• Serrana betrat das kleine Balneum der Casa Iunia, sah sich kurz um und stellte zufrieden fest, dass die Sklaven bereits alles für das gemeinsame Bad vorbereitet hatten, zu dem sie ihre Cousine Axilla eingeladen hatte. Es war angenehm warm in dem Raum und aus dem Warmwasserbecken stieg ein leichter Lavendel und Rosenduft von den hinzugefügten Ölen auf. Ein heisses Bad würde der übermüdeten und frierenden Axilla sicher gut tun, und auch Serrana selbst freute sich nach der Arbeit im Tempel und der Aufregung des Tages auf sie zu erwartende Entspannung.


    Die junge Iunia schnupperte geniesserisch und zog dann mit Adulas Hilfe ihr Priesterinnen-Gewand aus, um sich in ein einfaches Laken zu hüllen und sich auf eine kleine Bank zu setzen. Während sie auf Axillas Ankunft wartete, begann Adula damit, ihr die hüftlangen Haare durchzukämmen, die durch den langen Tag mittlerweile ziemlich zerzaust waren. Serrana schloss die Augen, ließ ihre Gedanken einfach fließen und begann bereits jetzt, sich spürbar zu entspannen.

  • Auch, wenn sie es nie gedacht hätte, Axilla hatte sich letzten Endes wohl doch vollständig an das ägyptische Klima gewöhnt gehabt. Auch wenn es in Italia nicht so kalt war wie beispielsweise in Germanien, so hätte sie genausogut in 2 passus Schnee stehen können und nicht mehr gefroren als jetzt schon. So war die Einladung für ein heißes Bad mehr als nur willkommen.
    Axilla war noch schnell in ihr neu eingerichtetes Zimmer gegangen und hatte Leander bescheid gegeben. Der arme Kerl, der sein ganzes Leben in Alexandria verbracht hatte, fror noch erbärmlicher als sie, und sie hatte ihn angewiesen, sich was warmes anzuziehen und vielleicht bei den anderen Sklaven hier um Rat zuf ragen, was er machen konnte. Sie konnte ihn ja schlecht mitnehmen zum Baden, damit er sich auch aufwärmte. Serrana hätte dann sicher komisch geschaut.


    So traf Axilla kurz nach ihrer Cousine und nach ein bisschen Suchen in das Balneum und begrüßte ihre Cousine lächelnd.
    “Aah, hier ist es schon viel wärmer“, stellte sie erleichtert fest und begab sich dann auch zu einer Steinbank, um sich aus dem Kleid helfen zu lassen. Ihre Haut darunter war von der Sonne Ägyptens gebräunt, ihre Arme gegen den immer von Kleidung verdeckten und somit noch weißen Bauch fast dunkel. Aber auch die leicht gebräunten Beine verrieten, dass Axilla nicht immer zugeknöpft von oben bis unten herumlief. Sie selbst dachte sich dabei auch nicht das geringste, sie war ja nicht häßlich, und solange sie nicht nackt rumlief, konnte sie selbst an kurzen Tuniken bei einem alexandrinischen Sommer beim besten Willen nichts verwerfliches finden.


    Auch wenn ihre Haare sicher auch vertragen hätten, fein säuberlich gekämmt zu werden, verschob Axilla das lieber auf später. Erstmal wollte sie sich aufwärmen, und vor allem wollte sie nicht nackt oder nur mit einem dünnen Tuch bekleidet im Bad rumstehen.
    “Wollen wir?“ fragte sie also freudig Serrana und begab sich schon, ohne eine Antwort wirklich abzuwarten in das herrlich warme Wasser.

  • Als sie die Stimme ihrer Cousine hörte, öffnete Serrana die Augen und lächelte Axilla erfreut an.


    "Schön, dass du gekommen bist." sagte sie dann und wies auf das Tablett mit verschiedenen Getränken, die sie hatte vorbereiten lassen.


    "Falls du Durst haben solltest, ich habe Saft und etwas verdünnten Wein bringen lassen, bedien dich bitte einfach."


    Nach diesen Worten gab sie Adula ein Zeichen, mit dem Kämmen aufzuhören und steckte ihr Haar mit ein paar Handgriffen nach oben. Dann stand sie auf, wickelte sich aus dem Laken und stieg zu Axilla ins Wasserbecken, wo sie sich wohlig aufseufzend auf einer Stufe niederließ und bis zum Hals im warmen Wasser eintauchte.


    "Ich hoffe, du bist mit dem Zimmer zufrieden, dass Araros hat herrichten lassen." sagte Serrana dann an ihre Cousine gewandt. "Man hätte es sicher schöner dekorieren können, aber leider wusste ich ja nicht, dass du kommen würdest." fügte sie entschuldigend hinzu. "Geht es deinem Magen denn schon wieder etwas besser?"

  • Oh, das Wasser war wunderbar warm. Mit einem leises Seufzen ließ sich Axilla tiefer sinken, bis ihr Mund schob von Wasser bedeckt war und ihre Nasenspitze gerade so eben noch aus der Oberfläche herausschaute. Ihr langes Haar sog sich angenehm voll und zog so schwer ihren Kopf leicht in den Nacken. Verträumt ließ Axilla es zu und schloss einen Moment einfach genießerisch die Augen, ehe die stimme ihrer Cousine sie wieder zurück aus dieser kleinen, mit Duftwasser durchtränkten Traumwelt holte.
    “Saft vielleicht nachher. Ich und Wein... das ist keine gute Kombination.“
    Bei Silanus im Bad hatte sie davor Wein getrunken, als sie Timos getroffen hatte, hatte sie Wein getrunken, selbst bei Archias hatte sie Wein getrunken. Bei Serrana bestand zwar wohl eher weniger die Gefahr, dass sie beide dann zusammen in einem Cubiculum verschwinden würden, aber bevor Axilla das Schicksal noch herausforderte – immerhin sollte man niemals nie sagen, auch wenn Axilla ganz eindeutig Männer bevorzugte – ließ man es besser gleich bleiben. Und wenn sie sich richtig erinnerte, hatte sie auch Wein getrunken, als sie seinerzeit Marcus Achilleos in Grund und Boden gebrüllt hatte.... Nein, Wein und sie waren definitiv keine Freunde.


