Operation Hippodingens

  • Nachdem sie dann noch in der Regia die Schminke für Sontje deponiert und Helios abgeholt hatten, konnten sie nun endlich reiten, denn auch das Tor war mittlerweile passiert. So hielt sich Axilla an ihm fest, Amala trottete neben ihnen her und sie waren unterwegs zum Nil. Natürlich waren auch der Proviant und die Angeln dabei, wollte Ragin ihr doch zeigen, wie man einen Fisch an Land brachte. Besonders geübt war er darin zwar auch nicht, allerdings war er früher schon ab und an mit seinem Bruder angeln gewesen.

    "Also hier kannst du mich jetzt ruhig Ragin nennen, hier kennt uns ja wohl niemand. Ich hab immernoch probleme mich an den römischen namen zu gewöhnen, weil meine Mutter mich jahrelang nur Ragin genannt hat."

  • Axilla saß mit beiden Beinen zur linken Seite von Helios herabbaumelnd hinter Rufus und hielt sich gut an ihm fest. Ihre Tunika war zu lang, um rittlings auf dem Pferd zu sitzen, und sie wollte sie nicht bis über die Knie hochziehen. Das sähe wohl komisch aus, wenn sie kaum außerhalb der Stadt angefangen hätte, ihr Kleid hochzuziehen, vor allem in Anbetracht dessen, was ihr sowieso schon unterstellt wurde. Da benahm sie sich lieber einmal richtig und setzte sich im Damensitz hinter Rufus, auch wenn sie sich so bei ihm deutlich mehr festhalten musste, als wenn sie richtig gesessen wäre. Aber sie hoffte, ihm machte das nichts aus, dass ihre Hände nun nicht nur wie das letzte Mal an seiner Seite waren, sondern bis an seine Brust reichten und dort zwar vorsichtig, aber doch fest lagen.
    “Sollte ich dich dann nicht eigentlich lieber weiter Rufus nennen, damit du dich an den Namen mehr gewöhnst?“ fragte Axilla etwas blauäugig. Außerdem hatte sie Angst, dass sie seinen Namen noch falsch aussprach und ihn damit noch versehentlich beleidigte. Sie hatte ja keine Ahnung, wie ernst sowas bei den Germanen war, sie kannte bislang nur die Geschichten, die wohl jeder kannte. Aber besonders interessiert hatte sie sich für die nordöstlichen Nachbarn des Imperium eher weniger.
    “Was bedeutet das eigentlich? Also, dein germanischer Name?“ Immerhin hatte er gemeint, der wäre ihm lieber, weil er mehr bedeutete.

  • "Nein, nenn mich lieber Ragin, wenn wir alleine sind. Ich finde den römischen Namen zwar ganz schön, aber das bin irgendwie nicht ich. Ich bin Ragin, Sohn des Teutomar und der Raginhild und nur für die Römer bin ich Marcus Duccius Rufus. Du als meine Freundin bist eine Ausnahme, dir vertraue ich. Und ich habe mich an meinen zweiten Namen schon gewöhnt aber trotzdem mag ich meinen richtigen Namen lieber. Vielleicht weil er mich an meine Mutter erinnert."


    Der römische Namen war mehr teil der Seite seines Vaters und den hatte er ja nie richtig kennengelernt, nachdem seine Mutter geflohen war. Und auch seinem vater wurde als Teutomar gedacht und nicht als Gnaeus Duccius Zosimus.

    "Mein Name bedeutet hervorragender Ratgeber, auch wenn ich meinem Namen vielleicht noch nicht ganz gerecht werde. Aber der Vater meiner Mutter hieß auch so und der war der Berater eines Richs bei ihrem Stamm. Bedeutet Axilla eigentlich auch etwas?"

