Rechtsfähigkeit

Aus Theoria Romana
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Die moderne Frage nach dem Beginn und dem Ende der Rechtsfähigkeit entspricht nicht dnm antiken Verhältnissen. Eine gegliederte Rechtsfähigkeit wie die nach den status des römischen Rechts läßt eigentlich nur die Frage zu, wann jemand den status libertatis als allgemeinste Voraussetzung der Rechtsteilhabe gewann oder verlor, oder wann jemand den status civitatis oder familiae veränderte.

Wurde jemand als freier Bürger geboren, so begann zugleich mit der Geburt auch seine Rechtsfähigkeit. Doch machten die Juristen Vorbehalte: das Kind mußte auch lebensfähig sein und menschliche Gestalt haben. Das gezeugte, aber noch ungeborene Kind war grundsätzlich ohne Rechte. Für bestimmte Zwecke wurde es jedoch als bereits geboren fingiert, sofern es später lebend geboren wurde.

Paulus D 1,5,7: Qui in utero est, perinde ac si in rebus humanis esset custoditur, quotiens de commodis ipsius partus quaeritur. (Wer im Mutterleib ist, wird, soweit es um Vorteile der Leibesfrucht selbst geht, bereits als lebend geschützt.) Aus diesem Satz wurde die gemeinrechtliche Rechtsregel formuliert: nasciturus pro iam nato habetur, de commodis eius agitur. (der nasciturus gilt als geboren, soweit es um seine eigenen Vorteile geht.)

So wurde ein Kind, das erst nach dem Tod es Vaters geboren wurde, zur Erbschaft berufen, obwohl die Grundregel lautete: "Erben kann nur, wer zur Zeit des Erbfalls lebt." Um die Anwartschaft des ungeborenen Kindes zu sichern, konnte ein Pfleger (curator ventris, Kurator der Leibesfrucht) bestellt werden.

Der Status von neugeborenen Kindern wurde nach ihrer Abstammung bestimmt. In klassischer Zeit war bei ehelicher Empfängnis der Status des Vaters zur Zeit der Empfängnis maßgebend. Bei unehelicher Empfängnis erhielt das Kind den Status der Mutter zur zeit der Geburt. Der favor libertatis (Begünstigung der Freiheit) verschaffte dem Kind jedoch die Freiheit, wenn die Mutter während der Schwangerschaft auch nur einen Augenblick frei gewesen war.

Seit Augustus gab es ein Geburtsregister, da viele Rechtsvorschriften an Existenz, Zahl und Alter der Kinder anknüpften. Für uneheliche Kiinder gab es diese Eintragung nicht, wohl aber konnte die Geburt durch eine private Zeugenurkunde festgehalten werden.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen endet spätestens mit dem Tod. Dabei sind der Antike Todesvermutungen und Todeserklärungen für den Fall der Verschollenheit unbekannt. Der Verlust des status libertatis durch die Kriegsgefangenenschaft konnte aber zu Problemen führen, egal ob der Kriegsgefangene wieder zurückkehrte oder dort verstarb.


Literatur: Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, 2002, S. 76f