Stoa

Aus Theoria Romana
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Die Philosophieschule der Stoiker, welche in der Hochzeit der kulturellen Geschichte der Antike entstand, hatte einen eigenen, neuen Weg beschritten, welcher nicht einer anderen Philosophierichtung folgte. Mit ihren neuen, teils abstrakten Denkweisen macht es uns die Stoa heute schwer, alle Vorstellungen genau nachzuvollziehen.


Gründung

Der Grieche Zenon wurde etwa 333 v.Chr. in Kition auf Zypern geboren. Als Kaufmann kam er nach einem Schiffsunglück, bei dem er seine Ladung verlor, nach Athen. Dort begann er sich vor allem für Sokrates Philosophie zu interessieren und schloss sich schließlich dem Kyniker Krates von Theben an.

Als dessen Schüler begann er aber schon bald eigene Gedankengänge zu entwickeln und selber zu unterrichten, wodurch er schließlich die Lehre der Stoa um 300 v. Chr. gründete. "Stoa" kommt aus dem Griechischen und bedeutet etwa „bemalte Vorhalle“, welche die Säulenhalle auf der Agora auf dem Marktplatz von Athen meint, auf der Zenon seine Schüler unterrichtete. Zenon nahm sich schließlich 260 v.Chr. das Leben. Der selbstbestimmte Tod wurde von dem Stoiker als weise angesehen, man wollte über dem Wunsch oder Trieb nach Leben stehen.

Persönlichkeiten

Man unterscheidet die wichtigsten Stoiker nach ihrem zeitlichen Dasein und unterteilt sie so in drei Abschnitte: Unter den sogenannten älteren Stoiker waren besonders der Gründer und erster Schulleiter Zenon aus Kition (Leitung: bis 264 v. Chr.), dessen Nachfolger Kleanthes von Assos (Leitung 262–232 v. Chr.) und Chrysippos von Soli (Leitung 232-204 v. Chr.) hervorzuheben. Insbesondere Chrysipp verfasste die meisten bis heute erhaltenen Schriften und war so maßgeblich an der Entwicklung der Lehre der Stoa beteiligt.

Ihnen folgten die mittleren Stoiker unter denen Panaitios von Rhodos war. Er war das 7. Schuloberhaupt (129–109 v. Chr.) und ein Freund der Römer. Durch seine geschickten Verbindungen nach Rom konnte er eine Etablierung der stoischen Philosophie in der höheren römischen Bildung erreichen.

Zuletzt gab es die jüngeren oder auch römischen Stoiker zu denen Lucius Annaeus Seneca, der Freigelassene Epiktetos und Kaiser Marc Aurel gehörten. Hierbei ist es zu beachten, dass zu diesen Stoikern also sowohl ein ehemaliger Sklave, als auch ein Plebejer und ein Kaiser gehörten. Dies lässt schon erkennen, welches Gefühl der Gleichheit aller Menschen in der Stoa vermittelt wurde.

Grundgedanken

Zunächst ist anzumerken, dass aufgrund der langen Existenz der stoischen Lehre sich der Inhalt unter den verschiedenen Leitern und Vertretern stets gewandelt hat. So sind diese Grundgedanken lediglich auf die Kernaspekte gerichtet, welche sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Stoa ziehen.

Die Stoa wird ähnlich dem Epikureismus in drei Bereiche gegliedert: Zum einen die Physik, die sich mit der Welt und den materiellen Gegebenheiten beschäftigt, die Logik, die aus Dialektik, Rhetorik und der Erkenntnistheorie besteht und schließlich der Ethik, das Zentrum einer jeden Philosophie.

