Rebellische Gastfreundschaft - die Zelle des Gaius Octavius Victor

  • Wie alle anderen Würdenträger wurde auch der octavische Senator in den Carcer verbracht, wo er fürderhin eine Zelle mit absolutem Minimalkomfort bewohnen würde: eine Pritsche, ein Schemel, ein Nachtopf.


    Einziges Zugeständnis an den Stand des Mannes war das kleine Fenster nach oben hin, aus dem schummriges Licht durch die Gitterstäbe fiel.

  • Beim Betreten seines neuen Zuhauses zog Victor unwillkürlich seinen Kopf ein und sah sich dann in der Zelle um. Allzu viel gab es da allerdings nicht zu entdecken, weder in wirklich positiver noch negativer Hinsicht, weshalb es sich der Octavier schon nach kurzer Zeit auf dem Schemel bequem machte und den Blick zum Fenster hinaus richtete. Da er weder vielbeinige Zellengenossen entdeckte noch eine Schriftrolle dabei hatte, ließ er stattdessen seine Gedanken schweifen. Im geduldigen Warten und Däumchen drehen zumindest hatte er seit seiner Zeit bei der Legion und einigen langwierigen Krankheiten bzw. Verwundungen genug Erfahrung. Trotzdem vermutette er schon jetzt, was das Nervenaufreibendste an seiner Gefangenschaft hier werden würde: Die Langeweile.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/15.jpgAuch dem Senator wurde der Service der rebellischen Besatzer zuteil.. er bekam, seines Standes entsprechend, sogar etwas mehr als die anderen Gefangenen nicht so hohen Status. Was der Octavier natürlich nicht wissen konnte, da die Mauern der Zellen relativ dick waren und jedwede großartige Kommunikation unterbunden wurde. Allerdings war kaum zu verhindern, dass es die eine oder andere Lücke oder ein kleines Loch gab, wodurch die Gefangenen sich flüsternd miteinander unterhalten konnten. Solange die Wachen davon nix mitbekamen, war ihnen das auch egal...


    Der redselige Sklave brachte auch dem Octavier das Essen. Mit einem freudestrahlenden Gesicht betrat er die Zelle des Gefangenen und stellte eine Schüssel mit Puls, etwas Brot und einen Becher mit verdünntem Wein auf den Schemel: "Die Köchin hat sich heute extra viel Mühe gegeben, Octavius.... hmhmhmhm... wie das duftet!"

  • Beim Eintreten des Sklaven sah Victor vom Boden auf, den er die letzten Stunden über betrachtet hatte. Mit Mühe konnte er sich Zusammenreißen, um nicht leicht zweifelnd angesichts der Qualität (und doch auch der Quantität) des Angebotenen die Augenbrauen zusammen zu ziehen. Allerdings hatte er selbst lange genug Leute in den Carcer geworfen und genügend Geschichten von jenen gehört, die wieder herauskamen, um zu wissen, dass man den Gastgebern vielleicht bei den großen Dingen ins Gesicht spucken durfte, aber sich bei den kleinen Details des täglichen Lebens lieber zurückhielt. Was hätte es auch gebracht angewidert das Gesicht zu verziehen und das Essen durch den Raum zu werfen? Es war doch recht zweifelhaft, dass er danach die Erlaubnis bekäme seinen eigenen Koch zu beschäftigen.


    So nahm Victor also das dargereichte entgegen, stellte den Becher auf dem Boden ab und legte das Brot drauf. Dann probierte er den Puls. Wahrlich und wahrlich er hatte schon schlimmer gegessen, aber trotzdem... würde Victor der werten Frau Köchin niemals eine eigene Gaststätte als Belohnung schenken, wenn er hier lebend heraus kommen sollte. Immerhin ließ sich das Essen ohne größeren Widerwillen schlucken, weshalb der Senator sogar ein schmales Lächeln auf seine Lippen quetschte. "Meinen Dank an die Dames des Hauses. Vorzüglich!" Heh, Victor war nunmal Politiker und Senator. Kleinen Leute direkt ins Gesicht zu lügen und ihnen exakt solange um den Bart zu gehen, wie es sein musste, gehörte da doch einfach dazu, nicht wahr?

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/15.jpgDer Sklave gluckste glücklich dreinschauend, als es dem Senator zu schmecken schien, und das Lob an die Köchin ging ihm runter wie Öl. Der Senator, wenn auch ein Gefangener ob irgendwelcher Gründe, die er weder verstand noch wirklich wissen wollte, war anscheinend doch ein ganz umgänglicher Mann... nicht so wie einige der Soldaten die hier unten Wache schoben: "Morgen soll es sogar Puls mit Fleisch geben, hat man gesagt... zumindest, wenn die Wachen etwas Wurst überlassen, heißt es. Jetzt wo die Tore offen sind werden die Lebensmittel auch außerhalb der Mauern knapper, weil die ganzen hungrigen Mäuler in der Stadt auch noch gestopft werden müssen... jaja."

