Anhörung vor dem Collegium Pontificium

  • Auf Geheiß des Pontifex Maximus persönlich, sollte in der heutigen Sitzung des Collegium Pontificium auch der Septemvir Aurelius Corvinus sprechen, der dem Pontifex Maximus und dem Collegium Vorschläge unterbreiten wollte. Nach der rituellen Eröffnung der Sitzung und den ersten Tagesordnungspunkten war es dann schließlich so weit und dem Septemvir wurde das Wort erteilt.

  • Durus war ein wenig gelangweilt, nachdem die letzten Tagesordnungspunkte eher Kleinkram gewesen war, der ihn weder interessierte, noch von Bedeutung für das Wohl des Staates gewesen war. Doch tapfer kämpfte sich der Tiberier durch die Sitzung und spielte ein wenig mit dem Zipfel seiner Toga.


    Als Aurelius Corvinus aufgerufen wurde, horchte er hingegen auf. Was würde der Septemvir zu sagen haben?

  • Zugegebenermaßen, ich hatte nicht damit gerechnet, eine Antwort von der kaiserlichen Kanzlei zu erhalten, wo ich doch Durus geschrieben hatte. Vermutlich, so war meine Schlussfolgerung gewesen, hatte Durus den Brief weitergeleitet und der Kaiser nahm an dieser Sitzung persönlich als pontifex maximus teil. Dementsprechend hatte ich mich in die beste toga gehüllt, die ich besaß. Einzig der purpurne Hinweis auf die Senatorenwürde fehlte noch, obwohl doch mein Patron guter Dinge gewesen war bezüglich der Erhebung.


    Diese Sitzung des Kollegiums war die erste, an der ich teilhaben durfte. Das Anfangsritual war gut verlaufen, die ersten Punkte der Tagesordnung eher nichtigerer Natur gewesen. Und schließlich wurde mir signalisiert, dass man mich nun anhören würde. Ich erhob mich.


    "Mein Kaiser, verehrte pontifices", begann ich und sah in die Runde. Die meisten Gesichter waren mir bekannt, ob flüchtig oder näher. "Zunächst möchte ich euch danken, dass ihr mir die Gelegenheit gebt, im Namen des collegium septemvirorum hier zu sprechen.


    Das Thema, welches ich zuerst ansprechen möchte, ist heikel - es geht um den Nachwuchs der Priesterschaft. Es ist nicht unbekannt, dass wir lange Zeit viel zu wenigen jungen Männer und Frauen den Eid abgenommen haben. Die Zahlen sind auch heute noch katastrophal, in den Provinzen und im restlichen Italien noch mehr als hier in Rom. Zwischenzeitlich scheint die Bereitschaft ein wenig angestiegen zu sein, im Dienst der Götter zu arbeiten. Jedoch - und das möchte ich betonen - gibt es nach wie vor zu wenig Priester, und die Situation ist beinahe überall im Reich so." Ich schwieg einen Moment und warf erneut einen ernsten Blick in die Runde. "Wir haben über dieses Problem immer wieder diskutiert. Es gilt, die Ursachen zu finden für diesen gravierenden Mangel an Priestern. Wie soll die pax deorum aufrecht erhalten werden, wenn es nicht genügend Willige gibt, die daran arbeiten? Zum einen scheint das Priesteramt - aus welchen Gründen auch immer - nur wenig angesehen zu sein bei den Bürgern. Viele vergleichen auch Tätigkeit und Entlohnung eines Priesters mit diversen anderen Ämtern, beispielsweise aus dem Postwesen, der Stadtverwaltung oder der Kanzlei. Dabei kommen sie nicht selten zu dem Schluss, dass sie ihre Familie besser ernähren können, wenn sie sich Akten widmen und nicht den Göttern. Das klingt ketzerisch, doch ist es leider die traurige Wahrheit."


    Auch jetzt machte ich eine betroffene, kleine Pause und studierte kurz die Reaktionen auf den Gesichtern der pontifices Bei Durus blieb mein Blick kurz ein wenig länger hängen, ehe er weiter glitt. "Meine Herren, wir können nicht zulassen, dass dem Reich Schaden widerfährt, weil die Götter sich abwenden, nur weil die Arbeit anderer Branchen besser bezahlt wird. Wir können die Leute nicht dazu zwingen, sich mehr mit den Göttern zu beschäftigen, doch wir können diese wichtige Arbeit attraktiver gestalten. Das collegium septemvirorum hält es für ratsam, die Entlohnung der Priesterschaft merklich zu erhöhen. Mit diesem Vorschlag treten wir an euch heran, verehrte pontifices. Ob dieses Mehrentgeld im Rahmen einer regulären Erhöhung der Entlohnung oder als zusätzliche zahlungen für besonderen Einsatz - oder überhaupt - eingeführt wird, liegt an euch. Wir haben diese Maßnahme für Attraktivitätssteigerung einstimmig gutgehießen und schlagen eine Erhöhung der Entlohnung um mindestens dreißig Prozent für sacerdotes vor. Letztendlich jedoch bleibt es eure Entscheidung. Ebenso sollte vermehrt Werbung für den cultus gemacht werden. Selbstverständlich kann man solche in der Acta veröffentlichen, doch wäre es vermutlich gut, wenn wir gleich auf die Jüngeren zugehen und von der Wichtigkeit der Arbeit eines Priesters überzeugen. Zudem bedenkt, dass man mit einer größeren Priesterschaft gleichzeitig mehr für sich werben und somit wieder mehr Leute gewinnen kann. Wir müssen diesen desolaten Kreislauf unterbrechen und zu unseren Gunsten verändern."