Physik

Um die später folgenden Gedanken erfassen zu können, ist es von Nöten, die Welt aus der „Sicht eines Stoikers“ zu sehen: Das Grundprinzip war die Vorstellung, dass die gesamte Welt eine einheitliche Substanz ist, welche durch eine göttliche Vernunft, genannt „Logos“ beseelt wurde. Diese Gottheit war sogleich die sogenannte Urkraft, was nichts anderes als Einheit von Materie, Schicksal und Natur war. Die Einheit aus der göttlichen Vernunft und der Urkraft steuerte alles auf der Welt, dabei geschah nichts zufällig. Für jeden Menschen war ein Schicksal („Heimarmene“) vorherbestimmt, welches er versuchen sollte zu erfüllen. Der Mensch selbst war ein Art Mikrokosmos, also ein Abbild des göttlichen Logos und wurde in der Seele vom „pneuma“ durchströmt. Dies ist ein Art geistiger Lebenshauch und kann jedem helfen seine Vorsehung zu erreichen. In der Stoa spielte sich aber fast alles in der Vernunft ab, dies war der beherrschende Teil des Menschen und stand über z.B. dem Sprachvermögen oder den fünf Sinnen. Zuletzt gab es die Vorstellung, dass die Erde aus einem Urfeuer entstanden ist und es Weltperioden gibt. Demnach wird sie nach einer Zeitspanne untergehen und wieder durch das Urfeuer neu entstehen.

Logik

Die Logik in der Stoa beinhaltet zum einen die Dialektik, die sich vor allem auf der Erkenntnistheorie stützt und zum anderen die Rhetorik. Dabei verfolgt die Logik das Ziel, den beherrschenden Teil des Menschen, die Vernunft, vor Irrtümern zu bewahren und Wege und Wahrheitskriterien für die Erfüllung des Schicksals zu finden. Als Voraussetzung dafür haben die Stoiker die Vorstellung, dass die Seele bei der Geburt einer unbeschriebenen Wachstafel gleicht, in die sich das Gesehene wie ein Siegel eindrückt und so Vorstellungen hervorrufen. Von diesen bleiben dann Erinnerungsbilder zurück, die durch Verknüpfung zu Erfahrungen werden. Die Vernunft bleibt dabei aber bestimmend und kann die Dinge erst wahrhaftig erfassen.

Die Dialektik diente dem Stoiker als ein Instrument, um zwischen wahren und falschen Vorstellungen zu unterscheiden. Hierbei wurde hervorgehoben, dass nur ein selbstbeherrschter Mensch die richtige Wahrnehmung hat, um diese Unterscheidung durchzuführen (Erkenntnistheorie). Das Gegenteil dieses „richtigen Menschen“ war ein von Trieben und Gefühlen geleiteter, der zu diesem Handeln unfähig ist.

Die Rhetorik war die Kunst, die Erkenntnisse in gegliederter und sprachlich ansprechender Form mitzuteilen. Um dies zu verwirklichen waren Nachforschungen in der Sprachlehre von Nöten. Chrysippos von Soli trug maßgeblich zu dieser Forschung bei und setzte grammatikalische Begriffe fest, die selbst heute noch teilweise in der Grammatik vorhanden sind, zum Beispiel unterteilte er die sogenannten Wortarten in Nomen, Adverbien, Verben usw..

Um das Zusammenwirken der beiden Begriffe in der Logik zu veranschaulichen, versuchte schon Zenon das Verhältnis von Dialektik und Rhetorik durch seine Hand aufzuzeigen: Eine geballte Faust für die wahrhaftig erfassten Gedanken der Dialektik einerseits und eine flach gespreizte Hand für die ansprechende Rede (Rhetorik), die jeden erreichen und durchdringen soll, andererseits.

