Feras

  • Nachdem er von Grisuix über seine Stellung hier in der Castra noch einmal eindringlich aufgeklärt worden war, hielt sich Atticus eher im Hintergrund, als die Grundausbildung der neuen Tirones startete. Er ging mit Pontus an seiner Seite am Rand des Innenhofs entlang und untersuchte den Zustand seiner Castra und blieb nur bisweilen stehen, um zu den Übungen zu blicken. So konnte er zwar alles hören und bei der ein oder anderen Übung auch zusehen, wurde aber definitiv nicht mit einem Rekruten verwechselt.


    Grisuix aber stand wie ein Bär inmitten des Innenhofes und brüllte den ersten Befehl des Tages: “Tirones! In aciem venite!*“


    Sim-Off:

    *In einer Reihe nebeneinander antreten

  • Feras war total zerknautscht aufgestanden. Das Schnarchen von Aristophilus hielt ihn die erste Nacht viel zu lange wach. Jetzt stand da der centurio und brüllte so laut. Das kam nicht von ungefähr. Also Beine in die Hände. Feras stellte sich dazwischen, machte sich Platz.“ Heee, drängel woanders!“ blaffte ihn sein Nachbar an. Feras war das egal. Stehen und so wenig wie möglich auffallen.
    Die Linie, sah nicht gerade wie ein Linie aus. Sie standen Schulter an Schulter, der eine ein Stück weiter hinten, krumm und schief. Weit von einer Linie entfernt. Feras zog seine Tunika zurecht und äugte zu den anderen. Die Ausrüstung und so was gab es bestimmt später, wenn sie mit der Ausbildung fertig waren.

  • “Ihr seid echt der dämlichste Haufen, den ich in meiner Laufbahn je gesehen habe. LINIE HAB ICH GESAGT, ABER ZACKIG!“ Grisuix stand da wie das berühmte Donnerwetter, während sein Optio die Reihe entlanglief mit seinem langen Optiostab und dem ein oder anderen damit einen wenig zärtlichen Schlag vor die Brust verpasste, um ihn ein Stück nach vorne oder nach hinten zu bugsieren, je nachdem, wie sie standen. Nachdem die ersten paar Mann einen Stoß erhalten hatten, bemühten sich die nachfolgenden schon selbständig um eine geradere Ausrichtung ihrer Linie, ehe der Optio bei ihnen ankam.
    Schließlich standen sie alle, und der Optio gesellte sich wieder zu seinem Centurio.


    “Als ihr herkamt, da wart ihr Gerber, Schuster, Tagelöhner, Libertini, Peregrini, wahrscheinlich haben wir hier auch den ein oder anderen Dieb oder Hurenjungen.


    Das war, bevor ihr hier durch dieses Tor kamt und euch zu den Vigiles verpflichtet habt. Denn wenn ich mit euch fertig bin, dann werdet ihr im Feuer geschmiedeter Stahl sein. Ihr werdet Vigiles sein, die Wächter der Nacht.


    Wir haben keine so schnieken Paraden wie die Praetorianer und stolzieren auch nicht umher wie die Urbaner. Aber wenn die Götter Blitze auf diese Stadt schleudern und Häuser wie Spielzeuge zusammenbrechen, dann rücken wir aus. Wenn die Praetorianer sich verschanzen und die Urbaner sich vor Angst einscheißen, dann rücken wir aus. Wenn alle Menschen panisch wegrennen, dann rücken wir aus.


    Unser Feind heißt Feuer, unser Feind heißt Einsturz, unser Feind heißt Flut, unser Feind heißt Verbrechen. Und wenn ich mit euch fertig bin, dann wisst ihr, wie ihr jeden einzelnen davon bekämpfen könnt. Und wenn einer von euch anfängt, deshalb zu heulen wie ein Mädchen und lieber wieder zurück zu seiner Mami will, werde ich ihn höchstpersönlich filetieren! Die Zeit, zu heulen und sich zu verkriechen, die ist vorbei!“


    Sein Optio neben ihm kommentierte die Rede mit einem herzhaften “HUAH!, von dem offensichtlich erwartet wurden, dass die Rekruten dieses ebenso lautstark wiederholten.