    Hier schwieg ich erneut. Es bestand mit Sicherheit Diskussionsbedarf. Nach einem Moment nahm ich wieder Platz und drehte nachdenklich mit der Daumenkuppe an meinem Siegelring.

  • Der Sommer hatte Rom noch immer nicht aus seinem Griff entlassen - obgleich Gracchus das Gefühl hatte, den Sommer verpasst zu haben, was durchaus in gewissem Maße den Tatsachen entsprach -, doch in der Versammlungshalle der Regia war es kühl, und als seine Gedanken ob dessen ein wenig abschweiften, stieg in Gracchus die Frage auf, ob nicht allfällig deswegen die Toga aus so viel Stoff war gefertigt, weil eben alle Gebäude öffentlichen Amtes aus dicken Steinmauern waren errichtet, welche zu jeder Jahreszeit für kühle Temperaturen Sorge trugen. Viel weniger, als sich darüber zu wundern oder Missbilligung ob sich selbst zu empfinden, da er seine Gedanken in solch triviale Gefilde ließ abschweifen, statt auf die Versammlung sich zu konzentrieren, schalt im nächsten Augenblicke Gracchus sich bereits innerlich ob dieses törichten Gedankens, da die traditionelle Amtstracht bereits viel älter war denn viele der Gebäude aus Stein. Er selbst hatte der Toga nie jenes Missfallen entgegen gebracht, wie es bisweilen dieser Tage aus dem Munde mancher Amtsträger ob der Beschwerlichkeit des Kleidungsstückes zu vernehmen war, andererseits jedoch hatte er ob ihr auch nie besonders große Euphorie empfunden. Seit einiger Zeit indes war sein Verhältnis zu jenem stoffreichen Kleidungsstück zwiespältig, es lag stets viel zu schwer auf seinen Schultern und blockierte beinah gänzlich die Linke, gleichsam gereichte es durchaus, körperlichen Makel unter und in den mannigfachen Stofffalten zu verbergen, so dass Gracchus dazu war übergegangen, die rechte mit der linken Hand zu umfassen und halb unter die Falten zu ziehen. Obgleich er während der letzten Wochen seinen Körper sich wieder zum Großteil hatte zueigen machen können, so war der Griff seiner Rechten noch immer fahrig, als schien er die Dinge durch eine Schicht Watte zu berühren, gleichsam wie sich die Finger stets ein wenig in sich selbst verkrampften. Im Sitzen jedoch ließ sich beinah alles ertragen, selbst eine Sitzung des Collegium Pontificium im Beisein des Pontifex Maximus, zu welcher Gracchus sich hatte nach langem Zögern letztlich aufgemacht, um allmählich in seine Pflichten zurück zu finden, wenn auch ein wenig widerwillig. Das Eröffnungsritual zog bruchstückhaft an seinem Geist vorbei, die ersten Tagesordnungspunkte hatte er dagegen bereits verloren, kurz nachdem sie genannt wurden, denn es waren überwiegend Nichtigkeiten. Dass der Aurelier im Raum anwesend war, bemerkte Gracchus erst, als jener bereits aufgestanden war und zu sprechen ansetzte, und für einen Augenblick glaubte er, dass Aurelius Corvinus während seiner Abwesenheit in das Collegium Pontificium war erhoben worden, ein Trugschluss jedoch, welcher alsbald durch die Worte des Epulonen wurde ausgeräumt. Der Pontifex mühte sich dennoch redlich, den Ausführungen Aurelius' zu folgen, die in seinem Geiste eintreffenden Worte zu Sätzen aneinander zu reihen und die Sätze wiederum als Teil eines Ganzen zu fassen, doch es war zu viel Gehalt in zu vielen Buchstaben - nichts, dessen Gracchus nicht hätte habhaft werden können, so sie denn als Ganzes bei ihm wären angelangt, doch während es von Außen musste scheinen als würde er hochkonzentriert zuhören und gleichsam über den Inhalt des Gesagten nachdenken, kämpfte er in seinem Inneren mit einem regelrechten Satzchaos, gleichsam gegen die in ihm aufsteigende Frustration ob dessen. Er konnte sich nicht erinnern, innerhalb der letzten Wochen bereits einmal solch enorme Probleme mit seiner auditiven Wahrnehmungsverarbeitung an sich beobachtet zu haben, gleichsam hatte er bisweilen jedoch auch nicht versucht, einem Monolog diesen Ausmaßes zuzuhören oder gar zu folgen. Ob dessen bemühte er sich einige Aussagen gezielt zu extrahieren, katastrophale Provinzen, Mangel an pax deorum, Entlohnung diverser priesterlicher Ämter - das Postwesen hierbei ignorierte Gracchus, da es ihm so stark aus dem Rahmen zu fallen schien, dass er sich einer Fehlinterpretation des Gehörten sicher war -, traurige Wahrheit. Bezahlung der Götter, Bezahlung des Gottesdienstes, Bezahlung der Götterbranche, Zwangsbeschäftigung, Mehrentgeld, Erhöhung der Entlohnung, Kreislauf zu Ungunsten - alles war völlig wirr, obgleich es letztlich um eine Erhöhung des Salärs der Priesterschaften zu gehen schien und soweit nachvollziehbar durchaus vernünftig klang. Um dem Reflex, seine Unterlippe zu kneten, zu entgehen, begann Gracchus mit der Linken den rechten Unterarm zu massieren, ohne dass er dies sonderlich spürte, gleichsam hoffte er, dass der nächste Redner - Befürworter oder Gegner - die Quintessenz des Gesagten noch einmal kurz und prägnant in seiner Eröffnung würde aufgreifen. Sich selbst an der Diskussion zu beteiligen, dessen sah Gracchus sich fern, nachdem er noch nicht einmal sicher war, ob er überhaupt den Kern des Sachverhaltes hatte begriffen, ganz zu schweigen davon, dass er nicht vorhatte, auch nur den geringsten Ton aus sich heraus zu zwingen, da ohnehin nur marodes Stückwerk zu erwarten war.

