[Triclinium] Nach langer Zeit

  • Hätte sie Milo direkt mit hinauf in ihr Zimmer genommen und würde Laevina das mitbekommen, dann würde es eine Menge Ärger geben. Um zu vermeiden, dass die Großtante irgendeinen unangebrachten Verdacht hegte, nahm sie den Helvetier ins Trcilinium mit. Am liebsten hätte sie ja mit ihm die Straßen unsicher gemacht, doch Gundhraban würde sie wohl nicht aus dem Haus lassen. Da würde alles betteln und flehen nicht helfen. Also ging es ins Triclinium und Milo musste ihr folgen, hatte sie ihn doch sehr entschlossen an die Hand genommen und einfach mit sich gezogen. So war sie nun einmal. Sie wusste was sie wollte und setzte auch meistens ihren Willen durch.
    „Und nun erzähl doch mal!“ forderte sie ihn auf und ließ sich ungestüm auf eine der Klinen fallen. Zum Glück war niemand da, der sie zurecht wies oder ermahnte oder sonst irgendwie störte.

  • Sie zerrte ihn also ins Triclinium und er Begriff, dass sie nicht mehr die Kinder von früher waren und nun alles etwas komplizierter wurde. Sie waren älter geworden und fast Erwachsen und das bedeutete eben, dass sie nicht mehr einfach so auf ihr Zimmer gehen konnten, oder sich einfach so treffen konnten. Für sie gehörte es sich einfach nicht mehr und ihre Familie konnte sich ja auch ihren Teil denken. Wahrscheinlich war dies ohnehin eines ihrer letzten Treffen ohne Anstandsdame. Kurz stöhnte er leise, ehe er sich auf eine der Klinen plumpsen ließ, sich allerdings setzte und nicht legte. Gelegen hatte er schließlich im letzten Jahr genug. Aber das würde er ihr jetzt alles erzählen müssen, denn sie forderte ihn dazu auf.
    Es war eine Menge und die Zeit war knapp bemessen, daher überlegte er kurz, ehe er begann:
    „Ich weiß, es ist sehr lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben und es tut mir auch Leid, dass ich nichts von mir hören lassen ließ, aber ich hoffe du verzeihst mir das, wenn ich dir erzählt habe warum.“, leitete er erst einmal ein und überlegte dann, wie er fortfuhr. Dass er ein paar Monate sabbernd und völlig neben sich in seinem Bett verbrachte hatte, dass würde er ihr nicht erzählen. Das musste er nicht, denn offiziell war er damals nur krank gewesen. Körperlich krank. Wie ein schlechter Scherz der Götter wurde er das auch, nachdem er die erste Krankheit überwunden hatte. „Ich bin krank geworden. Schwer krank. Ich weiß nicht was es war, aber es war recht unschön. Ich habe ständig Blut gespuckt und mir fast die Lunge herausgehustet. Der Arzt hat mich schließlich zu meiner Mutter geschickt. In den Norden, ans Meer. Zu meiner Mutter. Die Luft da oben ist ja angeblich besser und förderlich für meine Genesung. Naja. Anderthalb Jahre ist dafür auch eine lange Zeit. Und den Tag über hatte ich ausser krank sein, im Bett liegen und ein wenig Bildung nichts zu tun. Ja, ich hätte schreiben können, aber ich wollte dich nicht beunruhigen. Wie hättest du wohl darauf reagiert, wenn du erfahren hättest, dass es mir kaum besser ging und ich immer noch mit einem Fuß im Grab stand? Ich habe es dir erspart und dachte so wäre es wohl besser.“, erklärte er ihr, ehe er fortfuhr. „Die Zeit war allerdings nicht verschwendet, denn ich habe wieder ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Besser als all die Jahre.“ Sabina wusste ja um die Problematik seiner Beziehung zu seiner Mutter. Er sah sie ja ohnehin nur ein paar Wochen im Jahr. „Sie hat einen Narren an Bestia gefressen, kann ich dir sagen. Sie hat sich wirklich gut um ihn gekümmert, als ich das nicht konnte. Fast ein bisschen zu gut fürchte ich. Er hat ein wenig zugelegt.“, meinte er dann grinsend. Sabina wollte bestimmt auch wissen, wie es ihrem Hund so ergangen war. „Und gestern bin ich dann Heim gekommen. Allerdings ist das Haus leer. Es hat mich wohl keiner zurück erwartet. Ich glaube lediglich Turpio ist im Haus. Allerdings hab ich ihn noch nicht gesehen. Ja und als ich heute Morgen etwas zum Anziehen gesucht habe, habe ich festgestellt, dass mir kaum noch etwas passt. Auf dem Krankenlager braucht man ja eher weniger Kleider.“, schloss er schließlich. Das waren die letzten anderthalb Jahre in Kurzform.