    Erst danach fuhr Grisuix fort. “Aber noch seid ihr ein absolut trauriger Haufen. Deshalb werden wir euch als erstes einmal einkleiden. Ad dextram, pergite!*“


    So leitete der Centurio die Mannschaft unter Hilfe seines Optios zunächst zur Rüstkammer. Dort ließ er die Tirones wieder in Reihe antreten und vom dort wartenden Vigil erst einmal einkleiden: Dunkle Tunika, Kettenhemd, Gürtel, Helm, Caligae. Keine Waffen, denn zum einen waren das hier noch Anfänger, die erst die Ausbildung dafür brauchten, und zum zweiten war das offene Tragen von Waffen tagsüber auch den Vigiles zunächst einmal verboten.


    Sim-Off:

    *“Rechts schwenkt, Marsch!“

  • Es war so wie befürchtet, die ersten hatte es erwischt. Sein Nachbar rückte augenblicklich, Feras richtet sich nahm ihm aus. Das kleinere Übel ging an ihm vorüber und gesellte sich zum Größeren. „ Was sich hier alles gemeldet hatte. Das mit dem Wächter der Nacht klang gut. Feras war geneigt etwas dazu zu summen. Kam nicht dazu, der centurio war richtig Feuer und Flamme. Ähm ja, passte irgendwie. Nein, keine Paraden und keine Pfau gehabe. Die Rede riss Feras so richtig mit. WIR RÜCKEN AUS! UND WENN ES SCHEIßE REGNET! Hätte er beinahe gerufen. Neben ihm erklang ein leises Hüsteln. So richtig war sein Nachbar nicht von dem überzeugt was der Centurio von sich gab. Von links hörte er immer wieder leises JA, JA...JA. Der sah auch aus als ob er den centurio gleich ansprang und abknutschte. Weiter links flüsterte jemand: „... Mädchen , Mädchen….“ Bei dem Wort filetieren dachte Feras an ein saftiges Stück Fleisch auf dem Grill. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. „ HUAH!“ schallte es laut über den Hof. Fast wie aus einem Mund antwortete der bunte Haufen. Die Rede hatte sie alle euphorisch gestimmt. Der nächste Satz macht ihnen gleich wieder klar, dass jeder, sinnbildlich ausgedrückt, ein kaltes Stück Roheisen für den centurio war.


    " Man , musst du mir in die Hufe steigen. " maulte einer von vorn. "Anders rum du Idiot." schimpfte es von hinten. „Klamotten, Klamotten!“ juchzte der Junge in einer abgerissenen Tunika zwei vor Feras. Jeder kam dran jeder bekam sein Päckchen. „ Haben die auch taillierte Tuniken?“ Fragte es weiter hinten. „ Halt dein dämliches Maul.“ brummte einer aus der gleichen Richtung. Feras rückte nach. „ Ich möchte einen schicken schwarzen Helm.“ Es machte „Knock“. „ Aua, das tut doch weh.“ die beiden werden bestimmt ganz dicke Freunde oder Freund und Freundin? Dachte sich Feras beim Zuhören. Das Päckchen lag vorbereitet, alles Standard Größe Universal. Bei Tunika spielte das sowieso keine Rolle. Das Kettenhemd war schwer und der Helm, fast wie seine Lederkappe als Auriga, nur um einiges besser. Ein richtiger Helm. Die caligae, eben die üblichen und ein Gürtel. Mit dem ganzen Sachen auf den Armen standen sie wieder in einer Linie und warteten bis der letzte durch war. Aber nicht, dass sie ruhig standen. Es wurde verglichen und genörgelt. Tauschangebote machten die Runde. Feras lehnte dankend ab.