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Durus hörte sich die Vorbringungen an. Zuerst glaubte er, sich mit der Meinung des Aureliers ebenfalls identifizieren zu können, war es ihm doch selbst schon aufgefallen, dass die Treue der Römer zu ihren Göttern in letzter Zeit stetig abgenommen hatte - selbst der Sohn eines Consul war nicht mehr in der Lage, die Riten für eine Hochzeit eigenständig zu planen und durchzuführen!
    Doch als es zur Lösung des Problems kam, fasste sich der Tiberier unwillkürlich ans Kinn. Mehr Geld? Ob die Probleme des Cultus Deorum einfach durch eine kleine Finanzspritze gelöst werden konnten? Durus war da überaus skeptisch...


    "Aurelius, ich teile Deine Sorge um das Wohl unseres Staates wegen der Vernachlässigung des Cultus Deorum. Auch ich sehe den Mangel an Priestern und den schlechten Besuch der staatlichen Festtagsrituale als Gefahr für die Pax Deorum und damit für uns alle."


    Er machte eine bedeutungsvolle Pause und holte Luft, ehe er erneut ansetzte.


    "Doch ich betrachte den Dienst an den Göttern als Dienst an unserem Staat, wie es auch ein Politiker und Staatsmann tut. Seit Gründung unserer Stadt betrachtete es jeder gute Mann als große Ehre und heilige Pflicht, der Res Publica nach Kräften zu dienen, fast stets ohne auch nur ein As dafür zu verlangen. Doch ich sehe auch die Zeiten, in denen viele Männer und Frauen nicht mehr schlicht von den Erträgen ihrer Felder leben können und daher, wenn sie sich dem Dienst an den Göttern verschreiben, eine Aufwandsentschädigung dafür benötigen.


    Die Frage jedoch ist, ob eine Erhöhung dieser Entschädigung dazu führen würde, dass mehr Menschen bereit sind, ihr Hauptaugenmerk auf den Cultus der Götter zu legen. Ich sehe die Wurzel an einer anderen Stelle: Die Menschen sind in ihrem Überfluss zu der irrigen Annahme gelangt, sie hätten sich ihren Wohlstand und Frieden selbst geschaffen und müssten sich nicht mehr vor dem Zorn der Götter fürchten. Ist dies - und nicht der bloße Lohn, der bei uns sicher nicht mit den gewaltigen Summen, die ritterliche Offiziere und Beamte in kürzester Zeit für ihre abhängige Arbeit erhalten, konkurrieren kann - nicht der eigentliche Grund unseres Leidens?"


    Dies war wohl eine rhetorische Frage, aber das Faktum, das er angesprochen hatte, war für Durus sehr wichtig und sollte daher seiner Meinung nach diskutiert werden.

