[Civitas Mattiacorum] Villa Rustica Petronia

  • VILLA RUSTICA PETRONIA


    Die Villa Rustica des Petronius verdiente ihre Bezeichnung kaum: Vielmehr war es ein Wohngebäude, das gemeinsam mit einer Scheune und einem Stall einen Hof umschloss, auf dem ein Brunnen gegraben worden war. Der Pächter des Hofes hatte nur zwei Ochsen, eine Ziege und eine Kuh besessen, die gemeinsam in dem winzigen Stall gehaust hatten. Das Haus des Pächters hingegen bestand aus drei Zimmern und einer Küche. Alles in allem wirkte des Gebäude weniger wie eine römische Villa Rustica denn wie ein germanischer Bauernhof. Doch immerhin: Das Land um das Haus herum gehörte den Petroniern - es war aus der Hand des Kaisers persönlich an Marcus Petronius Crispus verschenkt worden für seine langjährigen Dienste beim Militär.


    Dies jedoch hatte auch einen Nachteil: Es lag direkt hinter der Grenze. Man konnte den Wachturm vom Haus aus sehen, weshalb es sicherlich nur der Armseligkeit der Behausung zu verdanken war, dass hier selten germanische Marodeure vorbeisahen und das Vieh wegführten (denn so nahe war der Wachturm auch wieder nicht und die Wachen blickten vermutlich eher nach Osten).

  • Das Ochsengespann zuckelte gemächlich auf der Landstraße, die sonst fast nur von germanischen Händlern benutzt wurde. Das meiste Land links und rechts war Militärgebiet, das dem Kaiser persönlich gehörte. Nicht viele Schollen hatte er an Veteranen verschenkt (so auch der Bauernhof des alten Petroniers). Dementsprechend wirkte hier jedoch auch alles recht trostlos und einsam.


    Einmal überholte eine Abteilung Hilfstruppen den kleinen Zug aus dem Wagen und dem Pferd, das abwechselnd von dem jungen Lucius Petronius und dem etwa gleichaltrigen Arminius geritten wurde. Als der Alte die Soldaten sah, fühlte er sich sofort erinnert an die Zeiten, als er selbst noch bei den Adlern gewesen war. Vermutlich hätte er sogar der Kommandeur einer Auxiliarkohorte werden können - wenn er ein wenig mehr Talent besessen hätte und nicht das zivile Leben mit seiner geliebten Heila vorgezogen hätte. Doch das Schicksal hatte ihn betrogen: Heila war tot und das zivile Leben widerte Crispus geradezu an: Politik war nichts für ihn und Handel...naja, das überließ er lieber seinem Sekretär. Vielleicht würde ihm das Leben als Landmann besser liegen - immerhin waren die Legionäre, die das große Imperium errichtet hatten, auch Bauern gewesen! Und eines Tages würde er seinen Sohn in die Stadt schicken, damit er ein Offizier wurde und es eines Tages vielleicht weiter bringen würde als er selbst.


    Bis dahin würden sie jedoch auf seinem Land wohnen und es bebauen - vielleicht würde das Lucius etwas Demut lernen. So dachte Crispus, während der Wagen auf den Weg einbog, der zu dem kleinen Hof führte, in dem sie nun für eine ganze Weile leben würden...

  • http://farm4.staticflickr.com/…01269999_17eb889b7a_n.jpg Sie kamen in der Nacht und Alrik, der Pächter der Petronier, wurde noch in seinem Bett überrascht. Es waren junge Germanen - keine Mattiaker, sondern ein streifender Trupp von jenseits des Limes. Entgegen der Warnungen ihrer Väter war es nicht besonders schwer gewesen, unbemerkt über die Grenze zu kommen, denn Patrouillen schien es im Moment nicht so wirklich häufig zu geben. Also hatten sie sich auf gemacht in das "gelobte Land" und den nächstbesten Bauernhof aufgesucht - eben die Villa Rustica Petronia, die derzeit von Alrik bewirtschaftet wurde.


    Ein nach dem anderen überkletterte die Hofmauer, dann standen sie vor dem Bauernhaus und der Scheune. Sigbert, der wagemutigste von ihnen (und deshalb auch der Anführer des Trupps) war etwas enttäuscht - der Hof sah nicht viel anders aus als zu Hause - er hatte sich eher ein prächtiges Anwesen vorgestellt, mit einem Säulengang davor und kleinen Türmchen, wie sein Vater es beschrieben hatte. Aber wo sie jetzt schon hier waren, würden sie den Bruch durchziehen...


