Processus consularis - oder: die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen

  • Bereits am frühen Morgen, als die ersten Strahlen der Sonne eben erst den Himmel benetzten, hatten die Consuln des neuen Amtsjahres vor dem Auguraculum den Auspicien beigewohnt, welche sie zur Prüfung ihrer Eignung in Auftrag hatten gegeben - und selbstredend hatten die Götter sich Roms Entscheidung gewogen gezeigt, war doch der Augur zuvor von beiden Seiten mit einem entsprechenden Präsenten bedacht worden. Zurück in der Villa Flavia hatte Gracchus sodann die toga praetexta angelegt - was in seinem Falle nicht außergewöhnlich war, stand sie ihm als Pontifex doch ohnehin zu, ob der Bedeutsamkeit an diesem Tage indes dennoch ein wenig erhebend -, und den Penaten der flavischen Familie ein üppiges Opfer dargebracht. Die anschließende Salutatio mit einigen ausgewählten Männern gestaltete sich ob der bevorstehenden Verbindlichkeiten nur kurz. Seitdem die Wahlergebnisse verkündet worden waren, hatte sich die Zahl an Klienten, welche nun wieder häufiger die Villa Flavia aufsuchten, sich merklich erhöht, was schlussendlich zu einer gebührend großen Schar an Menschen führte, welche sich für den processus consularis vor der Villa hatten versammelt. Ein wenig bedauerte Gracchus, dass sein Sohn nicht an diesem Tage an seiner Seite konnte harren, doch als der Zug sich in Bewegung setzte wurden seine Gedanken alsbald verdrängt von einem Hochgefühl des Augenblickes. Von der Villa Flavia hin zog der processus consularis zunächst zum Forum Romanum, respektive zur curia iulia wo der Senat für die Zeremonie der Amtsübergabe zusammen kam, welche für den designierten Consul schlussendlich in dem Schwur seines Amtseides gipfelte.



    Sim-Off:

    Dieser processus consularis erhebt keinerlei Anspruch auf historische Vollständigkeit oder Korrektheit, lehnt sich schlichtweg an die Theoria an, versucht die IR-Gegebenheit des Amtseides einzubeziehen und folgt sonstig meinem begrenzten Wissen antiker römischer Politik und Zeremonie. Sollten sich daraus grob fahrlässige Fehler hinsichtlich historischer (Halb-)Wahrheiten ergeben, bitte ich diese auf der SimOff-Ebene zu thematisieren.

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  • Nach der kleinen Zeremonie am Forum Romanum und den Schwüren der neuen Magistrate, setzte der processus consularis sich ausgehend von der Rostra aus fort, vereinte nun die Züge der beiden Consuln - Caius Clodius Crispinus und Manius Flavius Gracchus. Clodius Crispinus war ein kleiner, gedrungener Mann mit schütterem Haar, dessen Familie zwar bereits seit Urzeiten - und noch viel länger, wie er stets lachend betonte - auf dem Esquilin residierte, in politischer Hinsicht bisher jedoch eher unscheinbar geblieben war. Deutlich langsamer, da einerseits von mehr Zuschauern umringt, andererseits durch die baulichen Gegebenheiten in eine weitaus schmälere Form gezwängt, schlängelte die Schar sich die Straße zum Capitolium empor, auf dessen Kuppe die vota der vorjährigen Consuln eingelöst, wiewohl neue gelobt werden sollten. Der Strom an Schaulustigen hatte noch kein Ende gefunden - obgleich der Platz vor dem großen capitolinischen Tempel bereits mehr als gefüllt war - da betraten die beiden Consuln mit ihren Opferhelfern die cella des Iuppiters. Verborgen für die Menge, welche derweil sich in Gesprächen, Austausch von Neuigkeiten, Erwartungen und Mutmaßungen ergab, wurde das Voropfer vollführt - in gleichem Ablauf und Wortlaut wie jedes Jahr wieder.