  • Auf dem Bauch liegend, den Kopf in ihre Hände gestützt und mit den Beinen wackelnd, musterte sie ihn erst einmal genau. Nach einer Weile eingehender Musterung kam sie zu dem Schluss, dass es ihm gut ging. Welche Krankheit ihn auch immer gequält hatte, er hatte sie gänzlich von sich abgeschüttelt. Es erleichterte sie ungemein. Sabina hatte sich große Sorgen gemacht und sie hatte ihn vermisst. Schließlich war Milo ihr bester Freund. Gemeinsam hatten sie schon ne Menge Unfug angestellt. Wobei er eigentlich immer der Besonnene von ihnen war.
    „Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht“, lächelte sie ihm zu. Sabina hatte ihm bereits verziehen. In dem Augenblick, als sie ihn an der porta entdeckt hatte. „Ich hab mir Sorgen gemacht!“ gestand sie ihm ein bisschen verlegen.
    Das Lächeln verschwand langsam, als er erzählte wie schlecht es ihm ergangen war. Sein Bericht erschreckte Sabina. Nun konnte sie auch verstehen, warum er ihr nicht geschrieben hatte. Wie konnte sie ihm da noch Böse sein? Sie streckte die Hand nach seiner aus und drückte sie dann freundschaftlich. Er sollte wissen, dass sie seine Gründe verstehen konnte. „Du hättest mir ruhig schreiben können. Dann hätte ich zurück geschrieben und dich ein wenig abgelenkt“, sie klang verständnisvoll. Sabina lächelte wieder, als er dann erzählte, dass er sich mit seiner Mutter nun besser verstand. Dann fiel ihr etwas auf, das fehlte. „Warum hast du Bestia nicht mitgebracht?“ nun klang sie doch etwas vorwurfsvoll. Sie hatte ihren gemeinsamen Spielkameraden ebenso vermisste wie Faustus. Leicht knuffte sie ihm gegen die Schulter, so als Strafe.
    Leise musste sie dann lachen, als er ihr erzählte, dass ihm seine Kleider nicht mehr passten. „Dann müssen wir dich wohl einmal einkleiden!“ sie klang begeistert und war drauf und dran ihn wieder an die Hand zu nehmen und direkt zum mercatus zu zerren. Aber dann erinnerte sie sich daran, dass sie das Haus ja nicht verlassen sollte.

  • Nachdem er geendet hatte, begann er sie ebenso zu mustern, wie sie es zuvor mit ihm gemacht hatte. Aus irgendeinem Grund konnte er sich nicht an ihr satt sehen. War es weil sie ihm gefiel oder weil er sie so lange nicht gesehen hatte? Er wusste es nicht. Ihr Gesicht, ihre Figur, ihre Haare, ihre Augen, ihr Lächeln… Es passte und harmonierte miteinander, war einfach nur schön. So schön, dass er sich schon fast zwingen musste, seinen Blick wieder in Richtung ihrer Augen zu bewegen, nur um sie nicht anzustarren. Blickkontakt war in Ordnung und wenn die Augen so schön waren auch sehr angenehm.
    Fast schon automatisch lächelte er zurück, als sie ihn anlächelte und sagte, dass sie froh war, dass er wieder gesund war. Er schloss aus ihrem Verhalten und ihren Worten, dass sie ihm verziehen hatte und das freute ihn ungemein. Er war sich ja unsicher gewesen, doch nun hatte er Sicherheit. Selbst, dass er nicht geschrieben hatte, schien sie ihm zu verzeihen und auch seine Gründe zu verstehen, auch wenn sie meinte, er hätte ja trotzdem schreiben können. Als Ablenkung. „Ach, Ablenkung hatte ich genug. Ich kann jetzt fließend Griechisch sprechen.“, redete er sich etwas ungeschickt heraus und kratzte sich kurz am Hinterkopf. Das war wohl nicht ganz das, was Sabina hören wollte, aber es war das, was Milo direkt in den Kopf schoß. Vielleicht hätte er ja doch etwas antworten sollen, schon allein ihrer Geste wegen. Sie drückte seine Hand. Aufmunternd war es für ihn nicht, eher ein wenig erregend.
    Und dann kamen doch noch Vorwürfe, als Sabina bemerkte, dass Bestia fehlte. Sie knuffte ihn sogar dafür! Er kippte ein wenig zur Seite und fiel auf seinen Unterarm und sah sie etwas verblüfft an.
    Milo hatte sich im Vorfeld bereits überlegt gehabt, ob er den Hund mitnehmen sollte, hatte sich dann doch dagegen entschieden. Und er hatte auch seine Gründe. „Ich kann doch keinen Hund mitnehmen, wenn ich irgendwo hin zu Besuch gehe, Sabina. Das gehört sich nicht. Denk doch nur mal daran, was deine Großtante gesagt hätte, wenn ich einen Hund angeschleppt hätte? Sie hätte Bestia mit einem Besen aus dem Haus jagen lassen und mich hinterher! Da bin ich nicht sonderlich scharf drauf, weißt du.“, verteidigte sich und musste grinsen. Das passte irgendwie zum „alten Drachen“ obwohl er sie gar nicht wirklich kannte.
    Als sie dann von seinem Kleidungsproblem hörte, merkte er bereits, dass sie sofort Feuer und Flamme war und ihn wahrscheinlich am Liebsten gleich zum Einkaufen mitgeschleppt hätte. Er nahms mit Humor und grinste sie kurz an. Leider musste er sie da aber enttäuschen.
    „Ja. Ich denke ich werde den Schneider kommen lassen, den meine Familie immer in Anspruch nimmt, dann kann er Maß nehmen.“, erklärte er ihr. Der Schneider belieferte die Familie eigentlich schon seit Jahren mit den Kleidern. Auch Milos protzige Tunika stammte von ihm, aber auch seine Alltagsbekleidung. Auf Maß nehmen war zwar etwas teurer, aber man konnte sicher gehen, dass die Kleider perfekt passten und Geld spielte ja eigentlich auch eine untergeordnete Rolle.
    „Wie ist es dir eigentlich ergangen? Ich habe gehört, du hättest öfters nach mir gefragt?“, fragte er sie dann noch interessiert. Bisher hatten sie ja nur über ihn geredet und er wollte schließlich auch wissen, was Sabina so getrieben hatte, außer etwa jede Woche bei ihm zu Hause vorbei zu schauen.