    Noch einmal tauchte sie spielerisch leicht unter und schob sich beim Auftauchen die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ohja, Baden war einfach etwas herrliches. Auch wenn sie jetzt schon wieder das Gefühl hatte, dass um sie herum alles sich bewegte, was ihrem Magen einfach nicht gefallen wollte, war es dennoch entspannend.
    “Ohja, das Zimmer ist schön. Wirklich.“
    Axilla beobachtete ihre Cousine kurz aus dem Augenwinkel. Irgendwie wirkte sie so angespannt. Meistens war Axilla ja auch irgendwie überdreht und bemüht, aber bei sich selbst bemerkte sie das natürlich nicht. Bei Serrana nun aber irgendwie schon. Fragend legte sie leicht den Kopf schief.
    “Wohnst du hier jetzt eigentlich ganz alleine in dem großen Haus?“ fragte sie dann plötzlich, weil es ihr gerade so durch den Sinn gegangen war. Von Regulus hatte Axilla schon ewig nichts mehr gehört, und sie meinte auch, der wäre in Mantua gewesen. Und Merula war ja nun auch in Alexandria. Genau genommen hatte Axilla nicht die geringste Ahnung, ob sie sonst noch Verwandte in Rom hatte.

  • Serrana lächelte, als Axilla plötzlich wie ein kleines Kind im Wasser untertauchte und dann mit tropfnassem Kopf wieder an der Oberfläche erschien. Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen im Atrium machte ihre Cousine einen zufriedenen und enspannten Eindruck, und Serrana war froh, die Idee mit dem gemeinsamen Bad gehabt zu haben.


    Um so besser, dass Axilla keinen Wein trinken wollte, auf diese Weise kam sie selbst auch nicht in Versuchung. Zwar hatte sie erst einmal in ihrem Leben zuviel davon getrunken, aber an ihren elenden Zustand danach in den Thermen konnte sie sich immer noch hervorragend erinnern. Nicht einmal Minos, der kretische Stier, hatte sich derartig in ihr Gedächtnis eingebracht, und dabei war der doch das schönste männliche Geschöpf gewesen, das sie bis dahin in ihrem Leben gesehen hatte.


    Serrana griff hinter sich nach einem Kelch mit Saft, nahm einen Schluck und wandte sich dann wieder Axilla zu.


    "Es freut mich, dass dir das Zimmer gefällt. Wenn du noch irgendetwas brauchen solltest, sag einfach Bescheid." antwortete sie dann erleichtert. Irgendwie war sie durch die plötzliche Ankunft der anderen Iunier ein bisschen in die Rolle der Gastgeberin gerutscht, und das irritierte sie ein wenig. Zumal sie selbst ja im Grunde auch nur ein Gast dieses Hauses war, sie war nur zufällig ein paar Monate früher als Axilla angekommen. Gut, dass Silanus jetzt wieder in Rom war, da konnte sie diese Aufgabe guten Gewissens wieder abgeben und sich wieder aus dem Rampenlicht zurückziehen, das der eher zurückhaltenen und schüchternen Serrana nach wie vor unangenehm war.


    "Ja, seit meiner Ankunft hier im Hochsommer habe ich ganz allein hier im Haus gelebt." sagte sie dann und erinnerte sich mit leichtem Unbehagen wieder daran, wie sie mutterseelenallein mit ihrem wenigen Gepäck vor der Casa Iunia gestanden hatte. "Als ich ankam war niemals von der Familie hier, aber ich musste damals unbedingt von zuhause weg, deshalb bin ich trotzdem eingezogen. Und die Sklaven haben so gut für mich gut gesorgt, dass ich mich ganz schnell eingelebt habe."


    Serrana lehnte sich zurück und betrachtete eine Weile die Decke des Balneums, an der sich im flackernden Licht die Bewegungen des Wassers widerspiegelten.


    "Warst du eigentlich schonmal hier, oder hast du immer in Ägypten gelebt? fragte sie dann neugierig und sah wieder ihre Cousine an.

  • Axilla hörte der Erzählung ihrer Cousine zu, während sie sich weiter genüsslich zurücklehnte und die Augen wieder für einen Moment schloss. So langsam kroch die Wärme in ihren Körper, entspannte die Muskeln und hinterließ dieses herrlich schläfrig erschöpfte Gefühl. Dazu noch der Duft, der durch die feuchte Luft schwebte, von Blumenölen und ein paar Kräutern... Axilla merkte, wie müde sie doch eigentlich war, und wie wenig sie auf dem Schiff doch geschlafen hatte wegen der ganzen Übelkeit.


    “Wieso musstest du von zuhause weg?“ fragte sie so fast im Halbschlaf, aber trotzdem interessiert, ohne darüber nachzudenken. Dass Serranas Vater tot war wusste Axilla ja. Aber deshalb musste man ja normalerweise nicht gleich von zuhause weg. Und so, wie Serrana es gesagt hatte, klang es doch ein bisschen ernster.


    Doch dann kam die Cousine auf das leidige Thema von Axillas eigener Vergangenheit zu sprechen, und mit einem leisen Räuspern setzte sich die Iunia doch wieder gerade hin und versuchte, möglichst wach zu sein.
    “Öhm, nein. Hrrm, also, Vater hatte ein kleines Landgut damals für meine Mutter und sich erstanden. Es liegt etwas außerhalb von Tarraco. Nichts besonderes, ein paar Felder, ein kleiner Weinberg, dessen Wein man niemandem anbieten sollte, mit dem man keinen Krieg anfangen will, ein paar Wildpferde, die ab und an mal vorbeischauten, und viel Wald. Aber nachdem Vater gefallen war, wurde Mutter immer kranker, und als sie schließlich gestorben war, musste ich das Haus und alles verkaufen. Wir hatten ein paar Schulden, und ich wollte die Sklaven freilassen, und... naja, dann bin ich nach Alexandria zu Silanus. Das ist jetzt... uff... eineinhalb Jahre müsste das her sein.“
    Axilla schaute beim erzählen auf die Lichtreflexe auf der Wasseroberfläche. Diese leicht hypnotische Bewegung der Lichtpunkte half ihr, ihren Geist von der schrecklichen Wahrheit abzulenken, so dass es fast unbekümmert klang, als sie erzählte. Ja, jetzt am Ende lachte sie sogar und plapperte fröhlich weiter. “Im ersten Sommer in Alexandria hab ich geglaubt, ich würde vor Hitze sterben. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich daran je gewöhnen würde. Und schau jetzt mal! Sitz ich hier mit dir bei einem heißen Bad, damit ich nicht friere, und dabei ist es noch nichtmal so richtig kalt.“ Lachend schüttelte sie den Kopf und drehte sich danach nach den Kelchen um, ließ eine Sklavin etwas Saft einschenken. Eigentlich war sie nicht wirklich durstig, aber das Trinken gab ihr ein bisschen das Gefühl, sich zu verstecken, so dass ihre Cousine nichts merkte.