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  • Vom Forum Romanum aus hatte ich mich dann, zusammen mit meinen Begleitern, der Prozession angeschlossen, und schritt, umgeben von meiner Prätorianereskorte, den Consulen folgend den Kapitolshügel hinauf. Es stimmte mich ungeheuer froh, tat mir in der Seele wohl, Manius mit so hohen Ehren bedacht zu sehen. Ihn da zu sehen wo er hingehörte: ganz oben. (Und zudem war es gut, das Konsulat nun endlich wieder durch einen Würdigen besetzt zu sehen. Durch einen Mann, der wie kein ander dazu geeignet war, das Ansehen wieder herzustellen, dass diese an sich so erhabene Position an der Spitze des Cursus Honorum eingebüßt hatte, als der Senat sie wieder Sinn und Verstand einem wüsten Waldbarbaren überlassen hatte.)
    Und darüber hinaus würde es ganz gewiss kein Nachteil sein, in der kommenden Amtszeit beste Verbindungen zum Konsul zu haben.
    Vor dem Tempel des Iuppiter machten wir halt und warteten, inmitten der großen murmelnden Menschenmenge. Während drinnen schon die kultischen Handlungen begannen, unterhielt ich mich entspannt mit meinen Begleitern. Es war schön, mal wieder aus der Castra rauszukommen. Warm schien mir die Sonne ins Gesicht.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Für Scipio war es seltsam. Zum Einen nahm er an einer Prozession teil, was er noch nie getan hatte, zum Anderen wurde seine Familie von einer Garde der Prätorianer begleitet. Nun gut, das lag einzig an Serapio aber natürlich lief er nicht alleine umringt von der Garde und die restliche Familie trotte ihnen nach. Der Weg zog sich vom Forum aus zum Iupitertempel, wo nun alle bereits gespannt warteten. All dies war neu für Scipio, er versuchte aber so professionel wie möglich zu wirken, konnte aber auch nicht eine leichte Unsicherheit verbergen.

  • Auch Valentina gehörte zu der Prozession und ging neben Serapio her. Immer wieder blickte sie zu ihm auf. Er hatte so einen besonderen Ausdruck in den Augen, den Valentina im Moment noch nicht einordnen konnte. Es schien als würde er sich über die Maßen für den Mann freuen, der heute zum Konsul ernannt worden war. Doch sie schwieg und kam dann mit der gesamten Truppe vor dem Tempel zum stehen.

  • Nach dem Voropfer in der cella des Iuppiters traten die beiden Consuln wieder aus dem Tempel hinaus und die Stufen hinab. Drei Fanfarenbläser ließen ihre Instrumente erschallen, was das Zeichen war die Opfertiere heranzubringen. Zwei große, stattliche Rinder wurden von der Rückseite des Gebäudes geführt, das Fell weißfarben gekalkt und mit einigen Partikeln aus Eisenspan eingerieben, dass sie beinahe aussahen wie aus Stein gehauen, die Hufe und Hörner mit feinem Gold überzogen, welches den Schein der Sonne reflektierte. Die zierenden Bänder um ihren Kopf waren aus rubinrotfarbener und gebleichter Wolle gewebt und die dorsulae auf ihren Rücken waren mit Goldfäden durchwirkt. In der bei Opferungen üblichen Behäbigkeit - da die Tiere zuvor mit sedativ wirkenden Räucherungen benebelt worden waren - folgten die Rinder bereitwillig auf den Opferplatz, wo ihre Ketten an ehernen Ringen am Boden befestigt wurden. Gracchus - als Opferherr und Pontifex zugleich - nahm einen Pinsel und eine kleine Schale mit Wasser entgegen und führte routiniert die rituelle Reinigung der Beteiligten und vorderen Zuschauerreihe durch, sodann traten er und Clodius zu den Opfertieren hin. Ein Herold forderte das obligate favete linguis, welches von weiteren Männern des Cultus Deorum weiter über den Platz getragen wurde, so dass in der aufkommenden Ruhe das geleitende Flötenspiel konnte einsetzen. Nachdem sie ihre Hände gereinigt hatten blickte Gracchus mit einem auffordernden Lächeln zu Decimus Casca hin, welchem er für dieses staatstragende Opfer eine Aufgabe als minister hatte zukommen lassen.