  • Kurz überlegte Axilla, ob sie Rufus auch im Gegenzug den Kosenamen gestehen sollte, den sie als Kind gehabt hatte. Aber sie traute sich nicht wirklich. Zum einen war es nicht dasselbe, und zum anderen klang es schon sehr albern. Welcher erwachsene Mensch wollte schon gern Eichhörnchen heißen? Außerdem befürchtete sie, dass dann Erinnerungen hochkommen würden, die sie nicht haben wollte. Nicht, dass sie sich vor Rufus noch gehen ließ.
    “Ähm, naja, Axilla bedeutet „kleine Schulter“. Weißt du, bei meiner Geburt war ich schon sehr klein und schmächtig und zierlich… naja, meine Mutter war auch eine sehr zarte Frau, und ich bin ja auch das einzige Kind meiner Eltern…“
    So genau wollte sie das eigentlich gar nicht erzählen, also holte sie einmal kurz tief Luft, um dann das ganze schnell zu beenden.
    “Naja, irgendwie ist das dann geblieben. Und es hätte ja auch schlimmer sein können.“
    Helios machte mit einem Mal einen leichten Galoppsprung und Axilla musste sich fester an Rufus klammern, um nicht einen frühzeitigen Abgang zu machen. Verlegen ließ sie wieder etwas lockerer und schaute an seiner Schulter leicht vorbei. Immerhin war er doch ein gutes Stück größer als sie.
    “Ich glaube der Weg da vorne führt zum Nil, wenn du wirklich lieber am Fluss direkt angeln magst und nicht am See.“ Axilla hatte keine Ahnung, wo man denn nun besser Fische fangen könnte.

  • Gleich lenkte er sein Pferd ih Richtung Nil. Wenn dann wollte er schon richtig an den größen Fluss. Hoffentlich waren die Fische so groß wie der Fluss, denn mit so einem kleinen Hering würde er sich sicher nicht mit Ruhm bekleckern.



    "Der Name passt aber gut zu dir. Du bist ja auch schmal, wobei das ja kein Wunder ist, wenn du immer so wenig isst wie bei Nikolaos und demletzt bei...na also du weißt schon. Aber Axillus hätte wohl auch für mich gepasst. Ich bin ja daheim auch immer der kleinste und schmalste. Meine Cousins sind alle größer und breiter als ich. Und hier komme ich mir dann vor wie ein Riese. Ich frage mich schon, warum die Menschen hier so klein sind. Ob das an der Hitze liegt?"


    Allerdings hatte er in letzter Zeit so das gefühl er wäre ein wenig gewachsen. Ab und an hatte er auch leichte Schmerzen am Rücken und an den Beinen. So etwas hatte Ratbald früher auch oft gehabt, und seine Mutter hatte damals gemeint, das liege daran dass er wachse.

  • “Die sind noch größer als du? Du bist ja jetzt schon fast einen Kopf größer als ich. Sind denn alle Germanen wirklich so groß?“
    Das hatte Axilla natürlich schon gehört, dass die allesamt riesig wären. Aber da sie noch nie wirklich viele gesehen hatte, wusste sie auch nicht, ob das nun stimmte oder eher nicht. Sie war für eine Römerin ihres Alters in etwa Mittelmaß. Nicht wirklich groß, aber auch nicht so, dass man sagen müsste, sie wäre klein. Doch gegen Ragin fühlte sie sich irgendwie klein, und wenn der einer der kleinsten in seiner Familie war, dann mussten die anderen ja so groß wie Ánthimos sein oder noch größer.
    “Ich glaub nicht, dass das an der Hitze liegt. Im Süden ist es ja noch heißer, wo die Nubier herkommen. Und alle, die ich da kenne, sind auch größer als die Griechen und die Ägypter. Und auch als die Römer. Aber warum das so ist, weiß ich nicht.“
    Er fand, dass der Name zu ihr passte. Axilla wusste nicht so recht, ob das wirklich so war. Für sie implizierte der Name was zartes und zerbrechliches, sie aber benahm sich eher wie ein Trampeltier denn wie eine Gazelle. Und das ganze Chaos, was sie immer anstellte passte wohl auch nicht zu einem lieben Mädchen mit schmalen Schultern. Gedankenverloren legte sie ihren Kopf von hinten gegen seine Schulter und schloss kurz die Augen.
    “Ich weiß nicht, ob der so passt. Mein Lehrer meinte immer, ich sei wie ein Eichhörnchen. Ich finde, das passt viel eher.“
    Sie war ein wenig traurig, als sie daran dachte und die Augen wieder öffnete, und so blieb sie einfach so nahe bei Ragin, ohne groß darüber nachzudenken.