  • Obwohl er krank gewesen war, war er nicht untätig gewesen. Griechisch hatte er gelernt und vermutlich noch vieles anderes. Irgendwie doch ein bisschen langweilig. Aber so mochte sie ihn. Die treibende Kraft hinter ihren Ausflügen und Streichen war meistens Sabina gewesen. Schon immer war sie ein Wildfang und für so manchen Schabernack zu haben. Gern setzte sie ihren Willen durch.
    Milo hingegen war strebsam und besonnen. Ganz das Gegenteil von ihr. Er war eben ruhiger und zurückhaltender.
    Ein freches Grinsen zeigte sich auf ihren Zügen, als er auf seinem Ellbogen landete. Aus dem Grinsen wurde ein Schmollmund. Irgendwie hatte er ja recht, aber sie wollte sich nicht einsichtig zeigen. Laevina wollte ihr ganzes Leben beherrschen und kontrollieren. Ständig schrieb ihr diese vor was sie zu tun hatte und was nicht. Wie sie sich zu benehmen hatte oder mit wem sie befreundet sein sollte. Außerdem behielt Laevina sie ständig im Auge und wartete förmlich darauf, dass sie irgendwie sich nicht so benahm, wie man es von ihr erwartete. Bei der Erwähnung ihrer Großtante schnaubte sie von daher ungehalten. „Ich hätte Laevina schon davon abgehalten dich und Bestia hinaus zu werfen“, gab sie rebellisch von sich. Sie wollte nicht zulassen, dass Laevina ihre Freunde vergraulte. Wenn es sein musste, würde sie sich auch mit der alten Germanica streiten. Wäre nicht das erste Mal. „Naja … dann hab ich einen Grund dich zu besuchen! Ich will Bestia unbedingt wiedersehen“, erklärte sie entschlossen. Sie hatte den Hund vermisst. Ein Spielgefährte, den sie im Müll der Subura gefunden hatten. Das war ein Abenteuer gewesen, das sie nicht so schnell vergessen würde. Schließlich hatten sie etwas Verbotenes getan. Die Subura war kein Ort für Kinder. Sie hatten sich ja auch nicht allzu tief hinein gewagt und sich furchtbar erschreckt, als es geraschelt hatte. Bestia hatten sie dann behalten dürfen.
    Ein bisschen unzufrieden runzelte sie die Stirn, als er dann meinte, er würde einen Schneider kommen lassen. „Na schön, wie du meinst! Es würde mehr Spaß machen, wenn wir bummeln gehen würden“, gab sie klein bei. Kurz wackelte sie mit den Beinen.
    „Natürlich hab ich nach dir gefragt! Ich hab mir doch Sorgen um dich gemacht! Du hast mir gefehlt. Die Zwillinge sind schon ganz schön groß. Vic und Vina machen jede Menge Unsinn“, Sabina musste dabei frech Grinsen. „Die Sklaven sagen, sie sind wie ich. Ständig nur Unsinn im Kopf“, lachte sie. „Laevina besteht darauf aus mir eine vorbildliche Römerin zu machen“, Sabina machte eine Grimasse, die aussagte, wie wenig Spaß dies machte. „Du weißt schon, diesen ganzen Mädchenkram … nähen, sticken, weben … an sich macht das auch Spaß. Wenn Laevina nicht ständig etwas zu kritisieren hat. Egal wie sehr ich mich anstrenge, sie hat irgendwie immer etwas auszusetzen.“ Genervt rollte sie mit den Augen. „Wenn es nach Laevina ginge würde sie mich am liebsten den lieben langen Tag im Haus einsperren und zwingen neben ihr zu sitzen. Sie ist wie ein Prätorianer und Kerkerwächter. Ihr entgeht nichts. Auch weil Quadrata überall herum schnüffelt.“