  • Beim Öffnen der Tür sah Victor erst einmal gar nicht von dem Fleck an der Wand zu seiner Linken zu jener hin. Auch wenn er den Verlauf von Tag und Nacht durch sein kleines Fenster verfolgen konnte, hätte es ihn nicht verwundert, wenn sein Zeitgefühl während des kurzweiligen Aufenthaltes in diesem angenehmen Etablissement etwas gelitten hatte. So glaubte zwar sein Magen nicht, dass schon wieder Essenszeit war, aber aus dem geschwätzigen Sklaven kam ja hier keiner bei ihm vorbei. Bevor er sich aber mannhaft den neuesten Kreationen der holden Küchenmaid zuwenden würde, musste sich der Senator erstmal einen Moment lang zusammenreißen, um eine Grimasse und ein leichtes Schaudern zu unterdrücken.


    Was ihm jedoch beides nicht so recht gelang, als er die Stimme des Miles vernahm. Jetzt wandte Victor doch seinen Kopf und blinzelte einen Augenblick lang, bei dem Licht, dass von draußen hereinfiel. Viel erkennen konnte er nicht, aber trotzdem nickte er dem Soldaten zu zum Zeichen, dass er ihn durchaus gehört hatte. Mit einem Ruck richtete sich der Octavier von seinem Schemel, auf dem er gesessen hatte, auf und ordnete ein wenig seine Kleidung. Desolat konnte man sein Erscheinungsbild vermutlich noch nicht nennen, aber tadellos hätte es vermutlich nur noch jemand gefunden, der dafür bezahlt wurde. Voraussichtlich erwartete aber auch niemand von ihm, dass er wie bei einer Senatssitzung aussah, auch wenn das sicherlich eindrucksvoll gewesen wäre. Aber egal...


    "Nun denn..." noch einmal straffte sich der Senator, dann trat er auf die Tür und den Miles in eben jener zu. "Dann wollen wir wohl besser nicht trödeln, nicht wahr?"

  • Obwohl er dem Miles ohne Schwierigkeiten zu machen folgte, konnte der es nicht lassen und stieß ihn grob an. Dabei war er ein Senator und noch viel wichtiger... er hatte graue Haare. Ein oder zwei Gedanken zum Thema "die Jugend von Heute" schossen Victor schon durch den Kopf und er blickte den Mann über die Schulter mit einem Ausdruck an, den wahrscheinlich auch schon Sokrates und Aristoteles getragen hatten, als sie ihre bekannten Gedanken zu diesem Thema äußerten.

  • Die Zellentüre öffnete sich und die Wache kündigte Senator Germanicus Sedulus an. Kurz darauf betrat Sedulus die Zelle.


    Salve Senator Octavius Victor. Ich habe gehört man hat dich hier neu einquartiert. Da dacht ich mir, besuche doch einen sagen wir ehemaligen Verwandten wenn ich eh schon hier bin. Wie bist du in diese missliche Lage geraten Senator?


    Gespannt auf die Reaktion des Octaviers sah Sedulus ihn an.

  • Ein wenig verwundert war Victor schon, als seine Zellentür geöffnet und Besuch angekündigt wurde. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass ihn jemand hier im Carcer aufsuchen würde, denn er hätte nicht gedacht, dass in Rom noch jemand lebte, der die bei einem Besuch entstehenden Mühen hätte auf sich nehmen wollen. Umso überraschter war, als er den Senator Sedulus sah eintreten. An seinem leicht derangierten Erscheinungsbild konnte Victor zwar nicht mehr viel verbessern (das erforderte schlichtweg, mehr Hände und eine Runderneuerung), aber beim Eintreten des Germanicers erhob sich Victor trotzdem und lächelte dem Gast leicht entgegen.


    "Salve, Germanicus Sedulus! Schön dich zu sehen." Das war nichtmal ironisch gemeint. Außer Wachen und geschwätzigen Küchensklaven bekam Victor ja abseits der seltenen Gespräche mit dem derzeitigen Herrn des Hauses wenig Menschen zu sehen, da war eigentlich jede Abwechslung willkommen. "Nun ja, ich könnte sagen ich war zur falschen Zeit am falschen Ort, aber das kauft mir wohl keiner ab. Wo ich doch ein bedeutendes Mitglied des Regimes des Ursurpators Salinator bin... oder war. Je nachdem..." Die letzten paar Sätze hatte Victor durchaus mit einer Prise Ironie gesprochen, allerdings mit der Betonung auf bedeutend. Dass er zum Gefolge des Verlierers gehört hatte, konnte er als dessen Klient wohl kaum leugnen. "Aber sag, was verschafft mir denn die Ehre deines Besuches, Senator?"

