Gesetzentwurf - Lex de restitutio

  • Die gestrige Sitzung der Ermittlungskommission verlief anders als erhofft, denn sie wurde vorzeitig abgebrochen. Ungeachtet dessen erbrachte sie aber ein nennenswertes Ergebnis. Mit diesem Resultat im Gepäck betrat der Consul das Senatsgebäude, nachdem er die Senatoren zu einer Eilsitzung gebeten hatte.
    Er legte Wachstafeln ab, trat vor das Gremium und wartete, bis das Gemurmel verstummte.


    "Werte Senatoren!
    Wenn mich jemand bei meinen letzten Kandidaturen gefragt hat, ob ich für den Fall des Wahlsieges Gesetzesänderungen plane, habe ich das stets verneint. Gleichzeitig habe ich deutlich gemacht, sollte ich im Rahmen meiner Tätigkeit auf einen Sachverhalt stoßen, der mir weder gerecht noch logisch oder am Ende in keinster Weise zumutbar erscheint, werde ich alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den Missstand zu beseitigen. Dieser Umstand ist während meines Consulats bereits einmal eingetreten, als ich die Notwendigkeit für ein Wagenrennengesetz erkannt habe."
    Er blickte in die Runde, bevor er anfügte: "Und gestern habe ich einen weiteren Missstand erkannt."


    Die wenigsten Senatoren wussten, worauf Menecrates anspielte, da von der ohnehin kleinen senatorischen Abordnung zuletzt nur vereinzelt noch jemand an den Sitzungen der Ermittlungskommission teilgenommen hatte. Manche Ereignisse besaßen zwar flinke Füße, aber in diesem Fall glaubte Menecrates, weitgehend uninformierte Senatoren anzutreffen.


    "Im Rahmen der Ermittlungen sind wir ein beträchtliches Stück vorangekommen. Zum Durchbruch hat uns die Zeugin Sergia Fausta verholfen, die der Kommission eindrucksvoll vorgeführt hat, wohin es führt, wenn wir in der Kontrolle unserer Staatsführung nachlässig werden und Frauen gestatten, Ämter zu bekleiden, die der Tradition gemäß Männern vorbehalten sind, und Titel zu tragen, die unsere Ahnen einzig Männern verliehen haben.
    Jene Zeugin hat in keinster Weise kooperiert und doch so viel geholfen, wie ich es mir nicht besser hätte vorstellen können."
    Er hob die rechte Hand, führte Zeigefinger und Daumen zusammen und unterstrich jedes der nachfolgenden Worte wie mit einem Taktstock.


    "Wir selbst sind Schuld am Sklavenaufstand. Wir selbst tragen die Verantwortung, wenn sich Frauen der untersten Schichten dazu ermutigt fühlen, sich zu erheben. Jeder einzelne von Varia begangene Mord im Vorfeld des Aufstandes wurde an einem römischen MANN verübt!" Er legte eine wirkungsvolle Pause ein, bevor er - wieder mit imaginärem Taktstock in der Hand - weitersprach.
    "Jeder Mann, jedes Kind und jede Frau der Straße erlebt Tag für Tag, wie Römerinnen in Positionen gelangen, die Männern vorbehalten sind. Und sie werden von Staats wegen darin noch unterstützt!" Mahnung klang in seinen Worten mit.
    "Varia hat eher als wir selbst erkannt, dass Rom instabil geworden ist und sie hat die Chance ergriffen. Warum sollte ein Sklave uns achten oder respektieren, wenn wir nicht in der Lage sind, unsere Traditionen vor unseren Frauen zu schützen? Wir sind schwach, wir sind angreifbar. Wir selbst haben Frauen erlaubt, die alten Sitten und Gebräuche mit Füßen zu treten." Wieder schob Menecrates eine wirkungsvolle Pause ein, bevor er weitersprach.


    "Und noch etwas, werte Senatoren: Dieser Aufstand kann und muss als göttliche Strafe gesehen werden. Bisher war mir nicht klar, an welchem Punkt uns die Götter zürnen. Ich habe während meines Consulats viel Zeit, Energie und Geld aufgebracht, um die Götter milde zu stimmen und um zu sühnen, aber wir erreichen nichts, wenn wir nur den Schaden begrenzen. Wir müssen die Ursachen bekämpfen und die Zeugin Sergia Fausta hat uns mit der Nase darauf gestoßen: Wir lassen unsere Traditionen verkümmern!
    Ich bin gewillt, den ersten Schritt in die richtige Richtung zu tun und ich fordere euch auf, tragt die Verantwortung mit für Rom und für die Zukunft unserer Kinder."


    Er griff nach den Wachstafeln.


    "Ich habe einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, den ich euch hiermit vorstelle."



    Lex de restitutio


    Präambel
    Dieses Gesetz soll die alten Sitten und Gebräuche (mois maiores) des römischen Staates wieder herstellen, die bezüglich unserer wertgeschätzten Frauen galten. Zu ihrem Schutz und zur Wertschätzung der Geschichte unseres geliebten Roms sind Rechte und Pflichten gleichermaßen einzusetzen.


    § 1 Aufhebung besonderer Zugangsberechtigungen
    (1) Eine römische Frau und eine fremde Frau (Peregrina) können keine öffentlichen Ämter außerhalb des Cultus Deorum bekleiden.
    (2) Es werden alle Zugänge zu den equestrischen und zivilen Laufbahnen aufgehoben.
    (3) Eine Frau kann weder als Ritter noch als Bürgerin in der Verwaltung, im Militär, im Senat, der Kanzlei oder sonstiger Position einer Administration des römischen Staates dienen.
    (4) Nur der Cultus Deorum, die Vestalinnen und gesonderte Tätigkeiten im Zuge des Dienstes an den Göttern sind Frauen weiterhin frei zugänglich, mit Ausnahme von Positionen, die der Tradition nach männlichen Bürgern vorbehalten sind.


    § 2 Verpflichtung zum sittsamen Leben
    (1) Eine Frau hat sich den Gepflogenheiten der Traditionen unterzuordnen. Sie darf keinerlei standesfremde Tätigkeit ausführen, die nicht gebührlich ihrer Herkunft als Römerin ist.
    (2) Eine Frau kann sich nicht vom Stande über ihren Ehemann erheben, sofern dieser nicht zustimmt.
    (3) Eine Frau, mit Ausnahme von Sklavinnen, kann und darf keine Ausbildung an der Waffe erhalten.
    (4) Eine Frau ist dem Mann in der Öffentlichkeit untergeordnet, sofern dies ihrer Verpflichtung als Mutter, Ehefrau und Bewohnerin des Reiches nicht zur Schande gereicht.
    (5) Eine Frau ist von jeglichem aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen.


    § 3 Feststellung
    (1) Männer und Frauen sind nicht gleich.
    (2) Eine Vermischung ihrer Talente, Fähigkeiten und Positionen ist verboten.
    (3) Rom schützt und wertschätzt seine Frauen und achtet auf eine entsprechende Schutzposition.
    (4) Es gelten die alten Werte und Sitten der Ahnen, die in Weisheit und Weitsicht auf eine wertgerechte Gemeinschaft achteten.
    (5) Alle Gesetze und Positionen, die den Traditionen zuwider laufen, insbesondere der Beschäftigung einer Frau im öffentlichen Dienstverhältnis, außerhalb des Cultus Deorum, sind aufgehoben.
    (6) Frauen können weiterhin in handwerklichen und freien Berufen außerhalb der Verwaltung, dem Militär und den ritterlichen und senatorischen Laufbahnen tätig sein.


    § 4 Schutz und Rechte
    (1) Eine römische Frau ist gleichermaßen Bürgerin.
    (2) Sie wird vom Staat gleichermaßen geschützt und ihr Lebensrecht gilt als verwirklicht.
    (3) Eine Fremde (Peregrina) kann nicht den gleichen Schutz genießen wie eine römische Frau.
    (4) Eine römische Frau und eine Fremde können Zugang zu Bildung erhalten.
    (5) Eine römische Frau ist in ihrer Ehre zu achten.
    (6) Ehrenrechte umfassen einen standesgemäßen Umgang, Zurückhaltung und Wertpflege ihrer Anwesenheit.


    Der Consul blickte auf und zeigte sich gespannt, wer der Anwesenden bereits vom Zerfall erfasst war und sich die Blöße gab.

