Philippos Ort der Ruhe und Besonnenheit

  • Philippos Ort der Ruhe und Besonnenheit


    Wenn er ehrlich ist, dann ist dies zwar weder ein Ort der Ruhe, noch der Besonnenheit, aber es ist sein Ort. So schwer es einem in dieser Gegend auch fallen mag, die Worte 'Ruhe' und 'Besonnenheit' einmal in Realität erleben zu können, setzt er doch seine freie Zeit daran, das wenigstens ansatzweise zu erreichen. Sehr zu seinem Ärgernis funktioniert dies meistens nicht, woran mitunter wohl seine leicht unstete Art einen nicht geringen Teil dieser Fehlschläge ausmacht. Aber er hatte einmal ein Sprichwort auf den Straßen derer gehört, denen das Leben mehr zu bieten hat, als trockenen Sand, gleißendes Sonnenlicht, brackiges Wasser oder eine notdürftige Unterkunft. In Philippos Fall sollte man das 'oder' eher durch ein 'und' ersetzen, aber er beklagte sich nie öffentlich darüber. Zurück zu diesem Sprichwort. Es lautete: Die Hoffnung stirbt zuletzt!


    Sehr pathetisch, wie er fand. Aber ... war es pathetisch? Er wusste es nicht genau, denn dies war ebenso ein Wort, was er von den wohlhabenden oder wohlhabenderen Bewohnern Alexandrias gehört hatte. Die klare Bedeutung blieb ihm bis heute verschlossen und damals gab es noch keinen Duden, in dem er hätte nachschlagen können und er hätte auch nicht nachschauen können, wenn es einen gegeben hätte.


    Nun, jedenfalls war er von dieser Hoffnung auf ein besseres Leben durchströmt und wild entschlossen, in naher Zukunft etwas daran zu ändern. Es gab allerdings so viele Dinge, die er vorher erledigen musste, wie ... ach ... wie, naja, es gab diese Dinge halt! Aber irgendwann, irgendwann würde er sein Leben zum besseren wenden, dessen war er sich sicher und dann würde er tatsächlich einen eigenen Ort der Ruhe und Besonnenheit besitzen.

  • Es war wieder einer dieser Tage, in der er sich wünschte, nicht das Hütte verlassen zu haben. Nun, genau genommen hatte er nur solche Tage, denn was sollte das Leben den jemanden wie ihm bieten? Er besaß nichts, konnte nichts und hatte nicht dieses innere Durchsetzungsvermögen, daran etwas zu ändern. Das Leben zog nur an ihn vorüber, wie ein Wölkchen, was am westlichen Horizont auftauchte und dann in den östlichen verschwand. Es kam sogar vor, dass es aus dem östlichen kam und dann in den westlichen verschwand! Ja, ein Tagträumer war er! Er würde auch keinen Hehl daraus machen, aber danach fragen würde ihn eh keiner, denn nicht viele kannten ihn und diejenigen, die es taten bereuten es meist nach kurzer Zeit schon. Das mag damit zusammenhängen, dass er trotz fehlender Geldquelle in dieser Hütte wohnt und sich Speis und Trank leisten kann.
    Woher denn das Geld nehmen und nicht stehlen (naja, Stehlen an sich war ja nicht das Problem, nur gab es so viele Leute, die ihren Münzbeutel besser bewachen wie eine Löwin ihr Junges)? Natürlich konnte man sich Geld leihen. Das er es irgendwann zurückzahlen musste war ihm bewusst ... aber da gab es ja dieses Wörtchen im Satz. Habt ihr es gelesen? 'Irgendwann'. Das erzählte er auch seinen 'Freunden' und so konnte er sich das leisten, was er zum überleben brauchte. Er häufte zusätzlich noch einen riesigen Schuldenberg auf, das einzige, wovon er viel hatte. Dieser Schuldenberg war es, der ihn zum Nachdenken brachte. Er dachte viel nach, aber diesmal zwang er sich förmlich, über etwas wirklich vernünftiges nachzudenken. Wie beispielsweise seine Zukunft. Er war kein Hellseher oder Wahrsager und musste deshalb spekulieren, planen und vorausschauend handeln. Kurz gesagt: Seine gesamte Lebensart umstellen.


