Io Saturnalia! - Die Tierhetzen zum Festtag der Lua Saturni

  • Io Saturnalia!


    So hallte es nicht nur durch die Straßen, sondern auch allerorten in den langen Schlangen vor dem Theatrum Flavium, wo sich die Massen Einlass erbeten wollten. Auch wenn allen noch die Ereignisse der letzten, größeren Spiele noch in den Knochen steckten, heute an den Saturnalien wollte niemand so recht daran denken und einfach fröhlich sein. Und überhaupt war für viele Menschen heute ein ganz besonderer Tag, denn anders als zu allen anderen Zeiten des Jahres, zu denen nur Römer Zutritt zu den Spielen hatten, waren in diesen Tagen all jene Grenzen aufgehoben und sie alle waren freie Menschen im goldenen Zeitalter des Saturn, einander in Freundschaft zugetan. Und das wiederum bedeutete, dass heute ausnahmsweise auch Peregrini und sogar Sklaven einen Platz ergattern konnten und sich genau wie freie Römer unterhalten lassen konnten.


    Natürlich war aber auch für die Sicherheit gesorgt. Sextus hatte alle Einheiten, die die Urbaner hierfür abstellen konnten, angefordert, den Frieden der Veranstaltung aufrecht zu erhalten und Unruhestifter sofort auszusortieren. Darüber hinaus hatte er auch eigene Leute bezahlt, um die Urbaner zu unterstützen. Und schließlich und endlich war auch die Cohorte der Segelraffer der Classis zugegen, die jetzt im Winter wohl weniger Segel zu raffen hätten.


    So aber nahm Sextus in der Loge des Editors Platz und wartete, dass sich die Reihen füllten, während in der Arena sich schon einmal die Jäger präsentierten: Es waren zwei Männer, einer bewaffnet mit einem Speer, der andere mit einem Bogen, und ebenso zwei nubische Amazonen in Leopardenfell, ebenso ausgerüstet und zudem in einer wundervoll anzusehenden Biga fahrend. Fröhlich winkten sie den Menschen auf den Reihen zu.
    Auch dort war heute alles lockerer, da an den Saturnalien niemand Standesabzeichen trug. Da schummelte sich schon einmal ein Plebejer zu den Patriziern und ein Ritter zu den Senatoren. Heute würde das wohl niemand allzu genau nehmen, solange man sein Gegenüber nur freundlich grüßte und auf die goldenen Zeiten anstieß.

  • Eigentlich machte sich Macer ja nicht viel aus Tierhetzen, so dass die Veranstaltung alleine kaum sein Interesse hätte wecken können. Aber es waren Saturnalien und Macer war Hausherr und Vater. Damit stand er gegenüber seiner Familia in der Pflicht und konnte ihnen die Spiele des Aedils an diesem Feiertag nicht vorenthalten. Zumal Tierhetzen von allen denkbaren Attraktionen in der Arena oder im Circus noch diejenigen waren, mit denen seine Tochter am ehesten klar kam. Wagenrennen interessierten sie nicht (obwohl Pferde dabei waren!) und Gladiatorenkämpfe fand sie blöd, weil es sich für sie nicht gehörte, dass Männer sich einfach schlugen. Aber mit Tierhetzen war sie einverstanden. Raubtiere waren böse und gefährlich, da war es für sie gut und richtig, dass sie gejagt wurden und man dabei zugucken konnte.


    Um die kleine Gruppe für den Saturnalienausflug zu vervollständigen, hatte Macer außerdem noch einige Sklaven aus seinem Haushalt mitgenommen. Vorzugsweise natürliche solche, die sonst nur selten oder gar nicht die Gelegenheit hatten, den Hausherrn zu angenehmen Anlässen in die Stadt zu begleiten. Wobei Macer ja durchaus noch Gelegenheit haben würde, allen Sklaven seines Haushalts etwas gutes zu tun, denn die Festlichkeiten zogen sich ja über mehrere Tage. Aber jetzt suchte sich die Gruppe erst einmal einen Platz auf der Tribüne, um die Tierhetzen anzuschauen.

  • Auch Atticus hatte sich ins Theatrum Flavianum eingefunden, um mal wieder einer Tierhatz beizuwohnen. Es war zwar freilich nicht mit Wagenrennen zu vergleichen, hatte aber einen ganz eigenen Charme. Es war zwar blutig, aber meistens nicht so blutig, es war zwar gewaltsam, aber auch wiederum nicht so gewaltsam. Es war mehr, als würde man einer Dokumentation zusehen, wie bestimmte Tiere lebten, wie sie gejagt wurden, und welches Tier von mehreren verschiedenen denn das stärkere wäre. Atticus war sich sicher, dass solcherlei Programm noch in Jahrhunderten zu sehen sein würde, während er da bei Gladiatorenkämpfen nicht unbedingt so sicher war.


    Sei es drum. Heute also war er hier und und freute sich auf das Spektakel. Interessiert sah er schon einmal zu, wie die Jäger ihren Einzug in der Arena hielten und ihre Runden drehten. Die Männer waren ja schon beeindruckend, aber die beiden Frauen mit ihrer dunklen Haut und dem bisschen Fell, dass diese dunkle Haut nur gerade so eben verdeckte... denen musste doch kalt sein! Atticus hingegen war bei dem Anblick umso heißer. Er setzte sich auf einen freien Platz und begrüßte freudig die Nachbarn. Er saß nicht da, wo er üblicherweise gesessen hätte, und auch um ihn herum waren nicht die üblichen Verdächtigen, die man sonst zu diesen Gelegenheiten halt so traf. Aber vielleicht fanden sich so ja noch ein paar neue Freunde, oder man traf alte wieder, die ebenso nicht an 'ihrem' Platz saßen?