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  • "Was für ein schöner Tag" bemerkte ich gutgelaunt, meiner Verlobten fröhlich zulächelnd, während wir da so standen. Ein wenig ernst wirkte sie heute, oder vielleicht eher fragend. "Man riecht schon den Frühling. Und du, meine Carissima, siehst heute wieder ganz bezaubernd aus."
    So war es allerdings, und vor allem war ich überaus dankbar, sie heute bei diesem öffentlichen Anlass an meiner Seite zu haben. Meine Verlobte, bald meine Gattin, hold, adrett, schicklich, pflichtbewußt – genau die Art von Frau, die mein 'Imago' in der Öffentlichkeit förderte. "Weißt du eigentlich, was für ein verdammtes Glück ich mit dir habe?!" raunte ich ihr aus diesem Gedanken heraus dankbar zu. Voll Sympathie, und auch weil es nicht schaden konnte wenn die Leute sahen dass wir uns sehr zugetan waren, legte ich den Arm um ihre Schultern.


    "Ah, da kommen sie wieder..." Die Fanfaren erschallten. "...und was für exquisite Tiere! Und da ist Casca, seht ihr..." Was für eine Ehre, dass Manius ihn schon bei einem so bedeutsamen Opfer einsetzte! Ganz vorne an der Opferfront, schon nach so kurzer Zeit. Wir konnten stolz auf Casca sein.
    Ich wandte mich an Scipio. Der Junge hatte sich auch ganz schön gemausert in letzter Zeit, war richtig erwachsen geworden, das Tirocinium schien einen guten Einfluss auf ihn zu haben.
    "Scipio, pass gut auf, hier kannst du gewiss auch einiges lernen. Pontifex Flavius vollführt nämlich die allerprächtigsten und packendsten Opfer der Stadt. Und heute zumal schöpft er sicher aus dem Vollen..." Ich verstummte als das favete linquis gesprochen wurde.

  • Während des Zuges hin zum capitolinischen Tempel hin hatte meine Anspannung noch ein wenig Zeit zum Wachsen erhalten, denn immerhin war mir ja die Rolle des Opferhelfers zugedacht worden, welche ich unter bestem Wissen und Gewissen sehr, sehr würdevoll auszufüllen gedachte. Welch eine Ehre! Welch ein Anlass! Welch ein Menschenauflauf! Während ich meine Familie hinter mit gelassen hatte, um mit den beiden Consuln die Cella des Iuppiters zu betreten, war mir heiß und kalt gewesen ob der Ehre hier beim Voropfer ein Augenzeuge zu sein. Dem inneren Druck an meinen Fingern herum zu nesteln, hatte ich erfolgreich widerstanden und dem war auch noch so, als es wieder dem Tempel hinaus ging, die Stufen hinunter und die Fanfaren ihre lebhaften Laute in die Welt hinaus bliesen. Dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass meine Blicke stetig nach den Mitgliedern meiner Familie tasteten, während die überaus üppig verzierten Opfertiere ihrem Schicksal entgegen geführt wurden. Ich war schon mächtig stolz auf mich, auch wenn dieses Gefühl noch ein wenig unter der mir innewohnenden Nervosität litt, die ich um jeden Preis zu verbergen suchte. Was würden sie nun denken? Letzten Endes endete meine Aufmerksamkeit aber doch bei dem Opfer und meiner Aufgabe: Unter größtmöglicher Erhabenheit die mola salsa in festen, entschlossenen Händen zu halten. Als das favete linguis ertönte, atmete ich noch einmal durch und versuchte zu verdrängen, dass schon gleich sämtliche Aufmerksamkeit für die Winzigkeit eines Moments unter anderem auf mir ruhen würde. Nämlich in dem Moment, in welchem ich meine wertvolle Fracht an Flavius Gracchus überreichen würde. Flöten spielten eine getragene Melodie, ganz passend zu diesem gediegenen Anlass, Hände wurden rituell gereinigt und schon erreichte mich ein aufforderndes Lächeln, welches mich vortreten lasen sollte. Natürlich tat ich dies auch, um die wertvolle Paste nun in die erfahrenen Hände des höchst honorigen Opferherren zu legen.

