmal DRAMATISCH!" wehrte ich mich in matter Gereiztheit, mit spöttischem Unterton. "Erstens, das Opium ist MEDIZIN für mich... Mein Scheißarm schwärt noch immer, und er treibt mich zur WEISSGLUT, wenn ich ohne diese Arznei bin. Aber wie solltest du das verstehen, deine Verletzung ist ja anstandslos verheilt... Und zweitens, ich kenn mich damit aus... Glaub mir, ich weiß, wie man damit umgehen muss. Und drittens, du musst dir wirklich keine Sorgen machen, und mir bitte nicht so merkwürdige Vorwürfe!"
    Verärgert packte ich eine Feige und biss so energisch hinein, dass der Saft mir über das Kinn spritzte. Natürlich, ich musste es Massa zu Gute halten, dass er mir wohl nur deswegen damit auf die Nerven ging, weil er sich Gedanken um mich machte, aber nichtsdestotrotz fand ich es unverzeihlich, unseren WUNDERSCHÖNEN Ausflug mit solch unlustigen Vorwürfen zu verderben.
    "Träume... die schönsten Träume erschließen sich erst dem Berauschten. Opium ist ein Schlüssel zu ... nächtlichen Welten voll WUNDER und Geheimnissen und... Zauber. Ich versteh gar nicht warum du dermaßen Vorbehalte dagegen hast... Hast du es überhaupt jemals selbst genommen, im richtigen Rahmen meine ich?"

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  • „ Medizin...es ist Medizin in der richtigen Dosierung.“ Ich trank. Er war gereizt. War es auf das Zeug zurück zu führen? Den heutigen Abend weiter damit belasten? Ich sollte es lassen und einen geeigneteren Zeitpunkt wählen. Aber wann? Der Biss in die Feige unterbrach sein Aufbrausen. „ Nein, meine Träume habe ich bisher immer ohne Opium geträumt. Sie waren schön, anmutig, bezaubernd, abgrundtief hässlich, abartig, grausam. Immer so, wie ich mich gefühlt habe, so sind sie im Schlaf erscheinen.“


    Meinen Becher hatte ich abgestellt, wischte ihm sanft den Saft vom Kinn. Nahm seine Hand mit der Feige und biss ein Stück davon ab, ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Es reizte mich, seine Aggressivität, sein Aufbegehren gegen meine Vorwürfe. Ich beugte mich zu ihm, leckte ihm zärtlich die Lippen ab, ließ sie miteinander verschmelzen, den Saft der Feige schmeckend, dazu den fruchtigen Geschmack des Weins. Es war angenehm, entspannte die Situation. Ich selber wurde ruhiger. Langsam lösten sich unsere Lippen voneinander, ich sah ihn schmunzelnd an. „ Unser nächtliches Geheimnis und das Wunder dieses im Mondlicht silbern glänzenden See’s. Brauchst du mehr als mich dazu?“ flüster ich ihm zu, als ich mich wieder über ihn beugte. Ein von der Kühle der Nacht hervorgerufenes Zittern, lief durch meinen Körper. Es war sehr frisch geworden. Ich rutsche zu ihm auf die Seite. „ Du hast sicher nichts dagegen.“Halb auf der Kante sitzend, kroch ich wie selbstverständlich mit unter den Mantel. Mir wurde wärmer. Ich lehnte mich an die Kanzel und sah in den Himmel. Die Sterne glitzerten. „ Ein sehr schöner Platz.“ Hier brauchte man kein Opium. Die Stelle hier hatten ihren eignen Reiz, war wunderschön.

  • Im Grunde war mir ja klar, dass er schon irgendwie recht hatte, trotzdem sträubte sich alles in mir gegen seine Worte. Besserwisser dachte ich finster. Dosierung, das war das absolute Totschlagargument...
    "Dann weißt du nicht, was dir entgeht, oh du mein tugendhafter Gefährte." kommentierte ich herausfordernd. Ich sollte ihn mal bekanntmachen mit der zauberhaften Welt des Schlafmohns, dann würde er vielleicht aufhören, an mir herumzukritisieren... Voll Wärme dachte ich zurück an die kleine Taverne in Trans Tiberim, in der ich so wunderbare delectationes nocturnae genossen hatte, dort würde es Massa bestimmt auch gut gefallen!