  • "Nein, wir sind doch nicht so groß, ihr seid so klein. Denn wer wirklich groß ist, also größer als wir, hat dann Trollblut in seinen Adern und Trolle sind ja böse, wie man weis. Also so richtig groß sind wir nicht, wir sind nur nicht so klein wie die Südländer. Viielleicht liegt das am Regen, die Pflanzen sollen da ja auch besser wachsen."


    So klang das eigentlich vollkommen logisch.


    "Aber Eichhörnchen passt auch gut zu dir. Ich mag die kleinen Eichenkatzen auch sehr gerne. Ich finde die Geschichten vom Ratatwisker auch ganz toll. Viele sehen das ja als schlecht an, weil es dem Nidhöggr was zuflüstert, aber ich find es toll. Sonst kann keiner so klettern, und das sogar bis in den Wipfel von Yggdrasil. Meine Mutter hat mich immer ihren Fruska, also ihren Frosch genannt. Vielleicht weil ich so viel quarke!"


    Ragin erzählte völlig unbeschwert und vergaß dabei natürlich, dass das alles Axilla wahrscheinlich gar nichts sagte.

  • “Und wie ihr groß seid. Riesig!“ sagte Axilla gespielt empört und ruckte dabei Ragin scherzhaft einmal kräftig zu sich, um ihn zu schütteln und ihm die Luft aus den Lungen kurz zu pressen. Frechdachs!
    “Römer sind halt nur etwas kleiner als die Germanen. Aber nur weil etwas kleiner als das größte ist, heißt das nicht, dass es nicht wichtig ist.“
    Den Satz hatte sie oft gehört. Iason war zwar nicht unbedingt ein Anhänger von Seneca, aber er hatte versucht, dessen Taten und Lehren Axilla beizubringen. Bis auf diesen Satz war allerdings nicht besonders viel hängen geblieben.


    Und dann erzählte Rufus von ganz vielen Sachen, von denen sie keine Ahnung hatte. Die Geschichten waren ihr alle samt unbekannt, und was das für ein komischer Baum war wusste sie auch nicht, und was ein Nidhuster war schon gleich gar nicht. Und was er so toll an Eichhörnchen fand und warum er nach der kurzen Zeit schon meinte, das würde zu ihr passen, verstand sie auch nicht so ganz. War sie wirklich so wild und verspielt und unbedacht, dass man bei ihr gleich an die Puschelschwanzträger denken musste?
    “Ich kenn die Geschichten gar nicht…“, fing sie also etwas unsicher an. “Ich kenn glaub ich gar keine Geschichten über Eichhörnchen. Nur als Begleiter von Nymphen oder Faunen oder so…“
    Sie kaute sich unsicher auf der Unterlippe rum. “Warum meinst du, dass das zu mir passt?“ traute sie sich dann doch.

  • Ragin genoss es mit ihr zu blödeln und auch den Körperkontakt genoss er sehr, vielleicht sogar ein wenig zu sehr. Aber er ließ sich das nicht anmerken, außer dass er wieder kicherte, weil sie ihn so drückte.


    "Klein ist ja nicht unbedeutend. Vieles bei uns in Germanien ist kleiner als in Rom. Nur wir Menschen sind halt etwas größer."


    Axilla stellte manchmal komische Fragen und vor allem so direkt. Wieso erinnerte sie ihn an ein Eichhörnchen...na ja, einen puscheligen Schwanz hatte sie ja nicht.


    "Weil du manchmal so unbeschwert wie eins bist, und weil du manchmal auch so verschreckt schaust wie eines. Und ich kann mir dich gut vorstellen, wie du auf Bäume kletterst. Ich glaube in Mogontiacum im Wald hätten wir viel Spaß zusammen haben können. Oder kannst du etwa nicht klettern? ich meine wer kämpfen kann und Taktik beherrscht, kann doch sicher auch klettern, oder?"


    Was ein Faun und eine Nymphe sein sollten, wusste er, allerdings konnte er sich darunter kaum etwas vorstellen.

    "Wenn du magst kann ich dir nachher eine Geschichte erzählen, wenn wir angeln. Da soll man zwar ruhig sein, aber wir werden die Klappe eh nicht halten können, so wie ich uns kenne."