  • Nachdem Sextus das Gefühl hatte, dass das Spektakel langsam beginnen sollte, begab er sich nach vorne, um von allen gesehen zu werden. Hier am Rand der Loge des Editors war er sich sicher, dass seine Stimme weit tragen und wohl von den meisten Besuchern auf den Rängen gehört werden würde. Immerhin war dieses Theater extra auf diese akustischen Eigenschaften hin so gebaut worden. Und einfach anzufangen, ohne einige Worte zu sprechen, wäre auch unziemlich gewesen.


    So stand er dann da, gemessen an den Umständen geradezu auffällig unauffällig gekleidet, und hob die Arme in Rednerposition.
    “Menschen der Urbs Aeterna!“ Immerhin waren heute nicht alles Römer, erst recht nicht Quiriten, und gerade diejenigen, die dies nicht waren, galt es heute anzusprechen. Immerhin war dieser Tag insbesondere für diese etwas besonderes! “Ich heiße euch herzlich willkommen zu diesen fröhlichen Spielen! Io Saturnalia! Vivat Saturn! Vivat Lua Mater!
    Heute sind wir alle gleich! Heute sind wir alle Brüder und Schwestern des goldenen Zeitalters, einer Zeit des Überflusses und des Segens, des Friedens unter den Menschen! Keine Verbrechen, keine Gewalt, die friedliche Erde gab jedem Nahrung und Trinken im Überfluss, so dass ein Wort wie Hunger oder Mangel unbekannt war. So soll es auch hier für uns sein! Esst, trinkt, feiert!“


    Auf diese Einladung hin kamen einige Diener aus den Treppenbereichen des Theaters in die Ränge, jeder beladen mit einem Holztablett vor dem Bauch voller Leckereien: belegte Brote, gegrillte Fleischspieße, Kannen voll Wein und Becher, um diesen auszuschenken, Obst und Käse. Nur heute nahmen sie für diese Leckereien, die sie sonst verkauften, kein Geld, sondern teilten nach hierhin und dahin einfach aus. Wenn sie alles verschenkt hatten, gingen sie zurück und kehrten kurze Zeit später wieder, um weiter zu machen. Jeder, der wollte, würde wohl die eine oder andere, kleine Leckerei bekommen können.


    “Aber nun will ich euch nicht weiter warten lassen und fasse mich daher kurz: Zu Ehren der Lua Mater sollen alle benutzten Waffen im Anschluss an die Tierhetzen verbrannt werden. Aber bis es so weit ist, mögen die Spiele beginnen!“


    Und auf dieses Zeichen hin öffneten in der Arena einige Helfergroße Vogelkäfige, woraufhin sechzig schneeweiße Tauben davonstoben und hier und da eine feine, weiße Daunenfeder zurück zur Erde sank. Im selben Augenblick öffneten sich dann auch die Tore der Arena, und von einigen Treibern herausgescheucht stoben drei Dutzend Gazellen in den Sand und beeindruckten das Publikum mit ihren Sprungkünsten, während sie versuchten, dem großen Rund zu entkommen.
    Die Jäger ließen die Tiere einen Moment allein in der Arena wirken, sich orientieren, einfach laufen. Die beiden Männer warteten auch weiterhin am Rand, als mit einem Mal die Biga mit den beiden Amazonen anfuhr und dabei den Staub unten aufwirbelte. Eine Amazone lenkte den Wagen geschickt in einer komplizierten Schlangenlinie quer durch die Arena, während die andere einen gewaltigen Bogen spannte. Die Gazellen sahen die Gefahr und stoben auseinander, doch mit einem Sirren verließ da auch schon der erste Pfeil den Bogen und fand sein Ziel im Herz eines springenden Bockes, der sogleich niedergestreckt liegen blieb. Die Jagd war eröffnet.

  • Natürlich begleitete Corvina ihren Onkel. Selbst, wenn es nicht seine eigenen Spiele gewesen wären, hätte sie gehofft, ihn begleiten zu dürfen, und das aus mehreren Gründen. Zu allererst natürlich, weil Saturnalien waren, ihre ersten Saturnalien in Rom, und Corvina hatte schon so viel davon gehört! Ein solch fröhliches Treiben sollte es sein, so viel zu sehen, so eine ausgelassene Zeit, dass sie natürlich davon träumte, es selbst zu erleben und ein Teil davon zu sein. Sie konnte ja nicht immer nur zuhause sein und sich nur anhören, was ihre Cousinen erlebten und taten, während sie in ihrer Kammer sitzen blieb und einfach nur älter wurde.
    Zum zweiten natürlich war dies wohl eine der wenigen Gelegenheiten, überhaupt einmal Spiele zu sehen. Ihr Onkel hatte ein paar sehr eiserne Prinzipien, was sein Idealbild einer Frau anging, und sie schien dieses verkörpern zu sollen. Und ein Teil dieses Idealbildes bezog sich wohl darauf, dass Frauen an den gewalttätigen Spektakeln in der Arena keinen Gefallen zu finden hatten. Gut, Gladiatorenkämpfe fand Corvina wohl wirklich etwas sehr blutig, sie mochte Krieg und Kampf nicht. Dabei zuzusehen stellte sie sich kaum schöner vor. Sie brauchte kein spritzendes Blut, um sich zu amüsieren. Aber Tierhetzen waren da weniger grausam – hoffte sie zumindest – und da ihr Onkel Aedil war, erlaubte er ihr die Teilnahme, da musste sie es nutzen.