    Glücklicherweise bestand er nicht auf dem leidigen Thema. Mit noch immer etwas unwilliger Miene ließ ich mir seine Liebkosung gefallen... Wenn er glaubte, ich ließe mich so einfach wieder besänftigen, nach diesen harten Worten, nach so gemeinen Vorwürfen, dann hatte er sich...... - dann hatte er vollkommen recht. Gebannt verfolgte ich den Weg der Feige, atmete tiefer, als seine Lippen sich um die Frucht herum schlossen... ließ mich auf den Kuss ein, in dem noch die Funken der Auseinandersetzung mitschwangen – das war aufregend... Sein Gesicht, so nah, verdeckte den Nachthimmel. Na, wenn er so fragte... Ich grinste, schüttelte auf seine Frage hin nur sacht den Kopf - einmal, zweimal – rückte dicht an ihn und schlang den Mantel, seinen Mantel, um uns beide herum. Herrlich!
    "Mhm..."
    Ich verspeiste den Rest der Feige und angelte mir noch eine, aß die Hälfte und steckte die andere Massa in den Mund, fuhr mit den Fingerspitzen spielerisch die Form seiner Lippen nach. Trinken, Essen, Streiten und Küssen hatten meine Lebensgeister wieder geweckt, mein Blut wieder in Wallung gebracht, ich hatte auf einmal tatsächlich Hunger und aß ein paar Datteln, dann ein Hühnerbein, wobei ich Massa immer wieder leckere Bissen zu kosten gab.
    "Wunderschön." schwärmte ich, und leckte meine Finger sauber, nicht ohne Massa dabei lasziv in die Augen zu sehen. "Wenn ich auch zugeben muß, dass die Umgebung mich gerade gar nicht soo sehr fesselt..."
    Lachend drängt ich mich an ihn, drückte ihn gegen die Seitenwand des Wagens.
    "Venustus meus, mein FURIOSER Appius... weißt du, ich fürchte wir kommen heute nicht mehr weit..."
    Mein Mund fand seinen warmen Hals, bedeckte ihn mit Küssen. "Erzähl mir... von deinem WILDESTEN Traum!" hauchte ich ihm ins Ohr, während meine Hand forsch unter dem Saum seiner Tunika verschwand und sich daranmachte, das Feuer zu entfachen... begleitet vom leisen Klimpern der Pteryges.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Eben kurz vor dem Abgrund , bestieg er ohne große Mühen, den Gipfel allen Seins. Steckte mir Leckerbissen zu, die ich genüßlich verspeiste. Die erste Gelüste die sich in meinem Körper ausbreiteten. Die Umgebung hatte ich völlig aus den Augen verloren. Es gab nur einen, der in die Mitte meines Interesses rückte. Es war wie eine unsichtbare Kraft, die mich in seine Richtung zog, stieß und drängte. Eh ich begriff hatte er Energisch, das gesuchte findend, mein Feuer entfacht und mit wenigen Handgriffen zum Lodern gebracht.


    Meine Finger fuhren durch sein kurzes Haar, massierten seinen Nacken. Ich lehnte den Kopf an die Seitenwand, ließ mich fallen. Spürte wie alles Blut nach unten strebte sich anstaute. Mein Atem ging schneller, in meiner Brust fing es an zu beben. Kein Gedanke an irgend etwas, doch an das wilde Spiel in einem Traum, das mich am Morgen mit quälender Anspannung erwachen ließ.


    Angestrengt, im Versuch die Beherrschung nicht zu verlieren, flüstertend. Von dem Jungen mit der Maske des Hyacinthos auf dem Fest des Dionysos, Musik, Wein und Schauspiele. Das hingebungsvolle Spiel auf der Bühne, die sich in Ekstase tanzenden Frauen und Jünglinge. Unser gemeinsamer Reigen, Hyacinthos und ich, die sich immer enger umeinander windenden Körper. Der Morgen der mich Schweiß nass erwachen ließ in voller Kraft und unerfülltem Ende.