  • Es wäre bestimmt interessant zu sehen, wie Sabina versuchte der Alten den Besen zu entreißen, aber am Ende würde es doch eh nur wieder Ärger für sie geben und das wieder nur wegen ihm. Nein, das wollte er nicht. Er wollte auch nicht, dass Sabina nun wieder kopflos und temperamentvoll wurde. Sanft griff er nach ihrer Hand und lächelte ihr zu, um sie etwas herunter zu bringen.
    „Entschuldige, aber die Alte ist furchtbar. Ich würde es mir nicht trauen mich mit ihr anzulegen, wenn ich du wäre. Am Ende würde ich Zeit ihres Lebens nicht mehr glücklich.“, meinte er zu ihr. Es würde nichts bringen, wenn sie jetzt Ärger bekam, denn dann würde sie Bestia erst recht nicht sehen können. „Na das wird Bestia dann aber freuen. Und mich auch.“, meinte er daher noch.
    „Naja, ich brauche auch neues Schuhwerk. Das können wir ja zusammen kaufen, wenn du unbedingt einkaufen gehen willst. Wenn du magst kannst du auch deine Großtante bitten uns zu begleiten. Sie würde sich gewiss freuen.“, schlug er ihr vor. Dank seiner monotonen Stimmlage und da er keine Mine verzog, konnte sie sich aussuchen ob der Vorschlag die alte Germanica mitzunehmen als bloßer Spaß oder ernst gemeint war. Für ihn war es beides. Zum einen wollte er sie aufziehen, zum anderen war der Vorschlag wirklich eine Überlegung wert. Wenn er vor der Alten demonstrierte, wie gut er erzogen war und wie gesittet, dann würde sie ihm vielleicht weniger misstrauen und die Chance wäre gewiss höher, Sabina irgendwann einmal ohne Anstandsdame treffen zu können. Sie war ja schließlich schon mündig, heiratsfähig und daher galt es ihre Tugend(en) zu wahren. Es wunderte ihn ohnehin, dass sie im Moment allein waren, zum Glück.
    Interessiert hörte er sich dann an, was sich bei ihr so getan hatte. Sie bestätigte ihm noch einmal, was Wulfried, der Türhüter ihm erzählt hatte. Sie war da und hatte sich nach ihm erkundet. Aus Sorge. Ach, was hatte er nur für eine gute Freundin. „Ich habe mich gefreut, als ich davon gehört habe. Deshalb bin ich auch gleich heute gekommen.“ Genau so war es gewesen.
    Als sie dann von ihren Geschwistern redete musste er schmunzeln. Zwei weitere Kinder, die so waren wie sie? Sabinas Vater hatte es wirklich nicht einfach. „Wie du? Na dann werden sie einiges erleben können.“ Selbst wenn sie nur die Hälfte von dem erlebten, was er mit Sabina erlebt hatte, seit er sie kannte, hätten sie immer noch sehr viel Spaß und Abenteuer. Ob ihre Kinder wohl auch mal solche Rabauken würden? Seine würden bestimmt notorische Langweiler wie ihr Vater. Außer natürlich sie hätten so eine Mutter wie Sabina. So langsam wurde dieses Thema interessant für ihn, denn bald würde er ebenfalls heiraten können.
    „Du und sticken?“, meinte er grinsend und begann zu lachen. Etwas das bei ihm ziemlich selten war, denn normalerweise wirkte er meist sehr ernst. Dementsprechend dauerte es auch nicht lange, ehe er wieder Haltung angenommen hatte. „Entschuldige, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie du dasitzt und stickst. Du. Ich kenne dich doch. Du und ruhig dasitzen, das ist doch ein krasser Gegensatz. Oder hast du dich in einem Jahr so stark verändert und bist zum braven Mädchen geworden?“, erklärte er sich dann. Es war aber auch wirklich komisch. Sabina, das wildeste Mädchen, das er kannte sollte plötzlich brav und gesittet sein? Entweder es war ein Wunder geschehen oder es war eine maßlose Übertreibung, denn vorstellen konnte er es sich beim besten Willen nicht.
    Auf ihrem Mist war es jedenfalls nicht gewachsen, so viel war klar. Die alte Germanica musste wirklich einige Mühe aufgebracht haben, um Sabina dazu zu bringen, aber wie sie erzählte hatte sie ja bereits einen Überwachungs- und Sanktionierungsapparat aufgebaut.
    „Na da habe ich es ja ganz gut im Moment. Bei mir zu Hause ist derzeit niemand, der mir überhaupt etwas vorschreibt. Aber so ganz schön ist das auch nicht und langweilig obendrein. Also so ganz alleine.“, verglich er dann ihre Lage mit der Seinen. Bei Beiden war sie nicht sonderlich zufriedenstellend. Aber vielleicht würde ja nun alles besser, denn sie hatten sich ja jetzt wieder.

  • Vor Laevina hatte sie nicht wirklich Angst. Respekt schon, auch ließ sie sich durch die Großtante durchaus einschüchtern, weil sie deren drakonische Strafen fürchtete, aber nicht Angst. Wenn sie einen guten Grund hatte sich mit Laevina anzulegen, dann tat sie es auch. Für Milo und Bestia oder ihre Freunde würde sie sich mit der alten Germanica auch streiten. „Lass Laevina mal meine Sorge sein“, meinte sie recht unbeschwert. „Wir geraten ständig aneinander. Sie lässt Quadrata hinter mir her schnüffeln und wenn ich die Sklavin dabei erwische, dann fliegen die Fetzen“, gab Sabina mit einem schiefem Grinsen zu. Wie sehr sie es doch hasste, dass sie unter ständiger Beobachtung stand. Wie gut, dass sie ihre Möglichkeiten gefunden hatte um gegen Laevina und deren strenge Regeln zu rebellieren.
    Sie würde Milo besuchen ohne dass sie Laevina etwas davon erzählte. Sonst würde ihre Großtante ihr eine Begleitung mitgeben oder es ihr wo möglich noch verbieten. Von daher blinzelte sie ihn auch ein wenig ungläubig an, dass er ihr den Vorschlag machte Laevina auf einen Einkaufsbummel mitzunehmen. Ihre Miene drückte deutlich aus, dass sie von diesem Vorschlag so gar nicht begeistert war. „Du machst Witze!“ gab sie dann von sich. Ganz bestimmt machte er einen Scherz. Kurzerhand warf sie ein Kissen nach ihm.
    Als er dann zu lachen anfing setzte sie eine beleidigte Miene auf. Sie konnte so gar nicht verstehen, was er so witzig fand. Ein zweites Kissen warf Sabina nach ihm. „So schlimm bin ich nun auch nicht! Und ob ich will oder nicht, so etwas muss ich nun mal als tugendhaftes und anständiges römisches Mädchen können“, ein wenig störrisch reckte sie ihr Kinn. „Und auch wenn es für dich seltsam klingt, es macht Spaß!“ Auch wenn es für ihn seltsam erschien, es machte ihr tatsächlich Spaß. Laevina hatte ihren Anteil daran, indem sie Sabina dazu gezwungen hatte. Sabina hatte gelernt sich zu fügen, dann war ihre Großtante auch ab und zu gewillt sie in Frieden zu lassen und nicht ständig zu überwachen. "So oft wird ich dich allein nicht zu Hause sitzen lassen“, grinste sie ihm keck zu. „Mir fällt bestimmt etwas ein um dich von deinen Studien abzulenken.“