    Der dritte Grund war absolut kindisch und wohl unrealistisch, wenn man ihn genau betrachtete. Es war eigentlich kein Grund in dem Sinne. Vielleicht sollte man es eher als ganz vage, jugendliche, unvernünftige und unbegründete Hoffnung beschreiben.
    Während ihr Onkel also seine Rede hielt und die Spiele eröffnete, sah sich Corvina in den Rängen um und suchte nach einem Gesicht. Es wäre schon mehr als nur leichter Zufall, wenn sie ihn wirklich in diesen Menschenmassen finden würde, und selbst wenn, was würde es ihr nützen? Er würde wohl kaum hier in der Loge des Editors auftauchen, um mit ihr zu reden. Und sie konnte auch nicht einfach gehen und sich zu ihm auf die Ränge setzen. Oder? Und auch am Ende der Kämpfe würden sich ihre Wege wohl eher weniger wahrscheinlich treffen, so dass sie sich unterhalten würden.
    Aber es waren Saturnalien, die strengen Regeln waren hinweggewischt und alle durften ein wenig albern sein und sich über Beschränkungen hinwegsetzen. Zumindest theoretisch. Und, naja, vielleicht dachte er ja auch an sie? Ach, Närrin, er hat dich schon längst vergessen, schalt sie sich selbst in Gedanken. Hätte er ernsthaftes Interesse an ihr gehabt, hätte er doch sicher auf dem Fest damals mit ihr gesprochen, oder? Aber andererseits hatte sie ja auch nicht mit ihm gesprochen.


    Hach. Corvina atmete einmal tief durch und ließ ihren Blick weiter über das Publikum schweifen. Vielleicht erblickte sie den hühnenhaften, jungen Mann ja doch noch einmal, und konnte sich wenigstens vergewissern, dass er genau so aussah, wie sie ihn in ihrer Erinnerung und in dem ein oder anderen Traum sah.

  • Die kleine Purgitia Albina hatte wenig Ruhe dafür übrig, der kurzen Rede zur Eröffnung der Spiele zu lauschen, aber dafür schaute sie umso faszinierter den weißen Tauben hinterher, die in alle Richtungen aus der Arena flatterten. Bis die letzte Taube aus ihrem Blickfeld verschwunden war, war die Arena längst mit Garzellen gefüllt, die sie wiederum genauso faszinierten wie zuvor die Tauben. Macer saß mit etwas weniger kindlicher Freude dabei und erfreute sich weniger am Anblick der Tiere als an der entspannten Atmospähre des Ausflugs und dem Glück seiner Tochter. Nebenbei plauderte er ein wenig mit seinen Sklaven, auch wenn die Gespräche nicht ganz so gelöst und ungezwungen waren wie unter gleichrangingen. Auch wenn an den Saturnalien alle Grenzen aufgehoben waren und alle gleich waren, so änderte es doch nichts daran, dass Macer über manche Sklaven in seinem Haushalt nur wenig persönliches wusste und es daher nicht allzu leicht war, abgesehen vom Wetter ein Gesprächsthema zu finden, das allen genehm war.

  • In den Tagen der Saturnalia schienen die Unsterblichen den Menschen geradezu eine kurze Spanne zu konzedieren, welche ihnen gestattete, gleich einem Jünger des Epikur seine privaten Lustbarkeiten zu suchen, während zugleich die Illusion wurde errichtet, alle Menschen seien gleich und nicht durch ihr Schicksal fest eingefügt in eine hierarchische Ordnung, die den einen gebot zu gebieten, den anderen zu gehorchen. Für den jungen Flavius schien dies ein willkommener Anlass, seine epikureischen Tage in geminderter Form Revue passieren zu lassen und zugleich seinem Leibsklaven Patrokolos jene Referenz zu erweisen, die er durch seinen unermüdlichen Dienst im Rest des Jahres sich verdient hatte.


    Problematisch hierbei war freilich, dass Patrokolos seinem Herrn nicht lediglich als verlängerter Arm, sondern insonderheit als geschärftes Auge diente, doch da beide zusammen am Morgen gemeinsam ein wenig dem Weine hatten zugesprochen, hatte Manius Minor darauf bestanden, seinem Diener heutig gleich einem Leibsklaven zur Hand zu gehen. Beide trugen sie rote Tunicae und Pilei similärer Farbe auf dem Haupte, als sie also ihre Plätze einnahmen und Manius Minor erklärte:
    "Setze dich nur, Patrokolos, ich werde uns einige Leckereien erwerben!"
    Noch ehe der Sklave vermochte zu intervenieren stürzte der Flavius sich neuerlich ins Getümmel, stolperte jedoch sogleich über eine leicht erhabene Marmorkante und stieß gegen einen anderen Gast der Spiele, der augenscheinlich bereits seine Appetenz auf die Arena hatte gerichtet, wo ein Amazonenwagen die Jagd hatte eröffnet.

    Sim-Off:

    Wer immer sich mag angesprochen fühlen ;)

  • Panisch stob die kleine Herde auseinander, als das erste Blut eines der ihren vergossen worden war. Der Wagen mit den beiden Frauen war auch sogleich als Ursprung des Todes ausgemacht, so dass sie davor flohen wie ein Vogelschwarm auf der Flucht vor einem Raubvogel. Doch nützte es ihnen wenig, gab es aus der Arena doch keinen Ausweg, und die Pfeile flogen schnell.