    „Aquila, wir sind bis hierher gekommen." keuchte ich "Und immer weiter lassen wir uns treiben, unser Ziel liegt direkt vor uns." Meine Hand griff fester in seinen Nacken, ausgehungert, neben mir das Ziel meiner wachsenden Begierde. Bist du dir sicher, dass er es ist? Jetzt keine Fragen und aufkommenden Zweifel. Ja, lass mich. Er ist es. Das was du gesucht hast? Ist er die Erfüllung deines Traumes? Hör auf, aus dir spricht purer Neid. Oder ist es das Sandkorn aus der Wüste? Ahhh, du erinnerst dich? Ich will mich jetzt nicht erinnern, lass mich.


    Ich verfiel langsam in einen Rausch, gab mich ihm immer mehr hin. Nein nicht..., heute will ich. Zögern, genießen, sich gehen lassen. Ich war mir selbst nicht einig.
    Meine Finger spürten die Kühle der Seide, darunter seine Hitze. Sie suchten, umspielten, eröffneten bei ihm den Reigen, er sollte in Flammen stehen, genauso wie ich. Ich verfiel langsam in einen Rausch, gab mich ihm immer mehr hin.

  • Das, ja, das war es, was ich haben wollte. Leidenschaft... Rausch... Spiel... Es bereitete mir ein euphorisches Vergnügen, ihm sein Geheimnis zu entlocken... an diesem HEISSEN Traum teilzuhaben, während sein Begehren wuchs, sich PRACHTVOLL erhob! Mein Gefährte war bestimmter geworden, entschlossener, seit unseren Zweisamkeiten auf dem Feldzug, das gefiel mir sehr... wohlig stemmte ich meinen Nacken gegen seinen festen Griff... und doch war ich darauf aus, ihn zu erobern, ich wollte ihn, wollte seine Hingabe... es war auf gewisse Weise ein Kampf zwischen uns, während wir zugleich im Einklang miteinander waren, und dem Ziel zustrebten.
    Doch... ich konnte streben und streben, so wirklich näher kam ich dem Ziel nicht... Obgleich Massa meine Zärtlichkeiten auf HIMMLISCHE Weise erwiderte... Nun ja, ich kannte das schon, wie sich unter Opium alles verlangsamte – und der Akt dafür um so INTENSIVER war! - aber dass sich bei mir gerade noch nicht so wirklich was regte, das war... nicht gut.
    Ich sagte mir, dass das schon noch werden würde, und widmete mich weiter, und um so forscher, meinem Eromenos. Meine Küsse verwandelten sich in zärtliche Bisse, ich fasste in Massas Haar und löste das Band, das es zusammenhielt, grub meine Finger fest hinein, versenkte mein Gesicht in den herrlichen Locken.
    "Ich liebe dein Haar..." flüsterte ich rauh, "und deinen Geruch! Dich zu atmen... Dulcis amicus meus, ich liebe es, wenn die Leidenschaft deine WUNDERSCHÖNEN Züge scharf hervortreten lässt... wenn dein Achilleskörper im Schweiß erglänzt... wenn du im größten Genuss deine Augen halb schließt. Ich will mit dir tanzen im dionysischen Reigen, die ganze Nacht bis zur EKSTASE und dich lieben bis zur ERFÜLLUNG... und darüber hinaus..."
    Das alles wollte ich, begehrte es schmerzlich, doch... ich war und blieb ein Eroberer ohne Waffe. Alles war PERFEKT – die Nacht hätte nicht romantischer sein können, der Ort nicht abgeschiedener, mein Gefährte nicht aufregender – doch mein Körper ließ mich heimtückisch im Stich, gewährte mir nicht mal einen Anflug von Standhaftigkeit, er hinterging mich, verriet mich, blamierte mich – es war entsetzlich!!


