Ein Landhaus in der Nähe Alexandrias

  • Von der Straße, die von Alexandria nach Eleusis führt, geht zweigt etwa in der Mitte eine schmale Straße ab und führt zu einem kleinen aber stattlichen Anwesen direkt am Meer, dem einzigen im Umkreis von einer Meile. Die Villa ist nach römischer Art gebaut und befindet sich im Besitz eines ehemaligen Iuridiculus von Alexandria. Seit dieser in eine andere Provinz versetzt wurde steht das Haus leer und nur ein halbes Dutzend Sklaven kümmert sich um das Haus.


  • Nach einem etwas längeren Ritt, kam der Centurio und die Legionäre zu dem Landhaus. Ein ehemaliger Iuridiculus hatte es der Legion zur Verfügung gestellt, falls es einmal Dinge zu erledigen gab, die nicht jeder mitbekommen sollte. Dafür war das Haus ideal, denn es war recht abgelegen und die Sklaven kamen alle aus Rom und plapperten nicht. Im Hof stieg der Centurio ab und zwei der Sklaven kamen gleich heraus, denn sie erkannten die Soldaten als solche und kümmerten sich um die Pferde. Nachdem sich die Legionäre dann an einem Brunnen etwas erfrischt hatten, verteilten sie sich im und um das Haus herum passt auf, falls sich doch jemand hierher verirrte. Nachdem seine Männer nun beschäftigt waren, ging der Centurio nun viel entspannter als noch am Hafen ebenfalls zum Brunnen und bediente sich mit einer Holzkelle aus einem Eimer und trank einen großen Schluck.


    >Willst du auch etwas?<


    fragte er Achilleos nachdem er selbst getrunken hatte und hielt ihm die nun leere Kelle hin. Zwar gab es im Haus später auch noch Getränke, aber nach dem staubigen Ritt war für den Centurio und seine Männer eine willkommene Erfrischung gewesen.


  • Ich stieg ebenfalls vom Pferd ab. Der Ort sah schon konspirativ aus. Wahrscheinlich war er es auch.


    "Nein, danke," lehnte ich das Angebot des Centurios ab, den ich nach wie vor für einen Barbaren in einer zivilisierten Uniform hielt.


  • Der Centurio zuckte nur mit den Schultern und legte die Kelle zurück. Dann ging er auf den Eingang des Hauses zu.


    >Folge mir ins Atrium. Wir haben dort etwas zu besprechen.<


    sagte er und ging zu besagtem Raum. Auf einem bequemen, aber etwas niedrigen Stuhl lies er sich nieder und wies Achilleos den anderen mit einer Handbewegung zu.


    >Nun erzähl mir deine Sicht des Vorfalls am Hafen. Und warum du so schwer gerüstest warst.<


  • Ich setzte mich, wie mir geheißen wurde. Dann machte ich mich daran, die Fragen zu beantworten. "Den Vorfall am Hafen habe ich nicht komplett mitbekommen. Als ich dort eintraf, war schon ein Tumult im Gange, angestachelt durch einen alten Hafenarbeiter. Iunia Axilla hatte versucht, die Menge zu beruhigen, aber erfolglos. Ich hatte es ebenfalls erfolglos versucht. Als dann die Menge die Besatzung des Schiffes angriff, ging es ziemlich schnell. Es gelang einigen, den Seesoldaten Gladii zu entwenden. Da nun ernsthafte Gefahr für Leib und Leben der Seesoldaten bestand, griff ich selbst ein. Ich versuchte gezielt, diejenigen zu neutralisieren, die Gladii entwendet hatten.
    Dass ich dabei auch mit denen, die im Weg standen, nicht allzu zimperlich umgegangen bin, mag vielleicht übertrieben brutal erscheinen. Ich kenne allerdings diesen Menschenschlag aus Rhakotis. Sie respektieren keine Gesetze, sondern lieben die Anarchie und das Recht des Stärkeren. Ich habe also die Sprache verwendet, die sie verstehen: Wer sich gegen die gerechte und von den Göttern gewollte Regierung auflehnt, der stirbt!
    Als dann die Legion eintraf, beruhigte sich die Lage recht schnell. Erlaube mir diese Bemerkung, Centurio: Das war gute Arbeit.


    Kommen wir nun zu der Frage, warum ich in Rüstung und mit gegürtetem Schwert unterwegs bin. Nun, das ist relativ einfach. Man hat schon zweimal versucht, mich zu töten. Da gehe ich lieber keine Risiken ein. Die Rüstung ist, wenn man sie unter der Kleidung versteckt, eine Überraschung für jeden Angreifer und das Schwert sorgt dafür, dass der Angreifer seine Tat bereut und sich danach mit seinen Ahnen unterhalten kann."