  • So unbeschwert…. Wenn er nur wüsste… Axilla schüttelte schnell den trüben Gedanken ab und zwang sich selber zu der eben beschriebenen Unbekümmertheit. Sie wollte nicht darüber nachdenken, ob sie wirklich so unbeschwert war oder eigentlich nicht und wischte so alles mit einem erzwungenen Lächeln, das aber durchaus sehr echt aussah, beiseite.
    “Ja, ich kann sogar sehr gut klettern. Auch wenn ein Mädchen sowas ja eigentlich nicht macht. Bin auch nie runtergefallen. Also doch, einmal, aber das zählt nicht, da war der Ast morsch und ich hab’s zu spät gemerkt und konnt mich an keinem anderen mehr festhalten. Also ist genau genommen der Ast mit mir oben drauf runtergefallen.“
    Warum erzählte sie ihm das eigentlich? Im Grunde wollte sie ja eigentlich lieber vorbildlich sein und dem noblen Namen der Iunii gerecht werden. Da wär es ihr lieber, auch Ragin würde sie eigentlich als vornehme, römische, angehende Matrone sehen und nicht als Mensch gewordenes Eichhörnchen. Auch wenn er ihr Freund war und durch diese Tatsache von ihr ohnehin schon weitaus mehr wusste als die meisten. Genau genommen wusste er jetzt schon viel mehr über sie als Silanus oder Urgulania, und dabei kannten sie sich gerade einmal einen Monat.
    “Aber hier gibt es ja keine Bäume, auf die man klettern kann. Und ich sollte das ja auch gar nicht mehr tun, sondern erwachsen werden und dem Familiennamen gerecht. Ich meine, jetzt bin ich ja schon 17, und wenn… ach, egal.“
    Eigentlich hatte sie sagen wollen „und wenn Vater nicht gestorben wäre, wäre ich schon seid zwei oder drei Jahren verheiratet“, aber das machte sie auch wieder traurig, was sie nicht sein wollte. Außerdem wollte sie nicht, dass Rufus es falsch auffasste.
    “Wir können ja mal wegen der Geschichte schauen. Ich kenn ja gar keine über Eichhörnchen“, griff sie also schnell seinen Vorschlag auf. Im Grunde mochte sie ja Geschichten.

  • "Also über den Ratatwisker, also das ist ein Eichhörnchen, gibt es gar nicht so viele Geschichten zu erzählen. Der rennt nur immer die Weltenesche rauf und runter und verbreitet die Nachrichten von den Wurzeln, wo der Nidhöggr lebt, bis in die Krone wo ein riesiger Adler wohnt. Aber das ist ja jetzt auch egal."


    Wahrscheinlich verstand sie eh nur die Hälfte von dem was er ihr erzählte. Umgekehrt wäre es nicht anders gewesen.


    "Also ich bin ja noch nicht so alt wie du, ich bin ja erst 16" meinte er gehässig und grinste dabei, "aber das mit dem erwachsen sein ist doch ganz normal. Wenn ich bei meiner Familie bin, benehme ich mich ja auch ganz anders. Aber wenn ich alleine bin oder mit einem Freund unterwegs, dann mach ich was mir Spaß macht, solange es niemand mitbekommt, der meine Familie beschämen könnte. Allerdings mache ich natürlich keine unsittlichen Sachen, oder Dinge die verboten sind. Also zumindest keine schlimmen Sachen, die verboten sind. Und ich werde ja auch schon 17 im Sommer. Hoffentlich muss ich nicht so eine Gewitterziege heiraten, wenn ich wieder nach Hause komme."