  • Warum sie von zuhause weg musste? Bei dieser Frage musste Serrana automatisch an die vielen Tage und Nächte denken, die es gebraucht hatte, bis sie ihre gewohnte Fügsamkeit abgelegt und sich wirklich dazu durchgerungen hatte, ihr gewohntes Heim zu verlassen und nach Rom zu gehen, ohne zu wissen was sie dort erwarten würde. Und seitdem hatte jeder einzelne Tag sie darin bestätigt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war.


    Aber wie konnte man das am besten erklären?


    "Nun, ich hab die letzten zehn Jahre bei meinen Großeltern auf dem Land gelebt. Meine Mutter ist bei der Geburt meines Bruders gestorben als ich fünf war, und mein Vater wusste wohl nicht, was er mit mir anfangen sollte und hat mich dann zu den Eltern meiner Mutter gebracht. Großmutter wollte mich schon seit einigen Monaten mit unserem Nachbarn verheiraten, aber Großvater war dagegen, weil ich diesen Mann so schrecklich fand. In diesem Frühjahr ist Großvater dann aber leider plötzlich gestorben, und da hatte ich keine Wahl mehr. Im August hätte die Hochzeit stattfinden sollen, da bin ich einfach abgehauen...." erzählte Serrana zu Beginn noch ein wenig stockend, aber nach und nach mit festerer Stimme.


    Nachdem sie ihre eigene Geschichte zuende erzählt hatte, hörte sie mit wachsendem Interesse ihrer Cousine zu. Tarraco....lag das nicht in Hispania? Axillas Geschichte klang traurig, offenbar hatte auch sie schon früh ihre Eltern verloren und damit zugleich auch ihren Besitz. Serrana sah Axilla mitfühlend an, aber als diese dann von Alexandria erzählte, leuchteten ihre Augen unwillkürlich auf und sie lehnte sich ein bisschen vor.


    "Es muss wundervoll in Ägypten sein. Ich wünschte ich könnte all die die Dinge dort auch irgendwann mal sehen!" sagte sie schwärmerisch und griff wieder nach ihrem Kelch.


    "Aber ehrlich gesagt bin ich auch sehr froh, dass du jetzt hier bist, ich hab mich schon ein kleines bisschen einsam gefühlt in diesem Haus so ganz allein."

  • Vor einer Hochzeit abgehauen? Einerseits konnte Axilla das ja schon verstehen. Wenn der Mann wirklich so schlimm war, wie der Großvater gedacht hatte, dann war das wohl verständlich. Aber andererseits... Axilla wusste nicht, ob sie einen standesgemäßen Antrag ablehnen würde. Sie hatte den von Silanus abgelehnt, weil das für den Ruf ihrer Familie einen herben Schlag bedeutet hätte. Aber einen annehmbaren von einem Mann mit dem entsprechenden stand und genügend Geld, der ihr auch erlauben würde, ihren Vater in den Totenkult der Kinder zu integrieren...? Das war eine andere Sache, die Axilla auch noch bevorstand. Und dass das noch bevorstand, versetzte Axilla ein mulmiges Gefühl – entweder das, oder ihr war wirklich schlechter, als sie gedacht hatte.


    “Welcher Großvater eigentlich? Unserer, oder der Vater deiner Mutter?“
    Axilla hatte ihren eigenen Großvater nie kennengelernt. Sie wusste so aus dem Kopf nichtmal, wann der gestorben war, sie wusste nur, er war tot. Sie fragte deshalb rein aus Neugier, und um von dem Thema ein wenig abzulenken.


    Zum Glück aber lenkte Serrana noch weiter ab und kam auf Ägypten zu sprechen. Jetzt lächelte Axilla ehrlich – auch wenn es sehr viel Übung bedurfte, den Unterschied zu ihrem unehrlichen Lächeln zu sehen. Vermutlich konnte das gerade Mal Leander, und auch da war sich Axilla nicht sicher.
    “Oh ja, Ägypten ist wirklich toll. Es ist so... anders Also, ich weiß ja gar nicht, wie Rom ist, aber alle sagen, Alexandria ist anders. Da ist es so... ich weiß nicht, es ist schwer zu beschreiben. Das Leben dort hat eine eigene Zeit, die Leute nehmen sich Zeit. Die Griechen sind sowieso lustig. Zu bunt, zu laut, zu groß gibt es bei ihnen glaube ich nicht. Alles muss immer noch bombastischer sein als das, was vorher war. Das ist... als würde man die ganze Zeit mit Faunen spielen.“ Besser konnte Axilla es einfach nicht erklären. Dieses Flaire, das Leben dort, das musste man erlebt haben, sonst konnte man es nicht vergleichen. Natürlich war nicht alles so rosarot, wie Axilla es malte, allerdings vergaß die Iunia die schlechten Seiten zu gerne bei allem und jedem.
    Axilla stellte ihren Becher weg, als ihr eine Idee kam. “Weißt du was? Ich fahr ja im Frühjahr oder Sommer wieder zurück. Dann komm doch einfach mit? Urgulania wird sich sicher freuen! Kennst du sie eigentlich? Unsere Groß...Schwager...Cousine? Oder so. Sie hat mich damals in Ägypten begrüßt, und ich war jetzt das letzte Jahr fast allein mit ihr in Alexandria. Sie ist in der Politik, kannst du dir das vorstellen? Exegetes! Das ist sowas wie ein Pontifex... oder so ähnlich. Sie hat die Übersicht über die Tempel.
    Und das sag ich dir, die Griechen können Tempel bauen! Das Paneion ist eine riesige Anlage! Da gibt es einen großen Tierpark, und ein Botanikum, und ganz oben auf dem Hügel, von dem aus man dann gaaaanz weit ins Land sehen kann, steht dann das Heiligtum für Faunus. Und das ist ncihtmal der Hauptgott der Stadt. Die sind wirklich... hui...“