Ethik

Gemäß der Rolle jeder Ethik in den verschiedenen philosophischen Schulen versuchte auch die Stoa ihren Anhängern die richtigen Verhaltensweisen aufzuzeigen, um das höchste Gut, nämlich die Weisheit, und das Erfüllen ihres Schicksals zu erlangen. Hier kommt zunächst die stoische Physik zu tragen. Demnach besitzt jeder Mensch eine Vernunft mit der er am Logos, der göttlichen Vernunft, teilhaben kann. Sie allein dient als Instrument um die Weisheit erlangen zu können. Laut der stoischen Logik gingen die Stoiker davon aus, dass die menschliche Seele von außen einströmender Sinneseindrücke Vorstellungen bekam, was durch diesen Eindruck zu erreichen wäre. Nun entschied die Vernunft eines jeden einzelnen, welche Eindrücke sinnvoll oder nützlich und welche weniger nützlich wären. Hieraus lässt sich schließen, dass nur der richtige Gebrauch der Vernunft das wahre und höchste Gut war. Zusammengefasst diente die Vernunft des Menschen also als Wegweiser und Mittel zur Weisheit, desweiteren der Selbsterhaltungstrieb als Motivation. Dabei war ein lebenslanges Bemühen um Selbstformung der Seele, das jedem Schicksalsschlag standhielt, und dem Leben nach gewissen Werten und Tugenden wichtig.


Wertelehre

Zur Erfassung der Werte betrachtete man in der Stoa zunächst den Begriff des „Werts“ sowohl subjektiv als auch objektiv: Die subjektive Wertung hing mit dem „Trieb“ (Impetus) jedes Lebewesens ab. Dieser setzte die Dinge in Beziehung zum eigenen Ich und untersuchte, ob sie fördernd oder nicht fördernd waren. Wenn die Vernunft dabei richtig eingesetzt wurde und der beherrschende Teil blieb, nannte man dies den „Willen“. Im Gegensatz dazu stand der „Wahn“, der die triebgesteuerte Vernunft beschrieb und zu falschen Handlungen führte. Die objektive Wertung hingegen wurde auf die Natur bezogen. Demnach war nur das „Gemäß der Natur“ nützlich und somit ein positiver Wert. Beim Tier konnte man das mit den Instinkten erklären, bei Kindern war es das, was sie von Geburt an hatten oder allmählich erfassten. Die Stoiker verwendeten nun den Begriff des Guten. Das „Gute“ war nichts anderes als das Nützliche, es war also im allgemeinen Sinn, das, was nutzen brachte. Als nächsten Schritt bezogen sie dies in ihrer Philosophie nun auf den Menschen und definierten das „Gute“ im wahren Sinn, als nur das, was dem Menschen zum Erreichen seines Lebensziels verhalf. "Gut ist nur das, was den Menschen gut macht." (Zitat eines Stoiker) Dabei spielte sich das Gute in der Vernunft, im „Logos“ ab und war somit nicht auf äußere Güter wie Reichtum oder Macht zu beziehen.

Das Gute war schon in den Anfängen der Stoa zu finden und vereinigte alle positiven Werte in sich. Ein Zitat des zweiten Schulleiters Kleanthes von Assos verdeutlicht dies:

"Festgeordnet, gerecht, fromm und gottesfürchtig, voll Selbstbeherrschung, wertvoll, schön und gebührend, streng und eigengesetzlich, immer nützlich, frei von Furcht, Kummer und Schmerz, unerschüttlich, in sich geschlossen, ruhmvoll, ohne Dünkel, sanftmütig und tatkräftig, ein Besitz, der ewig bleibt." (Kleanthes)


Der größte Wert war die Affektfreiheit durch „Apathie“, was nichts anderes als der Versuch war Affekte, welche z.B. Lust, Unlust, Begierde oder Furcht sind, durch Leidenschaftslosigkeit zu beherrschen. Eine Parallele dazu bildete der Wahn, der zumeist aus den oben genannten Affekten bestand und als Gegenteil der gewünschten Affektkontrolle galt. Ebenso wichtig waren Selbstgenügsamkeit („Autarkie“) und Unerschütterlichkeit („Ataraxie“), die Fähigkeit der emotionalen Gelassenheit bei Schicksalsschlägen und äußere Einwirkungen. Unser heutiger Begriff der „stoischen Ruhe“ geht auf diese Eigenschaften zurück.