  • Tiberius' einleitende Worte gereichten in der Tat dazu, dass Gracchus den Anschluss an die Diskussion fand, welche er jedoch im Laufe der Rede des Pontifex erneut verlor. Mehr schlecht als recht sortierte er das Gehörte und versuchte es in einen Sinn zu bringen, während bereits der nächste Pontifex dem Anstoß Tiberius' folgte.
    "Ich kann Senator Tiberius nur zustimmen. Es ist erschreckend, wie lapidar mit den Göttern und dem Kult im Allgemeinen umgegangen wird. Dabei spreche ich nicht von den einfachen Bürgern, denn wer einmal die Vorhänge seiner Sänfte beiseite schiebt, der wird kaum mangelnde Verehrung an den Schreinen und Altären in der Stadt vorfinden. Nein, die Männer, die für jeden Römer ein Vorbild sein sollten, lassen es viel zu sehr an der Durchführung altehrwürdiger kultischer Traditionen und Riten mangeln. An Feiertagen - zum Wohle des Staates zelebriert, oftmals Garant für ein weiteres Jahr im Wohlstand oder aus Dank über die Abwendung früheren Übels - sind die Reihen der Senatoren und Rittern stets mehr als überschaubar. Ereignisse, für die noch vor Jahrzehnten den Göttern durch ein größeres Opfer gedankt wurde, werden heute als selbstverständlich hingenommen - und das, obwohl bei solchen Gelegenheiten durchaus auch das eigene Ansehen aufpoliert werden kann. Doch Aurelius Corvinus bringt es gleichsam auf den Punkt - Geld. Geld und Reichtum ist das einzige, was in diesem Staat noch zählt. Ansehen und Einfluss wird mit Geld gekauft, der Götter Dank wird mit Sesterzen bezahlt, als wäre eine Spende an den Cultus Deorum schon Mühe genug. Und wäre es nicht deutlich gegen jede Tradition und jeden Anstand gewesen, ich bin überzeugt, die Senatoren hätten sich auch nich Stellvertreter für die vergangene lustratio eingekauft!"
    Ein empörtes Gemurmel war aus der Ecke zweier Pontifices zu hören, welche wie viele Mitglieder des Collegiums ebenso der Senatorenschar angehörten und sich augenscheinlich angesprochen fühlten. Der Redner jedoch fuhr fort, ohne sie zu beachten.
    "Was muss noch geschehen, dass die führenden Köpfe unseres Reiches begreifen, dass eine durch dieses Collegium verordnete lustratio alle paar Dekaden nicht ausreicht, um das Wohlwollen der Götter zu sichern? Wieviele Consulen müssen noch ihr Leben lassen, wieviele Vestalinnen und wieviele Göttliche?"
    Sein Blick schweifte zum Pontifex Maximus, der gleichsam Teil des Göttlichen war, wie auch einer der führenden Köpfe des Reiches.
    "Vielleicht wäre es an der Zeit, statt mit Sesterzen zu werfen, jene Männer in die Pflicht zu rufen, welche den Göttern gegenüber am dankbarsten sein sollten für alles, was sie erreicht haben."
    Einer jener Männer, welche zuvor bezüglich des senatorischen Münzaktionismus ein wenig empört sich gezeigt hatten, Cincius Privernas, warf mürrisch ein:
    "Wie willst du das anstellen, willst du etwa Opfer anordnen, Sanktionen für Absenz an Feiertagen verhängen? Das ist doch lächerlich."
    Der Pontifex Cornelius, ebenfalls Senator, suchte dagegen die Bedenken konstruktiv weiter zu bedenken.
    "Der Kult ist bereits zur Genüge reglementiert. Wir sind es, die für die Einhaltung dessen Verantwortlich tragen, womöglich sollten wir uns an die eigene Nase fassen, mehr einmischen in Diskussionen und Entscheidungen des Senates. Der Cultus Deorum hat die Möglichkeit, das gesamte Amtswesen zu blockieren und auch, wenn es so weit nicht kommen sollte, so wäre vielleicht ein wenig mehr Lenkung angebracht. Wir sind es doch letztlich, die ihre Pflicht zur Mahnung vernachlässigen, wenn Männer, die den Weg des Cursus Honorum beschreiten, sich in keinster Weise um den Kult zu scheren brauchen, wir sind es, welche dulden, dass Legaten nicht mehr vor ihren Legionen opfern und mit ihnen Feiertage zelebrieren, wir sind es, die zulassen, dass die senatorischen Reihen bei Opferungen ohne Konsequenzen leer bleiben. Die Götter können nicht von mehr Sacerdotes und Pontifices leben, die Götter leben nur durch die Menschen, die sie verehren, die an sie glauben, ohne dass sie dafür bezahlt werden. Es ist an uns, dafür Sorge zu tragen, dass die Götter nicht vergessen werden und Rom durch sie weiter in seiner Blüte steht, denn zweifelsohne ist uns allen hier bewusst, dass ein Imperium nicht ohne seine Götter bestehen kann."
    Da die Diskussion begann, sich um grundsätzliche Überlegungen zu drehen, welche durchaus möglicherweise bedenkenswert waren, sich jedoch mehr und mehr dem eigentlichen Vorschlag des Collegium Septemvirorum entfernte, suchte der Rex Sacrorum Fabius sie dorthin zurück zu führen.
    "Von den ursächlichen Problemen für den Priestermangel einmal abgesehen, welche auch ich nicht nur bei einer unzureichenden Entlohnung sehe, könnte dies durchaus ein Anreiz für mehr Kultpersonal und damit ein kleiner Schritt auf dem Weg einer größeren Lösung sein. Doch, Aurelius, hat sich das Collegium der Septemviri bei dieser Überlegung auch Gedanken über die Finanzierung dessen gemacht? Wo sollen diese dreißig Prozent mehr Gehalt herkommen? Aus dem Staatshaushalt? Aus den Kassen des Cultus Deorum? Immerhin sprechen wir hier nicht über Personal einer Stadt mit ein paar Tempeln, sondern von einem Weltreich."

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Durus lauschte den unterschiedlichen Ansichten der anderen Collegae. Auch er gab wenig auf die Herren im Senat - waren doch zu viele Speichellecker des Kaisers, die von ihm in den Senat erhoben worden waren, ohne dass sie auch nur einen senatorischen Vorfahren aufweisen konnten! Kein Wunder, dass Germanen, Hispanier und Griechen kaum ein Interesse an römischen Göttern hatten! In diesen Situationen vergaß er gerne, dass auch er keinen Senator als Vater gehabt hatte - hatte er die Kritik der alten Familien doch schon so stark verinnerlicht und mit seiner patrizischen Arroganz verbunden!


    Aber die Frage nach den Kosten fand Durus ebenfalls interessant. Bei Kosten hörte der Spaß stets auf!

  • In seiner ganzen Göttlichkeit, die man seiner Erscheinung zusprach, und seiner ganzen Kränklichkeit, die seine Erscheinung tatsächlich bot, verfolgte Valerianus die Debatte und erweckte einmal mehr den Anschein, er würde schlafen. Tatsächlich verfolgte sein Geist die Argumente recht rege, denn in der Debatte fielen Stichworte, die ihn einfach aufhorchen lassen mussten. Nur die geschlossenen Augen verhinderten, dass davon etwas nach außen drang. Dazu musste er erst seinen Mund öffnen.


    "Ihr sprecht von zwei Dingen. Mehr Priestern, die Opfer zelebrieren und mehr Zuschauern, die diesen beiwohnen."