  • “Denkt ihr, ihr bekommt die Sachen, um ein Nähkränzchen zu veranstalten? Klappe halten, anziehen, und zwar zackig!“ herrschte Grisuix die Rekruten an, als diese wieder ins Labern abdrifteten, als wären sie hier an der Ausgabestelle eines Wohltätigkeitsvereins.


    Während diese sich anzogen, beförderte sein Optio ein kleines Schwein in den Hof. Nicht nur irgendein Schwein, nein, dieses hier trug ebenfalls Kette. Irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, ein ordentliches Kettenstück zu knüpfen, das den Rücken des Tieres bedeckte und von zwei angenähten Lederriemen um Hals und Bauch gehalten wurde.
    Während die Tirones sich langsam in Vigiles verwandelten, fing Grisuix an zu erzählen. “Menschen und Schweine sind recht ähnlich. Ähnlich groß, ähnlich empfindliche Haut, manche riechen sogar gleich. Nachdem ich die interessanten Dinge nicht an Tirones zeigen soll, wird das hier der freiwillige Tiro sein, der euch die spaßigen Aspekte am Vigil-Leben beibringen wird. Nennen wir unseren neuen Freund Caius.“


    Der Optio führte das Schwein in ein vorbereitetes Gatter, in dem auch eine große Kohlenpfanne stand. Ein paar Schläge von Feuerstein auf Eisen, und schon fing darin ein munteres, kleines Feuer an zu brennen. Das Schwein schreckte naturgemäß davor zurück, als es aber merkte, dass das Feuer nur in der Schale war und ihm nichts anhaben konnte, beruhigte es sich wieder und suchte den Boden nach Fressbarem ab.


    “In aciem venite!“, erfolgte auch sogleich wieder der Befehl, sich in einer Reihe aufzustellen, sobald auch nur die ersten einigermaßen angekleidet waren. Sofort ging auch der Optio wieder los, die Trödler zu etwas mehr Eile mit seinem Optiostab anzutreiben.


    “Na, fühlt sich gut an, das Gewicht, hm? Damit ihr es so richtig zu schätzen wisst, werden wir uns nun ein wenig bewegen. CURSIM, PERGITE!*


    Und so leitete der Optio sie rund herum auf dem Übungsplatz in beständigem Laufschritt.


    Sim-Off:

    *Im Laufschritt, Marsch!

  • Die Gespräche verstummten sofort und änderten sich in geschäftiges Aus- und Anziehen. Vereinzelte Flüche, weil sich jemand im Kettenhemd verfranst hatte. Ein andere die Caligae falsch zuknotete und über die Schnüre stolperte. Ein dritter den Gürtel nicht zu bekam. Zu fett, viiiiel zu fett. Dabei war er nur unwesentlich dicker als Feras. Es stellte sich sehr schnell raus, dass der Vorbesitzer des Gürtels, ein Schmalhans war. Das Zeug, besonders das Kettenhemd war ungewohnt schwer.


    Fragend sahen alle zu, was mit dem Schwein veranstaltet wurde. Schwein? Kettenhemd? Feuerschale? Keiner konnte sich einen Reim draus machen.


    Beim Aufstellen wurde wieder gedrängelt und gestoßen. Feras hatte seinen Helm noch nicht zu. Das Ding drückte auf dem Kopf. Die Polsterung war weggedrückt von Köpfen, die anders waren als Feras Dickschädel. Als er ihn endlich zu hatte mussten sie anfangen zu Laufen. „ Latsch mir nicht in die Hacken!“ grummelte es hinter ihm. „ Das Kettenhemd ist schwer.“ stöhnte ein anderer, als sie im Laufschritt anfingen Runden zu drehen. Bei Feras meldete sich der Magen mit lautem Grummeln. Das ging im Geschnaufe, Gestöhne und Fluchen der Mannschaft unter. Was hatte der Centurio mit dem Schwein vor? Feras hätte gern ein Stück vom Hinterschinken gehabt.