  • Tja, als Klient des Senators Quarto wäre er wohl wahrlich besser davon gekommen. Ging es Sedulus durch den Kopf. Aber auch andere die nichts mit Salinator gemein hatten als einfach nur ein wenig aufstrebend zu sein waren hier gelandet.


    Hmm, so wird es manch einem ergangen sein in den letzten Tagen fürchte ich.


    Iulius Dives bat mich, nach dir zu sehen und vorallem zu sehen, ob ich etwas für dich tun, bzw. dich aus dem Carcer holen kann. Ich versprach ihm, mein möglichstes zu tun. Aber ich habe da recht wenig Hoffnung fürchte ich.
    Tja, so stehe ich nun hier.


    Außerdem wäre er wahrscheinlich auch so vorbeigekommen, schon alleine wegen dem Andenken an Paulina.
    Allerdings wußte Sedulus noch nicht, dass das Brot quasi schon gegessen war und Octavius Victor die längste Zeit hier abgesessen hatte.

  • Leider wusste Victor auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, dass er recht bald recht schnell und recht unbeschadet aus dem Carcer entlassen wurde, sonst wäre er wohl überschäumenderer Laune gewesen, aber auch so versuchte er sich nicht anmerken zu lassen, dass ihm hier - damit waren die Zellen in der Castra Praetoria im allgemeint und nicht die Gesellschaft des Sedulus im Speziellen- langsam die Decke auf den Kopf fiel.


    "Es gibt bestimmt einige Menschen, die sagen zurecht..." Das war etwas, auf das sich Victor noch wenig freute, wenn er wieder hier heraus kommen sollte: Ständig bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit ein 'Verräter' an den Kopf geworfen zu bekommen, von Leuten die sich einfach nur profilieren wollten.


    Dann lauschte der Octavier aber recht überrascht, als er hörte, auf wessen Bitte hin Sedulus gekommen war. "Oh? Nun, dann bitte ich dich doch dem Iulius Dives meinen Dank für seine Sorge auszurichten, aber sofern du nicht zum inneren Zirkel unseres neuen Kaisers gehörst, glaube auch ich nicht, dass da in meinem Fall viel auszurichten ist." Wie unglücklich auch, dass im Großen und Ganzen alle Personen die Victor näher kannte auf der falschen (also der jetzt nicht mehr richtigen) Seite oder auf gar keiner gestanden hatten. Ein oder zwei Verwandte oder Freunde im direkten Umfeld des Corneliers wären bestimmt nicht verkehrt gewesen. Herrje, warum kannte er nur integre (sprich: nicht sehr vorausschauende) Menschen?


    "Ach, aber selbst wenn du nichts tun kannst in meinem Fall, danke ich dir für deinen Besuch. Es ist allein schon nett sich mal wieder mit jemandem zu unterhalten, der mehr als 'Aufstehen!' oder 'Schneller!' sagt." Oder der bei einem Missverständnis schnell mal die Empfehlung aussprechen kann Victor einen Kopf kürzer zu machen. "Ich würde dir ja auch gerne etwas anbieten, aber ich fürchte meine Mittel als Gastgeber sind hier etwas arg begrenzt."

  • Sedulus nickte langsam.


    Das mag wohl so sein. Doch ich würde darauf nicht viel geben. Jeder gehört irgendeiner Seite an. So ist das eben.


    Ob es die Richtige oder Falsche ist, weiß man immer erst später.


    So bald ich ihn wieder sehe, werde ich dies gerne tun.


    Versprach Sedulus seinem Senatskollegen. Dann lächelte er ein wenig matt.


    Nein, damit kann ich dir leider nicht dienen. Ich kenne den neuen Kaiser so wenig wie die Meisten denke ich. Auch ich muß mir erst einmal ein Bild von ihm machen.


    Hoffentlich brauchte es dafür nicht zu lange. Bei Salinator ging es damals recht schnell. Er machte aus seiner Art auch keinen großen Hehl aber dieser Cornelier, war da wohl ein klein wenig anderst.