    Schließlich, als es sich einfach nicht länger leugnen ließ, setzte ich mich mit einem Ruck auf.
    "Per omnes deos. Das ist doch jetzt nicht wahr..." fluchte ich, erschüttert. Ich starrte in die Nacht, fuhr mir in unsäglicher Frustration über die Augenbrauen. Das mit dem Reigen hättest du nicht sagen dürfen, Faustus...
    Massa anzusehen war mir gerade vollkommen unmöglich.

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  • Schwer wog die Tatsache, dass sich bei ihm nichts regte. Ich begann an meinen Fähigkeiten zu zweifeln. War ich am Ende nicht in der Lage ihm diesen Abend, den lang ersehnten zu erfüllen. Uns eine voluminöse Nacht zu schenken? Er brachte mich bald um den Verstand. Seine Worte, gingen unter die Haut, animierten mich. Mein Atem ging schneller, ich presste die Kiefer aufeinander. Zögerte mein Verlangen nach ihm hinaus. Trotz seiner lüsternen Worte, tat sich bei ihm nichts. Ich verzweifelte langsam. Im Schweiße meines Angesichts. Kaum noch Herr meiner Sinne. So unfähig ...? Es war das Opium, ja das Opium. Aber auch mit, gab es den Moment der aufstrebenden Begierde. Länger konnte ich nicht zurück stecken, wollte zupacken, ihn besitzen.


    Ein Ruck, ich war verwirrt, lag mit meinem Verlangen nach ihm allein gelassen da. Er fluchte, meinte mit Sicherheit mein Unvermögen. Abgewandt von mir, unzufrieden. Nur langsam, es kostete mich viel Kraft, beruhigte sich mein Körper, das Blut floss zurück. Mein Puls raste nicht mehr so sehr. Ich richtete mich auf und lehnte mich an die Verkleidung der Biga. Mein Atem hatte sich normalisiert. Wie entschuldigen? Was sagen? Du hast ihn vor den Kopf gestoßen. Ja. Das Sandkorn war‘s. Nein. Sie hat nichts damit zu tun. Du wolltest zu viel. Nein. Niemals. Was ging in ihm vor?


    Faustus saß mit dem Rücken zu mir. Ich rutschte an ihn heran, lehnte meine Stirn sachte an seinen Rücken. Meine rechte Hand glitt über seine rechte Schulter, blieb auf ihr liegen, übte leichten Druck auf sie aus. „ Kannst du mir verzeihen?“ flüsterte ich.

  • Unweit von uns plätscherten sanfte Wellen ans Ufer, kräuselte sich der silberne Widerschein des Mondes auf der spiegelnden Wasserfläche. Das Schilf stand wie Speere, es wisperte im Wind, der kühl war, nach Schlamm und Moder roch. Der Geruch der Pferde mischte sich hinein, ich roch die Wolle von Massas Mantel und... ihn, als er sich sacht gegen meinen Rücken lehnte, vertraut meine Schulter berührte, die sich unter seiner Hand anspannte.
    Sag jetzt nichts falsches mein Freund...! Gut, was er dann sagte verblüffte mich so sehr, dass es mich für einen winzigen Augenblick sogar mein Versagen vergessen ließ.
    "Ich dir?!" fragte ich komplett irritiert, "...wie kommst du denn da drauf???", und begann zu lachen, angesichts der unschlagbaren Absurdität dieser Situation... meine Schultern zuckten, freudlos brach das Lachen aus mir heraus, verstummte eben so plötzlich wieder.. ich fuhr mir über die Stirn, rieb mir die Nasenwurzel.
    "Appius, du mußt mir glauben, es hat NICHTS mit dir zu tun. Es liegt nicht an dir. Es.... ach verflucht, ich hab keine Ahnung woran es liegt! Aber definitiv nicht an dir." Ich wandte mich halb zu ihm um, fuhr ihm mit dem Handrücken über die Wange. Klar dass er jetzt gekränkt war, und enttäuscht, wäre ich auch an seiner Stelle... er hatte sich mit einem Aquila verabredet und stattdessen einen Encolpius bekommen.
    "Du bist HEISS!!" versicherte ich ihm zerknirscht. "Es tut mir leid. Es... irgendwas stimmt nicht mit mir, ich hätte es wissen müssen, nicht mal im Serapeion konnten sie mir helfen. - Ach, zum Cerberus, ich hatte mir diesen Abend gänzlich anders vorgestellt..."
    Eine dumpfe Melancholie senkte sich auf mich herab. Ich hatte mich übernommen. So getan als wäre ich gesund und stark – was ich nicht war. Ein tiefes Seufzen entfloh meiner Brust. Oder vielleicht... vielleicht war es eine Strafe Eros'? Dafür, dass ich die überlebensgroße, unerreichbar ferne Meditrinalienliebe verspielt hatte... zugunsten des mir zulächelnden, erreichbaren Glückes.