  • “Na, ich hoffe, du traust dich dennoch mit so einem alten Weib wie mir auf die Straße“, neckte Axilla zurück. Weil Rufus so viel größer als sie war, hatte sie angenommen, er sei älter als sie. Dass er wirklich jünger war überraschte sie doch ein wenig. Aber es war ja auch nur ein paar Monate.
    “Naja, ich kann ja aber nicht so einfach losziehen und machen, was mir Spaß macht. Ich meine, ist ja auch nicht ganz ungefährlich. Ich glaube, wenn Urgulania wüsste, wie oft ich allein am Markt bin, würde sie mich noch vorsichtshalber einsperren“, lachte Axilla leichthin. Sie machte schon sehr viele Sachen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, aber es gab halt doch Grenzen. Sie hätte sich nie getraut, irgendwo auf einen Baum zu klettern, wenn die Chance bestand, gesehen zu werden. Daheim in Tarraco hatte sie das dauernd gemacht, da sahen sie nur Leute, die das von ihr kannten. Aber hier in Ägypten fühlte sie sich noch fremd. Abgesehen davon, dass es ohnehin keine Bäume gegeben hätte.
    “Und heiraten muss ich wohl auch bald. Terentius Cyprianus, also, das ist der Präfekt der Legion hier in Nikopolis, hat sich schon mit meinen Cousin darüber unterhalten. Aber da war ich froh, dass ich sui iuris bin, denn die haben über mich gesprochen, als wär ich ein Gaul, der zum Verkauf ansteht. Da hätt ich ganz entschieden nein gesagt, aber Silanus – also, das ist mein Cousin – hat das ganze schon abgewiegelt.
    Aber ich denke… naja, egal.“
    So genau wollte Axilla darüber ja auch gar nicht nachdenken. Sie würde irgendwen heiraten müssen, und wenn sie einen Mann fand, der standesgemäß war und sie gut behandelte, durfte sie sich nicht beklagen. Vor allem, da sie ja nicht unbedingt ein Ausbund an Tugend war.
    “Gehst du daheim oft angeln?“ fragte sie also unvermittelt, um das Thema zu wechseln.

  • "Na bei uns bekommt man gesagt, man soll das Alter ehren. Und gerade alte Weiber soll man ehren" gackerte er zurück. Aber es stimmte schon. Gerade den alten Frauen sagte man oft seherische Fähigkeiten und eine besondere Weisheit nach, auch wenn das wohl nicht immer stimmte.

    "Vor den Augen meiner Familie würde ich auch vieles nicht machen. ich habe mich einmal bei einem Unwetter aus dem Haus geschlichen. Da sind wirklich eigroße Eisklumpen vom Himmel gefallen. Und weil ich da nicht mehr heim konnte, hab ich in einem Stall geschlafen. Am nächsten Tag hat mich mein Vetter erwischt: Das gab ganz schön Ärger von ihm! Aber ich bin froh, dass er es sonst niemandem erzählt hat, denn dann hätte ich noch viel mehr davon bekommen. Daraus hab ich eines gelernt: Man kann vieles machen, aber man darf sich dabei nicht erwischen lassen."


    Damals hatte er diesen Bashir, den parthischen Sklaven, kennen gelernt. Das war ein komischer Mensch gewesen.

    "Also ich heirate nur eine hübsche und nette Frau! Aber sie muss auch noch lustig sein. Ich heirate bestimmt keine, die ich nicht mag. Wie soll ich mit der den dann...also naja...das Bett teilen? Ich meine tagsüber bin ich ja dann unterwegs und arbeite, aber so nen weiblichen Troll mag ich dann nicht in meinem Bett liegen haben. Und am Besten sollte sie auch noch einen guten und bekannten Namen haben, damit ich meiner Familie damit helfe. Da ist es mir auch egal, ob es eine Römerin ist, oder eine germanische Adelige. Aber wo sie herkommt und wie sie heißt ist nicht so wichtig. Hauptsache ich mag sie."

  • Bei den Worten, wen er heiraten würde, musste Axilla schmunzeln. Das klang schon süß, aber konnte man sich das so aussuchen?
    “Darfst du da denn soviel mitreden? Ich weiß gar nicht, wie viel ich bei mir mitreden darf. Ich meine, auf dem Papier darf ich das zwar selbst bestimmen, aber ich kann ja meine Cousine und meinen Cousin nicht so einfach vor den Kopf stoßen?
    Wenn ich es mir aussuchen dürfte, wie mein Mann sein muss…. er müsste…er müsste mir das Gefühl geben, dass alles gut wird und dass er genau weiß, was zu tun ist. Und er müsste… ach, egal, ich meine… weißt du, die Iunier haben so einen uralten Namen. Der erste Consul von Rom war Iunier! Da darf ich dann sowieso nicht einfach nur jemanden heiraten, den ich mag, da muss ich dann an andere Sachen denken. Und Silanus war hier ja auch Tribunus Augusticlavus und ist Ritter und so weiter, und Urgulania ist auch Exegetes. Das ist zwar in Rom vielleicht nicht so viel, aber trotzdem. Ich meine…“