    Axilla plapperte und plapperte einfach immer weiter und merkte nichtmal, wie sie von einem Thema zum nächsten und weiter sprang. Sie erzählte einfach gerne von Ägypten. Irgendwie hatte sie sich in das Land und die Menschen dort verliebt.
    “Und vielleicht darf ich bei Nikolaos auch als Scriba dann weitermachen. Kannst du dir das vorstellen? Ich bin richtiger Scriba, vom Prosekoui... vom höchsten Tier im Museion, der auch gleichzeitig Gymnasiarchos ist. Das ist in etwa... puh, schwer zu beschreiben. Der ist für die Ausbildung der jungen Leute verantwortlich und hat die Aufsicht darüber, wer Bürger der Stadt ist und wer nicht und sowas.“
    In einer kurzen Atempause schaute Axilla zu ihrer Cousine und lächelte diese einfach an. Dass sie Serrana zugetextet haben könnte, kam ihr auch jetzt noch nicht in den Sinn. “Hast du eigentlich irgendeine Arbeit oder etwas, womit du dir die Zeit vertreibst?“

  • Täuschte sie sich, oder sah Axilla ein wenig überrascht aus, als sie ihr von der geplatzten Hochzeit erzählte? Hätte man Serrana diese Geschichte erzählt, wäre sie vermutlich auch ziemlich schockiert gewesen, aber sie war immer noch sicher, dass die bislang wichtigste Entscheidung in ihrem Leben auch die beste gewesen war.


    "Mein Großvater Lento." antwortete sie dann auf Axillas erste Frage. "Unseren gemeinsamen Großvater habe ich niemals kennengelernt, ehrlich gesagt, weiß ich im Grunde überhaupt nichts über meine iunische Familie." Serrana seufzte leise und trank noch einen Schluck Saft.


    "Meine Großmutter wollte meinen Vater unter gar keinen Umständen zum Schwiegersohn, weil er weder Geld noch Land besaß, und nachdem meine Mutter gestorben ist, hat sie regelrecht angefangen, ihn, und alles was mit seiner Familie zusammenhing zu hassen."


    Serrana sah ein wenig betrübt ins Wasser und war Axilla sehr dankbar, als diese plötzlich das Thema wechselte und über Ägypten schwärmte.
    Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich fast einbilden selbst dort zu sein und all die Dinge zu sehen, die ihre Cousine gerade beschrieb.


    "Das hört sich toll an." sagte sie dann lächelnd und mit leuchtenden Augen und ließ sich ein bisschen von Axillas Begeisterung anstecken.
    "Ich würde die Stadt wirklich sehr gern einmal in meinem Leben sehen und natürlich auch unsere Verwandte dort kennenlernen. Meinst du denn, sie hätte nichts dagegen, wenn ich mitkommen würde? Urgulanias Namen kenne ich aus unserem Stammbaum, aber sonst weiß ich leider nichts von ihr." fügte sie bedauernd hinzu.


    Nachdem ihr Axilla von ihrer beeindruckenden Arbeit als Scriba erzählt hatte, war Serrana doch sehr froh, dass sie selbst auch ein bisschen was erzählen konnte.


    "Ich mache eine Ausbildung im Cultus Deorum." sagte sie dann mit echtem Stolz in der Stimme. "Und wenn alles gut läuft und ich alle Prüfungen bestehe, dann werde ich bald Minerva-Priesterin sein"

  • Axilla hatte keine Ahnung, zu welcher Gens 'Großvater Lento' denn gehörte, und warum Serranas Vater da als schlechte Partie hätte gelten sollen. Sie waren immerhin Iunii, und auch wenn sie keinen hohen Ämter im Moment für sich verbuchen konnten, so war es doch immerhin ein sehr alter und sehr großer Name. Sie hatten die Republik gegründet! Und sie waren lange Zeit eine patrizische gens gewesen, das musste doch etwas wert sein. Und so schlechte Partien waren sie nun auch wieder nicht gewesen, Vater und seine Brüder. Alles waren vielversprechende junge Männer ihrerzeit gewesen. Was daran nun so unpassend sein sollte, dass man kein gutes Haar daran lassen konnte? Axilla verstand es nicht.


    Aber bevor Axilla da weiter darüber nachdenken konnte, kam das Gespräch eben auf Ägypten, und dann war diese ganze verzwickte Situation sowieso vergessen. Je mehr Axilla plapperte, umso weniger dachte sie nach. Ein Zustand, den sie nur allzusehr selbst begrüßte, denn nachdenken brachte auch ihre Gedanken zu häufig auf schwermütige Themen, gerade jetzt, wo Silanus quasi nebenan war und sein Zimmer bezog.
    “Urgulania? Sie ist toll. Also, ich muss ja zugeben, am Anfang hatte ich fast Angst vor ihr. Sie ist so... so...“ Axillas Hände fingen an, mitzusprechen, als könne sie das passende Wort so leichter greifen. “Sie ist einfach toll. So redegewandt und selbstsicher. In ihrer Nähe verhalten sich immer alle ganz brav und manierlich, weil sie diesen Blick so gut kann. Du weißt schon, diesen 'Du weißt, was du falsch gemacht hast und solltest dich schämen, eine Dame so zu behandeln'-Blick. Aber nicht böse dabei, mmhmmh, sondern charmant und... ach... Aber du wirst sie dann sicher kennenlernen und verstehen, was ich meine.“
    Wenn Axilla von ihrer Cousine sprach, dann leuchteten ihre Augen dabei. Sie bewunderte Urgulania wirklich, war sie doch all das, was Axilla nicht war. Axilla war wild und gedankenverloren und verspielt und alles in allem wandelndes Chaos. Urgulania war dahingehend dann eher das Gegenteil zu Chaos, war eher Kosmos, Ordnung, Ruhe, Ausgeglichenheit. All das, was Axilla anstrebte.


    Als Serrana von ihrer Priesterinnen-Ausbildung zuende erzählt hatte, spritzte Axilla einmal verspielt etwas Wasser in ihre Richtung und kicherte dabei ein wenig. “Du schaust gar nicht so ernst aus. Und, macht es dir Spaß? Ich könnte mir das für mich gar nicht vorstellen.“
    Nicht zuletzt, nachdem sie nach dem Tod ihrer Mutter beschlossen hatte, keinem Gott mehr als absolut und unbedingt notwendig zu opfern. Die hörten einem ja so oder so nicht zu. Den Ahnen opferte und gedachte sie, natürlich, aber die Götter und sie... das war etwas anderes. Daher konnte sie sich auch nicht vorstellen, Priesterin zu werden. Selbst wenn ihr etwas leichtlebiger Lebenswandel dem nicht so oder so im Wege stehen würde.

