Tablinum | quod differtur non aufertur

  • Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, heißt es so schön, wobei etwas durchaus irgendwann in Vergessenheit geraten kann, wenn man es nur lange genug vor sich herschiebt. Prisca vergaß allerdings nie etwas (behauptete sie zumindest von sich selbst), insbesondere, wenn es sich um eine wichtige Angelegenheit handelte. Und das Vermächtnis ihres Onkels war eine Angelegenheit, die der Aurelia sehr am Herzen lag.


    Zwei Dinge galt es nämlich noch zu erledigen, zum einen die Zuwendung an die ehemaligen Klienten und zum anderen die Fortführung der beiden Betriebe ihres Onkels. Mit letzterer Aufgabe fühlte sich Prisca allerdings ein wenig überfordert, wollte sie doch von nun an ganz ihrem Mann zur Seite stehen. Allerdings hatte Prisca eine Idee, mit der sie die beiden Betriebe in guten Händen wüsste und die sie auch sofort in die Tat umsetzen wollte. Außerdem war es längst an der Zeit, ihrem Lieblingscousin und seiner Frau mal wieder einen Brief zu schreiben, ...


    … also nahm sie Feder und Papier zur Hand und schrieb ….



    Lieber Ursus,


    Ich hoffe es geht dir und Septima gut und alles ist in Ordnung bei euch, angesichts der vielen Berichte und Gerüchte die man aus Manuta so hört. Diese Nachrichten beunruhigen mich schon ein wenig, obwohl ich weiß und darauf vertraue, dass es euch gut geht. Aber bitte schreibt mir sofort, falls etwas nicht stimmen sollte und sobald Septima ihr Kind bekommen hat - Ja?! Ich bin ja schon so gespannt darauf es endlich zu sehen. Wie lange ist es jetzt eigentlich schon her, dass du von Amts wegen Rom nicht mehr betreten darfst? Es kommt mir jedenfalls wie eine Ewigkeit vor seit wir uns das letzte Mal gesehen haben und leider war der Anlass damals mehr als traurig. Wir konnten unser Wiedersehen gar nicht recht genießen, gab es doch so viele ernste Dinge zu besprechen. Eine Sache gibt es allerdings noch, die wir auf unserem Familientreffen nicht angesprochen hatten und weswegen ich dir unter anderem schreibe. Wie du ja weißt, haben Piso und ich vor kurzem geheiratet, wie es beschlossen worden war. Es war ein wundervolles Fest und doch hast du und Septima, habt ihr beide mir sehr gefehlt an diesem wichtigen Tag in meinem Leben. Von nun an wird es also meine Pflicht sein meinem Mann zur Seite zu sehen und dieser Aufgabe sehe ich mit Freude entgegen. Dies bedeutet aber auch, dass ich leider nicht mehr die nötige Zeit finden werde mich um die beiden Betriebe zu kümmern, die Marcus mir vererbt hat. Du kennst bestimmt die Kleinviehzucht und die Olivenhaine auf Sardinien. Es war mir stets ein besonderes Anliegen diese Einnahmequellen für das Wohl unserer Familie zu nutzen und deshalb möchte ich dir diese Betriebe schenken und dich bitten, sie weiter zu führen, an jemanden aus unserer Familie weiter zu reichen der sie möchte, oder sie zu verkaufen - ganz wie du es für richtig hältst. Ich könnte sie mir jedenfalls in keinen besseren Händen vorstellen, wie in den Deinen.


    Mögest du, Septima und euer Kind allzeit in der Gunst der Götter stehen, dass sie euch beschützen und wohl behalten zurück nach Rom bringen.


