Markt für Gebrauchtsklaven

  • Die Sonne stand hoch am Himmel, kein Wölkchen trübte, ganz untypisch für diese Jahreszeit, ihre Strahlen, die so direkt hinab auf den Sklavenmarkt Roms fielen. In kleinen oder größeren Gruppen standen die käuflichen Objekte aufgereiht hinter ihren Händlern und warteten auf einen neuen Herren oder darauf, dass der Tag zuende ging und sie eine weitere Nacht eingepfercht in den stinkenden Käfigen verbringen durften.
    Conscius stand in der ersten Reihe hinter seinem Händer Djoser al Kali. Dieser war ein fetter, braungebrannter Mann, der irgendwo aus den Ländern im Süden des Meeres kam. Es hieß, er sei mit seinen Schwestern nach Rom gekommen und hatte diese dort als Sklavinnen verkauft. So war er ein Sklavenhändler geworden. Neben seinen Landsleuten, von denen er einmal im Jahr eine große Fuhre holte, verkaufte er mittlerweile auch Sklaven aus anderen Ländern im gesamten Imperium.
    Am heutigen Tag hatte er neben einigen zweit und drittklassigen Frischlingen aus fernen Ländern auch ein halbes Dutzend beste Ware im Angebot. Gut ausgebildete, langjährige, zuverlässige Sklaven aus dem Haushalt eines kürzlich verstorbenen griechischen Adeligen. Dessen Sohn hatte die Sklaven Djoser verkauft, da er selbst keinen Bedarf für sie hatte. Und Djoser, mit seiner schnellen und falschen Zunge hatte sie beinahe zu einem Spottpreis erhalten. Wenn er heute auch nur einen von ihnen zu dem Preis verkaufte, den er wert war, hätte er die Kosten schon raus.

  • Eine Sänfte erreichte den Rand des Sklavenmarktes und die Träger verlangsamten ihren Schritt. Der Vorhang wurde beiseite geschoben und Gracchus warf einen Blick heraus. Er rümpfte leicht die Nase ob des strengen Geruches, welcher über dem Markt lag, schwang dann jedoch die Beine aus dem Transportmittel und stieg aus. Suchend ließ er seinen Blick über die Ware an vorderster Front schweifen, doch schon diese rasche Sondierung zeigte ihm, dass er für das, was er haben wollte, wohl ein wenig würde suchen müssen.

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  • Conscius rümpft verdrossen die Nase. Conscius war nicht sein einziger Name. Seine Mutter hatte ihn Ultor genann, wenn sie alleine waren. Vor anderen hatte sie ihn Thesaurus gerufen. Im Laufe seiner ersten Lebensjahre hatte er bei jedem Herrn einen anderen Namen, von Aurichalcus über Nequam, von Kreon bis Obtusus, Pentheus, über Scelestus bis Bellerophontes. Würde ihn jemand fragen, er würde sagen, die Römer seien nicht ganz dich im Kopf, doch es fragte ihn ja keiner.


    So fragte er sich stattdessen, was er nur hier verloren hatte, neben dieser stinkenden, schniefenden Gestalt. Das Tier neben ihm sprach noch nichteinmal Latein, dafür konnte es um so besser wimmern und heulen. Djoser hieb ihm dann mit seiner Gerte über den Kopf und es war eine Weile still, bis das Gewimmer von vorne los ging. Der Gestank jedoch blieb immer. Conscius sah für das Häuflein Elend höchstens Verwendung in den Steinbrüchen, doch selbst dort wäre das Essen, das man an es verschwenden würde, mehr wert, als die zu erwartende Leistung.
    Glücklicherweise stand auf der anderen Seite neben ihm Lutetia, die schöne Gallierin, der man den Namen ihrer Heimatstadt gegeben hatte, weil ihr Eigener die Zungen der Lateiner nur verknotete. So konnte Conscius ein wenig näher an sie heran und etwas weiter von dem namenlosen Scheusal neben sich wegrücken.
    So stand er, den Rücken gerade, die wachen Augen über die vorbeieilenden Suchenden gleitend, in Gedanken die Sklaven der anderen Händler abschätzig prüfend und ihren Wert schätzend. Er rechnete sich gute Chancen aus, noch an diesem Tag einen neuen Herrn zu finden.

  • Interessiert betrachtete Gracchus die Auslage eines Händlers. Er hatte einige blonde Hühnen in seinem Angebot und Gracchus bewunderte das Muskelspiel, wenn sie an ihren Ketten zerrten. Ein lautes Brüllen jedoch überzeugte ihn letztendlich davon, dass sich eine Investition hier nicht lohnen würde. Mit Einfühlungsvermögen und Zuwendung war hier sicher nichts zu erreichen und auch wenn Gracchus auf eine ansprechende Hülle wert legte, so durfte der Sklave im Kopf dennoch nicht hohl sein.