  • Scipio schaute zuerst Casca an, danach was sich da tat, im Anschluss wieder Serapio.
    "Im Moment bin ich ein wenig überfordert, hier passiert soviel auf einmal dass ich kaum mehr nachkomme mit den Eindrücken. Zumindest hat der Pontifex bei mir kein Opferlamm gekauft, soviel weiß ich zumindest." Dabei lächelte er und seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem Geschehen zu.

  • Einige Augenblicke spiegelte ein Strahl der Sonne sich in dem vergoldeten Gefäß, dass es aufglomm einem funkelnden Stern am Firmamente gleich, ehedem der Pontifex die Schale von Casca entgegen nahm. Er wandte sich dem ersten Rind zu und strich einige Male mit dem hölzernen Spachtel durch die beigefarbene Paste, währenddessen eine Reminiszenz an ein anderes staatstragendes Opfer ihm in die Sinne drängte, zu welchem seinem Sohn Minor die Aufgabe des ministers zuteil geworden war, welcher ihm damalig die mola salsa hatte angereicht. Es dauerte Gracchus sehr, dass Minor an diesem Tage nicht in Rom konnte sein und an der Ehre konnte teilhaben, welche seiner Familie widerfuhr. Doch er schob diese Gedanken beiseite, trat näher an das Rind heran und begann sodann gänzlich in seinem Tun versunken mit sorgfältigem Gestus das Gemisch über die Stirne des Opfertieres zu streichen, dabei die uralte Darbringungsformel zur Weihung des Tieres zu rezitieren.

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  • Eine leichte Röte flammte auf Valentinas Wangen auf, als sie das Kompliment von Serapio neben sich hörte. Wie immer hatte sie sich mit ihrem Äußeren sehr viel Mühe gegeben um an der Seite eines so mächtigen Mannes auch gut auszusehen. Schließlich war das eine ihrer zukünftigen Hauptaufgaben.
    Sie sah zu ihm auf und lächelte ihn dankbar an und als er dann auch noch seinen Arm um ihre Schulter legte kam sie nicht umher, ihren Kopf etwas zur Seite zu neigen und an seine Schulter zu betten. Es fühlte sich gut an und obwohl ihr nach dem Gespräch mit Borkan die Zweifel gefolgt waren wie ihr eigener Schatten, so hatte sie sich gleichzeitig auch immer wieder dessen Worte in Erinnerung gerufen. Es würde alles gut werden und in Momenten wie diesem glaubte sie wirklich ganz fest daran.
    Dann, als die Fanfaren zu hören waren, hob Valentina wieder ihren Kopf um den Geschehen mit der nötigen Aufmerksamkeit zu folgen. Sie erblickte auch Casca und nickte, als Serapio fragte, ob man ihn sehen konnte.