    In tödlicher Präzision schoss die erste Amazone weiter, zielte schnell und tödlich und traf mit jedem einzelnen Pfeil. Besonders hatte sie es dabei auf die springenden Gazellen abgesehen, fast jedes Tier traf sie, als es gerade am höchsten Punkt eines Sprunges war.
    Nachdem das erste Dutzend erlegt war, tauschten die Amazonen ihre Positionen. Oder zumindest fast. Die eben noch lenkende Amazone warf ihrer Schwester die Zügel zu und mit einem lauten “Ayeee!“ sprang sie bei voller Fahrt auf den Rücken eines der beiden Zugpferde in einer einzigen, fließenden Bewegung. Mit einem Messer an ihrem Gürtel schnitt sie das Tier dann auch von den Riemen frei und galoppierte so frei auf dem Pferderücken durch die Arena. Der Wagen wurde von der anderen Amazone geschickt zur Seite und dort zu einem Tor gelenkt, das von fleißigen Helfern kurz geöffnet wurde, um sie hindurch zu lassen.

  • Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    Noch ehe der Sklave vermochte zu intervenieren stürzte der Flavius sich neuerlich ins Getümmel, stolperte jedoch sogleich über eine leicht erhabene Marmorkante und stieß gegen einen anderen Gast der Spiele, der augenscheinlich bereits seine Appetenz auf die Arena hatte gerichtet, wo ein Amazonenwagen die Jagd hatte eröffnet.

    Sim-Off:

    Wer immer sich mag angesprochen fühlen ;)


    Eine kleine Rede, fliegende Tauben, und dann ging es auch schon los. Die Amazonen waren wirklich eine Augenweide, wie sie da standen mit ihrer dunklen, glänzenden Haut und dem knappen Fell. Und schon war auch der erste Pfeil auf der Sehne und so schnell verschossen, dass Atticus es verpasst hätte, hätte er auch nur in diesem Moment geblinzelt! Bislang hatte er einem Bogen ja nur wenig Beachtung geschenkt – um nicht zu sagen, dass er noch nie einen in der Hand gehalten hatte – und auch in sämtlichen Schriften, die sich der Kriegskunst widmeten, hatte Atticus den Eindruck erhalten, der Bogen sei bestenfalls eine minderwertige Waffe, um die Reihen einer Armee zu stören. Plänkler eben, einfache Hilfstruppen, die der wahren stärke der Armee, den Legionären, nur den Weg bereitete. Aber hier und jetzt verschoss diese schöne Frau Pfeile mit einer solch tödlichen Präzision, dass Atticus seine Meinung über den Bogen als solches wohl revidieren musste.


    Da, sie legte einen weiteren Pfeil auf die Sehne, und... “Hoppla!“, fing Atticus gerade noch so reflexartig einen vielleicht ein paar Jahre älteren jungen Mann auf, der wohl eine Treppenstufe übersehen hatte. “Noch alles heil?“, fragte er höflichkeitshalber nach.
    Das anerkennende Raunen in der Zuschauermenge sagte ihm, dass er wohl einen besonders spektakulären Schuss jetzt verpasst hatte. Mist verdammter!

  • Auch vom Pferderücken aus waren Amazonen wohl tödlich. Ohne Sattel hielt sich die zweite Nubierin mit ihren Schenkeln auf dem nackten Pferderücken fest, während sie mit den Händen den Bogen spannte. Ohne das Pferd in seinem Lauf anzuhalten oder umzulenken folgte auch hier Pfeil auf Pfeil und schickte Tod unter die übrigen Gazellen. Die Tiere stoben nach hierhin und dorthin, weg von der tödlichen Jägerin, doch ohne Chance auf entkommen.
    Nach und nach verblieben immer weniger Tiere, die noch flüchten konnten, bis schließlich nur noch eine einzige Gazelle in der Arena verblieb. Ihre toten Artgenossen wurden von fleißigen Helfern davongetragen, während die Amazone mit hoch erhobenem Bogen noch die ein oder andere Ehrenrunde ritt und sich vom Publikum feiern ließ.


    Schließlich waren die toten Gazellen entfernt und auch die Amazone ritt unter dem Beifall der Menge wieder durch ein Tor hinaus.
    Zurück blieb eine einzelne, verwirrte Gazelle, die zitternd schließlich inmitten der Arena stehen blieb und offensichtlich nicht wusste, wie ihr gerade geschah. Ebenso blieb dem Publikum ein Moment Zeit, wie dieses Schauspiel wohl weitergehen mochte und weswegen die letzte Gazelle nicht getötet worden war. Doch nicht lange. Mit einem beeindruckenden Rasseln öffnete sich ein weiteres Tor und der dahinter gelegene Eisenkäfig, und heraus kamen zwei beeindruckend große Löwen mit feurigen Mähnen.

  • "Löwen! Papa! Löwen!", quietschte Albina ganz aufgeregt, als die beiden großen Raubtiere in die Arena kamen. Natürlich wusste sie, dass Löwen gefährlich waren und ein großes Maul mit großen Zähnen hatten und außerdem laut brüllen konnten, aber hier oben auf der Tribüne waren sie ja hoffentlich sicher und da war es einfach nur total aufregend, Löwen zu sehen. Gleich zwei Löwen sogar. "Die Garzelle haben sie für die Löwen übrig gelassen, nicht wahr? Das ist aber nett von denen. Dann haben die Löwen nochmal was zu essen, bevor sie gleich gejagt werden", erklärte sie dann mit wissendem Nicken und schaute anschließend wieder gebannt in die Arena.

  • Zur Loge der Flavier oder doch lieber zu den aurelischen Plätzen - wohin denn nun? Prisca war unentschlossen. Bei den Flaviern würde sie sehr wahrscheinlich ihrem Stiefsohn über den Weg laufen und bei den Aureliern stattdessen ihrem Cousin Lupus. Wie würden die Begegnungen wohl ablaufen? Minor würde (wie immer) einfach durch sie hindurch sehen und sie wie Luft behandeln. Und Lupus? Womöglich würde er für seine Cousine lediglich einen unterschwellig vorwurfsvollen (wenn nicht gar abfälligen) Blick übrig haben angesichts der Tatsache, dass Prisca - aufgrund ihrer anhaltenden Kinderlosigkeit - in der eigenen Familie nicht gerade zur "Vorzeige-Aurelia" avancierte.