  • Und so ließ Grisuix sie Runden laufen, wieder und wieder, bis der erste aus der Reihe torkelte und sich übergeben musste. Erst dann kam ein für die übrigen erlösendes “In aciem venite!“ über den Hof gedonnert.


    Während die Tirones am laufen waren, war das Schwein immer unruhiger geworden. Bald schon folgten erste Ausbruchsversuche aus dem einfachen Pferch, die aber zum Scheitern verurteilt waren. Als die Tirones langsam aber sicher wieder in eine Reihe torkelten und verschnauften, hatte sich ein panisches und schmerzerfülltes Quieken zu dem übrigen hinzugesellt.


    Grisuix schritt die Reihe seiner Tirones ab und begann wieder zu reden. “Na, nett, so ein Kettenhemd, nicht? Es macht schon ordentlich etwas her, verwandelt auch den dünnsten Lauch auf einmal in einen ernstzunehmenden Soldaten. Es schützt euch vor Stichen, es schützt euch vor Schlägen, und überhaupt wird sich jeder zweimal überlegen, euch anzugreifen, wenn ihr so in offizieller Uniform als Vigil zu erkennen seid. Doch irgendwie hab ich das Gefühl, dass dem Tiro Caius da drüben trotzdem etwas schwer auf dem Herzen liegt, dass er uns mitteilen möchte. Optio, hol mir den Tiro Caius her, damit alle seinen Einwand sehen können.“


    Der Optio zeigte auf zwei Tirones, die ihm helfen sollten, und mit einem Strick bewaffnet war das Schwein auch schnell eingefangen. Als der Pferch sich öffnete, mussten die Rekruten das Seil ordentlich festhalten, damit das Schwein nicht gleich ausbüchste. Denn auch die scheinbar gewünschte Freiheit brachte keine Erlösung für das Tier, das scheinbar einfach nur fliehen wollte und nicht wusste, wovor.
    “Hmm, scheinbar ist unserem guten Caius sein Kettenhemd irgendwie unangenehm. Vielleicht sollten wir einmal gnädig sein, und ihn davon befreien?“
    Ein einfacher Wink genügte, und der Optio öffnete die Riemen, die das Kettenhemdstück festhielten. Mit einer schnellen Bewegung zog er es auch gleich ab und warf es auf den Boden neben das Schwein, dessen Rücken nun sehr anschaulich den Grund für die Panik des Tieres offenbarte.
    Ein feuerrotes Muster zog sich über den Rücken, wo das Metall die Haut berührt hatte. Wenn man genau hinsah, konnte man einzelne Kettenglieder darauf erkennen, die sich als schmerzhafte Rötungen und kleine Brandblasen überall in die Schweinehaut gefressen hatten.
    “Seht es euch gut an, Tirones! Euer Kettenhemd schützt euch vor Schwertern, Messern, Äxten, Keulen, Knüppeln, Fäusten, die besseren sogar vor Pfeilen. Aber es schützt euch nicht vor Feuer. Auch, wenn ihr nur in der Nähe eines Brandes seid und nicht direkt im Feuer steht, heizt sich der Stahl auf und speichert die Hitze tief in sich. Auf Patrouille ist es also clever, ein Kettenhemd zu tragen. Aber wenn es ans Löschen eines Feuers geht, dann zieht das verdammte Ding dazu aus! Denn wenn eure Tunika anfängt, zu brennen, ist es zu spät dazu. Wenn sich die einzelnen Glieder verbiegen und verschmelzen, ist es zu spät dazu. Dann werdet ihr in eurem schicken, neuen Kettenhemd ganz einfach geröstet.