    Liebe Grüße, auch an Septima
    Deine Cousine Prisca


    Prisca war ganz vertieft in ihre Arbeit und sie grübelte darüber, auf welchem Weg die Nachricht ihren Cousin am schnellsten erreichen könnte. Da fiel ihr ein: Wollten nicht er und Septima - oder nur sie alleine - ohnehin nach Rom kommen? Oder täuschte sie sich da?! Die Aurelia seufzte und war sich nicht mehr ganz sicher, hatte sie sich doch in letzter Zeit ausschließlich um die Hochzeitsvorbereitungen gekümmert. Doch wie auch immer, ihr Cousin dürfte so oder so das Innere des Pomeriums nicht betreten und wenn sie nicht Erfahrung brächte wann genau er in der Nähe war, wäre es wohl das Beste einen Kurier nahc Mantua zu senden.


    … leise Schritte waren zu hören und Prisca ging gewohntermaßen davon aus, dass irgendein Sklave gerade in ihrer Nähe herum wuselte. "Komm her!", befahl sie deshalb knapp und ohne sich davon zu überzeugen wen sie da ansprach, da sie gerade die letzten Worte zu Papier brachte. Erst als sich die Person direkt neben ihr befand sah die Aurelia auf und erkannte, um wen es sich eigentlich handelte …



    Sim-Off:

    reserviert

  • Kleine Kinder- kleine Sorgen, große Kinder- große Sorgen. Sagte man nicht so? Hätte man Bridhe gefragt, sie hätte da nur zustimmen können. Aber niemand fragte sie. Sie blieb mit ihren Sorgen, die sie sich machte, allein. Im Grunde war das nichts neues, hatte sie doch ihren Sohn über die Jahre auch allein großgezogen. Alles was sie mit ihrer Hände Arbeit erwirtschaftete, kamen seinen Bedürfnissen zu gute. Sie achtete darauf, dass er stets gut gekleidet war, dass es ihm an nichts fehlte. Lieber verzichtete sie. Schon längst hätte sie eine neue Tunika gebraucht. Aber sie sparte das Geld und besserte die alte imer wieder aus. Was übrig blieb, investierte sie in die Bäckerei, die ja eines Tages auch ihrem Sohn gehören würde, wenn es der Wunsch der Götter war. Doch nichts was sie tat, schien gut genug zu sein. Ihr Sohn entfernte sich immer mehr von ihr. Das war es, was ihr am meisten zu schaffen machte. Sie sehnte die Zeit zurück, als er noch klein war und seine Mutter alles für ihn gewesen war.
    Um nicht ständig darüber nachdenken zu müssen, hatte sie sich in ihre Arbeit gestürzt. Von früh bis spät versuchte sie sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Die Akten, die sie gestern schon sortiert hatte, überprüfte sie am Tag darauf noch einmall doppelt oder sogar dreifach. Es grauste ihr davor, am Abend allein in ihrer Kammer zu sitzen und über sich und ihren Sohn nachzugrübeln. Diarmuíd, wie sie ihn immer liebevoll genannt hatte, hatte vor einiger Zeit ein eigenes Cubiculum erhalten. Seitdem waren sie nun auch räumlich getrennt. Was hatte sie nur falsch gemacht? Das fragte sie sich immerzu in den nicht enden wollenden Nächten.