    Ich bin gerne hier her gekommen. Habe ja nun ein wenig Zeit und da ich wie schon gesagt eh hier in der Ecke war, warum nicht einen "ehemaligen" Verwandten besuchen. Paulina wäre mit Sicherheit auch vorbeigekommen, wenn sie noch am leben wäre.
    Ja, ich kann mir vorstellen, dass diese Art der Unterhaltug schnell langweilig werden kann. Naja, vielleicht können wir das ja ein ander mal nachholen, wenn du wieder hier herausen bist.

  • "Ja, da hast du sicherlich recht, Senator. Aber gerade in einem Bürgerkrieg wie dem unseren geschehen mitunter die schmutzigsten Dinge die es schwer machen können wieder von einem Denken in zwei Seiten zu einem gemeinsamen 'Wir' zurückzufinden." Ein wenig ratlos hob Victor seine Schultern, unterließ es dann aber bewusst auch noch theatralisch aufzuseufzen. Sedulus hatte ja recht und es war ja nicht so, als ob jemand Victor gezwungen hätte auf die Seite des Salinators zu treten. Dann war das hier jetzt die gerechte Strafe für fehlende Weitsicht. Oder vielmehr für übertriebenen Optimismus, denn dass der Vescularier sanft in seinem Bett entschlafen würde, hatte der Octavier nie gedacht und immer mit einem großen Knalleffekt am Ende gerechnet. Allerdings hatte er auch gehofft dann nicht in der Nähe zu sein und unbeschadet aus der Sache zu kommen. Die Hoffnung starb ja bekanntlich immer zuletzt...


    "Dann danke ich dir dafür schon mal im Voraus, Senator." Ein wenig wunderte sich Victor schon woher der Iulier und Sedulus sich kannten, allerdings fand der Senator, dass jetzt gerade nicht der passende Moment für eine Diskussion darüber war. Dafür ließ sich bestimmt ein angenehmerer Zeitpunkt finden. Kurz darauf musste Victor allerdings schon wieder mit den Schultern zucken, wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein, wenn Sedulus dem neuen ersten Mann im Staate näher gestanden hätte. "Hoffen wir für Rom, dass er weiß seine neu gewonnene Macht festzuhalten... alles andere wird sich schon finden. Aber noch mehr Unruhe kann der Staat sicherlich nicht gebrauchen."


    Ein wenig senkte Victor den Kopf, als Sedulus dann Paulina erwähnte. Wie lange ihr Dahinscheiden jetzt schon wieder zurücklag! "Ja Paulina, möge sie wohl ruhen, hätte sich bestimmt durch die Wachen durchgekämpft." Einen Moment lang lächelte Victor schwach in Erinnerung an ihren Dickkopf, dann sah er wieder auf. "Ich danke dir nochmals für deinen Besuch, Germanicus Sedulus. Du glaubst ja gar nicht, welche Bedeutung es für einen gewinnen kann, mal ein freundliches Gesicht zu sehen. Das hätte ich selber früher nicht geglaubt." Jetzt lächelte Victor dem Senator doch nochmal richtig zu. "In der Tat wäre es mir eine Freude, sollte ich aus diesem Lo... Ort entlassen worden sein, dich mal zu einem Gespräch in angemesseneren Rahmen treffen zu können."

  • Du bist gerne in der Casa Germanica willkommen Senator Octavius Victor. Und ich hoffe, dass dein Aufenthalt hier bald vorrüber sein wird und wir uns in einer anderen Umgebung wiedersehen werden.


    Für Sedulus war es nun langsam an der Zeit sich von hier zu verabschieden, sonst bekam er noch Beklemmungen und womöglich Depresionen. 8)


    Also dann Senator, ich drücke dir die Daumen auf ein baldiges Ende dieses Gastspieles hier. Und lass dich einmal bei uns blicken, wenn du hier draußen bist.


    Auf die üblichen Floskeln zum Abschied verzichtete Sedulus hier.


    Ich wünsche dir auf alle Fälle alles Gute Senator. Vale.


    Und reichte seinem älteren Kollegen die Hand zum Abschied.

  • "Ich freue mich dann schon auf unser nächstes Treffen, Senator... mal schauen wie bald das möglich ist." Wenn es nach Victor ging natürlich sehr, sehr bald... unglücklicherweise war allerdings seine Kristallkugel in der Reparatur und es mangelte ihm völlig an dem unglaublichen Wissen der weisen Haruspices, sodass er jetzt aus den Innereien einer toten Ratte herausfinden hätte können, dass er tatsächlich recht schnell hier herauskommen würde.


    "Bevor du gehst, lass dir nochmals für deinen Besuch gedankt sein, Germanicus Sedulus! Vale bene!" Mit einem leichten Lächeln ergriff Victor die Hand des anderen Senators und drückte sie kurz aber kräftig.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!