  • Der blitzende Widerschein eines Sonnenstrahls in einem der goldenen Gefäße fiel in Murenas Gesicht. Sie blinzelte und hielt den Griff ihres Korbes unwillkürlich fester. Schon ganz früh war sie auf dem Capitol gewesen, um einen Platz ganz vorne zu ergattern. Zumindest so weit vorne, wie es für das einfache Volk möglich war... hinter den ganzen protzigen Würdenträgern, reichen Pinkeln und den Herden von Lakaien und Muskelmännern mit denen die sich umgaben...
    Ein graues Manteltuch hatte Murena um den Kopf geschlugen, ihr Lockenhaar darunter zurückgebunden. Blumen lagen in dem Korb, den sie trug, süße Frühlingsblumen, blaulila und weiße Krokusse, Heiderosen und knallgelber Ginster. Doch für einen Blumenkorb schien er ungewöhnlich schwer, und das Wissen was darunter verborgen lag, und das Wissen was sie jetzt gleich zu tun hatte, hätte wohl auch dem abgebrühtesten Kind der Gosse ein nervöses Flattern durch den Leib gejagt. Das Opfer ging los, die Flöten säuselten, alles so unheimlich würdevoll. Murena verfluchte den Moment wo sie 'ja' gesagt hatte, aber jetzt gab es kein zurück mehr. Langsam glitt ihre Hand in den Korb, tauchte unter die Blumen, griff nach dem schweren Tongefäss darunter.
    Jetzt? War das der richtige Moment? Oder besser noch kurz warten?
    Nervös wanderte Murneas Blick durch die Menschenmenge, und blieb an einer Frau hängen, da bei den Reichen und Schönen, einer eleganten blonden Dame, lächelnd an der Seite ihres Mannes. Solche Leute hatten natürlich nicht solche Sorgen. Heißen Neid verspürte Murena, und zugleich bekam sie plötzlich Lust darauf, diese ganze ach so gediegene Veranstaltung mal so richtig durcheinander zu wirbeln. Die Herrschaften würdevoll zum Kreischen zu bringen!
    Also dann. Sie umgriff das Tongefäss, vorsichtig. Es war ein großer Krug, rundlich, mit einem breiten Korken verschlossen, in dem sich mehrere Luftlöcher befanden. Ein leises trockenes Schaben und Rascheln war daraus zu vernehmen. Murena schüttelte den Krug ein bisschen und... - der Consul pinselte gerade dem ersten der mächtig prächtigen Rinder die Stirn ein.. - und sie holte aus, und warf das Tongefäss zielsicher über die Köpfe der Menge mitten auf den Tempelvorplatz, mitten hinein zwischen die Opfernden. Der Krug knallte mit Karacho gegen die Flanke eines der Opferrinder, fiel zu Boden und zerschellte. Worauf viele, viele kleine schwarzschuppige Nattern aus den Scherben zum Vorschein kamen, und sich windend, kurz sah man die helleren Bäuche, in alle Richtungen schlängelten.
    Mit hart klopfendem Herz tauchte Murena in die Menge, und suchte sich, nicht rennend aber zügig, in dem entstehenden Tumult in Sicherheit zu bringen...

  • Gerade war der erste Satz der Darbringungsformel über Gracchus' Lippen gedrungen - noch ohne dass der Name eines Gottes genannt worden war - als mit einem Male die kultische Ruhe des Opfers wahrhaftig ins Gegenteil wurde verkehrt. Unter der Stoffbahn der Toga, welche wie üblich während des Ritus über seinen Kopf gelegt war, nahm der Pontifex zwar das Krachen eines Gefäßes wahr, entschied jedoch am Rande seines Bewusstseins in der Konzentration seiner Aufgabe gefangen dies zu ignorieren, denn zweifelsohne hatte einer der Kulthelfer im Hintergrund nur einen Krug fallen lassen. Das Kreischen indes, welches im nächsten Augenblicke sich aus den vorderen Reihen erhob als eine ehrbare Matrone erfasste, was genau über den Boden auf sie zukam, brachte ihn gänzlich aus dem Konzept. Weitere entsetzte Aufschreie und Rufe ertönten aus den Zuschauerreihen während einige der Liktoren, welche den Consuln zustanden, sich in Bewegung setzten, einer darunter lauthals brüllte
    "Da vorne läuft sie, ihr nach!"
    Das Rind vor Gracchus begann nervös zu schnauben, was den Flavier instinktiv zurückweichen ließ, was indes von anderer Seite mit einem barschen
    "Nicht bewegen!"
    durch den Victimarius beantwortet wurde, der für das Tier verantwortlich war und nun näher an das Rind heran trat, um es zu beruhigen. Irritiert suchte Gracchus nun zu erfassen, was um ihn her geschah, bedauerte dies jedoch bereits im nächsten Augenblick als er sich der Nattern gewahr wurde, welche hektisch um seine Füße sich schlängelten. Ohne bewusstes Zutun folgte er der Weisung des Victimarius, war er doch wie erstarrt in Furcht vor den Schlangen auch nur einen Digitus sich zu regen.