    Nachdem nun auch der letzte von Pisos Klienten die Villa wieder verlassen hatte und endlich Ruhe eingekehrt war, konnte sie sich wieder auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren. Es galt heute einige wichtige Briefe ins Reine abzuschreiben und einige Aufstellungen für Piso vorzubreiten. Hierfür hatte sie einige Schriftrollen aus der Bibliothek benötigt, die sie auf dem Weg zu Pisos officium gleich mitgenommen hatte. Reichlich beladen näherte sie sich dem tablinum, in dem sie, nachdem nun alle Klienten fort waren, niemand mehr vermutete. Umso mehr wirkte sie überrascht, als ein knapper aber deutlicher Befehl zu ihr drang.
    Sie machte noch ein paar Schritte, bis sie einen Einblick ins Tablinum gewann. Dort am Tisch saß Aurelia Prisca, die neue Frau ihres Arbeitgebers. Sie war gerade dabei, einen Brief zu schreiben.
    Bridhe trat näher heran, bis sie direkt neben ihr stand. "Ja, domina?" Obwohl sie schon viele Jahre keine Sklavin mehr war, konnte sie sich diese Unterwürfigkeit, die in dieser Bezeichnung lag, nicht abgewöhnen. Geduldig wartete sie auf Priscas nächsten Befehl. Zwar war sie Pisos Angestellte, aber Prisca war Pisos Frau. Von daher war es selbstverständlich für sie, auch von ihr Aufträge entgegen nehmen zu müssen.
    Die neue Frau in der Villa war noch völlig fremd für sie, obwohl sie ihr schon früher, vor vielen Jahren einmal begegnet war. Damals war Bridhe noch Sklavin in dieser Villa gewesen und Aquilius hatte sie zu ihr in die Villa Aurelia mit einem Geschenk geschickt. Es waren goldene Ohrringe gewesen, wenn sie sich recht entsann. Ja, goldene Ohrringe hatte er damals seiner Zukünftigen geschickt. Damals hatte sie schon etwas hochmütig auf die noch junge unerfahrene Sklavin gewirkt, die zudem noch nicht perfekt die lateinische Sprache beherrscht hatte. Doch trotz der Hochmütigkeit hatte sie Bridhe damals schon beeindruckt. Ihre Schönheit, ihr Reichtum, einfach alles. Damals, es war ihr erstes Jahr in Rom und somit auch ihr erstes Jahr in Gefangenschaft gewesen. Das war so viele lange Jahre her!

  • Der Anblick der Frau erstaunte Prisca im ersten Moment so, dass sie darüber den nächsten Befehl glatt vergaß der ihr schon auf der Zunge gelegen hatte. Wer war denn das? Der Kleidung nach war die Fremde weder eine Patrizierin noch eine Sklavin (obwohl sie sich wie letzteres verhielt), stellte Prisca mit einem flüchtigen Blick von oben bis unten fest. Diese Frau erschien ihr durchaus hübsch und gepflegt, auch wenn sie keinen sonderlich hohen Status inne haben dürfte. Eine Angestellte vielleicht? Gut möglich, wobei der Aurelia das Gesicht völlig fremd war, …oder? Nein halt! Es erinnert mich an etwas. Nur an was?, grübelte Prisca weiter. Seltsam?! Alles und jeder (selbst die Sklaven) in dieser villa waren noch so neu für sie und sie hatte noch nicht einmal die Gelegenheit gefunden, die übrigen Bewohner näher kennen zu lernen. Aber ausgerechnet dieses Gesicht kam ihr bekannt vor, … wobei das nicht sein konnte. Woher auch?!


    "Ehm, was tust du hier und … sind wir uns nicht irgendwo schon mal begegnet?", äußerte Prisca schließlich laut und mit gedehnter Stimme was sie gerade gedanklich beschäftigte. Eigentlich eine ganz normale Reaktion, wenn man mitten aus seinen Gedanken gerissen wurde und jemandem gegenüber stand, der einem irgendwie bekannt vor kam.

  • Die Schriftrollen, die sie trug, waren etwas hinderlich. Bridhe suchte nach einem geeigneten Platz, wohin sie sie kurz ablegen konnte. Außer dem Schreibtisch, der recht groß war, bot sich aber nichts als geeignete Ablage. Also legte sie ihren Ballast dot ab, um sich voll der Aurelierin widmen zu können. Die hatte sich inzwischen nach ihr umgesehen. Ihre Augen waren geradezu an ihr kleben geblieben.
    "Ich arbeite hier", erklärte Bridhe kurz und bündig. "Ich bin die Scriba deines Gatten, domina."
    Offenbar hatte Prisca ihr kurzes Zusammentreffen vor vielen Jahren nicht vergessen, obwohl es doch nebensächlich gewesen war. Oder was hätte die Aurelia dazu bewegen sollen, sich das Gesicht einer Sklavin zu merken?
    "Ja, vor einigen Jahren. Ich hatte dir damals eine Botschaft meines ehemaligen dominus überbracht und ein Geschenk", fuhr sie weiter erklärend fort. Bridhe hatte bewusst auf Aquilius Namen verzichtet. Sie war sich nicht sicher, ob sie damit in Prisca unliebsame Erinnerungn wecken würde. Prisca hatte damals sehr verliebt gewirkt. Und Bridhe wusste nur zu gut, wie sehr alte Wunden schmerzen konnten.