  • Da der Name ausgerechnet seiner eigenen Ehefrau gleich mehrfach in der Rede des claudischen Consuls genannt wurde, fühlte sich Dives dazu veranlasst, das Wort sich zu erbitten, um in der einen oder anderen Weise nun spontan auf diesen öffentlichen Vorwurf zu reagieren. Für einen kurzen Augenblick erwägte der Iulier dabei, sich dafür zu entschuldigen, dass seine Frau sich offenbar als Zeugin verweigert hatte, bevor er diesen Gedanken jedoch unmittelbar wieder verwarf. Denn dass man seine Familia in dieser Weise öffentlich anprangerte, anstatt sich zunächst mit dem Oberhaupt besagter Familia in Verbindung zu setzen, empfand der divitische Senator als beinahe offene Kampfansage - ein Umstand, der ihn überaus unglücklich stimmte.


    "Patres Conscripti!", begann der Iulier seine Respons. "Zunächst erst einmal möchte ich meine Freude ausdrücken darüber, dass die Kommission des ehrenwerten Consuls Claudius offenkundig dazu in der Lage war, die Ursache des Sklavenaufstands zu ermitteln. Dafür gilt ihm wie den übrigen Mitgliedern seiner Ermittlungskommission mein aufrichtiger Dank.", führte er aus und ließ eine kurze Zäsur folgen. "Dieser Aufstand kann und muss also als eine Strafe der Götter angesehen werden. Dazu möchte ich zunächst zwei kurze Nachfragen an den Consul richten. Zum einen möchte ich mich erkundigen, inwiefern auch das bisher nicht von ihm erwähnte Collegium Pontificum diese Erkenntnis stützt, wie mich darüber hinaus als zweite Frage interessieren würde, welche Vorschläge das Collegium unterbreitet, unsere Schuld, von der du sprachst, zu sühnen.", erkundigte sich Dives, da ihm schien, dass ein Frevel an den Göttern stets nicht nur künftig vermieden sondern überdies selbstredend auch angemessen gesühnt werden musste. Anschließend ließ er eine größere Pause folgen.


    "Zum vorliegenden Gesetzentwurf möchte ich selbstredend ebenfalls einige Anmerkungen machen, beginnend damit, dass ich die Begrifflichkeit 'mois maiores' zu ersetzen anrege entweder durch 'mos maiorum' oder - da hier im Plural von den Sitten gesprochen wird - durch 'mores maiorum'.", leitete er anschließend zum Entwurf über. "Inhaltlich möchte ich sodann fragen, weshalb im ersten Absatz des ersten Paragraphen Sklavinnen und Freigelassene nicht aufgeführt sind. Gibt es dafür irgendeinen bestimmten Grund?", wunderte er sich durchaus, dass zwei Stände hier ausgenommen sein sollten und folglich insbesondere eine freigelassene Liberta bessergestellt sein sollte als eine freigeborene Römerin. "Ferner ist womöglich einigen von euch bekannt, dass ich selbst einst in der Provincia Asia groß wurde. Daher vermag ich durchaus zu wissen - und dieses Wissen im Folgenden gerne teilen zu können -, dass es im griechischen Osten durchaus üblich ist, dass Frauen in der Volksversammlung das Wort ergreifen und als Kommunalpolitiker auch selbst aktiv werden.", führte er aus. "Daraus selbstredend ergibt sich nun die Frage, inwiefern die Stabilität und öffentliche Ordnung insbesondere im griechischen Osten hier bedacht wurde.", stellte er sich gewiss nicht kategorisch dagegen, mahnte jedoch durchaus seine Bedenken.


    "Meine nächste Nachfrage betrifft anschließend die equestrische Laufbahn.", kündigte der Iulier danach an. "Denn bekanntermaßen ist es nicht nur einzig der Censor", nutzte Dives unabhängig vom Abstimmungsergebnis seines früheren Änderungsantrags diese Bezeichnung für den Augustus, "der über die Erhebung in den Ordo Equester bestimmt, sondern überdies scheint mir, dass auch nahezu jeder ritterliche Posten traditionell einzig durch den Imperator vergeben wird. Meine Frage lautet daher, inwiefern diese Beschränkung in seiner Ernennungsfreiheit mit dem Princeps abgesprochen ist.", schien es dem Iulier durchaus wichtig, in Erfahrung zu bringen. Denn er würde gewiss kein Gesetz unterstützen, welches ohne Absprache mit diesem die Macht des Augustus zu beschneiden versuchte. Zu sehr begrüßte Dives, dass der Princeps bislang doch stets die Bedeutung des Senats herausgehoben hatte, als dass er nun dazu bereit wäre, diese Haltung des Aquiliers dadurch zu gefährden, dass man womöglich ohne seinen Segen seine Freiheiten einschränkte.


    "Es scheint mir möglicherweise nur eine Formulierungsfrage zu sein, wie ich allerdings dennoch erwähnen möchte, dass mir der erste Absatz des zweiten Paragraphen ein wenig unklar erscheint. Denn der Absatz beginnt ganz allgemein mit 'einer Frau', bevor diese unspezifische Frau im zweiten Satz mit dem Wort 'sie' aufgegriffen wird. Zugleich endet dieser zweite Satz jedoch mit 'ihrer Herkunft als Römerin'.", zeigte Dives auf. "Soll es in diesem Absatz also einzig um Frauen römischer Herkunft gehen, so möchte ich anregen, dies bereits im ersten Teil des Absatzes deutlich zu machen. Sollte es hingegen um jedwede Frauen gehen, so scheint mir, dass man die 'Herkunft' nicht weiter spezifizieren und den Zusatz 'als Römerin' daher ersatzlos streichen sollte.", bot er zwei Möglichkeiten an, wie diese Unklarheit aus seiner Sicht aufgelöst werden könnte.


    "Der direkt darauffolgende Absatz bereitet mir hingegen etwas größere Sorgen.", kündigte er an, hier nun ein größeres Problem zu haben als noch mit der Kleinigkeit des vorherigen Absatzes. "Denn ich betrachte mich zwar nicht als Rechtsexperten, war jedoch trotzdem bisher der Auffassung, dass wir in einer Zeit leben, in welcher die Ehe 'sine manu' längst zur Regel geworden ist, die Ehe 'cum manu' entsprechend dieser Tage eine eher seltene Ausnahme darstellt.", führte der Iulier aus. "Ich selbst habe eine kleine Tochter, die heute noch einige Jahre zu jung ist, um an ihre Verheiratung zu denken. Dennoch untersteht sie meiner Patria Potestas und wird selbstredend auch nach ihrer Hochzeit weiterhin meiner Patria Potestas unterstehen.", gab Dives ein persönliches Beispiel. "Selbstverständlich gilt in einer Ehe das Prinzip der 'reverentia mutua' - also das Prinzip des gegenseitigen Respekts -, was insbesondere das Verklagen des jeweils anderen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis eines Praetors möglich macht. Gleichzeitig jedoch herrscht bekanntlich auch ein striktes Gütertrennungsprinzip und ein Verbot von Schenkungen zwischen den Ehegatten.", intendierte er aufzuzeigen, welche Grenzen einem Mann gegenüber seiner Frau traditionell durchaus gesetzt waren. "Daher möchte ich meine erheblichen Bedenken dagegen äußern, dem Ehemann ein gesetzliches Mitspracherecht an einer möglichen Standeserhebung seiner Ehefrau einzuräumen.", fasste er letztlich seinen Standpunkt zu diesem zweiten Absatz zusammen. Dass er als Vater hingegen wohl stets ein gewisses Mitspracherecht in den Belangen seiner Tochter hätte, hatte er bereits ausgeführt.


    "Schließlich und schlussendlich scheint mir der dritte Paragraph an einigen Stellen ein wenig zu trivial - wie ich beispielsweise den ersten Absatz für derart selbstverständlich halte, dass er gewiss nicht Teil eines Gesetzestextes sein muss -, während ich andere Passagen hingegen als etwas zu schwammig empfinde. Insbesondere der vierte Absatz scheint mir hier nicht wesentlich konkreter zu sein als die Praeambel.", stellte er für sich fest. "Ich denke, wenn wir gesetzlich festschreiben wollen, dass die alten Werte und Sitten der Ahnen gelten, dann sollten wir diese Sitten und Werte auch konkret benennen.", argumentierte Dives und blickte anschließend kurz auf die Tabula in seinen Händen. Hatte noch etwas vergessen? "Ach, und einen letzten Stichpunkt habe ich mir noch gemacht. Mit fehlt in diesem Entwurf - möglicherweise im Rahmen des vierten Paragraphen - noch eine Feststellung wie beispielsweise nachfolgende. 'Der Frau eines Senators oder seinen Kindern ist derselbe Respekt entgegenzubringen wie dem Senator selbst. Dasselbe gilt für den Ordo Decurionum und Equester.' Denn dies würde nicht nur die Stellung des Mannes als Familienoberhaupt betonen, sondern überdies auch seine Pflicht herausstreichen, für den Schutz der eigenen Ehefrau und Kinder einzutreten.", nutzte er diesen Satz als aus seiner Sicht durchaus passendes Schlusswort zu seiner ersten Respons auf die claudische Rede und den zugehörigen Gesetzentwurf.