Allerdings war mit „Apathie“ nicht das zurückgezogen Leben oder die politische Inaktivität gemeint, ganz im Gegenteil, viele Stoiker versuchten öffentlich Aufzutreten und politisch aktiv zu sein. Als bestes Beispiel dient hier der jüngere Stoiker Lucius Annaeus Seneca, der die gesamte Ämterlaufbahn bewältigen konnte. In diesen Gedanken spielte natürlich die Gemeinschaft eine wichtige Rolle, weshalb selbst der Kaiser Marc Aurel zu gemeinnützlicher Arbeit aufrief:

„Arbeite! Aber nicht wie ein Unglücklicher oder wie einer, der bewundert oder bemitleidet werden will. Arbeite oder ruhe, wie es das Beste für die Gemeinschaft ist.“ (Selbstbetrachtungen IX, 12; Zit. n. Weinkauf)

Der Grund für das gemeinschaftliche Denken war die Ansicht, dass laut der Physik alle von demselben Logos berührt sind und somit alle Menschen, egal ob Griechen oder Barbaren, Bürger oder Sklaven, in einer gewissen Weise gleich waren. Die Abschaffung der Sklaverei spielte in der Stoa trotzdem zwar keine Rolle, sie waren aber in der Tat Kosmopoliten und hatten schon sehr früh die Idee eines Weltstaates.

In der Gemeinschaft war auch die Freundschaft mit „guten“ Menschen mit einbezogen. Allerdings warenFreunde auf dem Weg zur Weisheit lediglich Begleiter und konnten nicht alleine zum Erreichen verhelfen.

Neben den Werten waren die sogenannten „Kardinaltugenden“ Weisheit, Tapferkeit, Selbstbeherrschung und Gerechtigkeit wichtig. Dieser Kanon wurde allerdings nur von der älteren Philosophieschule des Platons übernommen. Chrysipp unterteilte diese vier Tugenden auf peinlichste genau: So zählte zur Weisheit z.B. die Wohlüberlegtheit und die Zielstrebigkeit, zur Selbstbeherrschung z.B. der Ordnungssinn und der Anstand, zur Tapferkeit z.B. die Enthaltsamkeit, die Zuversichtlichkeit und der Mut und zur Gerechtigkeit z.B. die Wohltätigkeit, der Gemeinsinn und die Frömmigkeit.

Das Ideal des Weisen

In der Stoa gab es ein Art Idealbild, nämlich das des Weisen. Der Weise verkörperte alle idealen Vorstellungen, Werte und Tugenden der Stoa, also nicht nur die vollkommene Vernunft, was ihm zu immer rechten Handlungen verhilft, sondern auch die Kardinaltugenden. Dieses Idealbild wurde allerdings nur sehr selten von einem Menschen erreicht, selbst die Gründer wurden als keine bezeichnet. Man brauchte aber dieses Ideal, um den Anhänger zu zeigen, wie man sich in bestimmten Lebenssituationen zu verhalten hatte.

Plutarch, der als Nichtstoiker und Kritiker dieser Lehre gilt, überlieferte einen Abschnitt über das Lebensgefühl eines stoischen Weisen:

"Der stoische Weise verliert auch im Kerker seine Freiheit nicht; man stürze ihn vom Felsen herab, er leidet keine Gewalt; man spanne ihn auf die Folter, er leidet keine Qual; man hacke ihm die Glieder ab, er bleibt unverletzt; fällt er auch beim Ringen, ist er doch unbesiegt; man schließe ihn mit Mauern ein, ihm gilt keine Belagerung; wird er von den Feinden verkauft, so ist er doch kein Gefangener " (Plutarch)

Dieses unglaubwürdige Ideal gab vor allem den Kritikern viel Angriffsfläche. Deshalb räumten viele Stoiker eine Übertreibung ein, um nicht lächerlich zu wirken.