    Mal schauen, wie schnell ihr seid. KETTENHEMD AUS!“

  • Laufen, laufen, laufen...er war kein Rennpferd und erst recht kein gepanzertes Rennpferd. Ihm wurde warm, Durst, noch mehr Durst. Die Zunge klebte und verlangte nach Wasser. Das lief widersinniger Weise an seinem Rücken herunter, bildete Perlen auf seiner Stirn. Endlich kam das Kommando zum anhalten. Keuchend stand Feras zwischen den anderen Keuchern, Hustern und Reihernden.
    Sicher war das Kettenhemd schick. Zum Laufen nicht unbedingt. Man fühlte sich aber besser darin. Sticheleien führten nicht gleich zum Tod und so weiter.
    Das Schwein kam ins Spiel. Es quiekte ganz ordentlich und war wild darauf abzuhauen. Der Grund zeigte sich nach dem der Optio das Kettenhemd abnahm. Ein staunendes „UHHHH.“ ging durch die Reihe. „ Schönes Röstmuster...“ raunte einer. „ Na darauf kann ich verzichten.“ hörte man von links. Angesichts der gemusterten Schweinhaut, hörten erstaunlicher Weise alle zu, was der Centurio von sich gab.
    Der Befehl zum Kette ausziehen kam urplötzlich. Wie kommt man am schnellsten aus diesem vermaledeiten Kettenhemd raus? Erst Gürtel ab. Ein Stück hochziehen und dann nach weit vorn über beugen und schütteln, das Ding rutscht von ganz allein runter. Das Ding rutschte und landete auf dem Hof. Feras, nahm es hoch. Als er sich wieder gerade hinstellte, kämpften ein paar immer noch mit dem Ausziehen. Einer verlor die Orientierung und torkelte durch die Gegend, das Kettenhemd halb über dem Kopf.

  • Der Optio halt auf seine altbewährte Weise mit dem Stock nach bei denjenigen, die sich allzu ungeschickt anstellten. Schließlich aber waren alle Tirones von ihrem Kettenhemd befreit. Einigen konnte man die Erleichterung regelrecht ansehen.
    Grisuix schüttelte angesichts der hier gezeigten Leistung nur den Kopf. Er würde noch viel arbeiten müssen, bis er diese Truppe hier zu Vigiles geschliffen hatte.


    “Grauenvoll. Ihr seid wackelige, jammernde Mädchen. Aber ich mach schon noch Vigiles aus euch. Vielleicht hilft ein Anreiz. Wenn ich den Befehl gebe, werdet ihr euer Kettenhemd wieder anziehen. Der erste, der es korrekt angelegt hat, kann zur Mensa und essen und trinken.


    Tirones! Kettenhemd anlegen!“

  • Eben ausgezogen. Total fertig nach dem Laufen. Feras schnaufte, er war kein Mädchen! Von wegen! Jetzt wieder anziehen? Die anderen waren genauso begeistert wie Feras. Stöhnen, leises Nörgeln. „ Ich kann nicht mehr.“ keuchte sein Nachbar. Feras riss sich zusammen, stülpte sich das Kettenhemd über. Das Ding wollte nicht rutschen. Er musste auf der Stelle hüpfen, das dieses Ding sich in Bewegung setzte. Zurecht rücken, dass es vernünftig saß. „ Fertisch!!“ rief der dritte von links. Schwitzend sah Feras zu ihm rüber. Er hatte alles an, sogar den Gürtel, den Feras dabei war zu zumachen. Verdammt! Das Essen war Geschichte. Rechts außen hatte sich in seinem Kettenhemd verstrickt und heulte rum. Sein Nachbar lachte. Er hatte es nach dem zweiten Versuch endlich anbekommen. Es dauerte bis sich die letzten in ihrem Kettenhemd standen. Die Linie wurde ausgerichtet, das hatten alle mitbekommen. Das ersparte das Zurecht-rücken durch den Optio.