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  • "Kommt näher, edler Herr." Djoser hatte den Herrn gemustert und war zu dem Schluss gekommen, dass dieser genügend Sesterzen besitzen konnten, um einen der besseren Sklaven zu kaufen. "Wenn Ihr nicht einen Sklaven für abnutzende körperliche Arbeiten braucht, so lasst die auf der linken Seite links liegen. Sie sind es nicht wert, dass man versucht, etwas aus ihnen zu machen. Aber ab diesem hier, alle auf der rechten Seite," er deutete auf Conscius, "sind aus einem guten Haushalt gekauft. Die edle Besitzer verstarb kürzlich. Und wahrlich, man muss schon sterben, ums ich von solchen Prachtstücken wie diesen zu trennen."


    Auch Conscius hatte den Herrn gemustert, schon als dieser noch ein Stück entfernt gewesen war. Es handelte sich augenscheinlich um einen Patrizier. Er sah ein wenig verweichlicht aus, machte auf dem Sklavenmarkt einen fast verlorenen Eindruck, doch er schien genau zu wissen, was er nicht wollte. Conscius konnte sich gut vorstellen, dass dieser Herr einen Sklaven wie ihn brauchte. Er richtete sich auf, trug ein zufriedenes, wenn auch falsches Lächeln auf und trat ein wenig über die Linie hinaus, welche die Grenze markierte, hinter der die Sklaven zurückbleiben sollten.

  • Auf diese Art von Sprüche, wie von dem Sklavenhändler gesprochen, war Gracchus noch nie hereingefallen. Er glaubte von sich, durchaus Erfahrung im Bereich des Sklavenerwerbs aufweisen zu können. Und doch trat er näher, denn einer der Sklaven zog seinen Blick auf sich. Gracchus musterte ihn und erschauderte. Er hob seine Hand, fasste den Sklaven unterm Kinn und drehte seinen Kopf nach Rechts und nach Links. Er schluckte und musste sich beherrschen, seine Aufregnung nicht all zu deutlich zu zeigen.
    "Dieser hier, was kann er?"

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  • Djoser schob sich zwischen den Herrn und Conscius. "Ah, der Herr hat Geschmack! Einer der besten Sklaven, die ich jemals feil bot. Conscius ist sein Name, aus dem Nachlass eines alten griechischen Adeligen. Lasst Euch von seiner Jugend nicht täuschen, er war der Liebling seines Herrn und hatte die Aufsicht über den halben Haushalt. Er kann Lesen und Schreiben, Latein und sogar Griechisch und auch Rechnen. In der Küche wäre er ebenso zu gebrauchen, wenn auch verschwendet, wie im Tablinum oder im privaten Cubiculum. Wenn ich nicht schon einen vorzüglichen Sklaven hätte, ich würde ihn direkt selbst behalten!"


    Es wiederte Conscius an, wie der Händler ihn vor dem Herrn anbiederte. Hoffentlich war es seiner Absicht nicht abträglich, immerhin schien der Herr tatsächlich interessiert.

  • Noch immer hielt Gracchus den Sklaven am Kinn. Die Haut war weich, der Bart sorgfältig rasiert worden. Gracchus dachte an den Augenblick, in dem er Sciurus mit dem Messer im Rücken in seinem Garten gefunden hatte, bleich und leblos. Sciurus hatte auch eine weiche Haut besessen, in seiner Jugend war ihm nur ein leichter Flaum über den Lippen gesprossen. Die Haare des Sklaven waren zwar noch heller, als es die von Sciurus gewesen waren, doch Gracchus spürte, dass dieser Sklave etwas Besonderes war. Mit ihm würde Gracchus Pechsträhne enden, er würde der Anfang eines Neubeginns sein.
    "Wieviel?"

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  • Djoser setzte sein schleimigstes Lächeln überhaupt auf und machte eine Verbeugung vor dem Herrn. Dann nannte er leise einen Preis.


    Es war wie ein Schlag in die Magengegend, eine Beleidigung sonders gleichen. Conscius quittierte die Unverschämtheit des Händlers mit einem säuerlichen Gesicht. Er wusste, dass er viel wert war, vielleicht sogar diesen Preis, doch kein Herr würde ihn bezahlen, nichteinmal ein Patrizier. Djoser hatte es vermasselt.