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Und wieder einmal machte der Consul einzig und allein einen Gesetzesvorschlag, weil ihm jemand wohl in die Seite geprickt hatte. In diesem Fall war es wohl Sergia Fausta gewesen.


    “Als Haruspex Primus ist es meine Aufgabe, göttliche Zeichen zu lesen, insbesondere solche, die eine Entsühnung erfordern. Hierfür studieren Haruspices jahrelang in den etruskischen Städten.
    Daher möchte ich zunächst in meiner Funktion als Haruspex festhalten, dass der Aufstand kein Merkmal eines göttlichen Zeichens aufweist, da er einzig und allein von Menschen hervorgerufen wurde, von Menschen begangen wurde und von Menschen zu einem Ende gebracht wurde. Ein Blitzschlag, ein Erdbeben, die Verfärbung eines Flusses ohne menschliche Einwirkung, eine Flut... DAS sind göttliche Zeichen. Der Aufstand war ohne Zweifel für Rom eine Katastrophe. Aber er weist keine Merkmale auf, die als Äußerung des göttlichen Willen verstanden werden können.
    Desweiteren kann der Senat nur gemeinschaftlich eine Progidio beschließen.“


    Soviel erst einmal dazu. Wie der Consul auf die Idee kam, hier einfach im Alleingang ein göttliches Zeichen bestimmen zu wollen, ohne auch nur die Haruspices oder wenigstens die Auguren zu befragen, geschweige denn das Collegium Pontificum, das wusste wohl nur der Claudius allein.


    “Zum weiteren hat Senator Iulius viel richtiges schon gesagt. Insbesondere die Gebräuche im Osten unseres Reiches, wie auch das Vorrecht der Väter durch Patria Potestas und das Verbot von Schenkungen und dergleichen unter Eheleuten sind dabei wohl die wichtigsten Punkte.
    Aber ich möchte noch einiges ergänzen, wenngleich ich nie gedacht hätte, einmal in die Verlegenheit kommen zu müssen, die Frauen Roms ausgerechnet im Senat verteidigen zu müssen. Denn auch in Rom ist und war es seit Jahrzehnten durchaus üblich, dass Frauen sich auch in der Verwaltung oder einfachen, öffentlichen Ämtern engagieren. Für ihre Arbeit bei der Acta Diurna wurden mehrere Frauen von verschiedenen Kaisern teils hoch geehrt. Ebenso zu Zeiten, als die Schola Atheniensis noch bestand hatte, waren es einige Frauen, die dort auch in höchsten Ämtern ihren Dienst verrichteten. Ebenso haben Frauen in Rom und in den Provinzen schon seit Jahrzehnten im Cursus Publicus als Verwaltungskräfte und Stationarii gedient und wurden dafür bisweilen ebenfalls mit Lob überschüttet.
    Inwiefern der Kaiser mit der Arbeit der von dir angesprochenen Sergia Fausta unzufrieden war, oder ob auch sie von ihm hierfür Achtung und Respekt erfahren hat, würde ich gerne aus seinem Mund persönlich hören, ehe ich da mir ein Urteil erlaube.
    Ich sehe folglich keinen Sinn darin, Frauen Tätigkeiten zu verbieten, die jene schon so lange mit viel Lob und gewissenhaft ausführen, nur weil ein einzelner Mann in der Reaktion einer einzelnen Frau ihm gegenüber Grund genug sieht, sie gesetzmäßig zu einer ihm genehmen Reaktion zwingen zu wollen.“
    Oder anders ausgedrückt: Sextus schätzte es außerordentlich nicht, in so eine kleinliche Racheaktion hineingezogen zu werden. Und noch weniger schätzte er es, wenn der Senat nun zum wiederholten Mal von Claudius Menecrates instrumentalisiert wurde.
    “Darüber hinaus sind etliche der vorgelegten Formulierungen mehr als schwammig. Was bedeutet es, dass das Lebensrecht einer Frau verwirklicht ist? Lebte sie denn bislang nicht oder hatte sie kein Recht darauf? Worin besteht die Verwirklichung? Wieso sollte eine Frau keinen höheren Stand haben dürfen, als ausgerechnet ihr Mann, der wie Senator Iulius schon ausführte, ohnehin keine Rechte an ihr genießt? Aufgrund welcher Gesetzmäßigkeit ist eine römische Frau automatisch Bürgerin? Was sind standesfremde Tätigkeiten, die nicht gebührlich der Herkunft als Römerin sind? Dürfen römische Frauen damit nicht mehr Schauspielerin werden, oder Lupa? Ist Fischerin noch genehm, oder Gerberin? Was passiert, wenn sie es doch werden?
    Ebenso die Ausbildung an der Waffe. Heißt dieser Paragraph nicht im Umkehrschluss, Sklavinnen dürfen und sollen an der Waffe ausgebildet werden? Und was ist mit den Grenzregionen, in denen die Gefahr besteht, dass eine römische Frau bei einem Überfall getötet oder vergewaltigt wird? Soll sie von Gesetzes wegen gezwungen sein, sich nicht wehren zu dürfen? Und was ist mit jenen Frauen niederen Standes, die der Diana gleich ihre Männer bei der Jagd mit dem Speer begleiten? Oder den Schäferinnen mit ihren Schleudern, die damit die Wölfe vertreiben? Sind das nun keine Waffen mehr? Und inwiefern hätte ein Verbot dabei geholfen, diese Varia, die ja Sklavin war und dabei eine Ausbildung an der Waffe erhalten hat, zukünftig zu verhindern? Wäre es da nicht sinniger, Sklaven und Sklavinnen viel eher den Zugang zu Waffen und Ausbildung zu verwehren?


    Sextus schüttelte den Kopf. “Nein, dieses Gesetz in dieser Form würde so nur weit mehr Zwist und Streitigkeiten hervorbringen, aber keine weiteren Aufstände verhindern.“

  • Der Consul gewährte Senator Iulius das erste Wort, denn als Ehemann der Sergia war er mehr als alle anderen betroffen. Der zu erwartenden langen Rede wegen, machte sich der Consul wieder Notizen. Seine Antwort begann er mit der Kaiserfrage.


    "Danke Senator Iulius. Ich muss sagen, ich bin von deiner Haltung beeindruckt und ich komme gleich zum Thema.
    Der Kaiser ist mit dem Vorsatz angetreten, dem Senat wieder mehr Einfluss zuzubilligen. Er hat vor uns allen geäußert, dass er es für erforderlich hält, zur Mos Maiorum zurückzukehren. Nichts anderes beabsichtige ich mit diesem Gesetz. Der Kaiser ließ Taten den Worten folgen, denn er machte in der Vergangenheit mit seinen Auftritten deutlich, dass er sich als Diener des Staates sieht, nicht als König. Er hat mir in einer Audienz noch einmal persönlich versichert, dass er dem Senat mehr Einfluss zubilligt, und das nicht nur im Hinblick auf Wahlempfehlungen. So seine Worte. Wie sehr er sich an die eigenen Vorgaben hält, hat er gerade erst vor den letzten Wahlen deutlich gemacht, als er eine Direktnominierung abgelehnt hat, um die Wahl des Senats nicht zu beeinflussen.
    Ganz gleich, auf welchen Zeitraum ich blicke, ob auf den Amtsantritt, ein persönliches Gespräch vor zwei Jahren oder die aktuelle Entscheidung, stets wertschätzt und stärkt der Kaiser den Senat. Stets zeigt er sich als Mann der alten Traditionen. Ich bin mir gänzlich sicher, dass er keinem Gesetz entgegenstehen wird, das sich zum Ziel setzt, zur Mos Maiorum zurückzukehren.
    Ich plane, den Kaiser sofort nach der heutigen Sitzung anzuschreiben, um ihn zu informieren und mich seiner Unterstützung zu versichern. Ich wollte zeitnah retten, was zu retten ist. Daher hier der erste Schritt.
    Es ist viel zu viel Zeit seit den Aufständen vergangen, ohne dass wir wirkungsvoll gehandelt haben. Ja, wir haben Aufständische hingerichtet, aber nein, wir haben nichts getan, um die Ursachen zu beheben und das Feld neu zu bestellen. Wir konnten es nicht, weil wir nicht wussten, wie. Jetzt wissen wir, dass die vom Reich in Vergessenheit Geratenen in der Subura der schlechten Lebensbedingungen wegen einen Grund zum Revoltieren hatten. Seit gestern wissen wir, woher sie ihren Mut bezogen, römische Männer zu morden und sich am Ende zu erheben."