  • Der Centurio hörte genau zu und prägte sich die eine oder andere Tatsache genau ein. Nach dem Bericht dachte er erst einige Momente lang nach.


    >Zwei Mal bereits? In was für einer Gesellschaft verkehrst du in der Regel?<


    fragte der Centurio direkt und ignorierte das Lob. Dafür waren sie ausgebildet und er würde sich sicherlich nicht Honig ums Maul schmieren lassen.


    >Stehst du auf irgendeine Art und Weiße im Sold einer römischen oder alexandrinischen Einrichtung?<


    wollte der Centurio nun wissen und versuchte die Frage möglichst neutral stellen. Es konnte schließlich sein, dass der Mann ein Spitzel mit einem besonderen Auftrag oder Ähnlichem war.


  • Ich lachte kurz, aber bitter. "Es ist nicht die Gesellschaft, in der ich verkehre, die mich der Gefahr aussetzt. Es sind vielmehr meine Lehren, die mir Feinde bringen. Meine Weltsicht ist ganz einfach: Zivilisation erfordert Ordnung. Damit die Welt in Ordnung gebracht wird, statten die Götter gewisse zivilisierte Völker und Menschen mit einem Mandat aus, diese Ordnung zu erschaffen. Dieses Mandat heißt Herrschaft. Das griechische Mandat zur Herrschaft ist am inneren Chaos der Griechen gescheitert, so dass es verloren wurde und in fähigere Hände gelegt wurde. In die Hände Roms und dort insbesondere in die Hände von Kaiser und Senat. Wenn man sich nicht gegen die göttliche Ordnung stellen will, dann hat man seinen Platz zu akzeptieren. Nun kennst du aber die griechische Bevölkerung dieser Stadt. Wenn man das denen sagt, schreien die gleich "Hochverrat!". Nunja, sollen sie ruhig. Wenn man dann auch noch versucht, Rhakotis das Gesetz zu bringen, dann gefährdet man einige Geschäfte - illegale Geschäfte. Beides bringt Feinde. Und die wollen mich ganz gerne aus dem Weg räumen."


    Was meinte er denn mit dem Sold? "Ich bin Philologos am Museion - noch. Demnächst wohl auch nicht mehr. Ich werde jedenfalls meine Entlassung beantragen. Nachdem ich eben im Hafen etwas überreagiert habe, bin ich als Priester der Musen und des Apollon vermutlich nicht mehr tragbar." Ich zuckte mit den Schultern. "Es war meiner Meinung nach trotzdem richtig, die Anarchisten zu neutralisieren."


  • >Dann möchte ich dir jetzt eines ganz klar und deutlich erklären: Die Stadtwache und die Legionen sorgen für Ruhe und Ordnung, nicht du! Wir brauchen keine Hilfe um Recht und Ordnung zu erhalten. Das schaffen wir auch allein. Außerdem solltest du als gut gerüsteter und ausgebildeter Schwertkämpfer ja wohl in der Lage sein, jemanden auszuschalten ohne ihm gleich den Kopf abzuschlagen. Vorallem wenn es irgendwelche ungerüstete Hafenarbeiter sind. Selbst bei Notwehr muss eine gewisse Verhältnismäßigkeit gegeben sein.<


    sagte der Centurio am Anfang scharf und danach wurde er wieder etwas freundlich, aber dennoch blieb er ser direkt.


    >Aber da du ja nur die Sache Roms unterstützen wolltest, werden wir dieses eine Mal noch ein Auge zudrücken. Das war schließlich nur ... etwas übereifrige Notwehr. Für die Griechen kann ich allerdings nicht sprechen. Das musst du allein Regeln.


  • "Ich verstehe und werde nicht noch einmal Kompetenzen an mich reißen, die ich nicht habe. Wie gesagt, ich hatte überreagiert. Was die Griechen anbetrifft... wenn sie mich am Kreuz sehen wollen, dann solltet ihr das machen. Die Interessen des Staates stehen immer über den Interessen des einzelnen."


  • >Du bist dir also im klaren, was sie wohl mit dir anstellen. Allerdings wenn du einen wichtigen römsichen Fürsprecher hättest, der dein Handeln glaubhaft legitimiert, sieht die Sache natürlich anders aus. Aber natürlich wäre eine solche Hilfe nicht ganz umsonst. Quid pro quo. Etwas für etwas, pflegen wir Römer zu sagen.<


    meinte der Centurio zu Achilleos. Der Mann hat in Parthia anscheinend einiges Interessantes aufgeschnappt und das war eine sehr nützliche Eigenschaft. Wenn er sie für Rom anzuwenden wusste, dann konnte man ihn dafür helfen.