    Alleine die Tatsache, dass er dies feststellte, drückte auch seinen Wunsch aus, diese Themen getrennt zu behandeln.

  • Durus sah sich gefordert, dem Pontifex Maximus den unmittelbaren Zusammenhang beider Themen zu erläutern. Offensichtlich dachte der Kaiser nicht so ganz mit!


    "Beides ist untrennbar miteinander verbunden, Pontifex Maximus! Fühlen sich mehr Menschen den Göttern verpflichtet, sind auch mehr bereit, ihnen als Priester zu dienen. Es ist also von Bedeutung, beide Themen gemeinsam im Auge zu behalten."


    Und für Durus war es die Aufgabe, die Wurzel zu bekämpfen und nicht irgendwelche Auswüchse!

  • Die Diskussion schien mir etwas schwerfällig aufzukommen, doch angesteckt von den übrigen, meldeten sich bald auch die anderen pontifices zu Wort. Ich stellte ein wenig überrascht fest, dass sich diese Zusammenkunft im Grunde gar nicht von den Treffen der Siebenmänner unterschied. Hin und wieder warf ich einen kurzen Blick zum Kaiser hin, der auf mich schläfrig und desinteressiert wirkte, was ich nun gar nicht nachvollziehen konnte.


    "Mit Verlaub", erwiderte ich auf den Hinweis, die Priester in die Pflicht zu rufen. "Ich persönlich erachte es als unvorteilhaft, die Bürger zu zwingen, sich den Göttern zuzuwenden. Wie viele Opfer würden verdorben, wie viele Menschen fehlgeleitet werden, wenn derjenige, den man zur Priesterschaft gewzungen hat, nicht mit Leib und Seele und dem Herzen bei der Sache ist?" Ich schüttelte den Kopf. Das Ausmaß an Chaos mochte ich mir nicht vorstellen. "Wenn man jedoch einen größeren Anreiz bietet, dem cultus beizutreten, dann bleibt die Entscheidung den Bürgern überlassen. Sicherlich werden viele des Verdienstes wegen Priester werden wollen, doch steht dahinter die Absicht, die Familie besser zu ernähren, und ist dies nicht ein sinnvoller Ansporn? Reichtümer lassen sich wahrlich keine anhäufen mit dem Erlös aus der religiösen Arbeit. Trauriger Fakt ist, dass es zu wenige gibt, die rein wegen der Götter der Priesterschaft beitreten." Ein wenig Gemurmel entstand, ich blickte zum Kaiser hin.


    Der Einwand des Fabius Antistes machte mich wütend, doch konnte ich mich schlecht gehen lassen. Ich hatte lange überlegt, ob es sinvoll wäre, dem gesamten collegium oder nur dem Kaiser die schockierende Nachricht zu überbringen. Ich hatte mich entschieden und die Entscheidung verworfen, um wieder eine neue zu treffen. In diesem Augenblick wollte ich nur, dass es alle erfuhren. So dreist und unbescholten, wie er sich gab! Ich knirschte mit den Zähnen. "Und sollte nicht der rex sacrorum ein Vorbild für jeden Priester in unserem Reich sein?" fragte ich spitz zurück. Es war ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um die Bombe hochgehen zu lassen. Wir waren mir der Diskussion noch nicht soweit, dass ich das nächste Thema anschneiden konnte. Und auch wenn ich den Fabier bestraft sehen wollte, so war es von großer Wichtigkeit, dass die Diskussion über die schwindende Priesterschaft zuerst zu einem akzeptablen Ende fand, ehe ich auf Antistes zu sprechen kam. So beherrschte ich mich, mühsam, und schluckte den Ärger vorerst hinunter, auch wenn einige pontifices verwirrt in meine Richtung sahen - was angesichts meiner Bemerkung auch nicht weiter verwunderlich war. "Das collegium septemvirorum empfiehlt, die Einnahmen der Priesterschaft aus der Staatskasse aufzustocken, ja. Bedenkt, dass hier mehr Priester auch mehr Opfer bedeuten, und im Idealfall mehr Opferwillige, die Geld in die Kassen bringen." Erneut warf ich einen Blick zum Kaiser, dann zu Antistes. Ob der bereits Lunte gerochen hatte?

  • Tatsächlich sah Durus ein wenig verwirrt zu Fabius Antistes. Er kannte ihn kaum, doch war ihm bisher nichts zu Ohren gekommen, was ihn nicht zum Vorbild der Priester gemacht hätte - abgesehen von den üblichen Gerüchten, die wohl um jede hochgestellte Person gerankt wurden. Ob dies eine Drohung wegen eines dunklen Geheimnis sein sollte? Aber vielleicht war es auch nur Corvinus' Ärger über die ablehnende Haltung der Pontifices.


    "Ich gehe davon aus, dass das Aerarium Saturni kaum über genügend Einnahmen verfügt, um das auf Dauer zu bezahlen. Wäre es überhaupt möglich, den Fiscus dafür zur Kasse zu bitten?"


    Er blickte zum Pontifex Maximus, der in Personalunion der mit Abstand reichste Bürger Roms war, wobei er einen Teil seines Geldes als zweiten Staatsschatz verwaltete. Dennoch war es wohl von ihm abhängig und ohne seine Zusage war es völlig überflüssig, darüber zu diskutieren.