  • Sie ist die Scriba .. meines Mannes?, verwundert über die Aussage hob Prisca flüchtig eine Augenbraue, jedoch bemüht ihre Gedanken hinter einer gelassenen Miene zu verstecken. Scriba! War dies nicht eine typische Aufgabe für Sklaven? Nun gut, Sklaven waren meistens dumm, aber oft auch gelehrig und ab und an konnte man durchaus brauchbare Objekte auf dem Markt erwerben. Noch dazu war das eine verhältnismäßig angenehme Aufgabe, für die jeder (einigermaßen gebildete) Sklave nur sein bestes geben würde. Warum also einen Angestellten für diese Tätigkeit bezahlen? Das war zumindest Prisca´s Meinung, sofern der- oder diejenige nicht ganz besondere Qualitäten besäße, weswegen er/sie einem Sklaven vorzuziehen wäre.


    Welche das womöglich sein könnten wollte die Aurelia gar nicht weiter durchdenken, waren dies doch nur reine Gedankenspielereien. Doch halt! Sehr schnell bekam das Ganze eine ganz andere Bedeutung als Prisca hörte, wessen Sklavin diese Frau da einst gewesen war. "Ach ja, ich erinnere mich …", flüchtig, an die beiden Sklaven, die ihr damals den Schmuck und das Kleid überbracht hatten. Prisca nickte bedächtig. Jene Eindrücke an ihre erste große Liebe waren ihr auch heute noch gut im Gedächtnis und das war auch der Grund, weshalb ihr das Gesicht dieser Frau noch etwas sagte. Die Erinnerung an jenen Flavier, der ihr die Heirat versprochen hatte und dann klamm heimlich verschwunden war rief jedoch keinerlei Emotionen mehr in ihr wach, hatte sie doch nach langer Suche endlich ihren Traummann gefunden.


    Und ausgerechnet ihr Göttergatte hatte nun offensichtlich die Ex-Sklavin ihres Ex in seine Dienste genommen. Interessant. Was auch immer er für Gründe gehabt haben mochte, … ganz sicher würde Prisca diese in Erfahrung bringen und wehe, es waren keine "guten Gründe", weshalb er ihr davon nicht schon längst erzählt hatte. Sei´s drum. Aus einem Bauchgefühl heraus hielt Prisca es für besser, dieser Frau vorerst mit Vorsicht zu begegnen und deshalb setzte sie nun ihr gewohntes und nichtssagend - freundliches Lächeln auf: "Naja, das ist wirklich lange her und nicht mehr der Rede wert. Jedenfalls freut es mich für dich, dass dir letztendlich die Freiheit geschenkt wurde. ", seufzte Prisca mit einer wegwerfenden Handbewegung, womit sie nicht nur das Thema mit ihrem Ex, sondern auch ihr geheucheltes Mitgefühl beenden wollte. "Aber es trifft sich gut, dass du für meinen Mann arbeitest. Ich hätte da einige Dinge zu erledigen und ich bin mir sicher, er und du werdet nichts dagegen haben, wenn ich dich ab und zu in meine Dienste nehme, oder?!" Schließlich zahlte ihr Mann dafür, dass sie hier sein durfte. "Wie ist eigentlich dein Name?"Mit ihrer Frage machte Prisca eigentlich faktisch klar, dass sie keinen Widerspruch duldete und dennoch, ... wartete sie geduldig und sanftmütig lächelnd auf eine Antwort, schließlich hatte sie keine Sklavin mehr vor sich, sondern eine freie Frau, … welche sicher auch einen Namen hatte ...

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