    Kurze Zeit später hatten sie den Stall gefunden und die magere Kuh und einen Zugochsen herausgeholt. Der war allerdings etwas widerspenstig, nachdem man ihn mitten in der Nacht aufgeweckt hatte, und machte Radau. Kurz darauf stand Alrik mit einem Schwert in der Tür des Bauernhauses und sah erschrocken die kleine Bande, die ihn überfiel. Der folgende Kampf war kurz und heftig, dann waren Alrik und seine Frau tot, Sigbert hatte dagegen nur eine kleine Fleischwunde davongetragen. Jetzt hieß es nichts wie weg hier, denn in der Ferne konnte man das kleine Licht eines Limeswachturms sehen! Die jungen Männer durchwühlten das Haus, fanden Wintervorräte, Werkzeug und sogar ein paar Luxusprodukte - zwei Amphoren mit Wein und eine mit Öl, die wohl aus importiert sein musste. Zufrieden schleifte Thorleif, Sigberts bester Freund, das gute Stück in Richtung Tür, als er plötzlich an einer Diele hängen blieb und stürzte. Mit lautem Klirren zerbrach die Amphore und das kostbare Gut verteilte sich in der Stube.


    "Na toll, du Vollidiot!"


    fuhr Sigbert Thorleif an - er hatte sich schon ausgemalt, wie er seine Familie mit echtem italischen Olivenöl beeindrucken würde. Als Anführer hatte er die ehrenvolle Aufgabe übernommen, eine Öllampe in die Höhe zu halten, um den anderen bei den verschossenen Fensterläden und der Finsternis des Winters etwas Licht zu spenden.


    "Was denn? Wieso nehmen die Römer auch solche komischen Holzplanken als Fußboden? Auf gestampfter Erde wär' das nicht passiert!"


    "So'n Quatsch! Gestampfte Erde is' doch nie ebener als Holzplanken! Du passt nur nicht auf, das is' das Problem!"


    "Also bei mir daheim ist der Boden absolut eben! Und jetzt reg' dich nicht so auf! Is' nur 'n bisschen Öl!"


    "Nur 'n bisschen Öl? Weißt du, wie oft es bei sowas gibt?"


    "Naja, jetzt wahrscheinlich auch in nächster Zeit nicht, was?"


    Thorleif versuchte zu lächeln, um die Situation etwas zu entspannen. Das war aber genau das, was Sigbert nicht brauchen konnte - der Kampf und die Anspannung des Überfalls hatten ihn ziemlich gereizt gemacht. Er hielt seinen leidlich verbundenen Arm hin.


    "Schau dir das an! Glaubst du, ich lass mich zerhacken, damit du dann die Beute einfach im Haus verteilst?"


    "Ach komm, das is' doch bloß 'ne Fleischwunde!"


    "Die tut verdammt weh, die Scheiß-Fleischwunde!"


    "Oh, vielleicht willst du lieber heim zu Mami, damit sie dir ein Heileliedchen singt?"


    "Verarsch mich nicht! Schau's dir an, das blutet sogar durch!"


    Er hielt den Arm hin und präsentierte den Verband, auf dem sich tatsächlich ein roter Fleck abzeichnete, der deutlich zu sehen war - deutlich zu sehen war? Sigbert hatte plötzlich das Gefühl, dass es heller geworden war! Und wärmer! Gleichzeit mit Thorleif sah er nach oben.


    "Oh scheiße!"
    "Oh scheiße!"


    Offensichtlich hatte der Bauer unter dem Dach ein wenig Stroh zum Trocknen gelagert, das Feuer gefangen hatte. Scheinbar hatte Sigbert sich bei der kleinen Diskussion immer weiter gestrafft - er war ein wenig kleiner als Thorleif und musste alles aufbieten, um ihn einzuschüchtern. Die Lampe musste immer weiter nach oben gewandert sein und schließlich am Stroh angekommen sein. Panisch versuchten die beiden, das Feuer auszublasen, aber das machte es nur noch schlimmer - schließlich blieb nur die Flucht. Als sie aus der Tür kamen, folgten ihnen die ersten Rauchschwaden. Voller Aufregung sah Sigbert zu seinen Kameraden, die ihn verwundert ansahen.


    "Jungs, wir müssen weg!"


    Kurz darauf waren sie über die Mauer und die Villa Rustica brannte lichterloh!


    Bildquelle

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!