    Er schloss des nahen Zusammenhanges wegen gleich die Antwort zum Collegium Pontificum an.
    "Zeit haben wir also genug verschwendet, jetzt heißt es zu handeln. Es heißt, SCHNELL zu handeln und das kann ich nicht in alle Richtungen gleichzeitig tun und vor allem kann ich es nicht allein. Ich habe gestern und die Nacht durchgearbeitet, um heute das Gesetz in seinem Entwurf vorzustellen. Dieses Gesetz ist der Beginn einer weitreichenden Sühnekampagne. Mir war es wichtig, dem Kaiser neben dem Problem gleich eine Lösung zu präsentieren, die wir hier bereits diskutieren. Ich wäre dankbar, wenn ich den Weg zum Collegium Pontificum nicht alleine beschreiten muss, aber dazu komme ich später noch."


    Anschließend ging er die inhaltlichen Anmerkungen durch.
    "Es lag nicht in meiner Absicht, Freigelassene und Sklavinnen im ersten Absatz des ersten Paragrafen auszulassen. Um irwitzigen Frauen zuvorzukommen, schlage ich vor, die allgemeine Bezeichnung Frauen zu wählen, weil sich mit ihr jedes weibliche Wesen angesprochen fühlen muss. Alternativ könnte man die beiden fehlenden Stände anfügen, damit sich jede Frau angesprochen fühlen kann.
    Was die weiblichen Kommunalpolitiker oder Verwaltungsangestellten in fernen Regionen betrifft, so bin ich sicher, dass die Kunde vom Sklavenaufstand unter der Führung einer Frau auch in entfernte Teile des Reiches vorgedrungen ist. Ich glaube nicht, dass dort ein Nachahmen erwünscht ist, denn auch in unserem Fall gab es ja Vorbilder und Nachahmer. Außerdem denke ich, herrscht Rom, auch bei den Griechen."


    Der nächste Punkt betraf Paragraf zwei.
    "Wie bereits erwähnt, spreche ich mit der allgemeinen Bezeichnung 'Frau' jedes weibliche Wesen unabhängig seines Standes an. Eine Streichung - wie vorgeschlagen - halte ich für ungünstig, denn im Falle einer Tätigkeit als Lupa, steht diese einer Sklavin, Freigelassenen und Peregrina frei, nicht aber einer Frau mit Herkunft als Römerin. Falls es eine unmissverständlichere Formulierung gibt, bin ich dafür offen bzw. vielleicht ist meine Umformulierung geeignet."


    Beim nächsten Einwand in Bezug auf einen Standesunterschied bei Heirat zwischen Mann und Frau, dachte Menecrates kurz nach. Es lohnte sich nicht, zu großen Erklärungen anzusetzen, daher folgte er dem Vorschlag des Senators, da dieser die alte Rolle der Frau stützte.
    "Einverstanden, ich streiche Absatz zwei im Paragraf zwei.
    Dann wären noch die alten Sitten und Werte. Senator Dives, wenn du sie im Gesetz benannt haben möchtest, bitte ich zum einen Vorschlag in welcher Ausformulierung und an welcher Stelle.
    Ich selbst bin nicht sicher, ob wir die Tugenden einer römischen Frau aufnehmen sollten oder es als Grundwissen voraussetzen. Proba - rechtschaffen. Piissima - gewissenhaft. Pia - fromm. Officiosa - pflichtbewusst."
    Er war sich tatsächlich unschlüssig und wartete auf Reaktionen.
    "Ich folge außerdem deinem Vorschlag, Absatz eins im Paragraf drei zu streichen und der Zusatz, die Frau und Kinder eines Senators betreffend, ist hervorragend!"
    Der Consul blickte auf und stellte fest, die Diskussion fing konstruktiv an. So viel Stärke hätte er dem iulischen Senator nicht zugetraut.


    Dann allerdings sprach Aurelius und der disqualifizierte sich. Der Consul ging nicht auf dessen Einschätzung ein, es handele sich beim Sklavenaufstand nicht um eine göttliche Strafe, weil Aurelius kein Zeichen gesehen hätte. Wer konnte schon einem Haruspex in seinen Deutungen Glauben schenken, der als Römer den Frauen Rechte zusprach, die abseits der guten alten Sitten lagen.
    Irgendetwas musste aber Menecrates antworten, also wählte er das Nachfolgende.


    "Die Selbstverwirklichung einer Frau beinhaltet in erster Linie ihre Rolle als Mater, also die Mutterschaft, Kinder für den Staat zu gebären, gerne mindestens drei. Frauen stärken ihren Mann durch die Führung des Haushaltes. Die Summe all diese klassischen Werte tragen zur Verwirklichung einer Frau bei. Senator Aurelius, viele deiner Fragen erscheinen mir unwichtig, um ehrlich zu sein. Nehmen wir die Bemerkung, Sklavinnen 'sollen' an der Waffe ausgebildet werden. Ich habe keine Zeit, alles Stück für Stück mit dir durchzugehen. Eine Sklavin KANN als Gladiatorin ausgebildet werden, eine Frau höheren Standes nicht.
    Ich habe keine Zeit, all deine Fragen stückweise durchzugehen. WIR haben keine Zeit. Ich wollte eigentlich dich und Senator Flavius Gracchus bitten, dass wir gemeinsam eine Staatssühne anbringen. Schneller als schnell kann ich nicht handeln, daher ist dieses Gesetz der erste Schritt, die Rückversicherung beim Kaiser der zweite, das Anbringen der Staatssühne der dritte und am besten müsste alles gleichzeitig geschehen."


    Er blickte Aurelius direkt an: "Wie steht es um deine Mitwirkung dabei?" Dann blickte er zu Flavius Gracchus. "Senator Flavius, darf ich dich um deine Unterstützung in dieser Sache bitten?"


    Er ließ den Senatoren Zeit zum Nachdenken.
    "Hier wäre erst einmal der abgeänderte Gesetzentwurf."



    Lex de restitutio


    Präambel
    Dieses Gesetz soll die alten Sitten und Gebräuche (mores maiorum) des römischen Staates wieder herstellen, die bezüglich unserer wertgeschätzten Frauen galten. Zu ihrem Schutz und zur Wertschätzung der Geschichte unseres geliebten Roms sind Rechte und Pflichten gleichermaßen einzusetzen.



    § 1 Aufhebung besonderer Zugangsberechtigungen
    (1) Eine römische Frau und eine fremde Frau (Peregrina), eine Freigelassene (Libertina) und eine Sklavin (Serva) können keine öffentlichen Ämter außerhalb des Cultus Deorum bekleiden. ODER Eine Frau kann keine öffentlichen Ämter außerhalb des Cultus Deorum bekleiden.
    (2) Es werden alle Zugänge zu den equestrischen und zivilen Laufbahnen aufgehoben.
    (3) Eine Frau kann weder als Ritter noch als Bürgerin in der Verwaltung, im Militär, im Senat, der Kanzlei oder sonstiger Position einer Administration des römischen Staates dienen.
    (4) Nur der Cultus Deorum, die Vestalinnen und gesonderte Tätigkeiten im Zuge des Dienstes an den Göttern sind Frauen weiterhin frei zugänglich, mit Ausnahme von Positionen, die der Tradition nach männlichen Bürgern vorbehalten sind.


    § 2 Verpflichtung zum sittsamen Leben
    (1) Eine Frau hat sich den Gepflogenheiten der Traditionen unterzuordnen. Eine unsittliche und unstandesgemäße Tätigkeit ist einer Römerin verboten. Tätigkeiten, wie die einer Lupa, stehen nur Sklavinnen, Peregrinen und Freigelassenen zu.
    (2) Eine Frau kann sich nicht vom Stande über ihren Ehemann erheben, sofern dieser nicht zustimmt.
    (3) Eine Frau, mit Ausnahme von Sklavinnen, kann und darf keine Ausbildung an der Waffe erhalten.
    (4) Eine Frau ist dem Mann in der Öffentlichkeit untergeordnet, sofern dies ihrer Verpflichtung als Mutter, Ehefrau und Bewohnerin des Reiches nicht zur Schande gereicht.
    (5) Eine Frau ist von jeglichem aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen.