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  • Es gab wohl kaum etwas, was die Würde des Augenblicks noch zu stören vermochte. Das gleißende Licht der Sonne ließ das Gefäß mit der mola salsa auf funkeln, ehe der würdevolle Opferherr damit dem Stiere nahe trat, um dessen Fell zu bestreichen. Ich atmete tief durch und genoss die Erhabenheit dieses Augenblicks. Nicht ohne jedoch noch einmal zu meiner Familie hinüber zu schauen, welche wohl erfassen musste, wie es mir gerade ging. Gab es etwas Höheres? Etwas Schöneres als diesen Moment, der ich, Casca, dem hohen Gott so nahe war? Nur nicht übertreiben, ermahnte ich mich selbst, dennoch weiterhin trunken von dem holden Gedanken. Mit dem Augenmerk nun wieder auf dem Opferherrn und seinem Tier, die Ohren ganz gespitzt ob der Darbringungsformel wurde mir kaum gewahr, was im Publikum vor sich ging. Nur eine schnelle Regung, ein fliegender Gegenstand, der schließlich mit einem Krachen auf dem Boden nahe der Beine des Tieres zerschellte, ließ mich mit einem Ruck den Kopf heben. Schreie und Rufe ertönten, noch ehe ich recht wusste, was eigentlich geschehen war. Die Opferrinder wurden ebenso unruhig wie ich, als das Getümmel der sich windenden schwarzen Leiber gewahr wurde, die sich auf dem Boden tummelten und in alle Richtungen zu entgleiten suchten. Erschrocken stierte ich einen Moment auf die Nattern. Schlangen! Das war infam! Das war gänzlich entsetzlich, gefährlich und ein Übel, welches ich nicht in Worte fassen konnte. Noch nicht einmal in Gedanken, die mir gänzlich abhanden gekommen waren. Ich wich einen Schritt zurück und dann noch einen, wohl bemerkend, dass der Pontifex noch immer starr da stand und sich wohl weder von den Schlangen noch von den unruhig schnaubenden und sich regenden Tieren lösen konnte. Welch ein Albtraum war denn dies, in welchem ich kaum etwas anderes vermochte als perplex auf das sich schlängelnde Unglück zu unser aller Füßen zu starren? Die Person, der man dies verdankte war auf und davon, doch ich nahm kaum wahr, wie man ihr nachsetzte. Vorsichtig trat ich noch ein wenig rückwärts, wobei ich den Reflex zu einer ebenfalls wilden Flucht unterdrücken musste.