  • Axilla kommentierte die Abneigung ihrer Großmutter gegen die iunische Gens in keinster Weise und Serrana hoffte inständig, dass ihre Cousine sie nicht falsch verstanden hatte. Schließlich gab Laevinas Feindseligkeit ja in keinster Weise Serranas eigene Einstellung zu ihrer Familie wieder, sie hatte einfach nur das Problem, dass man ihr jahrelang alle wichtigen Informationen vorenthalten hatte. Aber vielleicht würde es ihr ja mit Axillas und Silanus' Hilfe gelingen, ein paar ihrer Wissenslücken zu schließen und ein bisschen mehr über ihren Vater und die anderen Iunier zu erfahren. Dann hätte sie vielleicht auch endlich nicht mehr das Gefühl, dass sie einen Teil von sich gar nicht kannte...


    "So, wie du über Urgulania sprichst, muss sie wirklich eine sehr beeindruckende Frau sein." antwortete Serrana nachdenklich, als Axilla in ihrem Redestrom gerade mal eine kleine Pause machte. Redegewandt und selbstsicher wäre sie selbst auch zu gern, aber zur Zeit war sie von Beidem noch meilenweit entfernt.


    "Es muss schön sein, in der Familie so jemanden zum reden zu haben. Bislang hatte ich da nur meine Großmutter, und der erzähle ich freiwillig gar nichts, weil sie sich ohnehin immer nur aufregt."


    Als sie ein paar Spritzer Wasser von Axilla abbekam, wurde Serrana jedoch wieder aus ihren wehmütigen Gedanken gerissen und kicherte, bevor sie sich ebenfalls mit einer Ladung Wasser bei ihrer Cousine revanchierte.


    Komisch, dass so viele Menschen den Priesterberuf mit Ernsthaftigkeit in Verbindung brachten, sie selbst hatte darüber noch nie nachgedacht.


    "Ich weiß nicht, ob Spaß das richtige Wort dafür ist." sagte sie dann nachdenklich und spielte dabei mit einem Schwamm im Wasser herum.
    "Ich kann es nicht wirklich gut erklären, aber irgendwie bin ich einfach glücklich, wenn ich im Tempel bin, es gehört ganz einfach zu mir...
    Eigentlich habe ich mein ganzes bisheriges Leben ständig das Gefühl gehabt, irgendetwas falsch zu machen. Nur bei der Entscheidung Priesterin zu werden, war ich mir von Anfang an immer sicher.
    " Wie immer, wenn Serrana von ihrer Berufung erzählte, leuchteten ihre Augen, ohne dass ihr das überhaupt bewusst war.


    Dann wandte sie sich wieder Axilla zu und sah diese neugierig an. "Und du kennst Silanus aus Ägypten? Was hat er denn da gemacht?" fragte sie arglos in der Hoffnung, endlich ein bisschen mehr über die lang vermissten iunischen Verwandten zu erfahren.

  • “Oh ja, das ist sie“ bestätigte Axilla etwas schwärmerisch und lauschte dann ihrer Cousine.


    “Ach, deine Großmutter ist auch hier?“ fragte sie gleich etwas überrascht. Es hatte ja so geklungen, als wäre Serrana durchaus etwas weiter weggelaufen. Aber so, wie es sich jetzt anhörte, konnte die Großmutter so fern ja nicht sein. Und es überraschte sie, dass die beiden Frauen dann noch solchen Kontakt pflegten. Kurz musste Axilla überlegen, ob Serrana jetzt eigentlich wie sie auch sui iuris war oder nicht.
    “Hast du eigentlich einen Tutor?“ fragte sie daher, ohne darüber nachzudenken. Silanus war ja ihr Tutor gewesen, bis er sie emanzipiert hatte, so dass sie jetzt in sämtlichen Belangen sui iuris war und für sich selbst entscheiden und sprechen konnte. Eigentlich ein wunder, dass sie das noch nicht in Schwierigkeiten gebracht hatte.


    “Oh, das Gefühl kenn ich aber auch. Mein Lehrer früher hat immer gemeint, ich würde soviel Chaos in mir tragen, dass es ein Wunder ist, dass ich als Mensch geboren wurde und nicht gleich als Eichhörnchen.“ Axilla lächelte etwas verlegen. Sie wusste ja um ihre Fehler, aber sie musste sie der Cousine ja nicht gleich vollständig auf die Nase binden.


    Allerdings lenkte ihre Cousine das Gesprächsthema geschickt auf Silanus, und jetzt war es Axilla, die sich in der Defensive fühlte. Warum fragte sie denn ausgerechnet nach Silanus? Bestimmt, weil sie vorhin so seltsam reagiert hatten.
    “Ähm, ja, genau. Er war Tribunus augusticlavius bei der Legio dort. Aber dann wurde er ja befördert zum Präfekt der Ala in Germania und ist vor über einem halben Jahr dann dorthin gegangen.“
    Während sie erzählte, schaute sie Serrana nicht an. Sie planschte ein wenig im Wasser herum und versuchte, möglichst unauffällig dabei zu sein. Schließlich wollte sie weder sich noch Silanus verraten, auch nicht der Familie gegenüber.

  • Serrana wünschte sich bereits, sie hätte ihre Großmutter in diesem Gespräch gar nicht erwähnt. Aber leider war es kaum möglich, etwas über ihr bisheriges Familienleben zu erzählen, ohne auch auf Laevina zu sprechen zu kommen. Am besten würde es wohl sein, das unerfreuliche Thema schnell abzuhaken, mit etwas Glück konnte man es danach einfach unter den Tisch fallen lassen.


    "Ja, Großmutter ist jetzt auch in Rom, sie gehört ursprünglich zur Gens Germanica und lebt auch dort bei ihrer früheren Familie. Ich hatte eigentlich gehofft, sie würde in der Campania auf ihrem Landgut bleiben, aber scheinbar ist es ihr dort zu langweilig geworden." seufzte Serrana und begann wieder die Decke anzustarren, an der nach wie vor die Lichtpunkte flimmerten.
    "Und einen Tutor habe ich nicht, aber den braucht man auch nicht, wenn man bei so einer Frau aufwächst, die über jeden Schritt den man macht mit Argusaugen wacht. Doch einen Vorteil hat ihre Abneigung gegen die Iunier immerhin: sie kommt so gut wie nie hierher, und das macht mein Leben um einiges leichter...."


    Als Axilla auf ihre Frage nach Silanus antwortete, wandte sich Serrana ihr automatisch wieder zu und hatte plötzlich das Gefühl, als wiche ihre Cousine ihrem Blick aus. Komisch eigentlich, schließlich hatte sie doch nur eine ganz harmlose Frage gestellt. Serrana war ein wenig irritiert, beschloss dann aber sicherheitshalber das Thema zu wechseln, schließlich wollte sie Axilla ja nicht bei ihrem ersten Beisammensein direkt vergraulen. Als ihr dann eine wirklich absolut unverfängliche Frage einfiel, ging ein erleichtertes Lächeln über ihr Gesicht.