    § 3 Feststellung
    (1) Männer und Frauen sind nicht gleich.
    (1) Eine Vermischung ihrer Talente, Fähigkeiten und Positionen ist verboten.
    (2) Rom schützt und wertschätzt seine Frauen und achtet auf eine entsprechende Schutzposition.
    (3) Es gelten die alten Werte und Sitten der Ahnen, die in Weisheit und Weitsicht auf eine wertgerechte Gemeinschaft achteten.
    (4) Alle Gesetze und Positionen, die den Traditionen zuwider laufen, insbesondere der Beschäftigung einer Frau im öffentlichen Dienstverhältnis, außerhalb des Cultus Deorum, sind aufgehoben.
    (5) Frauen können weiterhin in handwerklichen und freien Berufen außerhalb der Verwaltung, dem Militär und den ritterlichen und senatorischen Laufbahnen tätig sein.


    § 4 Schutz und Rechte
    (1) Eine römische Frau ist gleichermaßen Bürgerin.
    (2) Sie wird vom Staat gleichermaßen geschützt und ihr Lebensrecht gilt als verwirklicht.
    (3) Eine Fremde (Peregrina) kann nicht den gleichen Schutz genießen wie eine römische Frau.
    (4) Eine römische Frau und eine Fremde können Zugang zu Bildung erhalten.
    (5) Eine römische Frau ist in ihrer Ehre zu achten.
    (6) Ehrenrechte umfassen einen standesgemäßen Umgang, Zurückhaltung und Wertpflege ihrer Anwesenheit.
    (7) Der Frau eines Senators oder seinen Kindern ist derselbe Respekt entgegenzubringen wie dem Senator selbst. Dasselbe gilt für den Ordo Decurionum und Equester.

  • Macer seufzte hörbar, als er die Einleitung des Consuls hörte. Zu Beginn der Amtszeit hatte sich Macer die Arbeit der Ermittlungskommission durchaus interessant vorgestellt, auch wenn er nicht euphorisch gewesen war. Dass sich einiges dann anders darstellte, als er es erwartet hatte, hatte ihn folglich auch nicht allzu sehr enttäuscht, aber seine Freude trotzdem reduziert. Das heutige Auftreten des Consuls ließ ihn jedoch erstmals ernsthaft am Sinn der Kommission zweifeln. Um aus seiner Sicht noch halbwegs einen Sinn für dieses Unterfangen zu wahren, meldete er sich kurz zu Wort. "Als Mitglied der besagten Kommission ist es mir wichtig zu betonen, dass die Schlussfolgerungen zur Ursache des Sklavenaufstandes, wie sie der Consul soeben dargelegt hat, kein Ermittlungsergebnis sind, welches von allen Mitgliedern der Kommission mitgetragen wird."


    Über den Gesetzentwurf selber musste er erst einmal eine Weile nachdenken. Er kam viel zu plötzlich und mit vermutlich weitaus weitreichenderen Konsequenzen, als dass Macer sich hier schnell eine Meinung bilden konnte.

  • Scato haderte mit dem Gesetzesvorschlag, hatte er doch selbst einige Zeit in Ägypten verbracht und Schriften und Philosophen in Alexandria und später auch in Achaia, wo Frauen ebenfalls mehr Mitspracherecht genossen, als dies in Rom der Fall war.
    "Consul Claudius, zunächst einmal schätze ich deinen Eifer und deinen Einsatz, den du während deiner Amtszeit an den Tag legst. Es ist wahrlich eine Freude einen so engagierten Mann in diesem Amt zu sehen." lobte Scato zunächst einmal die vielen Initiativen, welcher der Claudier angestoßen hatte.
    "An der Formulierung deines möglichen Gesetzes habe ich indes nichts auszusetzen, auch durch die von Senator Iulius vorgeschlagenen Korrekturen ist es sehr präzise formuliert und würde wohl den Anspruch unserer Rechtsprechung genügen."
    Scato seufzte kurz "Viel mehr geht es mir um die Inhalte und hier kann ich deine Beweggründe nicht gänzlich nachvollziehen. Der Sklavenaufstand als Strafe der Götter, und ich möchte mich dort der Meinung des verehrten Haruspex anschließend, überzeugt mich nicht gänzlich, und ich fürchte, mit einem Gesetz zur Einschränkung der Rolle der Frauen würde man nur noch mehr Unmut schüren. Darüber hinaus ist die Anzahl der Frauen in wirklich wichtigen Positionen der Verwaltung doch überschaubar und sehe nicht so recht, wie eine Einschränkung in der Verwaltung eine Wirkung auf aufständische Individuen wie diese Varia haben soll. Ich sehe deinen Einwand hinsichtlich der Sitte ein, jedoch denke ich pragmatisch und sehe hier keinen Grund für eine Verschärfung der Gesetze welche wohl beim einfachen Volk in diesen Tagen viele verstören würde."

  • "Consular Purgitus, Senator Flavius Scato, werte Senatoren, es stand jedem berufenen Mitglied der Kommission frei, an den Ermittlungen teilzunehmen. Immer weniger haben das zuletzt wahrgenommen, manche sind bereits nach der ersten Sitzung ferngeblieben und andere trotz Berufung gar nicht erst erschienen."
    Der Consul warf einen kurzen Blick auf Iulius. Möglicherweise würde er über dessen Fernbleiben hinwegsehen. Eigentlich hätte der Iulier wie Decimus Livianus auch später hinzustoßen können, denn eine Teilabwesenheit entband nicht generell vor Verpflichtung. Bisher zeigte sich der Senator in dieser Debatte aber sehr konstruktiv.


    "Die Kommission kann letztlich immer nur mit jenen arbeiten, die ihre Stimme erheben und von denjenigen, die sich nicht in Schweigen gehüllt haben, sind es zwei Drittel, die das von mir vorgetragene Ergebnis mittragen.
    Ich mache allerdings keinem Mitglied einen Vorwurf, dem es die Sprache beim Auftritt der Sergia Fausta verschlagen hat. Vor allem Senator Decimus habe ich angesehen, wie unwohl er sich gefühlt hat."


    Er blickte zu Senator Scato. Er gehörte zu jenen, die trotz Berufung nicht an den Ermittlungen teilgenommen hatten. Da der Flavier mit seiner Enkelin Sassia verheiratet war, würde der Consul ihn hier nicht als schlechtes Beispiel nennen. Familiäre Unterstützung als Gegenleistung dafür sah allerdings für Menecrates anders aus.


    "Ich schlage vor, das Kommissionsmitglied Tiberius Verus hier als Zeuge befragen zu können. Der Trecenarius der Garde hatte die kaiserlichen Ermittlungen geführt und über viele Monate eine anders lautende Erklärung für den Aufstand vertreten. Er kann uns persönlich erklären, warum er sich dem von mir vorgestellten Ergebnis anschließt. Manchmal ist es gut, mehr als nur eine Meinung zu hören und wie gesagt, der Trecenarius vertritt nicht nur irgendeine Meinung. Er vertritt die Cohortes Praetoriae."


    Der Consul blickte in die Runde und wartete auf Zustimmung. Letztlich konnte man sich auch außerhalb der Curia zu einer Zeugenbefragung treffen. Er würde die Wünsche der Senatoren berücksichtigen.

  • Der divitische Senator folgte den anschließenden Wortbeiträgen und kam nicht umhin, zu bemerken, dass der claudische Consul hier allem Anschein nach neuerlich einen Gesetzentwurf vorstellte, den er seiner eigenen Aussage nach erst innerhalb des letzten Tages - und der letzten Nacht - sich erarbeitet hatte. War ihm exakt diese Eile nicht bereits im Rahmen einer Lex über Wagenrennen zunächst auf die Füße gefallen? Denn auch dort hatte er doch erwähnt, seinen ersten Entwurf binnen nur einer einzigen Nacht sich erdacht zu haben. Den Grund für diese Eile erkannte der Iulier damals wie heute nicht. Dennoch beschloss er, diese denkwürdige Parallele nicht offen zu thematisieren.
    Hinsichtlich seiner Entscheidung, nicht auf den letzten Passus vor dem Ende der Amtsperiode noch einer Ermittlungskommission beizutreten, die nun kaum noch von seiner Anwesenheit profitieren, im Gegenteil wohl eher durch sein Nacharbeiten verpasster Ermittlungen aufgehalten würde, sah er sich anschließend noch einmal bestätigt, als der claudische Consul sehr deutlich verkündete, dass es jedem berufenen Mitglied der Kommission frei stünde, an den Ermittlungen teilzunehmen. Diese Entscheidungsfreiheit nahm er gerne für sich an.