    Normalerweise scherte es Prisca wenig, was Andere über sie dachten und ebenso wenig ging sie diesen Leuten aus dem Weg. Bei dem Thema Kinder reagierte Prisca aber mitunter unberechenbar, sofern jemand ihr gegenüber unsensibel agierte. Nun gehörte Lupus nicht gerade zu den sensibelsten und verständnisvollsten Menschen die Prisca kannte und demzufolge hatte sie keine besondere Lust, ihm ausgerechnet hier und heute über den Weg zu laufen.


    Was aber nicht hieß, dass sie ihn nicht schätzte. Im Gegenteil. Seine Zielstrebigkeit und sein Durchsetzungsvermögen gefielen Prisca und sie hatte keine Zweifel, dass seine Karriere noch lange nicht zu Ende war. Mit entsprechend familiärem Stolz verfolgte Prisca die Rede ihres Cousins und applaudierte ihm von ihrem Platz aus, den sie bewusst etwas abseits gewählt hatte. Anschließend ließ sie den Blick über die Ränge gleiten, machte hie und da einige bekannte Gesichter aus, ehe ihre Aufmerksamkeit auf das erste Spektakel gelenkt wurde.


    Begeistert verfolgte Prisca die Jagd auf die Gazellen und bei jedem Treffer der Amazonen klatschte sie laut Beifall: Bravo!!!! … Oh sieh nur mit welcher Präzision die Jägerinnen ihre Beute erlegen! Jeder Schuss ein Treffer! …Nur schade, dass es nur Tiere sind und keine aufständischen Sklaven. Dieses Pack hätte es allemal verdient, auf diese und noch grausamere Weise niedergemetzelt zu werden. " Ohne den Blick von dem blutigen Gemetzel abzuwenden tat Prisca ihre Meinung in jene Richtung kund, wo zuletzt ihre Sklavin Mara gesessen hatte.

  • Zitat

    Original von Titus Pompeius Atticus
    Da, sie legte einen weiteren Pfeil auf die Sehne, und... “Hoppla!“, fing Atticus gerade noch so reflexartig einen vielleicht ein paar Jahre älteren jungen Mann auf, der wohl eine Treppenstufe übersehen hatte. “Noch alles heil?“, fragte er höflichkeitshalber nach.
    Das anerkennende Raunen in der Zuschauermenge sagte ihm, dass er wohl einen besonders spektakulären Schuss jetzt verpasst hatte. Mist verdammter!


    Den Tierhatzen ebenso wie den Reden, welcher er als Quaestor in jenen Tagen der Muse doch ein wenig überdrüssig war, hatte der junge Flavius wenig Appetenz geschenkt, doch ebenso wenig der ihm invisiblen Untergrundoberfläche, sodass sein massiger Leib mit einiger Wucht in den hünenhaften Jüngling fiel, welcher augenscheinlich hinreichend Körperkraft aufwies, um seinen Sturz zu bremsen.


    Manius Minor blickte hinauf zu der blonden, ihm unbekannten Gestalt (obschon er vermeinte, jene Statur bereits einmal erblickt zu haben).
    "Verzeihung!"
    , exkulpierte er sich reflexhaft und errang sein Gleichgewicht zurück, um sodann seine Kleidung neuerlich zu richten.
    "Ich bin wohlauf, besten Dank!"

  • Atticus drehte sich gerade noch rechtzeitig wieder zurück zum Geschehen, um mit anzusehen, wie nun die zweite Amazone übernahm und bei voller Fahrt auf den Rücken eines der Pferde sprang, sich losschnitt und davongaloppierte. “Hast du das gesehen?!“ entfuhr es ihm begeistert, ohne dabei jemanden bestimmten mit seiner Frage zu meinen. Aber DAS war wirklich sehenswert gewesen und jeder, der es verpasst hatte, in seinen Augen ein armer Tropf.
    Erst nach diesem Ausruf der Begeisterung konnte er sich wieder um den Rempler kümmern, wie es sich eigentlich gehörte. “Oh, ähm, genau. Nichts zu danken.“ Kurz runzelte er die Stirn, weil der junge Mann ihm so bekannt vorkam. Einen kleinen, dicken Römer vergaß man ja nicht so einfach. Trotzdem dauerte es einen Augenblick, bis Atticus genug in seiner Erinnerung gekramt hatte, um die einzelnen Informationen korrekt zusammen zu setzen. “Ah, Quaestor Flavius, richtig?“ fragte er dann aber doch noch einmal nach, um sich zu vergewissern, hier niemanden zu verwechseln.

  • Von dem Geruch nach Blut aufgeheizt, trotteten die Löwen in die Arena. Sextus hatte dafür Sorge tragen lassen, dass sie seit einer Woche nicht gefüttert waren, so dass sie jetzt hungrig und mordlüstern waren. So gaben sie auch gleich an sich gegenseitig tief grollende Laute ab, um den jeweils anderen auf Abstand zu halten, während sie sich in dieser berauschenden Umgebung orientierten.
    Die Gazelle stand da wie erstarrt und blickte unbeweglich zu dem Unheil, das am Rand der Arena auf sie zukam. Einen langen Moment lang schien es, als sei sie ganz zu Stein erstarrt, nicht einmal Atem konnte bei ihr ausgemacht werden. Erst, als ein Löwe sie tatsächlich erblickt hatte und lostrabte, löste sie sich aus ihrer Starre und stob schnell los, ihrem unausweichlichem Schicksal doch zu entfliehen.