    Axilla atmete einmal tief und schnaubend durch. Was sollte sie da noch sagen? So war es nun mal! Das Leben war nun mal so, da konnte man sich nicht alles einfach so aussuchen, nur weil man gerne wollte. Sie sollte froh sein, wenn sie einen Mann von Stand fand, der sie dann auch noch behielt, wenn er merkte, dass sie keine Jungfrau mehr war.
    Das Thema leid schüttelte Axilla hinter Rufus einfach nur den Kopf. Sie wollte wirklich nicht übers heiraten nachdenken. Zu schade, dass er nicht einfach auf ihre Angeln-Frage eingegangen war. Das wäre einfacher gewesen und hätte sie nicht so zum nachdenken gezwungen. Axilla hasste es, über Dinge nachzudenken, auf die sie keinen Einfluss hatte.
    “Lass uns von was anderem reden, ja?“, meinte sie schließlich resignierend.

  • Das war eine gute Frage. Hatte er darauf einen Einfluss? Oder konnte Lando ihn einfach so verheiraten? So richtig wusste er das gar nicht. Irgendwie hatte er sich darüber nie Gedanken gemacht, und darüber hatte auch noch nie jemand mit ihm geredet. Aber sicher würde er es nicht so schwer haben wie Axilla mit ihrem großen Namen. Ob er sich seine Frau selbst würde aussuchen können? Also eine die er nicht mochte, würde er vielleicht heiraten, aber nie mit ihr das Bett teilen! Da war er sich sicher. Lieber würde er in Magna mit den Wildschweinen kuscheln!

    "Ich weis gar nicht, ob ich da was zu sagen habe. Das muss ich mal mit unserem Familienoberhaupt klären. Aber die sind ja auch alle noch Junggesellen, da brauch ich mir wohl über eine Pflichthochzeit keine Gedanken zu machen. Da werden erst Loki, Witjon und Phelan dran sein, bevor ich Angst zu haben brauche, dass ich verheiratet werde. Aber du hast recht, wechseln wir das Thema."


    Aber über was sollten sie dann jetzt reden? Ach ja, da war was gewesen:


    "Früher habe ich oft mit meinem Bruder geangelt...aber...aber...jetzt war ich schon eine Weile nicht mehr angeln" beendete er seinen Satz doch hörbar geknickt. Nun waren sie bei einem noch schlimmeren Thema angekommen.

  • Axilla hatte keine Ahnung, wer die drei mit den komischen Namen waren, aber sie nahm einfach an, dass es ältere Verwandte waren. Aber bei Männern war das mit dem heiraten ja auch nicht so dringend wie bei Frauen. Wenn ein Mann erst mit dreißig oder vierzig heiratete, war das auch noch völlig im Rahmen. Bei einer Frau war 20 eine magische Grenze, bis zu der man dringend verheiratet sein sollte. Und so lang war das bei Axilla nicht mehr. Eigentlich war 15 eher so das Alter, in dem man heiratete. Eigentlich.
    Rufus antwortete nun doch auf die Angel-Frage, schien da aber nicht besonders glücklich zu sein. Axilla war zwar durchaus neugierig, aber sie war kein Trampel und kannte es nur zu gut, wenn man über etwas nicht sprechen wollte. Also beließ sie es dabei und ritt mit ihm einen Moment einfach schweigend dahin. Sie redete zwar gern und viel, aber sie musste nicht unbedingt andauernd reden. Die kurze Strecke bis zum Fluss konnte sie auch mal schweigen.
    Außerdem fiel ihr so auf die Schnelle und nach den ganzen trüben Gedanken kein vernünftiges Thema ein.