  • Von jenem Pontifex Maximus und reichsten Bürger Roms war indes in diesem Augenblick wieder einmal nicht mehr zu vermerken als der Eindruck, dass er der Debatte nicht ganz aufmerksam folgte. Auch wenn der äußere Eindruck schlimmer war als der tatsächliche Zustand, so betrachtete er die Frage offenbar als nicht an ihn gerichtet und verzichtete folglich auch auf eine deutliche Antwort.

  • Durus bemerkte, dass der Pontifex Maximus erneut schien, als wäre er geistig gar nicht anwesend. Zwar war er jünger als Iulianus, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass er dennoch seniler als sein Vorgänger war. Wieder einmal fragte der Tiberier sich, ob Valerian die beste Wahl für einen Nachfolger des Iulianus gewesen war - Quintus hätte vielleicht doch lieber die Legionen übernehmen sollen und...aber das waren hochverräterische Gedanken! Also beschloss er, sich lieber wieder der Sitzung zuzuwenden.


    "Pontifex Maximus? In welchem Zustand ist der Fiscus? Könnte er eine solche finanzielle Bürde übernehmen?"


    fragte er endlich direkt. Sonst ging das hier ja niemals vorwärts!

  • Eine tiefe Falte entstand allmählich auf meiner Stirn. Mein Blick ruhte auf dem Kaiser, der ein ums andere Mal so schien, als interessierte er sich nicht für die diskutierten Belange oder schliefe gar. Dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten bestellt war, stellte keine Neuigkeit mehr dar. Ohne genau bestimmen zu können warum, beunruhigte mich zudem ein wenig, dass Vinicius Hungaricus nun nicht länger in Rom weilte, und sich somit nur Personen in unmittelbarer Nähe des Kaisers aufzuhalten schienen, die in meinen Augen fragwürdig waren. Dieser neue praefectus urbi, der im Sturm Karriere gemacht hatte, war im Grunde unbekannt und gesichtslos, und vom Legaten der Ersten hielt ich auch nicht sonderlich viel. Wer blieb, war Aelius Quarto, des Kaisers Bruder. Vielleicht noch Purgitius Macer, sofern er näher mit dem Kaiser zu tun hatte.


    In meine Überlegungen hinein fragte Durus nun erneut nach dem fiscus. Das aerarium des Saturn war zwar gut gefüllt, doch würden die Einnahmen nicht die laufenden Kosten eines Projektes solchen Umfangs decken können, wie ich von den Recherchen während meiner Zeit als quaestor urbanus wusste. Mein Blick glitt kurz zu Gracchus, ruhte dann aber wieder auf dem Kaiser.

  • Erst auf die direkte Ansprache hin realisierte Valerianus, dass die Frage an ihn gerichtet war. Trotzdem schwieg er noch einen Moment länger und schaute sich verstohlen um, als könne dort jemand sitzen, der ihm eine Antwort vorgab.


    "Ich werde das prüfen lassen müssen. Geht davon aus, dass es ohne zusätzliche Hilfen gehen muss. Wir haben eben erst einen Krieg geführt."


    Erfolglose Kriege hatten die unangenehme Nebenwirkung, dass sie mehr kosteten, als sie einbrachten.

  • Keine Hilfe? Damit war der Fall für ihn vom Tisch. Gehaltserhöhungen kosteten immer Unsummen, die man erst haben musste. Er runzelte die Stirn.


    "Dann sehe ich im Augenblick keine Möglichkeit, eine Gehaltserhöhung zu finanzieren. Man könnte bestenfalls für das Opfern in Tempeln eine eigene Gebühr erheben - aber das würde sicher so manchen Bürger ärgerlich werden lassen."


    Natürlich zahlten auch Bürger ungern Geld - drückten sie doch schon die üblichen Steuern, von denen Durus als Patrizier ja glücklicherweise befreit war. Aber andererseits konnte man möglicherweise mit derartigen Gebühren dafür sorgen, dass fleißige Sacerdotes besser, faule hingegen schlechter entlohnt wurden und damit mehr Gerechtigkeit eintrat.

