officium MAC | Informationsfischer beim Angeln...

  • Eines frühen Nachmittags nahm sich Avianus die Zeit, der Bitte seines Patronen nachzukommen, und zumindest den Versuch zu starten, an sensibles Wissen von seinem Onkel zu kommen. Avianus hatte schon den ganzen Tag überlegt, wie das wohl ausgehen mochte. Er hatte sich die verschiedensten Szenarios vorgestellt (die soweit gingen, dass Corvinus ihn wutentbrannt rausschmiss), sich die passenden Wörter und rhetorischen Fragen ausgedacht, sich gefragt, ob das doch eine gute Idee war und sich anschließend den Gedanken wieder verworfen mit der Begründung, dass er es seinem Patronen irgendwie schuldig war. Und diese Gedanken hatte er an diesem Tag schon mehrmals.


    Nun stand er vor der Tür seines Onkels. Sie wirkte so groß, monumental und zu massiv für ihn. Der Aurelier zögerte kurz - es kam ihm natürlich nur so vor, da er größten Respekt vor seinem Onkel hatte und ein wenig Aufregung. Er gab sich alle Mühe, sie zu verbergen. Es war nur ein Hirngespinst, redete er sich ein.
    Nach seinem zögerlichen Moment, der für ihn wie eine Minute wirkte, in Wirklichkeit aber nichtmal zehn Sekunden dauerte, klopfte Avianus drei Mal kräftig an der Türe.

  • Ich saß in meinem Arbeitsraum, dumpf vor mich hin brütend. Eine Wachstafel lag vor mir, unberührt und jungfräulich, der Griffel direkt daneben, unangetastet. Ich hatte nicht einmal den Anflug einer Ahnung, was ich aufzeichnen wollte, ohnehin schweiften meine Gedanken ständig ab, zogen Kreise, die meine Ehe, meine Liebschaft umrundeten, meine Familie, Karriere, Zufriedenheit. In bunten Schlingen mäanderten meine Gedanken umher, ich selbst unfähig, länger über eine Sache nachzudenken oder gedanklich auch nur an einem Ort zu verweilen. Insofern kam die Ablenkung gerade recht. "Herein", sagte ich zerstreut, seufzte und stützte einen Ellbogen auf die Tischplatte vor mir, das Kinn auf die Handfläche gelegt, gerade als Avianus eintrat.

  • Nach dem "Herein" seines Onkels trat Avianus umgehend in den Raum und schloss ganz sachte die Türe hinter sich. Vor ihm bot sich das Bild eines nachdenklichen Mannes, jemand, der etwas machen wollte, jedoch nicht wusste, wie er es realisieren sollte. Doch merkte der Neffe, dass seinem Onkel etwas fehlte, ihn etwas beschäftigte. Irgendetwas war passiert, und wenn Corvinus schon gedankenverloren und nicht mehr der selbe war, dann war dies alles andere als eine Kleinigkeit.
    Es kamen bei ihm Zweifel auf, ob es der richtige Moment war, die Bitte für seinen Patronen zu erfüllen. Zweifel, wie das Gespräch verlaufen sollte - im Sande, oder noch schlimmer. Bei schlecht gelaunten Leuten musste man damit rechnen, dass sie anders waren. Agressiver reagierten.


    "Salve, Marcus", grüßte Avianus und trat näher, "Ich möchte mit dir wegen einer Sache sprechen." Er sammelte seine Worte, schwieg einen kurzen Moment dazu. Er hatte anschließend einen unauffälligen Vorwand, dieses Thema zu eröffnen. "Es geht um Prisca. Sie macht mir in letzter Zeit Sorgen, denn sie wirkt ein wenig geknickt und ich konnte nicht mit ihr persönlich darüber reden. Ich mache mir Sorgen, ob es ihr schlecht geht. Ist ihr etwas widerfahren, ist sie krank... ?"

  • Ich machte eine auffordernde Geste, sollte Avianus sich setzen, wenn er mochte. Ich unterdrückte ein Seufzen, verengte jedoch dann forschend die Augen, als er von Prisca sprach. Was ich allerdings nicht verstand, war der Umstand, dass er nicht mit ihr hatte reden können. Nun, vielleicht hatte sie ihn abgewehrt, weil sie nicht darüber reden wollte. Denn ich ging automatisch davon aus, dass es etwas mit diesem Flavier zu tun hatte. Nun seufzte ich doch und gab meine Haltung auf, um mich zurückzulehnen. "Ich denke nicht, dass sie krank ist." Sofern man Liebeskummer nicht als Krankheit betrachtete, hieß das. Oder ging es gar nicht um Flavius Piso und Prisca war tatsächlich krank? "Hm... Bist du dir sicher? Vielleicht sollten wir doch lieber einen Arzt konsultieren?" Nun stand mir die Sorge auf dem Gesicht. "Hast du mit ihr gesprochen?"