    Der zweite Löwe war etwas langsamer in der Erfassung der Lage. Als er aber seinen Gefährten rennen sah, setzte auch er sich in Bewegung, ihm zu folgen, und nach wenigen Augenblicken hatte auch er das Ziel des Spurts ausgemacht.
    Die Löwen waren zu zweit, aber die Gazelle war schneller. Beide pirschten hinter ihr her, aber mit einigen geschickten Sprüngen blieb sie außerhalb deren Reichweite, wenngleich sie in der geschlossenen Arena keine Chance hatte, zu entkommen. Dennoch bliebe den Löwen wohl kein Erfolg beschieden, solange sie beide einfach ihrer Spur folgten. Offenbar wussten das auch die Raubkatzen, denn während ein Löwe die Gazelle weiter vor sich her trieb, scherte der zweite aus, in Richtung Mitte der Arena. Dort blieb er kurz stehen, besah sich die Situation, drehte sich mit der fliehenden Gazelle mit. Plötzlich kauerte er sich nieder, alle Muskeln angespannt, das Maul tief am Boden. Die Muskeln unter dem hellen Fell spielten, als er die Vorderpfoten justierte und noch einmal kurz mit dem Hintern wackelte. Und dann spurtete er los, schneller als zuvor, in einer perfekten Kurve hin zu der Gazelle, die von seinem Kollegen noch immer getrieben wurde. Er schnitt ihr nicht den Weg ab, woraufhin sie vermutlich die Richtung gewechselt hätte, sondern kam mit atemberaubender Geschwindigkeit knapp hinter ihr an. Eine Pfote schlug nach vorne, verkrallte sich in den Hinterlauf. Kurz schien es, als hüpfe der Löwe so auf drei Beinen, während die vierte die Gazelle hielt, doch dann war das Tier schon aus dem Gleichgewicht und stürzte, just in dem Moment, als auch ihr Verfolger dann heran war. Mit einem beherzten Sprung rang dieser die Gazelle schlussendlich nieder. Zielsicher fanden seine Zähne die Kehle des Opfers, und beinahe zärtlich bis er zu und erstickte das Tier so mit seinem eigenen Blut.

  • Nur mit halben Auge beobachtete Corvina tatsächlich das Schauspiel in der Arena, wenngleich ihr Onkel scheinbar keine Kosten gescheut hatte, um wirklich die besten Jäger zu finden, die man eben finden konnte. Auch wenn Corvina für sich selbst nicht einmal träumte, Pfeil und Bogen zu benutzen, musste sie doch anerkennend befinden, dass diese beiden Amazonen diese Kunst meisterlich beherrschten.
    Nein, ihr Blick glitt nach wie vor über die Reihen der Zuschauer, ob sie den jungen Mann entdecken würde, den wiederzusehen sie durchaus das ein oder andere Mal erträumt hatte. Angesichts der Größe des Theaters war dies wohl ein absolut närrischer Wunsch, aber wann konnte man einen solchen wohl hegen, wenn nicht zu den Saturnalien? Wann wäre die Chance größer, ihn tatsächlich ansprechen zu können? Nicht, dass Corvina wissen würde, was sie sagen sollte.


    Doch sie sah ihn nicht. Sie entdeckte den Quaestor Flavius, der mit dem jungen Klienten des Purgitius Macer zusammengestoßen war – jener, welcher so unbeholfen ein Kompliment an sie gerichtet hatte, als sie ihm vorgestellt worden war. Sie entdeckte auch ihre Cousine Prisca, die den Consular Flavius geheiratet hatte. Dieser winkte Corvina auch kurz zu, allerdings glaubte sie nicht, dass dies gesehen worden war. Im Gegensatz zu ihr beobachtete Prisca tatsächlich das Geschehen in der Arena.
    Nach ein wenig weitere Suche entdeckte sie auch Purgitius Macer mit einem kleinen Mädchen – wohl seine Tochter – und lächelte auch höflich in dessen Richtung, für den Fall, dass er zurücksehen mochte.


    Aber den jungen Hünen, der sie so eindringlich angesehen hatte, den entdeckte sie zu ihrem Verdruss nicht.

  • Die Löwen fraßen. Sie zerrten an dem Kadaver und vergruben ihre Zähne tief in dem toten Körper. Jedoch waren sie nun, nach erfolgreicher Jagd, nicht mehr so geeinigt wie noch soeben zur Erlangung der Beute. Mit tiefem Grollen drohte der eine dem anderen, und schon schoss eine klauenbewährte Pranke hervor, um den Konkurrenten zu vertreiben. Jener brüllte bedrohlich, dass das gesamte Theatrum Flavium zu erzittern schien, und zeigte seine beeindruckenden Zähne in der blutverschmierten Schnauze. Sie rissen beide an dem Kadaver, den anderen dabei beständig verjagen wollend, bis schließlich ein Hinterlauf der Gazelle abriss. Dieser wurde von einem Löwen gleich ein paar Schritte in Sicherheit gebracht, um dort in Ruhe gefressen zu werden.


    Nicht lange danach öffnete sich auch wieder leise eine Tür in der Arena, und diesmal traten die beiden Männer heraus. Bis auf ihre Speere, einen Gürtel mit Messer und einen Lendenschurz aus Leopardenfell waren beide nackt. Selbst die Füße waren barfuß. Gemessen an den beiden riesigen Wildkatzen wirkten sie geradezu winzig. Dennoch schritten sie sehr zielsicher in die Arena, leicht gebeugt in pirschender Haltung. Noch hatten die Raubkatzen sie nicht bemerkt.