    "Ich möchte mich zunächst dem Senator Flavius Scato anschließen, was seine Bedenken hinsichtlich der Wirkung eines solchen Gesetzes angeht.", begann Dives, nachdem er sich neuerlich das Wort erbeten hatte. "Denn wie er und zuvor auch der Senator Aurelius bereits ausführten, besaß diese Varia wohl weder ein öffentliches Amt noch wäre ihr eine Ausbildung an der Waffe mit dem vorliegenden Gesetz verboten gewesen. Ich gelange daher ebenfalls zu der Einschätzung, dass ein weiterer Aufstand dieser Art sich mit einem derartigen Gesetz nicht verhindern ließe.", erklärte er und ließ eine kurze Pause. "Zugleich möchte ich den vorliegenden Entwurf jedoch nicht nur auf diesen einen Aspekt - die Verhinderung eines weiteren Aufstands - reduzieren.", schob er anschließend nach. "Daher möchte ich mich im Folgenden nun nicht darauf fokussieren, was dieser Gesetzentwurf vermutlich nicht vermag, und stattdessen meine Aufmerksamkeit darauf richten, was er vermag.", betonte der Iulier sein ausdrückliches Bemühen um die einst vom Consul selbst angemahnte Konstruktivität.


    "Doch auch in dieser Lesart muss ich neuerlich meine Bedenken äußern hinsichtlich der Wirkung eines solchen Gesetzes gerade im griechischen Osten.", leitete er zurück zu seinem eigenen Punkt. "Denn meiner Auffassung nach sind Stabilität und öffentliche Ordnung in den Provinzen gerade deshalb so zuverlässig vorhanden, weil Roma die etruskische Kunst der Vorzeichendeutung, die griechische Kultur oder auch die Götter von Gallien über Germanien bis nach Aegypten eher zu integrieren bemüht ist, anstatt kompromisslos die vorhandene Kultur zu zerstören und sie Roma unerbittlich Untertan zu machen.", erklärte Dives seine Sichtweise. "In der Tat herrscht Roma - auch bei den Griechen. Dennoch möchte ich mir nicht vorstellen, was passiert, sollten in den zahlreichen Ostprovinzen von heute auf morgen alle Frauen aus den öffentlichen Ämtern verschwinden und ihr teils aktives wie passives Wahlrecht verlieren.", mahnte er nachdrücklich. "Ich will ganz offen fragen. Können wir es uns wirklich leisten nach den jüngsten Unruhen in Roma, dass uns demnächst - zeitgleich - öffentliche Unruhen in zahlreichen östlichen Provinzen heimsuchen? Können wir es uns leisten, dass wir gerade in unmittelbarer Nachbarschaft der Parther eine solche Schwäche riskieren?", zeigte sich der Iulier durchaus überzeugt davon, dass eine derart tiefgreifende Veränderung zahlreiche neue Probleme schuf und sich zweifellos eignete, zum Herd neuer Unruhen zu werden. Seine schlimmste Befürchtung wäre dabei wohl ein Flächenbrand im Osten, den die Parther sodann dazu nutzten, ihren Einfluss auf Kosten Romas bis an die Ufer des Mare Nostrum auszuweiten.


    "Schlussendlich bin ich nun erfüllt von Sorge.", deutete der Senator das nahende Ende seines Redebeitrags an. "Ich sorge mich um die Stabilität und öffentliche Ordnung in Mytilene und den zahlreichen anderen Städten und Gemeinden im griechischen Osten.", bezog er sich ganz konkret auf seine eigene Person, die einst in jener Stadt auf der Insel Lesbus ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte. "Ich sorge mich um die Ermittlungsergebnisse der vom ehrenwerten Consul ins Leben gerufenen Kommission, nachdem ich höre, dass offenkundig nicht alle Mitglieder dieser Kommission das vorgestellte Ergebnis mittragen.", äußerte er sich zur Wortmeldung des purgitischen Consulars. Da es aus divitischer Sicht lediglich entscheidend war, ob die Kommission als Gemeinschaft zu einem gemeinschaftlichen Ergebnis gelangt war, ging er auf den Vorschlag der Befragung eines Kommissionsmitglieds an dieser Stelle nicht ein. Denn auch dies wäre schließlich nur eine weitere einzelne Stimme und kein geschlossener Chor. "Ich sorge mich um die traditionell große und auch berechtigt große Bedeutung der Quattuor Amplissima Collegia und des Ordo Haruspicum, wenn offenbar das Collegium Pontificum das Ermittlungsergebnis nicht stützt, da es bisher nicht darüber in Kenntnis gesetzt war, während der Haruspex Primus dem vorgetragenen Ergebnis im Gegenteil sogar aktiv widerspricht.", setzte Dives fort. "Ich sorge mich um die Gunst des Princeps, in welcher dieser Senat erwähntermaßen bisher noch steht, die ich persönlich jedoch durchaus gefährdet sehe, sollten wir in dieser Sitzung beschließen, seine Ernennungsfreiheiten zu beschneiden, ohne dass er davon weiß.", hatte er die Befürchtung, der Augustus könnte sich und seine senatfreundliche Haltung ausgenutzt und seine alle überragende Auctoritas missachtet sehen. "Und ich sorge mich, dass ein in derartiger Eile beschlossenes Gesetz, dass es nicht möglich ist, einige Detailfragen in Ruhe sachlich zu erörtern, schlussendlich kein gutes Gesetz sein würde.", bezog er sich einerseits darauf, dass der Senator Aurelius gleich zweifach die Antwort erhielt, dass für seine Fragen keine Zeit wäre. Auf der anderen Seite jedoch hatte der Iulier auch seine erst kürzlich vorgestellte Änderungsinitiative im Kopf, welche möglicherweise nicht nötig gewesen wäre, hätte Dives dereinst aktiv darauf bestanden, vor einer Abstimmung erst noch einige weitere Wortmeldungen zu hören.


    Kurz überlegte der Iulier, seinen Diskussionsbeitrag mit einem Vergleich zu beenden. 'Wie der Aufstand des Spartacus nicht die Entfernung aller Männer aus öffentlichen Positionen zur Folge hatte, da Spartacus gewiss kein Nachahmer eines untraditionell lebenden Vorbilds war, so sollten wir uns auch heute fragen, ob der Aufstand der Varia tatsächlich dadurch zu verhindern gewesen wäre, alle Frauen aus öffentlichen Ämtern zu entfernen.', lag ihm bereits auf der Zunge. Dennoch verzichtete er darauf, diesen Vergleich auszusprechen, da er einerseits kein Teil der Ermittlungskommission des claudischen Consuls war und ihm daher eine derartige Kritik am Ermittlungsergebnis unangemessen schien, wie er andererseits jedoch auch seine zuletzt geäußerte Sorge für einen mindestens ebenso guten Schlusssatz hielt. So in der Folge also beließ er es vorerst dabei und setzte sich wieder.

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    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
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    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    ...
    "...
    Ich habe keine Zeit, all deine Fragen stückweise durchzugehen. WIR haben keine Zeit. Ich wollte eigentlich dich und Senator Flavius Gracchus bitten, dass wir gemeinsam eine Staatssühne anbringen. Schneller als schnell kann ich nicht handeln, daher ist dieses Gesetz der erste Schritt, die Rückversicherung beim Kaiser der zweite, das Anbringen der Staatssühne der dritte und am besten müsste alles gleichzeitig geschehen."


    Er blickte Aurelius direkt an: "Wie steht es um deine Mitwirkung dabei?" Dann blickte er zu Flavius Gracchus. "Senator Flavius, darf ich dich um deine Unterstützung in dieser Sache bitten?"
    ...


    Die Initiative des Claudius erregte durchaus Gracchus' Interesse, gleichwohl war er noch immer nicht im Detail informiert über das gesamte Ausmaß des Aufstandes, noch über die Ergebnisse der Ermittlungen. Offenkundig aus diesem Mangel an Kenntnis fiel es ihm schwer, einen Zusammenhang herzustellen zwischen dem - ihm unbekannten - Gebaren einer Zeugin, Morden im Vorfeld des Ereignisses, sowie dem Ereignis selbst, gleichwohl er entschied aufgrund eben dieses Mangels an Information weder voreilige Schlüsse zu ziehen, noch unfundierte Kommentare abzugeben. Bass erstaunt indes folgte er den Reaktionen der Senatoren, welche sich äußerten, in dem zunehmenden Eindruck dass in dieser Debatte mehr vonstatten ging als er zu detektieren vermochte, ob dessen er a fortiori nicht bereit war, in diesem Stück eine Rolle zu übernehmen, ohne der dramaturgischen Konstellationen sich gewahr zu sein. Indes, dieser Vorsatz scheiterte in dem Augenblicke, da der claudische Consul ihn direkt ansprach, worauf selbstredend eine Reaktion vonnöten war.
    "Verzeih, Consul Claudius, doch mir fehlt gegenwärtig ausreichend Kenntnis der Fakten sowohl zu dem Aufstand selbst, als auch zu seinen Ursa'hen, als dass ich in imstande wäre hier und jetzt das Ausmaß dieser Katastrophe in Hinblick auf die pax deorum zu gewichten. Indes kann ich die Worte Senator Aurelius' nur bekräftigen, dass eine von Menschen provozierte Katastrophe nicht als Zeichen göttlichen Willens in..terpretiert werden kann. Sofern also wie von dir angedeutet wir selbst Schuld tragen an diesem Sklavenaufstand ist eine Entsühnung nicht notwendig. Sollten indes andere - mir derzeit nicht bekannte - Fakten diesen Schluss nahe legen, bin ich selbstredend als Teil des Collegium Pontificum stets bereit, dem Senat eine entspre'hende Empfehlung zur procuratio zu unterbreiten."
    Einen Augenblick zögerte Gracchus, um auch zu dem Gesetzesvorschlag selbst eine Meinung abzugeben, doch war ihm die Diskussion darum derzeitig ein wenig zu konfus als dass er sie gänzlich vermochte zu durchschauen, ob dessen er davon absah und vorerst den weiteren Verlauf abwartete.