  • "Wir könnten um die Erhebung einer neuen Steuer zur Finanzierung bitten"
    , warf einer der Pontifices ein.
    "Die Steuerlast der Bürger ist bereits hoch genug!"
    ereiferte sich sogleich der nächste.
    "Zudem würde man damit doch genau das Gegenteil erreichen, dass die Menschen sich eben nicht mehr dem Kult zuwenden, wenn sie auf der anderen Seite dafür zur Kasse gebeten werden. So funktioniert das nicht."
    "Was ist mit den Patriziern? Wäre das nicht eine Steuer, die wie für sie gemacht ist? Statt den Staat zu unterstützen, könnten sie dem Kult subsidiär zur Seite springen."
    Ein maliziöses Schmunzeln umrahmte Cincius' Gesicht bei diesem Vorschlag.
    "Das würde dir so passen! Gerade die Patrizier halten den Kult noch am meisten in Ehren. Um dies zu erkennen, musst du dich nur in den Collegien umsehen, Cincius, aber du verschließt lieber die Augen, nicht wahr? Zudem ist diese Steuerbefreiung ein Geschenk des Augustus und niemand hat das Recht, dies in Frage zu stellen!"
    "Außer der Augustus selbst, welcher nun nicht mehr jener ist, welcher dieses Geschenk einst gewährte."
    Der Blick des Pontifex schweifte langsam zu jenem Manne hin, welcher nun der Augustus war, doch eben dieser schien mit seiner Aufmerksamkeit bereits wieder weit fort zu sein.
    "Aber, aber, meine Herren, mäßigt euch"
    , griff schlussendlich Fabius Antistes ein, welchem die Diskussion nun einerseits zu weit vom Thema, andererseits in allzu gefährliche Regionen vorzudringen drohte.
    Zwischen all den kurzen Sätzen suchte Gracchus noch immer mehr oder minder erfolgreich der Sitzung zu folgen, gleichsam konnte er nicht gänzlich nachvollziehen, was gegen eine Finanzierung - augenscheinlich höherer Gehälter, obgleich er sich dessen nicht gänzlich sicher war - durch den Cultus Deorum sprach, denn noch während seines Aedilates, als ihm die öffentlichen Konten zur Einsicht verfügbar gewesen waren, war eben dieses Vermögen des Cultus Deorum Roms enorm gewesen, so enorm immerhin, dass Gracchus mindestens einen gesamten Nachmittag darüber hatte nachgedacht, wozu all diese Münzen wurden angehäuft, da vermutlich nicht einmal die Instandsetzung sämtlicher Tempel Roms diese Summe würde verschlingen können, gleichsam jede kultische Festivität über die nächsten Jahrzehnte hinweg wäre damit finanziert, ganz ohne dass immer wieder Münzen in die Kasse flossen.
    "Wes..halb ni'ht das ... Ver..mög'n des Cult's De..orum an..tast'n?"
    Üblicherweise hätte Gracchus eine solche Frage nicht in jener nackten Form hervorgebracht, hätte zumindest erwähnt, was weshalb nicht mit diesem Vermögen sollte nicht geschehen, hätte die Frage mehr noch mit einem einigermaßen ausgefeilten rhetorischen Satzkonstrukt umhüllt, doch er war sich dessen sicher, dass er vermutlich nach dem gedanklichen Aufbau eben jenes entweder bereits von der Diskussion wieder wäre abgehängt worden oder aber hernach nicht einmal nach der Hälfte der Aussprache angekommen Anfang wie Ende hätte vergessen. Dennoch, als die Worte vom Schall durch den Raume transportiert zurück in seinen Geist drangen, bereute er einmal mehr, überhaupt sich geäußert zu haben, hoffte gleichsam darauf, keine Rückfragen provoziert zu haben.
    "Der Cultus Deorum hat für eine imperiale Finanzierung ebenfalls keine Mittel"
    , suchte Fabius ein neuerliches Aufflammen der Diskussion zu verhindern.
    "Wir könnten mit Rom, allfällig Italien beginnen. Für Zuschüsse in der Hauptstadt reicht das Vermögen bei weitem aus. In den übrigen Provinzen müsste man eben sehen, was deren Kassen hergeben."
    Gleichsam wusste beinahe jeder im Raume, dass die übrigen Provinzen dem hiesigen Collegium ohnehin nicht nahe standen, denn obgleich das Collegium Pontificium das oberste und wichtigste Priestercollegium des gesamten Imperium Romanum war, so hatte jede Provinz ein eigenes kultisches Collegium, welches seinerseits ebenso über zusätzliche Ausgaben aus seiner Kasse würde entscheiden können. Rom war nun einmal die Welt, und wenn in Rom erst die Situation sich würde gebessert haben, so würde man eventualiter über die Stadtmauern hinaus blicken können.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Die Idee einer Finanzierung auf dem Rücken des Patriziats lehnte Durus natürlich sofort rundheraus ab - doch er musste sich nicht einmal zu Wort melden, denn ein anderer Pontifex kam ihm schon dazwischen.


    Dann meldete sich Flavius Gracchus zu Wort und Durus erschrak ein wenig. Er hatte schon gehört, dass er etwas krank war. Doch er schien ja kaum Worte herauszubringen! Das war ziemlich schade, denn er mochte den Patrizier, der es stets geschafft hatte, sich überall größter Beliebtheit zu erfreuen. Außerdem hatte er doch einen Sohn bekommen - wie sollte er den denn vernünftig aufziehen, wenn er ihn nicht einmal zurechtweisen konnte?


    "Das Vermögen des Cultus Deorum ist dazu da, um die Tempel zu finanzieren, nicht die Priesterschaft!"


    warf plötzlich ein Pontifex ein und brachte Durus wieder auf die Diskussion zurück. Das war natürlich wahr, andererseits erinnerte sich Durus ebenfalls an die hohen Summen, die in den Tempelschätzen der Stadt lagerten. Dafür konnte man wohl so manchen Tempel aus purem Gold bauen! Dennoch...


    "Dafür wurde dieses Geld dem Cultus Deorum überlassen, da muss ich meinem Collega Recht geben. Dennoch wäre es möglicherweise doch besser, zuerst festzustellen, ob eine Gehaltserhöhung notwendig ist und dann überlegen, wie diese finanzierbar wird."


    Die Debatte schien langsam vom eigentlichen Problem ab und hin zu einer theoretischen Diskussion über die Finanzierung zu gehen. So musste Durus wieder zurückrudern.


    "Ich gehe nicht davon aus, dass ein Sacerdos Publicus unserer Tage Not leiden muss - vielmehr steht ihm ein stolzes Gehalt zur Verfügung, das das unserer Väter beiweitem übertrifft. Deswegen muss also niemand Hunger leiden. Darüber hinaus ist der Dienst als Sacerdos als Ehre zu verstehen - wo sonst hat man die Möglichkeit, dem Staat zu dienen ohne sich abhängig zu machen? Dies ist eine der wenigen Tätigkeiten, die eines freien Bürgers würdig sind! Und das ist meiner Meinung nach schon eine Menge wert!"