  • Avianus nahm in lockerer Haltung Platz und lehnte seine Arme ruhig an die Tischkante von Corivnus' Tisch, während er Corvinus mit unwissenden Blicken belegte. Scheinbar brauchte er etwas mehr Rhetorik, um sich an das eigentliche Problem heranzutasten...
    "Ich wollte sie nicht darauf ansprechen, denn sie sah durchaus gekränkt aus", wich er aus, "Manchmal tut es weh, wenn jemand noch Fragen stellt. In der Wunde herumstochert." Zumindest war dies für Avianus wahr, denn das Gefühl war ihm nicht unbekannt, weshalb er ehrlich darüber reden konnte. Er lehnte sich etwas zurück und kniff die Hände sanft zusammen. "Prisca macht einen Eindruck, als wäre sie nicht körperlich krank, sondern als würde sie etwas beschäftigen. Ist etwas vorgefallen, Marcus? Streit? Ich mache mir nur Sorgen."


    All dies hieß natürlich nicht, dass er doch nochmal mit Prisca darüber reden sollte, sie trösten. Denn er wusste ziemlich genau, was es bedeutete, wenn man unendliche Trauer verspüren musste und nicht wusste, was zu tun ist.

  • Sie sah gekränkt aus? Avianus wollte nicht in der Wunde herumstochern. Ich seufzte und fuhr mir mit einer Hand übers Gesicht. "Nein, kein Streit. So würde ich es zumindest nicht bezeichnen." Ich zog eine Grimasse, die alles andere als Begeisterung zeigte, und schüttelte den Kopf. "Sie ist mit meiner Entscheidung bezüglich ihres Galans nicht glücklich." Ich selbst war schließlich auch alles andere als glücklich über die gesamte Angelegenheit. Andererseits war es ein notwendiges Übel, um Prisca zu schützen - fand ich. Und irgendwann würde sie mich verstehen, davon war ich überzeugt. Wenn nur erst die Verliebtheit abgeklungen war, die sie ergriffen hatte. Dass Avianus vermutlich nicht wusste, um wen es sich drehte, war mir in jenem Moment nicht bewusst. Ich ging beinahe davon aus, dass irgendein Sklave irgendetwas erzählt hatte und er darob bescheid wusste. Getratscht wurde ja nicht wenig.

  • Avianus nickte, atmete auf und tat so, als wäre es eine neue Information für ihn. "Ich verstehe... ja, das begründet wohl ihre Stimmung." Tiberius legte sein Kinn in seine Faust und grübelte. Sicherlich war Prisca wirklich über diese Sache frustriert und neben seinem Patronen auch ihr zu helfen, ließ ihn noch einen Funken Gutes in seinen Taten erkennen.
    "Es wäre dennoch unvorstellbar, dass sich Prisca jemanden Schlechtes ausgesucht hätte. Oder jemanden niederen Standes", tat er, als würde er laut nachdenken, "Oder hat sie das wirklich?"

  • “Nein, es ist ein Flavius. Allerdings hat dieser Flavier...“ Weiter kam ich nicht, denn in jenem Moment klopfte es. Pyrrus trat ein. “Aurelius, dein Termin ist da“, sagte er mit entsprechendem Seitenblick auf Avianus. Ich runzelte die Stirn. Mein Termin? Von welchem Termin sprach er denn? War mir etwas entfallen? “Spurius Aemilius Cornutus, der Neffe deines Freundes Atimetus. Es geht um ein mögliches Patronat“ half mir Pyrrus auf die Sprünge. Ich machte ein verwundertes Gesicht. War das heute gewesen? “Nun“, begann ich nachdenklich und sah zu meinem eigenen Neffen, der mir gegenüber saß. “Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir das Gespräch vertagen? Es macht keinen besonders guten Eindruck, ließe ich den Aemilier warten“, erklärte ich Avianus und erhob mich. “Ich werde später zu dir kommen.“ Einen Augenblick später verließ ich den Raum, um meinen Termin wahrzunehmen und den Aemilier im atrium zu empfangen.

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