    Nur, was konnte er tun, um sein Leben in die Hand zu nehmen, Geld zu verdienen, Schulden zu begleichen, mehr Geld zu verdienen, Reichtümer aufzuhäufen, Weiber um sich zu scharen und das große Leben leben zu können? Die Frage aller Fragen und die simple wie ernüchternde Antwort: Eine Arbeit suchen gehen!


    Ja, natürlich ... schalten wir den Optimismus ein und versuchen, aus dieser Gegend mit Erfolg zu fliehen!

  • “Na, jedenfalls war da dieser Kerl und du weißt nicht, was der die ganze Zeit gemacht hat?!“
    Nee, erzähl!“
    “... hehe, naja ...“
    “Nix 'naja'! Junge, rück raus!“
    “Jo jo ... also, eigentlich weiß ich es gar nicht ...“
    “Waaas? Wieso erzählstn das dann alles? Willst mich wütend machen?“
    “Ne Philippos. Pass uff, jetzt kommt der ganze Clou an der Sache: Was der Typ gemacht hat is ja eh egal. Das will ich gar net wisse. Aber ... hehe ... sein Kumpane. ja?“
    “Ja, was is mit dem?“
    “Der meint, dass egal was der Typ macht ... der is immer sauber. Kannst vergessen, der wird nie geschnappt. Letztens erst ham die vom Dimitros den Laden ausgenommen. Weißt doch, den an der Ecke?“


    Der fremde Mann wirbelte ungelenk mit seiner Hand in eine scheinbar wahllose Richtung und grinste dann wieder verschwörerisch. Philippos dagegen schien das ganze Gespräch schon sehr skurril zu sein und er hatte die leise Vorahnung, dass das erst der Anfang sei.
    Abwartend schaute ihn der Fremdling an, bis der Grieche endlich sein Schweigen brach.


    “Hm ... ja ... ja, komm erzähl weiter!“
    “Nu, da gibt’s so ... na, ne Verein kann man net sachen. Des is mehr so ein Verbund, joa. Und wenn du zu denen gehst, man Philippos, da kannste alles erreichen, w a s d u w i l l s t !!“
    “Alles? Wirklich alles?“
    “Ja, glaub mir. Sonst würd ich dirs ja net erzählen hier. Vertrau mir. Pass uff, da gibt’s so nen Drecksloch, sieht ungefähr aus wie deine Bude ja? Da gehst rein und frachst mal nach den Nimbactus.“
    “Nimbactus? Was soll des sein?“
    “Ach .. wat weiß denn ich? Halt so Römerkram, kennst die doch. Jedenfalls gehst da hin und sachst einfach, dass du mitmachen willst. Kannst den erzählen, dass der Alexandros dich geschickt hat. Dann müsste die eigentlich Bescheid wissen und wenn net ... is ach net schlimm. Kannst den Leuten doch so gut Honig um den Bart schmieren.“
    “Äh ... wie jetzt? Honig? Ich hab gar keinen!“
    “Ja echt, des sagt man glaub nur so. Weißte doch. So und ich muss jetzt mal verschwinden, sonst findet mich der Dimitros wieder. Der glaubt nämlich, ich hätt' dem da den Laden ausgeräumt. Und denk dran, das erzählst niemand anderem!“
    “Jaja, is gut, Junge.“


    Der Fremde – namentlich wohl Alexandros – stand auf und klopfte dem Griechen noch einmal kräftig auf die Schulter, bevor er sich seine lumpige Kutte um den Körper schlang und das Gesicht verdeckend die kleine, baufällige Hütte verließ. Wenige Augenschläge später war er bereits von der Menschenmaße verschlungen worden und man konnte ihn nicht mehr sehen.


    Nimbactus? Römerkram? Sollte er einmal schauen, ob er bei denen etwas erreichen konnte? Vielleicht war an den Geschichten von Alexandros wirklich etwas dran und verlieren konnte er nicht mehr viel ... außer seinem Leben, aber wer würde ihm das schon nehmen wollen ...

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