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  • Sein Lachen klang gequält, trocken, so unwirklich. Seine Hand beschwichtigend. Ich nahm es ihm nicht übel. Er war noch nicht genesen. Sein Arm belastete ihn. Es sollte mich beruhigen, von meinen Selbstzweifeln befreien „ Du warst im Sarapeion? Daher das neue Amulett. Sie konnten dir dort nicht helfen?“ Ich war ein bisschen fassungslos. „ Was hast du getan, dass dir die Götter so übel mitspielen. Mit was hast du ihren Zorn erregt.“ Das die Götter auf solche Weise reagieren konnten war neu für mich. Sie verweigerten ihm die fleischliche Lust, das sinnliche Spiel der Liebenden. Hatte er es einem anderen verweigert? Meist wurde gleiches mit gleichem vergolten, rächte man sich durch einen Fluch.


    Schwer für mich alles das nachzuvollziehen. Für uns sollte es keine gemeinsamen, erfüllten Stunden geben. Tief ein und Ausatmend setzte ich mich zu ihm. „ Ich dachte an ein Wiederfinden von uns beiden, das Begraben der Irrtümer.“ Es hatte sich einiges in der Wüste abgespielt, das keiner von uns verleugnen konnte. Oder hatten die Götter anders entschieden. Verweigerten sie ihn mir, weil mir ein anderer Weg vorbestimmt war. Was wusste ich von den Launen und den verschlungenen Wegen der Götter. Ein Besuch im Tempel konnte darüber ein wenig Klarheit bringen.


    „ Nicht du hast so entschieden Faustus.“ Ich erinnerte mich an seine Frage über den Hügel. „ Vielleicht war da oben doch etwas. So etwas wie ein Zeichen, eine Vorwarnung.“ Leise machte sich bei mir Enttäuschung breit. Resigniert sah ich zum Mond. Zwei Smaragde erstrahlten im Licht des Mondes. Ich fuhr über meine Augen, eine Sinnestäuschung. Fing es bei mir auch an. „ Ich brauche einen Schluck Wein.“ Ich griff mir den Schlauch und trank gleich daraus. Wenigstens etwas vom Abend haben, dachte ich und wenn es ein Brummschädel am nächsten Tag war.