  • Sein Vorschlag ihre Großtante mitzunehmen fand sie wohl nicht so gut wie er und sah fast so aus, als hätte sie sich gerade ernsthaft verhört. Was sie letztlich davon hielt bekam er wenig später gleich zu spüren, als sie nämlich ein Kissen nach ihm warf. Das traf ihn natürlich direkt im Gesicht, denn wirklich damit gerechnet hatte er nicht und daher auch erst viel zu spät reagiert. „Hey!“, beschwerte er sich und schüttelte kurz den Kopf. So eine Gemeinheit. Aber das war ja typisch Sabina. „Na wenn du meinst.“, meinte er dann noch darauf und winkte ab. Vergeben und vergessen.
    Als er dann noch die Quittung für sein lachen bekam, reichte es ihm dann endgültig und er wurde ein wenig böse. Schon wieder traf ihn ein Kissen am Kopf und er fand das ganze alles andere als lustig. „Jetzt reichts mir aber! Wehe du wirfst nochmal ein Kissen mit mir. Dann passiert aber was, das versprech ich dir!“, schimpfte er und ließ eine leere Drohung folgen. Normalerweise half es ja, wenn er mit ihr schimpfte. Gedroht hatte er ihr allerdings noch nie und auch nicht so schlecht. Er rechnete also beinahe gar nicht damit, dass sie jetzt zur Vernunft kam. „Du hast ja Recht. Es ist nur … ich kann mir das einfach nicht vorstellen.“ , entschuldigte er sich dann noch, sollte er sie gekränkt haben, denn das war einfach nicht seine Absicht gewesen. Er hatte ja auch nicht damit gerechnet, dass es ihr so ernst damit war. Früher hätte sie es bestimmt noch mit Humor genommen, aber jetzt wurde sie scheinbar doch etwas vernünftig. Diese scheinbar langweiligen Arbeiten machten ihr sogar noch Spaß. Und ihn hatte sie immer verlacht, wenn er gesagt hatte, dass ihm lesen Freude bereitete. „Vielleicht glaubst du mir ja jetzt, dass Lesen Spaß machen kann.“, rieb er ihr daher unter die Nase und zwinkerte ihr zu.
    Wenigstens ihren Tatendrang hatte sie sich bewahrt und wollte ihn in Zukunft wieder mehr beschäftigen. „Na dann bin ich ja froh und muss mir keine Sorgen machen, dass mir das Studienmaterial ausgeht.“, antwortete er darauf scherzhaft und grinste sie breit an. Scherzen durfte er ja auch mal.

  • Als er seine Drohung aussprach, konnte sie einfach nicht anders, sie warf noch ein weiteres Kissen nach ihm. Irgendwie hatte es nach ihr mehr wie eine Herausforderung geklungen. Ein wenig wollte sie wissen, wie weit sie gehen konnte. Außerdem hatte er es in ihren Augen verdient, dass sie mit Kissen nach ihm warf. „Du traust dich ja doch nicht“, meinte sie frech und streckte ihm die Zunge raus. "Was wird denn passieren?" fragte sie und sah sich suchend nach dem nächsten Kissen als Wurfgeschoss um.
    Seine Entschuldigung nahm sie nur am Rande wahr. Ihr stand nun mehr der Sinn ihn ein wenig zu necken. Viel zu lange hatte sie ihn nicht mehr gesehen und irgendwie musste sie ja ihre alte Freundschaft ein aufleben zu lassen. Früher hatten sie sich ja auch ab und zu mal gerangelt. Dass sie eigentlich viel zu alt für solche Albernheiten war, ignorierte sie. Es war ja gerade niemand da, der sie maßregeln könnte. Nur weil sie älter wurde, musste sie alles nicht so bitter ernst nehmen. Warum also nicht Milo ein wenig necken und heraus finden, wie ernst es ihm mit seiner Drohung war. Oder ob er einfach ihre Frechheiten über sich ergehen lassen würde.