    Allerdings änderte sich das, als die beiden etwa die Mitter der Arena erreicht hatten. Einer der beiden Löwen hob den Kopf von seinem Mal und starrte sie einen Moment taxierend an, als wolle er die Gefahr abschätzen. Er gab einen tiefen, fast bellenden Laut von sich. Als die beiden dennoch langsam voranschritten, stand er auf und knurrte bedrohlich.
    Der zweite Löwe war noch in sein blutiges Mal vertieft, aber nun schien auch er aus seinem Rausch aufzuwachen und hob den Kopf. Noch blieb er allerdings liegen.

  • Albina verfolgte gebannt das Geschehen in der Arena und kommentierte es immer wieder, als wolle sie sichergehen, dass Macer und die Sklavenschar aus der Casa Purgitia auch ja kein Detail verpassten oder falsch verstanden. Macer gönnte ihr das Vergnügen, auch wenn er selber dem Geschehen tatsächlich nicht mit voller Aufmerksamkeit folgte, sondern weiter auch mit seinen Sklaven plauderte und gelegentlich den Blick über die Ränge schweifen ließ, ob er ein bekanntes Gesicht entdeckte. Eine der Begleiterinnen des Aedils lächelte Macer freundlich zu und Macer lächslte ebenso freundlich mit einem leichten Nicken zurück. Mehr noch als die Tatsache sie zu sehen, freute ihn dabei die Tatsache, dass er sich ganz ohne Hilfe seines Sekretärs daran erinnerte, sie zuletzt in der Villa Aurelia getroffen und ein paar Worte mit ihr gewechselt zu haben.


    In der Arena begann derweil offenbar der nächste Akt, in dem nun wieder zwei Menschen die Arena betraten, um die eben noch jagenden Löwen un wohl selber zu gejagten werden zu lassen. Nun schaute auch Macer wieder etwas aufmerksamer hin, denn der Kampf Mensch gegen Tier war für ihn schon spannender als die Jagd zwischen Tieren oder auch die Jagd mit dem Bogen zuvor.

  • Caius war stets fasziniert von den Ausmaßen, die die Saturnalienfeiern in Rom annahmen. Mogontiacum war wahrhaftig ein Provinznest im Vergleich zur Urbs Aeterna. Von Jahr zu Jahr begriff er mehr, weshalb Italiker die nördlichen Provinzen häufig auf eine gewisse herablassende Weise betrachteten. Umso mehr freute es ihn aber, nunmehr die Saturnalien in Rom begehen zu können. Und dann gleich noch mit Tierhetzen! Er war allein in die Arena gekommen, doch war er sich sicher, dass wenigstens der halbe Hausstand der Casa Accia Ducciaque ebenfalls hier war. Er achtete jedenfalls darauf, ihnen nicht über den Weg zu laufen. Er wollte den Sklaven heute mal einen Tag ohne ihren Herren gönnen, an dem sie einfach miteinander ausgelassen sein konnten. An den anderen Tagen würde er sie dann freilich der Tradition entsprechend bedienen und hofieren und gemeinsam Späße machen, bis die Rollenverteilung mit Ende der Feiertage wieder zurechtgerückt wurde.


    Mit einem Grillspieß in der einen und einem Weinbecher in der anderen Hand hatte er sich einen Platz mitten in der Menge gesucht, ohne auf einen Platz entsprechend seinem Rang - immerhin war er im Ordo Equester - zu achten. Für ihn war allein wichtig gewesen, am Treppenaufgang zu sitzen, falls er mal raus wollte. Er hasste es, sich erst an etlichen Leuten vorbeiquetschen zu müssen. Als er sich hingesetzt hatte, eröffnete der Veranstalter auch schon den Arenatag. Sextus Aurelius Lupus hatte die Hatz organisiert, der Mann, bei dem er bereits im Wahlkampf zu einer Cena eingeladen gewesen war. Oh, und in der Loge des Editors saß ja auch die hübsche junge Aurelia, mit der er auf der Wahlkampf-Cena verstohlene Blicke ausgetauscht hatte! Während Aurelius über goldene Zeitalter und Frieden palaverte, betrachtete Caius erstmal ausgiebig seine Verwandte. Hach, sie war wirklich ein Augenstern.


    Abrupt wurde daraufhin seine Aufmerksamkeit vom Geschehen in der Arena abgelenkt. Da tauchten nämlich die Venatores auf. Und was für welche! Zwei nubische Kriegerinnen, gekleidet in einen Hauch von Nichts. Caius konnte sich von diesem Anblick nun erstmal nicht losreißen. Natürlich hatte er schon schwarze Sklaven und auch Sklavinnen gesehen, meist auf dem Sklavenmarkt oder in anderleuts Haushalten. In der Aufmachung wie dort unten war das nochmal etwas anderes. Vielleicht sollte er sich auch mal so ein schwarzes Mädchen für seine Casa holen?
    Was folgte, war im Grunde erstmal recht unspektakulär. Die Amazonen schossen Gazellen tot. Für einen geübten Jäger wie Caius mutete dieses Abschlachten erstmal nicht besonders anspruchsvoll an. Andererseits musste er anerkennen, dass die Frauen einen gute Show ablieferten und auch ziemlich treffsicher waren, was ihnen seinen Respekt einbrachte.