  • Wie versprochen wurde der erste inspiziert und durfte danach gehen. “Tja, der Rest von euch muss wohl nochmal üben!“ rief Grisuix, als auch der letzte wieder angezogen war und in der Reihe stand. “Also üben wir noch einmal, für denselben Einsatz. Derjenige, der die Aufgabe am schnellsten korrekt meistert, kann gehen. Auf mein Kommando zieht ihr also Gürtel und Kettenhemd aus, legt es vor euch auf den Boden, macht eine Kniebeuge, zieht danach Kettenhemd und Gürtel wieder an und steht stramm.


    AGETE!


    Und danach wieder. Und wieder. Irgendwann würde wohl auch der ungeschickteste die Aufgabe meistern. Oder eben hungrig bleiben.

  • Der ganze Spaß von vorn. Ausziehen, hinlegen und wieder die gleiche Tortour. Eine blöde Idee zu den Vigiles zu gehen. Ein bisschen Feuer löschen und Nachts die Straßen (un-) sicher machen. So hatte sich Feras das gedacht und jetzt stand er hier auf dem Hof uns zog sich jetzt diese beknackte Lorica hamata das dritte mal an. „ Scheiß Ding!!“ schimpfte sein Nachbar. Feras beeilte sich. Hüpfte, schüttelte, zog. Endlich saß das Ding der Gürtel war zu. „ Fertig!!“ brüllte er über den Platz. Er war der Zweite, der es als erstes geschafft hatte. Sein Nachbar steckte fest. Feras half ihm, zog es gerade, dass es rutschte. Der war froh drin zustecken. Nur hatte er die Rechnung ohne den Centurio gemacht. Das Ganze ging für ihn gleich wieder von vorn los.

  • Als die Reihe wieder einigermaßen stand, durfte dann auch Feras gehen, sein Essen in Ruhe einzunehmen. Der Rest der Rekruten wurde auch weiterhin geschliffen und geschliffen, bis sie entweder genug Übung hatten, in ihr Hemd rein und wieder rauszukommen, oder eben vor Erschöpfung umkippten. Den unfähigsten der Tirones schickte Grisuix auch gleich an diesem Tag wieder davon. Wer den Drill der Vigiles nicht aushielt, der bekam auch weder Sold, noch Verpflegung. Für vergebene Liebesmüh war Grisuix definitiv nicht zu haben.

  • Der Anschauungsunterricht des Grisuix ging in eine neue Runde. Nachdem die Rekruten ein paar Tage einfach nur körperlich gedrillt worden waren, um fit genug für den Dienst zu sein, und die schwächsten und ungeeignetsten Glieder aussortiert waren, ging es ans tatsächlich praktische.
    “Tirones! In Aciem venite!“ erschallte also wie gewohnt zunächst das Signal, in Reihe anzutreten, nach dem Frühstück über den Platz.


    “Heute lernt ihr die Bekämpfung eures ersten Feindes: Feuer. Bestimmt hat jeder von euch schon einmal irgendetwas brennen sehen. Daher die Frage: Weiß einer von euch Nichtsnutzen, welche Mittel wir alles verwenden, um zu löschen?“

  • Wussten die Götter wie sie die Tage geschafft hatten. Der Centurio trennte die Spreu vom Weizen. Es waren ein paar Körner übrig geblieben und nicht durchgefallen. Seit gestern machte es nun auch Sinn, sich den Namen seines Nachbarn im Glied zu merken. Links von Feras ein Vertreter der gallischen Fraktion, Verleihnix hieß er und rechts ein Römer Sextus Calvitius. Verleihnix, ein Kopf größer als Feras, Sextus einen halben Kopf kleiner. Der Körperbau war genauso gestaffelt. Bulle, rassiges Pferd, abgemagerte Ziege. Die drei hatten sich gesucht und gefunden. Verleihnix, benahm sich so wie er hieß. Sein Name war Programm. Sextus Lachen klang wie das Meckern einer Ziege und seinen kahlen Kopf hatte er angeblich schon seit seiner Kindheit. Feras in der Mitte war gutgehender Durchschnitt.