  • Als hätte er es bereits gewusst war er wenig überrascht, als ihn zum dritten Mal ein Kissen voll erwischte und ihm im Gesicht traf. Für ein Mädchen konnte sie schon immer ziemlich gut werfen und stellte dies auch unmittelbar unter Beweis. Damit holte sie ihn dann aus der Reserve. Sie war seine beste Freundin und da ließ er sich schon einmal zu etwas hinreißen. „Na warte! Du wolltest ja nicht hören!“, meinte er streng und erhob sich von der Kline und trat vor sie und machte sich groß. Dabei versuchte er besonders böse drein zu schauen, um ihr ein wenig Angst zu machen. Dann setzte er sich neben sie, schuppste sie zur Seite und fiel über sie her. Er wusste noch von früher, dass seine Freundin kitzelig war und das machte er sich jetzt zu nutze. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, begann er sie zu kitzeln. Dabei lächelte er überlegen. Sie hatte ohnehin keine Chance gegen ihn.
    Es war zwar nicht das erste Mal, dass er sie kitzelte, aber dieses Mal war etwas anders als sonst. Es war ohnehin alles anders heute. Wieder verspürte er dieses eigenartige Gefühl. Er fühlte sich erregt. So hatte er sich noch nie gefühlt. Noch nie bis zum heutigen Tag. Trotzdem hielt es ihn nicht davon ab fortzufahren. Das Gefühl war eigentlich ganz schön.

  • Erst jetzt fiel ihr auf, dass er doch ein ganzes Stück gewachsen war. Als er sich vor ihr aufbaute musste sie beinahe schon den Kopf in Nacken legen. Was auch daran lag, dass sie immer noch bäuchlings auf der Kline lag. Milo war jedenfalls größer wie in ihrer Erinnerung. Ehe sie aufspringen konnte, kam auch schon seine Rache über sie. „Nein … nicht!“ lachte sie und rollte sich zusammen, als er sie kitzelte. Das war Unfair! Er wusste ganz genau, wie sehr sie kitzelig war. „Haahahahaaa .. aufhöhöhören!“ bettelte sie und versuchte seine Hände irgendwie zu fassen. Das war fast unmöglich denn er war ganz schön kräftig geworden und sie konnte nur hilflos zappeln. Dabei rutschte ihre Tunika ein Stück hoch. Sabina versuchte irgendwie außerhalb seiner Reichweite zu kommen und von ihm weg zu kommen. Gar nicht so einfach, da sie sich vor lachen schüttelte. „Hihihihi … unfair!“ beschwerte sie. Mit etwas Schwung landete sie dann plötzlich auf der anderen Seite der Kline, immer noch lachend. Jedenfalls war sie Milo entkommen. Japsend schnappte sie nach Luft.

  • Seine „Bestrafung“ verfehlte seine Wirkung nicht und Sabina wurde ein wehrloses Opfer in seinen Händen. Es war schon ein schönes Gefühl auch einmal unanständig zu sein und sich nicht so zu verhalten, wie man es von ihm erwartete. Aber dazu waren ja Freunde da. Einfach mal zu tolerieren, dass sich Freunde einfach mal so gaben, wie sie wollten. Und bei Sabina konnte er sich wohl immer so geben, wie er wollte. Sie würde ihm bestimmt alles vergeben. Naja, solange sie nicht erwischt wurden und sie richtig Ärger bekam, denn den hätte es im Moment bestimmt gegeben. In ihrem Alter machte man so etwas nicht mehr, auch wenn man befreundet war. Wie sah das denn auch aus?
    „Strafe muss sein. Ich habe dich gewarnt!“, rechtfertigte er sich, als sie sich schließlich erfolgreich aus seinen Fängen befreit hatte. Triumphierend blickte er nun zu seiner Freundin und bemerkte erst jetzt, dass bei ihrem kleinen Gerangel Sabinas Tunika etwas verrutscht war und ihre Beine komplett entblößt waren. Milo blieb der Atem weg bei diesem Anblick. Diese wohlgeformten Schenkel, diese glatte, gleichmäßige, elfenbeinfarbene Haut. Sein Herz schlug ein wenig schneller und leicht regte sich etwas bei ihm. Was war nur los mit ihm? Unbeabsichtigt wurde er rot und sah sofort in eine andere Richtung. Sofort zog er sich dann noch auf seinen vorherigen Platz zurück. Ein wenig peinlich war ihm die Situation schon.

  • Verwirrt fielen ihr einige Haarsträhnen ins Gesicht. Auf dem Boden sitzend schaute sie zu Milo auf und lächelte ihm verlegen zu. So hatte sie sich seine Rache nichtvorgestellt. In Zukunft würde sie seine Drohungen ernster nehmen. Nicht das er sich erneut auf sie stürzte. Milo war ihr einfach überlegen. Schließlich war er größer und kräftiger wie sie. Daran würde sie sich erst einmal gewöhnen müssen. Früher war das irgendwie einfacher gewesen.
    Eilig zog sie ihre Tunika wieder über die Knie. Im Eifer des Gefechtes war ihr diese ja hinauf gerutscht. Wie gut das niemand sie störte, sonst hätte es wohl nun reichlich Ärger gegeben. Schließlich benahmen sie sich ungebührlich und so gar nicht angemessen. Sich mit einem Jungen zu balgen gehörte sich für ein Mädchen in ihrem Alter nicht. Überhaupt mussten Mädchen eigentlich immer brav sein und artig und zurückhaltend. Alles was sie eigentlich nicht war. Laevina gab sich ja alle Mühe sie eben zu so einem Mädchen umzuerziehen. Sie sollte ja so langweilig werden wie ihre Stiefmutter.
    Für den Moment hatten sie jedenfalls Frieden geschlossen. Milo hatte seine Rache bekommen, denn sie saß ja auf dem Boden. Während er auf seinen Platz zurücksetzte, rappelte sie sich wieder auf. „Frieden?“ fragte sie ihn, als sie sich wieder auf ihre Kline bäuchlings legte.