    Während in der Arena gestorben wurde, stolperte etwas weiter unten ein dicker Kerl und rempelte einen anderen an. So ein Tollpatsch, dachte Caius, und traute dann seinen Augen nicht. Das war ja Atticus! Und der dicke Flavius noch dazu! Das war ein seltsamer Typ. Sollte Caius nun runtergehen und die beiden anquatschen? Nee, erstmal musste sein Grillspieß dran glauben.
    Und in der Arena änderte sich jetzt das Programm, denn die letzte überlebende Gazelle wurde einem anderen Gegner gegenübergestellt: Löwen! Caius fielen nun zum zweiten Mal beinahe die Augen aus dem Kopf. Das waren echte Löwen! Das markerschütternde Brüllen der Raubkatzen durchfuhr seine Glieder. Vor lauter Aufregung stand er auf, um besser sehen zu können und wurde dafür von seinem Hintermann deftig angepöbelt. Huch, also doch lieber wieder setzen.


    Es dauerte nicht lange, bis die Löwen zur Jagd ansetzten und die Gazelle zur Strecke brachten. Caius verfolgte gebannt, wie das Tier gerissen wurde, nur um daraufhin mit Erstaunen festzustellen, dass nun auch die Löwen zu Gejagten wurden. Wirklich beeindruckend, was Aurelius hier bot. A propos Aurelius, bei dem Gedanken musste er doch glatt noch einmal zu dessen Verwandter herüberschauen. Die wirkte nun ebenfalls, als würde sie parallel zum Spektakel in der Arena ihren Blick manchmal über die Tribünen gleiten lassen. Atticus und der dicke Flavius (wie war nochmal sein Cognomen?) waren kurzzeitig wieder vergessen.

  • Inzwischen hatte Corvina das Gefühl, die gesamte Bevölkerung Roms eigenhändig abgesucht zu haben, doch nirgendwo hatte sie eine Spur des Duccius gefunden. Enttäuscht blickte sie zu Boden und unterdrückte ein Seufzen. Es war ja auch eine Narretei gewesen. Hier waren über Tausend Menschen. Wie sollte sie da ausgerechnet den einen herausspähen, wenn er nicht gerade aufsprang und laut rief? Wie hatte sie sich das vorgestellt?
    Es hinnehmend, dass ihre Hoffnung zerplatzt war, sah Corvina zur Arena hinunter, wo die Löwen aufliefen. Sie hatte schon einmal einen in Athen gesehen, dennoch waren sie immer wieder beeindruckend. So beeindruckend, dass auch im Publikum jemand etwas laut aufrief. Mehr aus Reflex denn aus echter Neugier wandte sie auch den Blick in diese Richtung ins Publikum. Und da stand er. Und rief. Naja, eigentlich rief der Mann hinter ihm etwas, was Corvina auf die Entfernung nicht verstand. Aber dennoch. Da war er, so groß und schlank und mit hellbraunen Haaren, wie sie ihn in Erinnerung hatte.


    Erst der nächste Aufruf aus dem Publikum brachte Corvina aus ihrer hypnotisierten Betrachtung des jungen Mannes und sie realisierte, dass sie gestarrt haben musste. Ebenso bemerkte sie erst jetzt ihren trockenen Mund und ihr wild pochendes Herz, sowie das Brennen auf ihren Wangen, das bis zu den Ohren zu gehen schien. Vermutlich war sie zutiefst errötet.
    Betreten sah sie zu Boden und mühte sich, ihre Fassung wiederzuerlangen. Sie hatte ihn tatsächlich gefunden, unter all den Menschen! Oh Saturn, welch goldene Zeit, dass solch ein Wunder tatsächlich geschah! Aber was machte sie jetzt? Sie konnte ja kaum zu ihm herübergehen und einfach so salve sagen? Und noch weniger konnte sie einfach gehen, ohne ihren Onkel zu fragen. Und was sollte sie ihm sagen?
    Noch einmal sah sie auf und in die Menge, ob sie vielleicht noch eine ihrer Cousinen fand, die sich lieber unter die Leute mischten, oder eine andere Bekanntschaft, die ihre Abwesenheit vernünftig rechtfertigen würde, aber sie fand niemanden. Und die bislang gefundene Prisca war wohl eine eher eine schwache Entschuldigung. Zumal die Gefahr bestand, dass Sextus seine Cousine einfach zu ihnen heraufbat. Nein, das war keine Lösung.


    Noch einmal sah Corvina zu dem Duccius hinüber. Und er blickte auch zu ihr. Corvina merkte, wie die Röte auf ihre Wangen zurückkehrte, dennoch war sie so verwirrt davon, dass er sie ansah, trotz der Löwen in der Arena, trotz der Jäger bei den Löwen, trotz der tausend anderen Menschen. So dauerte es einen ganzen Augenblick, den sie ihn einfach nur ansah, ehe sie sich davon losreißen konnte und wieder mit glühenden Wangen zu Boden sah. Wieder pochte ihr Herz wie verrückt und sie wusste noch weniger, wie sie weiterhin richtig vorgehen sollte. Nur aus den Augenwinkeln und kurz traute sie sich, wieder in seine Richtung zu sehen, zu groß war das Gefühl des möglichen Ertappt-Werdens.


    Ach es war furchtbar! Ach, es war wundervoll! Und verwirrend! Aber was nun?


    Corvina überlegte, welchen Grund sie haben könnte, zu ihm zu gehen. Darüber, was sie dann sagen wollte, mochte sie gar nicht erst nachdenken, sonst würde sie sich gar nicht erst trauen, zu gehen. Aber sie wollte gehen. Sie wollte einmal nur halb so weltgewandt sein wie ihre Cousine Lentidia oder einmal so mutig wie ihre Cousine Drusilla. Wenn nicht zu den Saturnalien, wann denn dann?
    Also tat sie etwas, das sie nie geglaubt hatte, zu tun: Sie benutzte eine kleine Lüge ihrem Onkel gegenüber.
    “Onkel? Ist es in Ordnung, wenn ich kurz auf die Tribüne gehe? Ich... ich möchte mir etwas zu Essen von einem der Verkäufer holen.“

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