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  • Der Consul hörte Dives bis zum Ende zu, auch wenn er gleichzeitig realisierte, dass die zuerst erscheinende Kooperation wohl doch eine Fehleinschätzung war.


    "Tja, so hat jeder seine Sorgen", erwiderte er auf den langen Redebeitrag des Iuliers. Eine Mischung aus Resignation und Nachdenklichkeit bei gleichzeitigem Unverständnis ergriff ihn. "Wie es scheint, macht sich aber außer mir keiner Sorgen um den Verfall der alten Werte. Nicht einmal diejenigen Senatoren, die den unerhörten Auftritt der Sergia miterlebt haben."
    Er atmete einmal durch, dann schwieg er, bevor sich Senator Flavius Gracchus zu Wort meldete. Auch hier hörte er genau zu und die Auskunft gab ihm zu denken. Zugegeben, Menecrates gehörte zu den besonders gläubigen Römern, aber er würde sich nie anmaßen, den Willen der Götter deuten zu können. Gracchus hingegen wusste, wovon er sprach. Vermutlich handelte Menecrates aus Unkenntnis übervorsichtig.


    "Ich habe das Herculesopfer während meiner Praetur vor allem als Sühneopfer verstanden. Ich kannte damals - im Grunde bis gestern - die Ursache der staatlichen Krise nicht und ich neige wohl dazu, Unerklärliches auf den Willen der Götter zurückzuführen. Es beruhigt mich erheblich, wenn hier offensichtlich die Meinung herrscht, dass kein göttlicher Wille hinter dem Aufstand steckt. Das macht die Bekämpfung der Ursache im Grunde einfachter.
    Die Erkenntnis, das Verstehen der Zusammenhänge jedoch, kam gestern so plötzlich und glich einer Eingabe wie projiziert auf mich von einem Gott."


    Er blickte von Gracchus, zu Iulius, dann in die gesamte Runde. Auch zu Scato blickte er, dessen Wortmeldung zunächst enttäuschend auf ihn gewirkt hatte, dem er aber bescheinigen musste, wie besonnen er vorging.


    "Werte Senatoren, ich bitte euch, hört mir zu. Ihr alle seid Römer. Ihr gebt alles für das Reich, um es zu stärken, und doch ist das manchmal nicht genug. Wir müssen es zeitweilig auch schützen, vor allem vor dem Verfall. Rom fußt auf einem Wertegerüst und wenn wir erlauben, dass auch nur ein Fuß dieses Gerüstes wegbricht, fängt Rom an zu kippen. Es wird straucheln und schließlich zusammenbrechen, wenn wir die Stütze nicht erneuern. Lasst uns die alten Werte schützen!"


    Er sammelte seine Gedanken, dann fuhr er fort.
    "Es ist schwer in Worten zu beschreiben, was die Kommission gestern erlebt hat. Das Auftreten der Zeugin Sergia hat mich zutiefst schockiert und der Kommission vor Augen geführt, was passiert, wenn Frauen die Karrieren von Männern beschreiten. Sie trat unsere alten Werte mit Füßen. Sie prahlte, sie verhielt sich fordernd, respektlos und verhöhnte offen die anwesenden Offiziere, Senatoren und den Consul. Sie beschmutzt das Bild unserer tugendhaften Römerinnen. Ich bin heute mit einem Stapel an Wachstafeln erschienen. Wer sich ein Bild machen möchte, der kann in den Abschriften des Sitzungsprotokolls nachlesen. Hervorheben möchte ich das Gedankenprotokoll meines Ianitors, der mir den Auftritt der Sergia an der Porta beschrieben hat!"


    Er nahm die Wachstafeln, jede trug einen von Sergias Redebeiträgen, und verteilte sie willkürlich in der vordersten Reihe.


    "Es stand mir mit einem Male vor Augen, dass dieses Vorbild, was so laut durch Roms Straßen krakelt, dass sie eine Ritterin aus eigener Kraft ist, wo sich doch ein Römer in Bescheidenheit üben sollte, dass es diese fatale Vorbildwirkung ist, die Frauen ermutigt, sich über Männer zu stellen. Die Frauen ermutigt, Männer zu morden, denn Tatsache ist, es gab in den Anfängen nur männliche Mordopfer und die Täterin hieß Varia. Und selbst wenn Sergia nicht krakelend in Erscheinung tritt, weiß doch jeder in Rom, dass Frauen männliche Karrierewege beschreiten.


    Ich möchte das Bild tugendhafter römischer Frauen nicht verlieren. Es soll nicht im Strudel der Wertezerstörung untergehen." An dieser Stelle klang Wehmut mit, aber schnell fasste sich der Consul und rief das Gremium an.



    "Stellt eure Befindlichkeiten, eure Sympathien und Abneigungen in den Hintergrund. Hier geht es nicht darum, wer und ob sich jemand profilieren könnte, hier geht es um unser Rom. Lasst uns zusammenarbeiten und einen gemeinsamen Gesetzesentwurf kreieren, der all unsere Sorgen berücksichtigt. Meine, eure, jede einzelne. Ich bin dafür bereit, von einzelnen Positionen meines Entwurfes abzurücken."


    Er suchte in den Gesichtern nach der Grundstimmung, die vorherrschte, dann fuhr er fort.
    "Mir ist Folgendes wichtig: Ich möchte zumindest in Rom keine Frau in einer ritterlichen oder senatorischen Position sehen und ich möchte für das gesamte Reich ein Ausbildungsverbot für Frauen an der Waffe, mit Ausnahme für Sklavinnen."

  • So langsam klang der Claudier verzweifelt. Es nützte aber nichts, befand Sextus. Dass der Mann sich nochmalig als besonders fromm darstellte, obwohl Sextus ihn in der Vergangenheit schon mehrfach über religiöse Belange aufklären musste, war dabei nur eine kleine Randnotiz. Sofern der Claudius sich nicht auf die Deutung göttlicher Zeichen verstand, sollte er doch bisweilen diejenigen konsultieren, die diese Kunst beherrschten: Die Haruspices. Und diesen nicht offen widersprechen, weil sie nicht das sagten, was man hören wollte.


    So oder so aber versuchte Sextus, noch einmal ruhig seine Position klarzumachen. “Ich kann vollstens verstehen, wenn du, Claudius, keine bewaffneten Frauen als Armee nach Parthien marschieren sehen willst. Das will wohl niemand. Aber solange du nicht definierst, dass Schleudern, Jagdspieße, Pfeile oder Messer keine Waffen darstellen, wirst du jede Schäferin, jede Metzgerin und jede Frau, die bei der Jagd hilft, damit zu Gesetzlosen erklären. Dies kann nicht Sinn des Gesetzes sein. Zumal die Aufgabe, zu bestimmen, was statthaft für eine Frau ist und was nicht, ihrem Vater oder bei dessen Tod ihrem Tutor obliegt.
    Und eine einzelne, unbewaffnete, freie Frau, die einfach nur frech war, ist kein Grund dafür, an dieser grundsätzlichen Rangordnung etwas zu ändern. Der Großteil der Väter erzieht seine Töchter angemessen.