    So erreichten sie den Fluss, der träge und langsam in den See sich ergoss. Am Ufer stand viel Schilf, aber an den meisten Stellen war es gut zurückgeschnitten worden. Sie suchten sich also eine Stelle, wo sie ans Wasser auch herangehen konnten, ohne sich durch die dichten Stangen erst kämpfen zu müssen, und stiegen von Helios ab.
    “Hast du eine Koppel mit oder läuft Helios nicht weg?“
    Die Lederbänder, die man Pferden einfach um die Vorderläufe machen konnte, damit diese nur kleine Schritte zum Grasen mehr machen konnten, waren praktisch, aber nicht jedermann hatte immer eine dabei. Und manche Pferde hatten auch keinen so ausgebildeten Fluchtdrang, als dass man eine bräuchte.

  • Bsi sie am Nil ankamen, gab sich Ragin den düsteren Gedanken an seinen Bruder hin. Der wusste gar nicht, dass er jetzt am anderen Ende Midgards war. Ob es Ratbald gut ging? Vielleicht hatte er ja schon geheiratet und einen kleinen Hof, war Knecht oder schon tot. Etwas unwillig schüttelte der junge Duccier den Kopf: Er war sicher nicht tot, denn er war sich sicher, dass er das spüren würde. Allerdings war da immernoch dieser Fluch der Nornen, der auf ihm zu lasten schien.


    Als sie dann abgestiegen waren, schaute er erst einmal ein wenig ungläubig wie breit der Nil doch war. Er hatte ja den Rhenus immer schon breit gefunden, aber der fluss hier war noch einmal viel viel breiter und floss daher auch fast langsam. Schnell hatten sie eine passende Stelle zum Angeln gefunden.


    "Wie soll ich denn eine Koppel mithaben?" manchmal hatten die Römer schon merkwürdige Gedanken.


    "Keine Angst Helios läuft schon nicht weg. Er ist ein sehr ruhiges Pferd, und wenn wir nicht gerade von einem Hippodingens angegriffen werden, passiert da schon nichts. Außerdem passt Amala da schon auf."


    Dann nahm er die Angeln herunter und drückte Axilla eine in die Hand.


    "Dann wollen wir mal. Ich habe Fleisch mitgebracht, das war dort noch beim Essen übrig. Das steckst du jetzt auf den Haken und schleuderst den dann so weit wie möglich ins Wasser."

  • Rufus dachte bei dem Wort Koppel wohl an eine umzäunte Weide und nicht an die Lederbänder, oder er kannte diese Gerätschaft nicht. Allerdings konnte sie sich das kaum vorstellen, die Germanen mussten ihre Pferde im Feld auf ihren Kriegszügen ja auch irgendwie bei sich behalten, wenn man kein festes Lager errichten konnte. Aber es war ja auch nicht so wichtig, denn wenn er eine dabeigehabt hätte, hätte er auch gewusst, was sie meinte. Und er sagte ja, Helios würde nicht weglaufen.
    Axilla bekam eine Angel in die Hand gedrückt und eine Erklärung. Sie hatte nicht gewusst, dass Fische Fleisch fraßen. Aber sie hatte sich da auch nie für interessiert. Sie nahm also das Stückchen Fleisch, dass Rufus ihr ebenfalls gab, und piekste es vorsichtig auf den Haken. Sie wollte sich den nicht gleich als erste Amtshandlung in den Finger treiben, also ließ sie sich dabei Zeit und ging vorsichtig zuwerke.
    Als das Fleisch schließlich so saß, dass es nicht gleich wieder abfiel, versuchte sich Axilla mit der anderen Anweisung. Den Haken ins Wasser schleudern, so weit es ging? Sie besah sich kritisch die Angelrute und zuckte dann mit den Schultern. Na gut, dann eben so weit es ging.
    Die Rute fest in beiden Händen nahm sie den dünnen Rohrstock hoch mit Schwung hinter den Kopf, so dass der Faden und der Haken einen schönen Rückwärtsbogen über sie hinweg beschrieb. Und dann ruckte sie mit Schwung wieder vor. Das heißt, sie wollte mit Schwung wieder nach vorne, allerdings wollte der Haken das nicht so ganz. In der Vorwärtsbewegung verfing er sich an ihrer Tunika auf Schulterhöhe und trieb sich so weniger Zärtlich in die darunter liegende Haut.
    “Aaah!“ entfuhr es der gepeinigten Iunierin, die hektisch versuchte, sich nach dam Haken umzudrehen, der ihre Schulter aufgeschrappt hatte und noch immer in dem Stoff der Tunika gefangen war.
    “Au, die Dinger sind ja gefährlich“, jammerte sie ein wenig, während sie danach angelte und das Ding dann mit einer herrischen Bewegung von ihrer Schulter befreite. “Blödes Teil. Blute ich? Ich glaub, ich überlass das angeln besser dir, bevor ich mich noch ganz zerlege.“
    Sie konnte nicht auf ihre Schulter schauen, aber es fühlte sich so an, als würde sie ein wenig bluten. Urgulania würde ihr den Kopf abreißen!