Das Leben mit der Stoa am Beispiel des Lucius Annaeus Seneca

Lucius Annaeus Seneca (4 v. Chr. - 65 n. Chr.) wird zu den jüngeren Stoiker gezählt, weshalb er nicht mehr die Strenge und das Selbstvertrauen der ersten Stoiker besaß. Er wurde als Schüler der zwei Philosophen Attalus und Sotion in die stoischen Grundgedanken eingeweiht und entwickelte schon sehr bald eine eigene Auffassung der stoischen Lehre. Zunächst übernahm er von Attalus die Bescheidenheit und den Verzicht auf jeglichen Luxus, der den Verstand verunreinigen könnte. Weiter wurde er durch Sotion zu einem Vegetarier, da dieser der Überzeugung war, dass die tierische Seele die eigene Seele verunreinigen könnte. Sotion lehrte ihm auch die „tägliche Gewissenprüfung“, bei der seine möglichen Fehler im Laufe eines Tages, die ihn zur unkontrollierten Handlung führen könnten, zu beherrschen versuchte. Nach seiner Ausbildung wurde Seneca zu einem angesehenen Politiker, er folgte dem Grundsatz der Stoa, der Gemeinschaft zu dienen. Dabei entdeckte er eine gewisse Ausgeglichenheit, die er durch das Verinnerlichen des stoischen Geist erreichte. Faulheit oder das träge Herumsitzen war für ihn tabu, auch wenn das Risiko des Existenzverlusts in der Politik sehr groß war. Entgegensetzt zu vielen anderen Stoiker glaubte Seneca an das Ideal des Weisen als erreichbares Ziel, sodass er den Versuch des Erreichens als wichtig erachtete. Für ihn war das höchste Ziel, die Ewigkeit in der Welt und das des Lebens zu erkennen und sich ihm anzunähern. Seneca war ein ausgesprochen geselliger Stoiker, er hatte viele Freunde, die er sogleich als seine Schüler und Lehrer bezeichnete. „Ohne das Du ist das Leben zwar möglich aber nicht lebenswert. Denn der Mensch soll tätig sein, tätig für die Gemeinschaft.“ Er versuchte mit ihnen den inneren Fortschritt immer aufrecht zu erhalten.


Als Seneca durch seinen politischen Erfolg immer mehr Macht und Berühmtheit erlangte, nutze er sie zunächst nicht schamlos aus, sondern verwendete es als Mittel der Kommunikation und zur Weiterbildung seines Geistes. Durch die stoische Lehre, war er befreit von der Gier nach äußeren Gütern, es ist also allein seiner „stoischen Ruhe“ zu verdanken, dass aus ihm Zeitweilich kein besessener Machtpolitiker wurde.

Nach seiner Verbannung und der Wiederkehr durch Nero´s Mutter stand Seneca kurz vor seinem politischen Höhepunkt (56 n.Chr.: Konsulat), der zugleich zu seinem Verhängnis wurde. Seine Macht und seine Staatsmännerischen Fähigkeiten ließen ihn dazu verleiten, seinen Mitbürgern Gelder aus der Tasche zu ziehen. Dadurch erhöhte sich sein Lebensstandart zunehmend, nicht zuletzt durch Geschenke des Kaiser Nero, zu dessen Privatlehrer er inzwischen ernannt wurde. Seine Reden konnten die Menschen nicht mehr ausreichend befriedigen, viele warfen ihm gar Korruption vor. Schließlich musste er sich dem öffentlichen Druck fügen und zog sich komplett ins Private zurück. Senecas Versuch die Stoa auszuleben scheiterte an der Lehre selbst. Die auf Besinnung und Ruhe bedachte Lehre kann mit der erwünschten öffentlich-politischen Arbeit nicht verbunden werden. Letztendlich wurde ihm dies zum Verhängnis, eine Verwicklung in einer Verschwörung war schließlich sein Todesurteil. Doch selbst hier hatte er sein Treue zur Stoa nicht verloren, sein Selbstmord 65 n.Chr. ertrug er mit stoischer Ruhe.