    Er vermied einen Blick zum Augustus, denn er hatte genau das gemeint: Seitdem der Princeps über allem stand, wurde die meiste Verwaltung des Reiches von abhängigen Procuratores organisiert, die wiederum hierarchische Verwaltungen unter sich hatten. Vorbei war die Zeit, in der Staatsdienst ein Privileg war und von freien Senatoren mit ihrer Anhängerschaft ausgeführt wurde. Nur der Cultus Deorum genoss noch weitestgehende Freiheit - besonders, wenn der Pontifex Maximus so wenig Interesse zeigte, wie Valerianus. Durus mochte ihn einfach nicht.

  • "Es ist doch nichts daran falsch, einen kleinen Anreiz zu geben! Es wurde doch schon bemängelt, dass sich der senatorische Adel zu wenig um die Belange des Cultus Deorum sorgen. Eine Gehaltserhöhung für Sacerdotes könnte vielleicht andere Schichten mobilisieren, die ebenfalls ehrenhafte Bürger sind, aber vielleicht dennoch für ihre Söhne eine ordentliche Grundlage für ein sorgenfreies Leben schaffen wollen."


    meinte der Pontifex, der schon die Steuer gefordert hatte. Durus fand dies einerseits plausibel, andererseits wünschte er sich keine Aufsteiger im Cultus Deorum. Für ihn war der Dienst am Staat (zu dem auch das Priesteramt gehörte) Sache des Senatorenadels und der Männer, die Zeit und Geld für derartige Tätigkeiten hatten. Das war doch keine Arbeit!


    Dennoch verkniff er sich, noch einmal darauf einzugehen, denn der Rex Sacrorum erhob sich, offensichtlich um seinerseits noch etwas zu sagen.


    "Ich denke, wir sollten abstimmen, ob wir einen solchen Antrag unterstützen. Wir haben beide Seiten gehört - oder möchtest Du noch etwas dazu sagen, Aurelius?"


    er sah den Septemvir an und auch Durus sah zu dem jungen Mann. Er fand, dass es doch in gewisser Weise mutig war, dass er als eher jüngerer Septemvir vor das Collegium Pontificium trat und einen solch...unpopulären Antrag stellte.

  • Vor einem Opfer eine Gebühr zu entrichten empfand ich als ebenso haltlos wie sinnfrei, gleich verhielt es sich mit der angesprochenen Steuer der Patrizier. Nicht, dass ich nicht bereit gewesen wäre, eine solche zu entrichten, wenn sie auch dem Kult zugute kam, doch würde es wohl kaum mehr Opferwillige in die Tempel und mehr Nachwuchs in den culuts locken, wenn Patrizier - oder irgendjemand - eine besondere Steuer zahlte.


    Die Reaktion des rex sacrorum auf sämtliche Belange, die den Staat auch nur annäherungsweise zu schröpfen suchten, war eindeutig. Es deutete dies gänzlich darauf hin, dass er, als eine der religiösen Größen des Staates, dieses Vermögen zum Teil als sein eigenes betrachtete. Wieder war mir danach, auszuspucken vor ihm, meinen Ekel und meine Abscheu vor ihm kund zu tun, doch ich beließ es dabei, ihn ein wenig länger als üblich anzuschauen und den Blick dann von ihm abzuwenden. Länger hätte ich es nicht ertragen, ihn so selbstgefällig dort sitzen zu sehen, nicht in dem Wissen um die Taten, derer er sich schuldig gemacht hatte.


    Die Tempelfinanzierung, die als eigentlicher Ausgabefaktor des kultischen Vermögens genannt wurde, ließ mich an die verschiedenen Tempel denken, die partiell sanierungsbedürftig waren. Tagtäglich gingen Briefe ein, nicht nur beim scriba des rex, sondern auch an unterschiedlichsten Adressen, und auch auf meinem Schreibtisch hatte ich schon Klagebriefe und Bittstellungen gefunden. Scheinbar versuchten es die ernsthaft bemühten Priester überall, nur um doch mit dem allernötigsten abgespeist zu werden. Ich seufzte leise, brachte mich dennoch nicht in die Debatte ein. Dies war eine Entscheidung, die das collegium pontifcium zu treffen hatte. Ich hatte die Informationen und den Anstoß geliefert, und es war nicht an mir, hier zu intervenieren und mehrmals deutlich mein pro für diese Erhöhung der Verdienste auszusprechen.


    Endlich aber kam sie, die Aussage von einem Mann, welcher der Farbe Orange sehr zugetan zu sein schien. Mir lag eine beifällige Bemerkung auf der Zunge, doch schwieg ich wieder. Und schließlich lenkte der rex sacrorum die Aufmerksamkeit aller auf sich, indem er sich erhob und zur Abstimmung aufforderte. "Einen Anreiz bieten, genau das ist es, was ein wenig mehr Geld bewirken kann. Das Siebenmännerkollegium befürwortet diesen Schritt, denn auch wenn es derzeit bergauf zu gehen scheint mit der Zahl jener, die sich dem Dienst an den Göttern verschreiben, so wissen wir doch aus der Erfahrung, die die Zeit uns lehrt, dass dies keinesfalls als längerfristig andauernder Zustand betrachtet werden kann", fügte ich auf die Frage des Fabiers an. Jetzt kam es wohl darauf an, wie viele der pontifices für eine Erhöhung der Verdiensteinnahmen stimmten, auch wenn wohl noch nicht ganz klar war, woher man diese Gelder nehmen sollte.

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