    Verleihnix beugte sich zu Feras und flüsterte. „ Ich hab immer unser Lagerfeuer aus gepinkelt.“ Sextus bekam das Geflüsterte mit und fing an zu lachen. Man konnte meinen, eine Ziege stünde neben Feras. „ Man reiß dich zusammen. Sonst sind wir gleich Mode.“ ranzte ihn Feras an. Um den Centurio abzulenken rief Feras : „ Wasser !!“ Ein abwertendes Raunen. Feras war halt schneller als die anderen. „ Decken !!“ rief es von ganz links. „ Klatschen!!“ kam es von rechts. „ Ich klatsch dir auch gleich eine!!“ sagte der Nachbar des Rufers. „ Das sind Feuerpatschen.“

  • Der Centurio nickte so ein wenig vor sich hin, während nach und nach immer weitere Möglichkeiten genannt wurden. Zwei schon ausgebildete Vigiles und der Optio öffneten derweil schon das Gerätelager und holten nach und nach schon einzelne Dinge zur Veranschaulichung heraus. Die clevereren unter den Tirones würden wohl schon ahnen, dass sie die Dinge gleich nicht nur ansehen würden, sondern bis zum Zusammenbruch damit üben dürften.


    Auf ein Nicken hin warf der Optio Grisuix einen Eimer zu. “Das hier ist euer neuer bester Freund. Nach den Brandschutzbestimmungen der Stadt Rom hat jedes einzelne Haus ZWEI EIMER in seinem Eingangsbereich vorzuhalten. Wann immer ihr eine Kontrolle durchführt, seht euch als erstes die Eimer an, ob sie da sind und auch gebrauchsfähig. Nichts ist schlimmer, als mit löchrigen, auseinanderfallenden Lappen einen Brand löschen zu wollen.
    Im Idealfall sind diese Eimer mit feinem Sand gefüllt. Sollten sie bei einer Kontrolle nicht gefüllt sein, dann scheißt die Bewohner zusammen, dass sie sie gefälligst mit Sand füllen sollen. Es geht um deren Häuser und um deren Sicherheit. Die Eimer sind da nicht zum Spaß und sind kein Spielzeug.


    So, warum Sand? Kann es sich jemand denken?“

  • Das Handwerkszeug wurde ausgepackt. Die meisten sahen sich ratlos an. Für sie war es sogar neu, dass 2 Eimer in jedem Eingangsbereich zu stehen hatten. Sextus kratzte sich am Kopf. Sand? Sand im Eimer? Wo sollte dann das Wasser hin? Er sah Feras an und zuckte mit den Schultern. Feras rollte mit den Augen. Verleihnix verpasste Sextus einen Klapps an den Hinterkopf. „ Vielleicht rieselt der Sand jetzt besser bei dir.“ Der große wusste wofür. „ Zum Ersticken der Flammen, wenn es noch nicht zu sehr brennt.“ Feras nickte. Zum Sandburgen bauen war der nicht gedacht. Zwei Eimer pro Eingangsbereich. Irgendwann musste sie das kontrollieren, also merken.

  • “Am häufigsten bricht in dieser Stadt Feuer aus, weil irgend ein Idiot eine Lampe zu löschen vergisst, oder meint, unter einer Holzdecke heimlich eine Küche betreiben zu können. Fast immer brennt dabei Öl. Wenn wir einmal ganz viel Pech haben, dann brennt am Hafen eben das: Pech.
    Hat einer von euch Anfängern schon einmal gesehen, was passiert, wenn man Wasser auf brennendes Öl schüttet?“

    Erst vor einigen Wochen hatte Grisuix einen Mann in seiner Centurie verloren, weil eben genau das passiert war. Die Chancen standen mehr als gut, dass sich das Ereignis bis zu den neuen Rekruten herumgesprochen hatte.