  • >Das kommt eigentlich auch von uns. Manus manum lavat. Aber das spielt keine Rolle. Nehmen wir einmal an, dass du zum Zeitpunkt des Aufruhrs ein inoffizieller Mitarbeiter warst, der uns zu Hilfe gekommen ist? Oder wenn du nur einen römischen Beamten verteidigt hast, der dich kurzfristig als Leibwächter engagiert hat? Nun dann wäre dein Vorgehen etwas harsch aber vertretbar und selbst wenn es die Alexandriner auf eine Klage ankommen lassen wird man das notwendige arrangieren können. Du würdest unsere Protektion genießen. Im Gegensatz dafür würden wir natürlich auch erwarten, dass du verschiedene Aufgaben für uns erledigst. Wir brauchen immer Leute, die uns über verschiedene Dinge informieren. Außerdem gäbe es ab und zu Aufgaben mit der die Legio offiziel nichts zu tun haben darf.<


  • "Also gut, reden wir Klartext. Ich soll als Informant für die Legion arbeiten. Gut, das ist kein Problem. Es wäre mir eine Ehre. Die andere Sache allerdings, da muss ich doch genauer nachfragen. Was sind diese 'Aufgaben', mit denen die Legio offiziell nichts zu tun haben darf? Ich will es ganz klar sagen, ich habe kein Problem damit, Unruhestifter auszuschalten. Das wissen wir spätestens seit eben am Hafen. Ich habe aber sehr wohl ein Problem damit, Menschen zu schaden, von deren Schuld ich nicht überzeugt bin. Und ich behalte mir vor, selbst über Schuld und Unschuld zu urteilen. Darüber hinaus möchte ich zunächst einmal meinen inneren Frieden wiederfinden. Während dieser Zeit ist es sicher klüger, wenn ich keine dieser besonderen Aufgaben erhalten würde. Schon allein, um unnötige Kollateralschäden zu vermeiden. Schließlich wäre dann noch eine Sache zu klären: Sprichst du im Namen des Praefectus Legionis mit mir? Oder des Praefectus Aegypti? Anders ausgedrückt, bist du legitimiert, mich in den Dienst Roms zu übernehmen?"


  • >Meine Güte, warst du schon immer so blutrünstig? Selbst wenn wir jemanden beseitigen wollen, dann haben wir genügend Möglichkeiten dafür. Es geht eher um diplomatische Aufgaben, aber das spielt derzeit keine Rolle.<


    meinte der Centurio sogleich. Einen Meuchler mit Moralkodex der sich vorbehielt selbst zu urteilen? Wer konnte sojemanden schon brauchen.


    >Ich spreche für einen Praefectus Castrorum mit besten Beziehungen zu den anderen beiden von dir genannten Praefekten. Mehr musst du nicht wissen.<


  • "Nein, ich bin nicht immer so blutrünstig. Nur in letzter Zeit. Ich kann Aufständische nicht ausstehen. So was macht mich aggressiv." Ich atmete tief durch. "Ich bitte meinen Mangel an Selbstbeherrschung zu entschuldigen. Was diplomatische Aufgaben betrifft... nun, dir ist schon klar, dass ich in letzter Zeit nicht gerade der vollkommene Diplomat bin? Wobei ich es zumindest mal war... ist eine Weile her, aber ich denke, dass ich auch wieder diplomatischer werden kann."


    Als er mir sagte, für wen er sprach - auch wenn er keinen Namen nannte - nickte ich. "Gut, das genügt mir. Wie soll die Kontaktaufnahme ablaufen?"


  • >Wir werden dich schon finden. Alles weitere wirst du dann sehen. Falls du einmal Kontakt aufnehmen musst, dann geh zum Tor des Königsviertel und gib diese Münze einem der Legionäre mit dem Hinweis, dass er sie wohl verloren hat. Man wird dich dann aufsuchen. Und das ist nur für den Notfall. Ist das klar?<


    meinte der Centurio und schnippte Achilleos eine kleine Bronzemünze zu. Auf den ersten Blick war es ein gewöhnliches As, aber statt dem Profil des Kaiser war ein Pferdekopf auf der Münze. Das Wappentier der XXII. Legion.


  • Ich nickte. "So weit ist alles klar. Wenn damit alles besprochen wäre, würde ich mich gerne entfernen. Meine Rüstung und mein Schwert hätte ich natürlich gerne zurück."


  • >Man wird sie dir beim Herausgehen aushändigen. Aber noch ein Ratschlag für dich. Trag die nächste Zeit weniger auffälige, einheimische Kleidung und Waffen und lass dir die Haare und den Bart stutzen. Der Eine oder Andere hat einen Freund verloren und gegen einen Pugio im Rücken hilft keine Schwertkunst.<


    sagte der Centurio abschließend und nickte einem der Legionäre zu, die am Ende des Raums warteten. Er trat zu Achilleos herüber und war bereit ihn herauszugeleiten.


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