    "Sag mal, wie alt bist du eigentlich?" Dass Axilla ungefähr in ihrem Alter war, war offensichtlich, aber genau konnte Serrana es nicht abschätzen.

  • Axilla wusste gar nicht, dass sie Verbindungen zur Gens Germanica hatten. Naja, rein rechtlich waren sie ja dadurch nicht verwandt, galt Verwandtschaft doch nur über die väterliche Linie. Aber trotzdem war das durchaus interessant, denn soviel hatte sie dank Urgulania und Nikolaos von Politik gelernt: Wenn man einmal eine Verbindung zu jemandem hatte, konnte man die auch nach Jahren leichter wieder aufleben lassen, als eine völlig neue zu erschaffen. Nicht das Axilla zum einen oder anderen auch nur ansatzweise in der Lage gewesen wäre.
    “Naja, ich weiß ja nicht, ob du dich von ihr in rechtlichen Dingen auch vertreten lassen möchtest...“, kommentierte Axilla die Aussage mit dem Tutor etwas ausweichend. Sie hatte keine Ahnung von Großmüttern, sie hatte ihre nie gekannt. Und so direkt nachfragen, ob Serrana nun sui iuris war oder doch irgendwie unter der großmütterlichen Fuchtel stand, wollte sie jetzt auch nicht, irgendwie erschien ihr das unverschämt. Und ganz ab und zu hatte sie ja doch sowas wie Anstandsgefühl.


    Doch zum Glück wechselte Serrana das Thema und bohrte auch nicht weiter wegen Silanus nach. Axilla war soewieso der Auffassung, dass nach der doch recht peinlichen Begrüßung jeder ihr an der Stirn müsse ablesen können, was passiert war. Natürlich war das Blödsinn, aber das hieß ja nicht, dass sie sich nicht trotzdem so fühlte.


    “Ich bin 17. Ich werd 18 im Frühjahr,“ antwortete sie also leichthin, ehe sich wieder dieses beständig schlechte Gewissen meldete. Sie sah etwas verlegen fast schon drein, als sie sich ihrer Cousine zuwandte. “Ich weiß, ich sollte eigentlich auch heiraten. Aber in Ägypten gibt es wirklich nur Peregrini und Soldaten“ Sie machte eine etwas hilflose Handgeste. “Und... naja, es hat sich halt ncihts passendes ergeben. Soll ja auch angemessen sein, und so...“
    Wieder planschte Axilla etwas unruhig mit dem Wasser, weil sie verlegen war, ehe sie sich von einer auf die andere Sekunde mit einem strahlenden Lächeln wieder gefangen hatte. “Und du? Wie alt bist du? Und nachdem die eine Hochzeit geplatzt ist... weißt du schon, was du machen willst?“

  • Bei Axillas erster Bemerkung musste Serrana unwillkürlich lachen, auch wenn dabei unüberhörbar etwas Bitterkeit mit durchklang. Ihr sui iuris Status mochte ihr sicherlich einige Freiheiten bieten, doch Laevina hatte sie seit frühester Kindheit mit ihren Erziehungsmethoden derartig eingeschüchtert, dass sie es bis vor wenigen Monaten niemals gewagt hätte, sich gegen eine ihrer Entscheidungen zur Wehr zu setzen. Erst jetzt, mit ein wenig Abstand und wachsender Erfahrung, wurde Serrana zunehmend bewusst, was sie sich jahrelang hatte gefallen lassen. Kein Wunder, dass aus ihr so ein verschrecktes Etwas geworden war, auch wenn sie in den letzten Wochen schon ein wenig mehr Selbstbewusstsein entwickelt hatte.


    "Was ich möchte oder nicht, ist meiner Großmutter herzlich gleichgültig. Irgendwann wirst du sie sicher mal kennenlernen. Dann verstehst du, was ich meine." sagte sie daher nur in leicht resigniertem Tonfall und verzichtete auf weitere Erklärungen.
    "Auf jeden Fall kannst du froh sein, dass sie zu meiner Verwandtschaft mütterlicherseits gehört..."


    Da war das nächste Thema doch deutlich angenehmer! Serrana hörte Axilla aufmerksam zu, als diese davon sprach, in absehbarer Zeit heiraten zu müssen und schüttelte dann beschwichtigend den Kopf.


    "Unsinn, mach dir doch darüber keine Gedanken. Du bist noch so jung, da hast du noch jede Menge Zeit, um dich in Ruhe umzuschauen. Und hier in Rom hast du jede Menge Auswahl, warte es nur ab!"Serrana trank noch einen Schluck Saft und lächelte ihre Cousine dann verschmitzt an.
    "Weißt du, hier in dieser Stadt gibt es so viele Veranstaltungen oder Feste, da lernt man ganz schnell jemanden kennen." Noch während des letzten Satzes spürte sie, wie ihr die altbekannte verlegene Röte ins Gesicht stieg und schaute schnell wieder nach oben zur Decke, in der Hoffnung, dass es Axilla nicht auffallen würde.


    "Ich hab übrigens auch im Frühjahr Geburtstag", antwortete sie schließlich auf die letzte Frage ihrer Cousine, "da werde ich 16. Weitere Pläne habe ich noch nicht gemacht, im Moment bin ich einfach nur froh, dass ich mir nicht Tag und Nacht das Gesicht von diesem Widerling in der Campania anschauen muss." Serrana schauderte und ließ sich noch ein wenig tiefer in das wohlriechende Wasser sinken. Nach einer Weile siegte jedoch die Neugier und sie richtete sich wieder ein wenig auf.


    "Hast du denn bestimmte Vorstellungen, wie dein Traummann sein müsste, damit du ihn heiratest?"