    Was nun deine zweite Bedingung betrifft, so muss ich zunächst einmal festhalten, dass Frauen nicht mehr Senator werden können und damit ohnehin keine senatorischen Posten belegen können. Und bezüglich der kaiserlichen Entscheidung, eine einzelne Frau auf einen einzelnen ritterlichen Posten zu ernennen, hätte ich zunächst gerne die Meinung des Kaisers hierzu gehört, bevor ich mir dazu ein Urteil erlaube, darüber befinden zu wollen, was unser Imperator darf und was er nicht darf.“

  • Der flavische Senator konnte dem Consul noch immer nicht gänzlich folgen, was ein gewisses Unwohlsein in ihm evozierte, war doch die Forderung, welche Claudius stellte, durchaus von nicht geringer Tragweite, so dass zweifelsohne auch die Ursache nicht gering konnte sein.
    "Diese Varia, war dies ebenfalls eine Ritterin?"
    fragte er leise seinen Nebenmann.
    "Nein, eine Sklavin"
    , kommentierte jener, was Gracchus in neuerliche Derangierung stürzte, was deutlich an den Falten auf seiner Stirn zu sehen war. Als schlussendlich sich einige Augenblicke der Stille über den Senat senkten, entschied er sich noch einmal das Wort zu ergreifen.
    "Consul Claudius, da mir nicht gänzlich eingängig ist, ob du die Ursache des Sklaven-Aufstandes vor einigen Wochen nun in dem unbotmäßigen Ver..halten der Sergia am gestrigen Tage siehst - könntest du allfällig erläutern, in welchem Verhältnis jene Frau zu den aufständischen Sklaven steht? In welcher Weise hat sie die Sklaven dazu ermutigt, zu morden? Gleichwohl, da du eine Gesetzesänderung in Hinblick auf alle Frauen Roms zweifelsohne nicht aufgrund eines Einzelfalles wirst einfordern, gibt es weitere Exempel dieses Werteverfalls durch untugendhaftes Verhalten, welches mit dem Verbre'hen in Zusammenhang steht? Denn ich sehe durchaus die Notwendigkeit, jenes ungebührliche Verhalten zu maßregeln, gleichwohl bedeutet die Verfehlung eines einzelnen nicht zwangsläufig den Verfall einer nicht eben gering dimensionierten Gruppe."
    Gracchus selbst konnte diesen Verfall nicht bestätigen, waren doch jene Frauen, von welchen er umgeben war, von unbezweifelt tugendhaftem Charakter, gleichwohl mochte er selbstredend nicht ausschließen, dass in anderen Schichten der Gesellschaft Entwicklungen vonstatten gingen, welchen er sich nicht gewahr war - insbesondere aufgrund seiner stadt-römischen Absenz der letzten Monate.

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  • Menecrates hörte Aurelius zu, schüttelte dann aber den Kopf.
    "Ich denke, die meisten wissen, was ich unter einer Waffe verstehe und solange kaum jemand die Notwendigkeit sieht, dem Kaiser ein Instrument zur Handlung zu präsentieren, ist eine Definition der Begrifflichkeit 'Waffe' zu weit vorgegriffen.
    Ich gehe dann, und es sieht ganz danach aus, erst einmal mit leeren Händen zum Kaiser."


    Als nächstes meldete sich Flavius Gracchus zu Wort und Menecrates wandte sich ihm zu. Nach dessen Redebeitrag ergriff der scheidende Consul das Wort. Er glaubte, dies würde in dieser Sitzung der letzte seiner Beiträge sein.
    "Ich greife jetzt meinem Abschlussbericht zur Kommissionsarbeit vor. Der von mir vorgestellte Gesetzentwurf ist das Resultat der Abschlussbesprechung jener Kommission. Das Resümee habe ich gemeinsam mit dem leitenden Offizier der Garde gezogen, der lange vor uns, genaugenommen seit dem Aufstand im Auftrag des Kaisers ermittelt hatte und bislang eine andere Theorie verfolgte. Die Tatsache, dass der Trecenarius auf Eitelkeiten verzichtet und sein neues Fazit meinem gleicht, ist alleine beachtenswert."

    Nur die teilnehmen Senatoren konnten ermessen, welche Wandlung die Meinung des Offiziers im Verlauf der Arbeit genommen hatte.
    "Dazu hat unter anderem die Zeugin Sergia beigetragen und zu noch mehr. Sie erreichte zum Beispiel, dass es einigen Senatoren die Sprache verschlug, sodass sie als aktiver Teil der Kommission wegfielen.
    Ich sehe, dass kaum jemand nach den Protokollen greift. Niemand hat zugestimmt, den Trecenarius als Zeugen des desaströsen Auftretens dieser Frau zu befragen."

    Menecrates behielt seine Gedanken für sich. Er wollte niemand vor den Kopf stoßen.



    "Als Ursache für den Sklavenaufstand sehen wir, der ermittelnde Gardeoffizier und ich als Leiter der Kommisssion, in erster Linie die katastrophalen Zustände in der Subura. Es muss dort an allem mangeln, was für das Leben notwendig ist.
    Bis zuletzt hat sich mir aber nicht erschlossen, wieso sich Frauen den Aufständischen angeschlossen haben. Wenn Männer für das Überleben ihrer Familien in dem Kampf ziehen, ist das erklärbar. Warum aber riskieren Frauen, dass ihre Kinder Vollwaisen werden? Das macht eine Mutter doch nur dann, wenn sie Siegchancen sieht und dafür alles in die Waagschale werfen will."

    Er gab eine weitere Antwort auf seine Frage.


    "Da wäre das Vorbild der Amazone, aber es erklärt nicht, warum sie Frauen mitziehen konnte, die in Rom aufgewachsen sind oder schon länger hier leben. Weder besitzen unsere Frauen die Ausbildung einer Amazone noch sind sie in deren Tradition aufgewachsen. Was also konnte in Rom ansässige Mütter, Ehefrauen und Töchter ermutigen, gleich ihren Männern in den Kampf zu ziehen?"
    Er blickte in die Runde, bevor er weitersprach.


    "Erst diese Zeugin mit ihrem unverschämten Auftreten konnte mir diese Frage beantworten. Wir selbst haben ein Vorbild für weibliche Aufständische herangezogen: die Sergia. Eine Amazone kann keine Mutter dazu bringen, in den Kampf zu ziehen, denn sie hat selbst keine Kinder. Anders sieht das bei Sergia aus." Er hob seinen Zeigefinder, um auf die Wichtigkeit hinzuweisen.


    "Eine römische Mutter, die sich traut, ehrbaren Männern Verachtung entgegenzuschleudern. Eine Mutter, die offen herumkrakeelt, dass sie Titel und Ämter eines Mannes innehat. Eine Mutter, die Senatoren und sogar den Consul respektlos behandelt, macht das nicht erst seit gestern. Und nie ist ihr etwas passiert. Nie ist jemand dagegen eingeschritten. SO eine Mutter vermag es, einfache Frauen, deren Kinder hungern, zu ermutigen, sich ebenfalls zu erheben. Der Pöbel wartet ab, er schaut, was passiert und ob etwas passiert. Und wenn so eine Ausgeburt an Frau ohne Gefahr tagein tagaus und Jahr für Jahr durch Rom läuft, wird sie für einfache Menschen zum Idol. Ihre Grundaussage: Lasst euch nichts gefallen! Lehnt euch auf! Überschreitet die Grenzen!"


    Er atmete einmal durch und blickte in die Gesichter der Senatoren.


    "Ich behaupte, der Charakter dieser Person wurde durch Titel und Ämter verdorben, nicht durch mangelhafte Erziehung. Titel und Ämter sind ihr zu Kopf gestiegen, sie wurde eingebildet und maßlos. Und damit sich dies nicht wiederholt, müssen alle Frauen vor dieser Verlockung und Fehlleitung geschützt werden und darüber hinaus müssen sich die Lebensbedingungen in der Subura drastisch verbessern.
    Ich werde beides dem Kaiser so empfehlen, denn letztlich macht es keinen Sinn, nach Ursachen zu forschen, wenn wir sie anschließend ignorieren."


    Er nahm wieder Platz und sah sich bereits beim Kaiser. Da er die Senatsdebatte ihm gegenüber bereits erwähnte, würde er auch vom Ergebnis berichten.

  • Da die Ausführung des Consuls auf eine Frage des Flaviers hin resultierte, ergriff dieser hernach erneut das Wort.
    "Ich danke dir für deine Erläuterungen, Consul Claudius. Die Zustände, welche du andeutest, sind wahrhaft bedenkli'h. Ich spreche mich dennoch - oder gerade ob dessen - dafür aus, vor der weiteren Vertiefung deines Gesetzentwurfes vorerst den vollständigen Bericht der Kommission abzuwarten, res..pektive auch die Ansicht des Augustus, und die Diskussion daher allfällig zu vertagen."
    Insbesondere schien Gracchus dies sinnvoll, da die übrigen Senatoren dem Vorschlag des Claudius nicht eben beipflichteten - ob aus oppositioneller Ansicht oder Unwissenheit wie der Flavier selbst -, so dass ein einheitliches Wissen um die genaue Sachlage zweifelsohne dienlich wäre.

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