  • Endlich hatte auch sie bemerkt, dass ihre Tunika verrutscht war und rettete ihn, indem sie sie wieder zurecht rückte. Jetzt konnte er sie wieder ungestört ansehen, ohne rot zu werden oder dieses erneute Gefühl der Erregung zu verspüren. Es dauerte zwar noch ein paar Augenblicke, ehe er wieder gänzlich er selbst war, aber wiederum fragte er sich was nur los war. Sabina war seine Freundin, dennoch verspürte er sich von ihr hingezogen. Ob das wohl normal war? Oder war während seiner Krankheit etwas in seinem Kopf kaputt gegangen? Er hatte irgendwie das Bedürfnis mit jemandem darüber zu reden, sobald er wieder daheim war, allerdings stand ihm dafür niemand zur Verfügung, als irgendwelche Sklaven. Was wussten die denn schon? Es fraß ihn schon irgendwie an, dass er kaum jemanden hatte, mit dem er mal sprechen konnte.
    „Mmmmhhhh. Lass mich kurz nachdenken. Wie ich das sehe bin ich im Vorteil, denn ich bin dir kräftemäßig überlegen und du hast kein Kissen mehr in Reichweite. Jetzt bittest du mich um Frieden. Ein recht einseitiges Angebot, meinst du nicht auch?“, analysierte er nüchtern und blickte sie noch einmal an. Prüfend. Jetzt wo sie ihre Tunika gerichtet hatte fiel ihm das schon etwas einfacher. Er entschied sie noch ein wenig zappeln zu lassen und streckte sich langsam auf der Kline aus, bis er auf seinen Unterarm gestützt auf der Seite lag. „Na gut. Frieden. Weil dus bist.“

  • Von Milos Befangenheit bemerkte sie nichts. Er war ihr Freund und so behandelte sie ihn auch noch. Das sich womöglich etwas zwischen ihnen geändert hatte, würde sie nicht wahr haben wollen. Für sie war er immer noch der Alte, auch wenn nun ein wenig älter und größer und kräftiger. Sabina würde sich etwas einfallen lassen um wieder ein Kräftegleichgewicht herzustellen. Sonst es gar nicht so einfach werden ihn ein wenig zu necken. Denn wenn er sie jedes Mal einfach überwältigte, hatte sie gar keine Möglichkeit sich zu wehren. „Pfff!“ machte sie, als er auf ihr Friedensangebot nicht direkt einging. „Ich könnte einfach beschließen nicht mehr mit dir zu reden!“ Wieder streckte sie ihm die Zunge raus. So schnell würde sie bestimmt nicht klein bei geben.
    Sabina begann wieder mit den Beinen zu wackeln. Vor und zurück, weil sie irgendwie nicht wirklich still da liegen konnte. Sie war eben lebendig und quirlig. Schließlich schlossen sie dann doch Frieden. Sabina lächelte ihm fröhlich zu. „Was hältst du von etwas zu trinken und etwas süßem?“ schlug sie ihm vor. Bisher hatte sie ihre Gastgeberpflichten sträflich vernachlässigt. Das wollte sie nun ändern.

  • Natürlich wäre sie nicht sie gewesen, wenn sie es einfach so hingenommen hätte, dass er sie zappeln ließ. Es war also nicht besonders verwunderlich, dass mindestens eine freche Antwort kam. Allerdings war sie sofort wieder freundlich, als er ihr Friedensangebot annahm. Wie einfach diese Mädchen doch tickten. Wenn man tat was sie wollten waren sie freundlich, wenn nicht, dann ließen sie einen wissen, was sie davon hielten. Aber ihm war ein solches Verhalten egal. Er ließ sich nicht darauf ein. Sie würde es ja doch nicht durchziehen ihn zu ignorieren. Dafür hatte sie ihn einfach zu gern, davon war er jedenfalls fest überzeugt.
    Endlich dann kam sie ihren Gastgeberpflichten nach. Ganz zur Freude seiner ausgetrockneten Kehle. Er war durch die halbe Stadt marschiert und hatte noch eine Menge geredet. Klar, dass er jetzt ausgetrocknet war. Allerdings war er einfach zu höflich solche Dinge anzusprechen oder Wünsche zu äußern
    „Etwas zu trinken gerne und…“, sagte er und hielt inne. … etwas Süßes brauche ich nicht, das liegt auf der Kline neben mir. Für diesen Gedanken hätte er am Liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Was war denn nur los mit ihm, dass er solche Gedanken hatte? Sabina war seine Freundin, nichts weiter. „… also nichts Süßes für mich. Danke.“, beendete er dann noch etwas kleinlaut seinen Satz. Warum konnte es nicht so sein wie früher. Früher war alles so einfach und unkompliziert gewesen. Und jetzt? Jetzt wusste er nicht, was mit ihm los war und was er fühlen sollte. Jetzt war er verwirrt, denn mittlerweile war es nicht nur mehr Freundschaft, was er verspürte, wenn er sie sah.