  • Die Worte flogen zum einen Ohr in Gracchus Kopf hinein und zum anderen wieder hinaus. Es war ihm gleich, was der Sklave kosten würde. Nach der Erfahrung in Achaia war es ihm zuwider, sich mit Geldgeschäften abgeben zu müssen, daher war ihm das Angebot seines Vetters nur recht gekommen. Er lies den Sklaven los, wenn auch nur widerwillig.
    "Das ist annehmbar. Mein Cousin Flavius Felix wird den Betrag begleichen, wenn du den Sklaven zur Villa Flavia gebracht hast. Dies soll noch heute geschehen"

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  • Der Händler Djoser schluckte. Unangenehme Erinnerungen stiegen in ihm empor und ein flaues Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Er musste handeln und zwar schnell!


    "Der ehrenwerte Flavius Felix ist Euer Vetter? So sagt das doch gleich! Die Gens Flavia war schon immer ein besonderer Kundenstamm und bekommt seit jeher ganz besondere Angebote bei mir! Daher soll auch dieser Sklaven Euch zu einem Preis gehören, der Euch und ganz besonders Euren Vetter erfreuen wird." Der Preis, den Djoser nun nannte, lag weit unter der Hälfte des ersten. Falls er am Ende mit Flavius Felix neu verhandeln müsste, könnte er noch weiter hinunter gehen, doch vielleicht hatte er Glück und bekam das Geld von einem Sklaven an der Tür.


    "Und Ihr braucht auch nicht zu warten. Wenn Ihr es wünscht, dann könnt ihr Conscius gleich mitnehmen. Es wäre jedoch auch keine Mühe, wenn ich ihn Euch vorbeibringen könnte. Ganz wie Ihr es wünscht, mein Herr."

  • "Er wird Sciurus heißen. Binde ihm die Hände los und lockere die Fußfesseln ein wenig."
    Gracchus bedachte den Sklaven mit einem wehmütigen Lächeln und erledigte die Bezahlungsformalitäten. Dann ging er mit seinem neuen Besitz zurück zu seiner Sänfte. Er wollte den stinkenden Markt so schnell wie möglich verlassen.
    "Erzähle mir wo deine Herkunft liegt, Sciurus."

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  • Sciurus. Dies war also sein neuer Name. Er würde sich daran gewöhnen, wie an jeden anderen auch.


    "Ich komme von überall und nirgendwo zugleich, Herr. Mein Vater war ein Germane vom Stamm der Frisii, meine Mutter seit jeher eine Sklavin, ihre Wurzeln kannte sie selbst nicht. Geboren wurde ich in einem Hause Roms, bald darauf mit meiner Mutter nach Ostia verkauft. Sizilia, Carthago Nova in Hispania, Venezia, Colonia Agrippiniensis in Germania, nochmals Ostia, Neapel und wieder Roma folgten innerhalb der ersten zehn Sommer. Meine Mutter verstarb dort. Ich gelangte mit meinem neuen Herren nach Pylos und bei ihm blieb ich bis zu seinem Tod."

  • Gracchus schob den Vorhang der Sänfte beiseite und stieg ein. Er gab den Trägern Anweisung zurück zum Anwesen der Familia Flavia zu gehen und Sciurus, an der Seite zu laufen, so dass er sich mit ihm unterhalten konnte.
    "Du bist also dein Leben lang schon ein Sklave, Sciurus? Wie alt bist du?"
    Er genoss es, den Sklaven von der Seite anzusehen und ihn mit diesem Namen zu schmücken.
    "Hast du nie daran gedacht, deinem Herrn davonzulaufen?"

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  • "Nein, Herr. Ich war immer Sklave und werde es immer sein. Etwas anderes zu wollen wäre wie ein Fisch, der gerne ein Vogel wäre. Bei seinem Flugversuch landet er nur auf der Erde und erstickt. Ich bin mit meinem Dasein zufrieden, Herr, solange Ihr mir eine Aufgabe gebt."
    Sciurus begleitete die Sänfte geduldig.


    "Mein Alter kann ich Euch nicht nennen, Herr. Vielleicht an die 18 Sommer, vielleicht etwas mehr, vielleicht etwas weniger. Meine Mutter zählte bis ich 10 war, danach niemand mehr. Was macht das schon aus, der Körper bestimmt die Leistung eines Sklaven, nicht wieviele Sommer er gesehen hat, Herr."

  • Zufrieden nahm Gracchus die Aussage des Sklaven zur Kenntnis. Er mochte es nicht, wenn Sklaven statt Arbeit zu verrichten nur Arbeit machten. Doch bei diesem würde hoffentlich etwas Zuneigung genügen, damit er sich bald auf ihn verlassen konnte. Die weiteren Qualitäten würde er dann nach und nach überprüfen und gegebenenfalls ergänzen. Er lehnte sich zurück und ließ den Vorhang der Sänfte zufallen, in Gedanken bereits die weiteren Qualitäten auskostend.
    Es dauerte nicht lange und er kleine Tross erreichte die Villa Flavia.

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