  • Axilla konnte bei dem Thema wirklich absolut nicht mitreden. Sie hatte nie eine Großmutter gehabt, und sie war vollkommen anders aufgewachsen. Irgendwie... freier, wie sie mit einem seltsamen Anflug von Selbsterkenntnis bemerkte. Zwar hatten ihr Lehrer und ihre Mutter immer versucht, ihr Vorschriften zu machen, aber sobald ihr Vater dann daheim war, war das sowieso alles unwichtig gewesen. Dann war sie ohnehin nur an sienen Lippen gehangen und ihm hinterhergelaufen wie ein Hündchen. Und in der Zeit, in der er nicht da war, hatte sie sich ebenso wie der Wildfang benommen, den er an ihr so gerne mochte. Und nach seinem Tod, als Mutter krank war, war es auch wieder anders gewesen. Aber wirklich eine Person, auf die sie hatte hören müssen, weil sie so übermächtig über ihr war, das hatte Axilla nie gehabt. Bei Urgulania war das in gewisser Weise so, aber selbst da hatte sie ihre Freiheiten, die sie sich einfach herausnahm, ohne auch nur darüber nachzudenken. Genausogut hätte man dem Wind einen Befehl erteilen können wie ihr.
    “Hmmhmm“ machte Axilla also nur unbestimmt, weil sie wirklich nicht wusste, was sie dazu hätte sagen sollen oder können.


    Doch dann kam das Thema ziemlich schnell auf etwas weitaus interessanteres. Unbeabsichtigt hatte Axilla wohl den Anstoß gegeben, aber nun waren sie beim Thema: Männer. Auch wenn Axilla herrlich verpeilt meistens war, die Röte im Gesicht der Cousine hatte sie gesehen, und sie lächelte wie eine Füchsin, die einen Hasenbau entdeckt hatte.
    “Naja, ich hab nicht vor, noch erhöhte Steuern zu zahlen, wenn ich mit zwanzig noch immer unverheiratet bin.“ Axilla wusste zwar nicht, wer sowas nachprüfte, aber es galt doch zumindest als sehr unschicklich, so alt und noch kinderlos und unverheiratet zu sein. Eigentlich hätte sie ja schon vier Jahre verheiratet sein sollen. Aber naja, das Leben kam halt anders, wie man dachte.


    Doch dann wurde Axilla nochmal überrascht. “Mein Traummann?“ echote sie ein bisschen perplex, ehe sie mal so wirklich darüber nachdachte. “Öhm, ich weiß nicht. Er muss standesgemäß sein. Und häßlich oder grob darf er nicht sein. Oder arm. Und er muss erlauben, dass Vater in den Totenkult meiner Söhne aufgenommen wird.“ Letzter Punkt war eigentlich der einzig wichtige für Axilla. Ihr Vater hatte keine Söhne, die seinem Genius gedachten, die ihn an den Totenfesten ehrten und anriefen. Seine Seele sollte im Elysium gut verpflegt werden und nicht verschwinden im Nichts des Vergessens. Das war für sie das einzige, das wirklich von großer Bedeutung war und wo Axilla einmal religiös und abergläubisch war.
    “Ich weiß nicht, ob ich von mehr träumen soll. Es heißt ja immer, man sollte besser nicht in seinen Mann verliebt sein...“ Axilla planschte wieder etwas verlegen im Wasser herum. Auch wenn das ganz bodenständig klang, es wühlte sie doch recht auf. Sie wusste, dass das die Antwort war, die sie geben sollte, und auch das, wonach sie sich letztendlich würde richten müssen. Und trotzdem war da dieses kleine Stimmchen, das das Gefühl des Verliebtseins kannte und genoss und nicht darauf verzichten mochte.
    “Warst du schonmal verliebt?“ fragte Axilla also plötzlich und sah die Cousine erst fragend, und dann lächelnd an. Sie wäre vorhin doch nicht rot geworden, wenn es da niemanden gäbe, oder doch?

  • Die Bemerkung über die erhöhten Steuern für "ältere Mädchen" brachte Serrana zum kichern und diesmal war sie es, die ihre Cousine nassspritzte.


    "Du bist ja witzig, das sind ja noch fast drei Jahre, in der Zeit hast du bestimmt schon eine ganze Menge von möglichen Kandidaten kennengelernt."


    Als Axilla dann aufzählte, was sie sich von ihrem zukünftigen Traummann so erhoffte, hatte sie Serranas ungeteilte Aufmerksamkeit. Noch vor gar nicht allzulanger Zeit hätte sie dieses Thema gar nicht so sehr interessiert, aber irgendwie hatte sich bei ihr in den letzten Tagen alles ein wenig verschoben.
    Im großen und ganzen überschnitten sich die Erwartungen ihrer Cousine mit ihren eigenen und daher nickte sie bei den einzelnen Stichwörtern zustimmend.
    Als Axilla jedoch über den Totenkult für ihren Vater sprach, bekam Serrana plötzlich ein schlechtes Gewissen. Darüber hatte sie in ihrem eigenen Fall noch niemals nachgedacht, obwohl das als gute römische Tochter vermutlich ihre Pflicht gewesen wäre. Axilla merkte man deutlich an, wie sehr sie an ihrem Vater gehangen hatte und vermutlich immer noch hing. Serrana spürte zu ihrer eigenen Überraschung, dass sie ihre Cousine im Grunde um diese Gefühle beneidete. Wenn sie an ihren eigenen Vater dachte, war da nach wie vor nur ein gewisses Maß an Bedauern und Unsicherheit. Für wirkliche Trauer oder Verlustgefühle hatte sie ihn einfach zu wenig gekannt, ganz abgesehen davon, dass sie es ihm nach wie vor übel nahm, sie nach dem Tod ihrer Mutter so einfach abgeschoben zu haben, auch wenn das vermutlich damals die sinnvollste Entscheidung gewesen war.


    Axillas letzte Frage erwischte Serrana dann allerdings ohne Vorwarnung, und sie begann verlegen mit dem Schwamm an ihren Armen auf- und abzufahren, während sie fieberhaft nach einer Antwort suchte.


    "Ähm, nun....ja.....ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube schon...." stotterte sie dann und lief endgültig dunkelrot an. Im Moment war sie noch dabei, sich selbst an den Gedanken zu gewöhnen, zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich verliebt zu sein, wie sollte sie es da nur in Worte fassen?

  • Das kennenlernen war wohl eher weniger das Problem. “Naja, ich glaub, die Männer haben Angst vor mir...“ murmelte sie kaum verständlich vor sich hin. Sie hatte ja durchaus schon einige kennengelernt, die akzeptabel gewesen wären, aber gefragt hatte sie deshalb noch lange keiner. Vermutlich, weil sie einfach sie war, und damit einfach nicht im Geringsten so, wie eine gute Ehefrau zu sein hätte.