  • Enttäuschung war wohl das Motto dieses Abends. Schweigend, grübelnd, nur schulterzuckend hörte ich zu, während meine Finger geistesabwesend mit dem Serapis-Amulett spielten.
    "Ich auch." sagte ich schließlich düster, nahm den Wein von Massa entgegen und trank. Ich war verwirrt, wußte nicht, was ich glauben sollte, wußte nur, was ich NICHT glauben wollte: "Ein Zeichen? NIE im Leben. Ich hatte nur zu wenig getrunken, und bin halt noch nicht ganz vollständig wieder gesund und... ich finde es UNSINNIG, da, hier, also, deswegen jetzt alles mögliche hineinzuinterpretieren, aber - ... ach ich bin verwirrt!"
    Frustriert stieß ich die Luft aus. Ein Wiederfinden, ein Begraben der Irrtümer... hallte es in mir wieder. Das wäre schön gewesen... Zögerlich lehnte ich mich ein klein wenig zurück, gegen Massa und erzählte, den Blick in das Dunkel zwischen den Palmen gerichtet:
    "Das Amulett habe ich schon lange. Meine Schwester hat es mir aus Alexandria mitgebracht, als sie... unter anderem am Museion war, während ich noch in Rom diente, und nur davon träumen konnte, diese unglaubliche Provinz hier mal mit eigenen Augen zu sehen. Aber ich trage es jetzt konsequent, denn... Also, ich war im Serapeion um ein Opfer zu bringen. Um wieder gesund zu werden und überhaupt. Erst hab ich eine Führung mitgemacht und bei einer der Tempelzeremonien zugeschaut, das war sehr beeindruckend... hat mich richtig gepackt. Ähm, ja und dann das Opfer, ich hatte einen famosen weißen Ochsen angeschleppt und alles beachtet, ging auch gut, aber danach habe ich mich zum Tempelschlaf hingelegt, aber anstatt dass Serapis mir einen heilenden Traum geschickt hätte, hatte ich bloß wieder... so einen ganz SELTSAMEN Albtraum. Der sucht mich schon seit JAHREN heim! War also nichts neues, sozusagen, aber als ich es dem Priester erzählt habe, der dort die Träume deutet, sagte er, etwas stünde zwischen mir und der Heilung, etwas übles... Und ich hatte echt den Eindruck, dass der Mann, es war ein ehrwürdiger Greis, sich sehr gut auf das Träumedeuten verstand, nur... ich habe keine Ahnung was es sein könnte."
    Ich war ganz schön ins Reden gekommen, aber ehrlich gesagt tat es mir gut. Mit einer wegwerfenden Geste fügte ich hinzu: "Ich mach mir halt Gedanken, deswegen... Darum bin ich zur Zeit vielleicht etwas geneigter Lemuren zu sehen... und hab mir vorhin eingebildet da wäre irgendwas. - Und dazu kommt noch..."


    Ich stockte, legte den Kopf zurück, leicht gegen Massas Schulter – über uns die Sterne, "wer hat die Gestalten der Sterne geschaffen" hatten die Priester gesungen - aber nur kurz, dann setzte mich wieder gerade auf und blickte ihn an.
    "...ich habe mich mit einem Freund in Rom entzweit. Mit einem Liebhaber."
    Das klang so harmlos... aber das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich es aussprach, den Geschehnissen auf diese Weise Wirklichkeit zugestand, Substanz gab... Ich furchte die Stirn und sprach, wie gegen einen Widerstand, erstaunlich mühsam, wie gegen eine starke Strömung anschwimmend: "Und es ist wohl... Nein, es IST endgültig. Es muß endgültig sein." Ja, mußte es!
    "Und..." fuhr ich schnell fort, "ich habe mich gesehnt, nach DIR, nach der Leichtigkeit und der Leidenschaft, die in der Wüste zwischen uns geherrscht haben... Wir haben SO viel zusammen durchgestanden! Du hast mich von der Schwelle des Hades zurückgerufen!... Auch ich habe gehofft, dich wiederzufinden, und vielleicht sogar.......... - "
    Bona Dea, ich redete viel zu viel!! Um Kopf und Kragen... Mehr Wein! Ich zuckte hilflos die Schultern, schenkte uns beiden ein, ertränkte die törichten Worte in einem tiefen Zug, schenkte nach... bis der pralle Weinschlauch in meiner Hand auf eine Art und Weise erschlaffte, die mich unangenehm an mein Versagen erinnerte... und das beschwor, nach diesem Übermaß an Verzweiflung, mit einem Mal meinen Trotz herauf... gegen alle Arten von nebulösem Verhängnis und zum Scheitern verurteilter Liebe, gegen enttäuschte Erwartungen, immergleiche Fehler, endloses Hin und Her, Sorgen, Vorzeichen, Schwäche meinerseits und Schwäche im Allgemeinen.
    Trotzig legte ich Massa die Hand aufs Knie, blickte ihm unverwandt in die Augen und teilte ihm mit:
    "Übrigens... Ich kann auch SEHR hingebungsvoll sein!"

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