    “Wenn Holz brennt, könnt ihr mit Wasser löschen. Wenn Harz brennt, könnt ihr mit Wasser löschen. Wenn Stoff brennt, könnt ihr mit Wasser löschen. Wenn Getreide brennt, könnt ihr mit Wasser löschen. Wenn aber Öl brennt, dann betet zu Stata Mater, dass in diesen scheiß Eimern Sand ist!“


    Soviel zunächst einmal zur Theorie, weiter ging es mit ein paar praktischen Übungen. “Wir werden jetzt ein wenig üben“, verkündete Grisuix mit einem Grinsen. Inszwischen waren seine Hänflinge zwar schon fast sowas wie Männer, aber trotzdem jaulten sie noch jedes mal auf, wenn es ans arbeiten ging. Doch Grisuix kannte da keine Gnade. Im Brandfall wollte er sicher sein, dass jeder seiner ausgebildeten Rekruten der ganzen Stadt zeigte, dass die erste Centurie der zweiten Cohorte der Vigiles die beste war.
    “Eimerkette bilden von Brunnen zu Brunnen. Von diesem hier wird Wasser geschöpft, in den Brunnen dort wird 'gelöscht'.


    AGE!“

  • „ Merk dir großer, Pinkel nie in ein Ölfeuer.“ flüsterte Sextus und meckerte los. Viel Zeit zum Lachen ließ ihm Verleihnix nicht, sondern schuppte ihn in die Reihe für die Eimerkette. „ Da werd ich wieder sack nass wenn der Lulatsch mir die Eimer gibt.“ maulte er rum. „ Dann Friss mehr und geh mal in den Trainingsraum.“ keifte Verleihnix zurück. „ Gut Jungs, immer mit der Ruhe, lasst mich in eure Mitte.“ Feras sah die beiden an und stellte sich dazwischen. „ Keine Anzüglichkeiten bitte. Die Hände schön am Eimer behalten.“ alle drei fingen an zu lachen. Los ging die Wasserschlacht. Es hieß so wenig wie möglich verschütten. Mit der Zeit wurden die Eimer schwerer und schwerer. Sextus schnaufte. „ Halt durch Römer. Ihr habt ganze Völker besiegt, also mach jetzt wegen ein paar Eimern Wasser nicht schlapp.“ stichelte Verleihnix. Sextus riss sich zusammen. Feras spürte seine Arme, die Muskeln fingen an zu brennen. „ Der Brunnen müsste bald voll sein, oder?“ fragte Sextus allen ernstes. Feras holte tief Luft. Verleihnix hatte es zum Glück nicht gehört.

  • Immer wieder ließ Grisuix die Rekruten durchwechseln, sod ass jeder einmal die schwierigere Aufgabe des Wasserschöpfens sowie die des Löschens hatte. In der Mitte der Kolonne stellte sich wie immer nach einiger Zeit ein Automatismus ein, bei dem mit der einen Hand der volle Eimer nach vorne durchgereicht wurde, während mit der anderen Hand der leere Eimer zurückwanderte. Das passierte immer, selbst mit den Zivilisten, als würde irgendwo unterbewusst eine Trommel geschlagen werden, an deren Takt man sich orientieren konnte.


    Zwischen den Wechseln brachte Grisuix wieder einige Lektionen zu Löschen an.
    “Im Brandfall werden euch alle Anwohner der Umgebung beim Wasserschöpfen helfen. Wenn sie nur dumm rumstehen, verpflichtet sie zum helfen. Stellt dabei die schwächeren in die Kette nahe am Brunnen, die stärkeren zum Wasserschöpfen oder in die Nähe des Feuers“, war dabei eine der Lektionen. Eine andere, die immer wieder wiederholt wurde, bis jeder Rekrut sie auswendig mitbrüllen konnte, war: “Wir löschen immer: MIT dem Wind und VON UNTEN nach oben! Mit dem Wind, von unten nach oben! Mit dem Wind, von unten nach oben!“
    Und das ganze so lange, bis den Tirones die Arme beinahe abzufallen drohten. Erst dann ließ Grisuix sie eine Pause machen.

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