    Aber das andere Thema war ja ohnehin viel interessanter. Serrana druckste ein wenig herum und lief an wie ein Nachtschattengewächs, das erst in knapp 1500 Jahren in diesen Gefilden bekannt werden sollte. Axilla musste grinsen. “Du glaubst? Du...“
    Erst da bemerkte sie, dass ja noch Sklaven auch hier waren, und sie wusste ja nicht, wie verschwiegen die waren. Und Axilla war doch so neugierig!
    “Ähm, wir brauchen euch jetzt nicht. Kommt doch in einer Stunde wieder, bitte?“ sah sie die Sklaven fragend an. Die reagierten nach einem kurzen Blick auf den Wunsch und verließen das Bad, während Axilla mit Serrana zurückblieb.


    Kaum, dass der letzte den Raum verlassen hatte, rückte Axilla näher und setzte sich direkt neben Serrana im Wasser auf ihre Knie, die Cousine neugierig anstrahlend.
    “Ist er nett? Erzähl schon, wie ist er so? Axilla war wirklich furchtbar neugierig.

  • Im ersten Moment war Serrana sicher sich verhört zu haben. Das konnte Axilla doch wohl unmöglich ernst meinen...


    "Warum sollten die Männer denn vor dir Angst haben? Das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Du bist doch schließlich sehr hübsch und dabei so offen und lebendig, das gefällt doch bestimmt jedem." redete Serrana auf ihre Cousine ein, in der Hoffnung sie von diesem seltsamen Gedanken wieder abzubringen.


    "Weißt du, ich wünschte, ich könnte auch ein bisschen mehr so sein. Mich muss ein Mann nur ansprechen und schon kriege ich kaum noch einen Ton heraus und laufe rot an. Es ist wirklich furchtbar..."


    Serrana seufzte und stellte nur einen kurzen Moment später bei Axillas nächster Frage ihr Talent zum schnellen Farbwechsel eindrucksvoll unter Beweis. Mit einer gewissen Erleichterung bemerkte sie, dass die Sklaven sich bereit machten den Raum zu verlassen und nickte Adula noch einmal bekräftigend zu.
    Aber so peinlich ihr das Ganze auch war, im Grunde brannte sie ja darauf, endlich jemanden etwas davon zu erzählen. Normalerweise wäre Calvena ja die erste gewesen, der Serrana sich geöffnet hätte, aber in diesem speziellen Fall schied die junge Germanica leider aus.


    Aufgeregt wandte sie sich wieder Axilla zu. "Oja, er ist sogar sehr nett. Ich kann mich gut mit ihm unterhalten und er bringt mich zum Lachen." erzählte sie mit leuchtenden Augen. "Naja, und er ist groß und gut aussehen tut er auch." Jetzt wurde sie schon wieder rot und kicherte verlegen.


    Dann kam Serrana jedoch wieder der Gedanke, der sie bereits seit einigen Tagen nicht los ließ und sie seufzte leise und etwas bekümmert auf.


    "Aber ich bin mir nicht sicher, ob er mich auch mag. Ich glaub schon, aber ich kenne mich damit ja überhaupt nicht aus. Weißt du, er ist ein bisschen älter als ich und hat auch ein wichtiges Amt inne, warum sollte er sich da ausgerechnet für mich interessieren?" Sie sah Axilla ein wenig ratlos an. Vielleicht hatte sie ja Glück, und ihre Cousine konnte ihr einen guten Rat geben.


    "Wie ist das denn bei dir? Bist du schonmal verliebt gewesen?" hakte sie daher hoffnungsvoll nach.

  • “Na, dann sagst du wenigstens schonmal nichts falsches, wenn du nichts sagst. Ich hab mir schon hundertmal auf die Zunge gebissen, weil ich etwas gesagt habe, bevor ich darüber nachdenken konnte, und es dann nichtmehr richtig zurücknehmen konnte. Und... ähm... ich glaube... also... das halten viele für... dumm...“
    Es war ja nicht so, dass Axilla wirklich dumm wäre. Sie hatte eine sehr gute Bildung und konnte auch nachdenken und taktisch vorgehen. Nur tat sie es häufig einfach nicht. Sie war nicht dumm, sie war nur vorschnell, aber es gab genug Leute, die sie deshalb nicht für voll nahmen.


    Aber egal, Serranas Traumprinz war sowieso viel interessanter. Axilla biss sich von einem Ohr zum anderen grinsend auf die Unterlippe und lauschte ganz aufmerksam den Worten ihrer Cousine. Sie war nichtmal eifersüchtig, sie fand das nur ganz vollkommen wunderbar.
    “Hast du dich denn schonmal mit ihm unterhalten? Also, allein?“ fragte sie neugierig und versuchte dann, Serrana ein wenig die Sorge zu nehmen. Sie kannte sie nicht gut genug, um ihr irgendein Kompliment zu machen, daher musste es eher allgemein bleiben.
    “Was heißt, etwas älter?“ War ja häufig so, dass die Männer schon an die 30 oder gar 40 waren, während ihre Frauen etwa 15 Jahre alt waren. Das war bei weitem nichts ungewöhnliches.
    “Also, wenn er dich mag, dann siehst du ihm das am Blick an. Entweder schaut er die ganze Zeit zu dir, oder er schaut immer weg, wenn du zu ihm schaust, als hättest du ihn bei irgendwas erwischt. Und warum sollte er dich nur nicht mögen, weil du jünger bist? Du bist doch hübsch! Und … ähm... tugendhaft...“ Musste sie ja, so als angehende Priesterin “... und...strebsam. Und fürsorglich! Sonst hätt ichs jetzt nicht so schön warm hier im Bad.“ Axilla überlegte, ob sie noch irgendwas nettes sagen konnte, als sie von Serranas Frage total überrascht wurde.
    “Ähm, ich? Also... ähm... das war... also...“
    Sie setzte sich wieder um und zog instinktiv die Knie ran. Das war für sie kein angenehmes Thema, also nahm ihr ganzer Körper eine leichte Abwehrhaltung ein. “Ähm, ja, aber... das war nicht so... glücklich. Also, ich hab ihn sehr geliebt, und ich glaube, er mich auch, aber... das ging nicht, weil... wir hätten nicht heiraten können und... das wäre ein Skandal gewesen, deshalb... ähm... hab ich ihn weggeschickt.“
    Das war jetzt sehr kurz zusammengefasst und kratzte nichtmal an der Oberfläche der ganzen Geschichte, aber viel mehr konnte Axilla da nicht darüber sagen, ohne Silanus zu verraten. Und sie war sich auch nicht sicher, wie sehr sie ihrer Cousine jetzt schon vertrauen konnte.

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