  • Irgendwie benahm sich Milo ein wenig seltsam. Leicht legte sie den Kopf schief, kam dann aber zu dem Schluss, dass er eigentlich sich gar nicht so anders benahm. Er war eben nur ein bisschen älter geworden. Das musste es sein. Nachdem er seine Wünsche geäußert hatte kam sie auf die Beine und schaute sich vor dem Triclinium nach einem Sklaven um. Wie gut, dass das Haus voller Sklaven war, die sie damit beauftragen konnte eine Erfrischung zu bringen.
    Einer der Sklaven würde ihnen dann schon etwas zu trinken bringen. Sabina konnte es sich wieder auf der Kline gemütlich machen. „Hast du eigentlich Pläne, jetzt wo du wieder zurück bist?“ neugierig sah sie ihn an. Mittlerweile war er eigentlich fast alt genug um sich einer politischen Karriere zu widmen. Schließlich war das Leben junger Römer vorherbestimmt. Außerdem wusste sie, dass er ja für sich große Pläne hatte. Auch wenn sie bisher nie wirklich darüber geredet hatte. Sabina kannte ihren Freund aber gut genug, er würde sich nicht einfach so auf den Lorbeeren seiner Ahnen ausruhen.

  • Als sie kurz den Raum verließ, um dafür zu sorgen, dass sie etwas zu trinken bekamen, nutzte er die Zeit, um kurz durchzuatmen und die Augen zu schließen. Was war nur los mit ihm? Warum konnte er nicht so ruhig bleiben wie sonst? So nervös war er doch noch nie gewesen. Und warum ausgerechnet in ihrer Gegenwart. Er verstand die Welt einfach nicht mehr. Trotzdem schaffte er es doch wieder etwas ruhiger zu werden, jetzt wo sie weg war.
    Noch einmal atmete er tief durch und wartete, bis sie wieder auftauchte.
    „Ich denke ich werde die Zeit bis zu meinem vierzehnten Geburtstag noch etwas für mich nutzen und dann mit der pubertas allmählich mal meine künftige Karriere in Angriff nehmen. Man kann ja nie früh genug damit anfangen. Und mein Großvater soll auch noch miterleben wie ich Erfolg habe und meinem Namen alle Ehre mache. Kann ja nicht sein, dass man den Namen meiner Gens einfach so vergisst.“, erklärte er ihr, als sie ihn nach seinen künftigen Plänen fragte. Vielleicht würde er vor dem Beginn seiner politischen Bestrebungen ja noch eine Reise unternehmen. Ägypten war ja ein Ziel, das ihn ungemein reizte und wenn seine Karriere so verließ, wie er es sich erhoffte, dann würde er später wohl nicht mehr in den Genuss einer solchen Reise kommen. Dann war er auch nicht mehr so jung und fit wie heute. Überhaupt würde er die Kraft brauchen, denn sein künftiger Weg war steinig und schwer. Senator werden war eben kein Zuckerschlecken, aber er wollte das. Schon sein ganzes Leben lang.

  • Saldir betrat den Raum und stellte auf einem niedrigen Tischchen ein Tablett mit zwei Kannen und ein bisschen Obst ab. Nachdem sie die Becher gefüllt hatte, ließ sie die beiden jungen Römer wieder allein. Kurz lächelte sie Milo noch zu, dann war sie auch schon wieder hinaus.
    Verstehend nickte sie. Man hatte große Erwartungen an Milo und Milo an sich noch sehr viel größere. Er war ehrgeizig und aus seinen Worten sprach sogar eine gewisse Ungeduld. So schnell er konnte, wollte er wohl sei Schicksal selbst in die Hand nehmen.
    Irgendwie machte sie das traurig, wenn es soweit war, würde er nur noch wenig Zeit für sie haben. Wie auch ihre anderen Freunde. Je älter sie wurden, desto größere Erwatungen hatte man und desto mehr Verantwortung wurde ihnen auch auferlegt. „Du wirst das schon machen“, meinte sie recht zuversichtlich. So langsam wurde ihr bewusst, dass sie eigentlich keine Kinder mehr waren.

  • Kurze Zeit später brachte eine der Sklavinnen die Getränke. Sie lächelte ihn an. Warum nur? Warum grinsten ihn alle in diesem Haushalt so an? Was dachten sie von ihm? Wahrscheinlich unterstellten sie ihm er wäre ihr Verehrer oder so etwas. Das beschäftigte ihn schon etwas. So sehr, dass er es offen ansprach, jedoch nicht ohne rot zu werden und die Ruhe zu verlieren. „Du, was glaubst du, was die denken? Die lächeln mich alle an.“ Es war doch wirklich nicht so, dass er Sabinas Verehrer war. Dafür musste er sie ja lieben. Und das tat er doch nicht, oder doch? Nein, das konnte nicht sein. Sein Verhalten war bestimmt nur die Folge seiner überwundenen Krankheit.
    Was seine Planung in der nächsten Zeit betraf, schien sie zu verstehen. Sie kannte ihn schließlich und wusste um seinen Ehrgeiz. Er nickte nur. Er würde es schon machen. Auf sich gestellt. So wie immer.
    „Und was hast du vor in der nächsten Zeit?“, fragte er sie dann nach ihren Plänen, obwohl sie ihm eigentlich bereits klar waren. Sie würde früher oder später heiraten, ob sie wollte oder nicht. Diesen Gedanken fand er grauenhaft. Er würde seine beste Freundin mit jemanden teilen müssen und dann wohl noch seltener sehen. Die Zahl ihrer Treffen würde ohnehin in den nächsten Jahren abnehmen. Etwas traurig angesichts dieser Tatsache nippte er an seinem verdünnten Wein und wirkte dabei etwas deprimiert. Warum verging die Zeit nur so schnell und veränderte alles?

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