  • Ragin schaute erstaunt, was Axilla dann tat. Aber dann musste er einfach laut lachen, denn es sah einfach zu komisch aus, wie sie sich um die eigene Axe drehte und versuchte den Haken zu erwischen.


    er versuchte dann wieder ernst zu sein, aber das gelang ihm mehr schlecht als recht. "Entschuldige, aber das ist mir auch beim ersten Mal passiert. Mein Freund hat sogar mal einen Angelharken ins Ohr bekommen." Er musste sich ein wenig den Bauch halten, um bei dieser Hitze noch Luft zu bekommen, als sie anfing ein wenig zu maulen. Sie sah dabei ja sooo lustig aus.


    "Lass mich mal sehen."
    Die ein oder andere Träne verdrückend ging er dann aber hinter sie und schaute nach der Wunde. Der Riss in der Tunika war weit größer, als die Verwundung, für die der Ausdruck "Kratzer" eigentlich noch zu viel war. Wahrscheinlich hätte man noch viel weniger gesehen, wenn sie den Harken nichr rausgerissen hätte. er machte ein bisschen Spucke auf seinen Finger und drückte ihn dann auf die Verletzung.


    "Es ist nicht schlimm. Das Schlimmste ist der Riss in der Tunika, der Rest ist nur ein Kratzer. Aber das war meine Schuld. Als Anfänger nimmt man die Angel besser seitlich, das hätte ich dir wohl sagen sollen."

  • Dass Rufus sie so untersuchte war schon ein wenig komisch. Vor allem, da die Shculter ein wenig zwickte. Aber Axilla wollte ja auch nicht wehleidig sein und hielt also auch still. Als dann Rufus ihr aber Spucke durch den Riss in der Tunika auf den Kratzer schmierte, schaute sie schon ein wenig skeptisch.
    Natürlich leckte sie sich Kratzer, an die sie herankam, auch instinktiv ab, ebenso wie jeder Hund und jedes Tier überhaupt das bei sich selbst tat. Aber dass ein anderer sowas bei ihr machte, das war schon seltsam. Aber er hatte ja auch nicht richtig geleckt, sondern den Finger genommen. Dennoch wusste Axilla nicht so recht, ob das im freundschaftlichen Rahmen noch in Ordnung war. Aber wenn der Kratzer dadurch nicht mehr blutete, war es ihr erstmal recht.
    “Ähm, ja, danke. Brennt ein bisschen. Aber wenn es nicht schlimm ist, dann macht das ja nichts. War wahrscheinlich nur der Schreck.“ Axilla wollte ja nicht noch wehleidig erscheinen. Beim Klettern früher hatte sie sich dauernd irgendwas aufgeschürft oder sich Splitter in die Handballen getrieben, da sollte so ein kleiner Kratzer jetzt auch nicht weiter wild sein.
    Sie überlegte, ob sie es noch mal mit dem Angeln versuchen sollte. Wenn man vom Pferd gefallen war, sollte man ja auch gleich wieder aufsteigen. Und sie wollte ja auch nicht wehleidig scheinen. Aber irgendwie hatte es die Angel mit dieser Aktion in Axillas Gunst versaut. Das war keine Freizeitbeschäftigung für sie, hatte sie beschlossen.
    “Ach, ich überlass das glaub ich wirklich besser dir und schau mir das an. Ich glaube eh nicht, dass ein Fisch bei mir anbeißt. Und so kann ich schon zuschauen, wie man es richtig macht und mit dir besser reden.“

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