  • Während Gracchus, welcher die meisten kleineren Tiere nur in ihrer Form als Bestandteil der allabendlichen Cena kannte, die Weisung des Victimarius überaus ernst nahm und sich weiterhin nicht regte, war Consul Clodius Crispinus weniger zimperlich und trat einige der Nattern mit dem Fuß hinfort. Clodius hatte eine Karriere im Militär hinter sich und konnte durchaus eine giftige Schlagen von einer harmlosen Natter unterscheiden - während ihm indes jegliches Feingespür für den Umgang mit Opfertieren fehlte, so dass er sich wenig um die Nervosität sorgte, welche das Gekreuche am Boden auf die Rinder mochte haben. Mit äußerster Vorsicht suchten indes die Opferhelfer die Nattern vom Boden um den Opferaltar herum zu fangen, wobei durchaus die ein oder andere zwischen den Zuschauern verschwand, was auch dort nicht ohne Folgen und Aufschrei blieb.
    "Sie sind harmlos", suchte der Victimarius zu beschwichtigen, sich gleichsam weiter um die Ruhe des Opfertieres bemühend.
    Gracchus seufzte hörbar auf, zum einen ob dieser Entwarnung, zum anderen ob des Durcheinanders um ihn her.
    "So etwas ... habe ich noch nie erlebt"
    , wandte er sich an Casca und reichte ihm die Schale mit der mola salsa zurück. Selbstredend hatte er von Opfern gehört, welche gestört worden waren durch Menschenhand - doch nur in fernen, aufständischen Provinzen durch wilde Barbaren. Mit einigen kurzen Worten forderte er seinen Mitkonsul auf ihm zu folgen und trat gemeinsam mit ihm zu einem Pontifex, welcher dem Opfer ebenfalls beiwohnte. Kurz berieten sie, wie dies Opfer fortzufahren sei während auf dem Opferplatz auch die letzten Nattern zur Strecke gebracht wurden - die meisten durch ein Rutenbündel der Liktoren, einen Opferhammer oder Opferbeil dahingestreckt. Es dauerte nicht allzu lange bis der Pontifex einige Anweisungen an die Kulthelfer gab und die Consuln sich zurück zu den Opferaltären begaben.
    "Bürger Roms, bitte kehrt zurück zu Besonnenheit und Fassung, welche für dieses Ereignis angemessen sind. Es besteht weder Gefahr für euer Wohl, noch für jenes unseres Rei'hes! Dieser impertinente Akt der Sabotage wird nicht ohne Folge bleiben, der Täter wird gefasst und vor Gericht gestellt werden!"
    Kaum wohl jemand mochte in diesem Augenblicke daran zweifeln, dass die Täterin gestellt werden würde. Im Zweifelsfalle jedoch würden die Consuln schlichtweg ein Bauernopfer, respektive Sklavenopfer finden.
    "In keinem Falle jedoch lassen wir zu, dass diese Untat Recht und Tradition Roms ver..hindern wird! Consul Clodius Crispinus und ich haben uns mit den Pontifices beraten und sind übereingekommen, dass das Opfer wie geplant weiter durchgeführt werden kann, denn noch war der Akt der Opferung nicht vollends begonnen, noch waren die Tiere keinem Gott verspro'hen!"
    Zweifelsohne hätte auch niemand die Entscheidung des Pontifex pro magistro in Frage gestellt, doch Gracchus war an diesem Tage in erster Linie Consul.
    "Lasst uns darob zum Zeremoniell zurückkehren und die vota des Vorjahres einlösen, wie es Recht und Sitte ist, sowie den Schwur ablegen für jene des kommende Amtsjahres."


    Und so geschah es schlussendlich. Noch einmal wurden die Zuschauer zur zeremoniellen Ruhe angehalten, noch einmal wurde wurde die mola salsa angereicht. Diesmalig indes störte nichts den rituellen Ablauf, dass die beiden Rinder in den göttlichen Besitz des Iuppiters überstellt werden und als Einlösung der vorjährigen Gelübde geschlachtet werden konnten. An dies folgend gelobten die neuen Consuln sodann vor dem höchsten Gotte den Eid des Staates, dass auch zum Ende des nächsten Amtsjahres zwei Rinder ihm sollten dargebracht werden, so er Roms staatliches Wohl würde protegieren. Während die Zuschauer sich hernach zerstreuten, kehrten die anwesenden Senatoren zurück zum Forum Romanum, respektive in die Curia Iulia zur traditionellen ersten Sitzung des Senates unter Leitung der neuen Consuln.

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