Gegensatz der hellenistischen Philosophien

Zu Zeiten des Zenon wurden neben der Stoa auch andere Philosophieschulen gegründet und unterrichtet. Die meist gegensätzlichen Ansätze ließen die verschiedenen Anhänger bitterlich miteinander im Konflikt stehen. Der größte Kampf fand wohl zwischen den Stoikern und den Epikureer statt. Der Konflikt kann auf den kompletten Gegensatz dieser beiden Lehren zurückgeführt werden:

Beide Lehren werden zwar in drei Bereiche, nämlich Physik, Logik und Ethik geteilt, doch schon in der Physik und der damit verbundenen Vorstellung der Welt sind die ersten Gegensätze zu erkennen. Während die Stoa ein Schicksal, dass durch den göttlichen Logos bestimmt wurde, als Ziel vor Augen hat, glaubt man im Epikureismus an den Zufall der Geschehnisse. Bei ihnen entstand die Erde letztendlich durch ein zufälliges Aufeinanderprallen verschiedener Atome. Die Gottheit wird zwar als vorhanden erwähnt, jedoch nicht wie in der Stoa als Schöpfer oder gar Lenker der Erde.
Ein weiteres Beispiel für den Gegensatz spiegelt das Lebensgefühl und das Lebensziel wieder. So sehen die Epikureer entgegensetzt zu den Stoiker, die Tugend nicht als Weg und das höchste Gut, die Weisheit, nicht als Ziel, sondern die Lust am Leben als den Weg zu einem seelenruhigen Leben („Carpe Diem“- Nutze den Tag).
Zuletzt ist der Gegensatz in der Einbindung ihres Wesens in die Gesellschaft zu er-kennen. Während die Stoiker die Gemeinschaft sehr hoch schreiben und sich dazu verpflichtet fühlen ihr zu helfen, sind die Epikureer der Überzeugung, dass ein zurückgezogenes, privates Leben nur Vorteile verschafft („Lathe biosas!" - Lebe im Verborgenen).


Stoa in der Geschichte

Nach dem Untergang der römischen Republik und dem Aufstieg des christlichen Glaubens zur Staatsreligion durch Kaiser Konstantin I. verlor die Stoa immer weiter an Bedeutung und Anhängern. Trotzdem wurde sie nie vollständig vergessen und konnte so auch in der Spätrenaissance und in der Zeit der Aufklärung Einfluss nehmen. Als einen der prominentesten Philosophen, die der Einfluss durch die Stoa prägte, war Immanuel Kant. Auch der preußische König Friedrich II. war von der Stoa fasziniert und folgte mit dem Spruch: „Ich bin der erste Diener meines Staates“ dem römischen Kaiser Mark Aurel.

Selbst in der heutigen modernen Zeit kann vor allem die stoische Ethik noch herangezogen werden, um gesellschaftliche Probleme zu analysieren. Zum einen sind die grundsätzliche Gleichwertigkeit jedes Menschen und die Sicht der Welt als einen Gesamtorganismus, der nur zusammen bestehen kann, ein wünschenswerter Gedanke. Zum anderen warnten die Stoiker vor der Verfallenheit der Erde, die auch heute durch aktuelle Probleme in der Diskussion steht.


Literatur:
Pohlenz, Max: Die Stoa- Geschichte einer geistigen Bewegung, Göttingen (Vandenhoeck&Ruprecht Verlag), 2.Auflage 1959.
Res Romanae, Cornelsen Verlag (Januar 2008).
Weinkauf, Wolfgang: Die Philosophie der Stoa. Ausgewählte Texte. Stuttgart (Reclam Verlag), 2001.