Privataudienz für Manius Flavius Gracchus Minor

  • Der Procurator ab epistulis hatte für die Privataudienz mit dem jungen Gracchen ein Officium Imperatoris herrichten lassen. Wie immer standen in dem Raum ein Tisch und zwei Klinen, von denen eine bequemer und besonders ausstaffiert war und natürlich dem Kaiser vorbehalten war. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Obst und in einer Ecke mehrere Trinkbecher und mit Wein und Wasser befüllte Kannen. Weiterhin stand unauffällig neben dem Tisch mit den Getränken ein Tisch für den Privatsekretär des Kaisers.

  • Konträr zu seiner vorherigen Audienz an der Seite seiner Amtskollegen führte man Manius Minor diesmalig in einer der Officia Imperatoris, welche fortunablerweise eine etwas behaglichere Atmosphäre versprühten als die strikt hierarchische, intimidierende Aula Regia. Der Princeps schien noch nicht erschienen zu sein, sodass auch der Jüngling, gefolgt von seinem geliebten Patrokolos, es nicht wagten, jene augenscheinlich für den Gast präparierte Kline zu okkupieren, sondern ratlos im Raume standen.


    Trefflich memorierte er noch seinen letzten Besuch in der Domus Flaviana, wo Severus wie gewöhnlich überaus cordial ihn hatte empfangen, ja konträr zu den beiden anderen, weitaus beflisseneren Tresviri, ihm geradehin seine Protektion hatte offeriert. Doch gefangen in dem epikureischen Wahn, weltlichen Ruhm und politischen Verdienst mit Missachtung zu strafen und jene durch die Unsterblichen selbst konstruierte Ordnung der Menschheit geringzuschätzen, hatte er die Versicherungen von Affektion und Avancement keineswegs dankbar ergriffen, sondern sich in die feige Unbestimmtheit geflüchtet, um undisturbiert auf seinem geheimen Weg zum ewiglichen Verderben fortzuschreiten. Scham ergriff ihn bei den Gedanken an jene Gedankenlosigkeit und er schlug reuig die Augen nieder, während zugleich er verhoffte, der imperialen Gunst nicht verlustig gegangen zu sein.

  • Es dauerte eine Weile, bevor der Kaiser ebenfalls das Officium betrat. Wie üblich war er leger in einer Tunica gekleidet, die nur durch sein Merkur-Medaillon geziert wurde.


    "Salve, Flavius!" grüßte er den jungen Mann mit einem Lächeln. Er bedeutete Gracchus, Platz zu nehmen und legte sich selbst auf seine Kline. "Wie geht es dir?"

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  • Die Fasern des jungen Flavius verspannten sich ein wenig an, als der Augustus eintrat, ohne auf ein minimales Iota zu offenbaren, inwiefern seine Neigung er gegen den Besucher einem Wandel war unterlegen. Ein wenig nervös fiel daher seine Replik aus, welche er auf die initiierende Frage in einiger Ratlosigkeit formulierte:
    "Ich bin wohlauf."
    In der Tat ließ sich konstatieren, dass seit seiner Purgation von der Opiumsucht nicht lediglich seine mentalen, sondern ebenso seine korporalen Kapazitäten sich zu steigern schienen, obschon dafür er auch genötigt war, motivationale Minima zur Gänze zu durchleben, anstatt sich vor ihnen in den Rausch zu flüchten.
    "Ich assistiere meinem Vater bei seinen Obliegenheiten, da er in letzter Zeit bisweilen über leichtes Unwohlsein klagt."
    Selbstredend wurde die Majorität der Materien des Pater familias von Sciurus, dem Vilicus und Vertrauten Manius Maiors übernommen, während auf anderer Seite sein Vetter Scato als Senator und reiferer Bürger bisweilen ihn zu gesellschaftlichen Anlässen vertrat, doch auch Manius Minor, der seit seiner Genesung keinerlei offizielle Verpflichtungen mehr zu erfüllen hatte, hatte seinen Anteil zu erledigen und gewann damit zunehmend Kenntnisse in der Administration eines herrschaftlichen Haushaltes, was nicht zu jeder Zeit erquicklich, doch stets lehrreich war.

  • "Ich hörte davon." antwortete der Kaiser. Immerhin war der Vater des jungen Flaviers ja sein persönlicher Vertreter im Cultus Deorum.


    Er strich sich nachdenklich durch den Bart. "Wie ich hörte, hast du deine Res Gestae im Senat gehalten." Er machte eine kurze Pause. "Leider war es mir nicht möglich, an der Sitzung teilzunehmen. Daher möchte ich dich bitten, mir eine kurze Zusammenfassung zu geben: Wie beurteilst du deine Amtszeit?" Natürlich hatte sich Severus wie über jede Sitzung auch über diese Rede berichten lassen. Aber er hatte Gracchus Minor ja eingeladen, um über seine Amtszeit zu reden. Da war das ein guter Einstieg.

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  • Selbstredend hatte der Jüngling bereits einige Präparationen getroffen, um seine mäßige Amtszeit hinreichend zu legitimieren, zumal bereits seine Res Gestae jene Obliegenheit ihm aufs Dringlichste vor Augen geführt hatten. Da er es indessen nicht für erforderlich erachtete, seine gesamten Aktivitäten zu rekapitulieren, da der Princeps zweifelsohne über die zentralen Aspekte der senatorischen Verhandlungen in Kenntnis gesetzt wurde, dessenungeachtet jedoch auch die Option hatte, sich durch Fragen bezüglich einzelner Aspekte präziser zu erkundigen, begann er recht allgemein:
    "Nun, ich muss konzedieren, dass mich meine Leistungen nur bedingt zufrieden gestellt haben. Zwar gelang es mir, sämtliche Notwendigkeiten meines Amtes zu erfüllen, doch bedaure ich ein wenig, mich manchen Aspekten ein wenig intensiver zugewandt zu haben."
    Konträr zu dem Auftritt vor dem Senat hatte Manius Minor beschieden, im persönlichen Gespräch mit dem Kaiser sich selbstkritischer zu präsentieren, zumal das Desaster der kaiserlichen Minen zu Populonia zweifelsohne an das Ohr ihres Eigentümers war gelangt. Dennoch wagte er nicht jenes Sujet ferner zu explizieren, solange sich keine Anzeichen für die Haltung des Aquilius zu jenen Vorgängen ergaben, um nicht Aspekte zu thematisieren, welche zu nennen nicht notwendig sein und womöglich mehr Schaden denn Nutzen für seine Person wie das flavische Haus evozieren mochten.

  • Der Kaiser runzelte die Stirn, als der Flavier antwortete. Er bedauerte, sich manchen Aspekten ein wenig intensiver zugewandt zu haben? War das ein Versprecher? Oder betrachtete er sich als zu gründlich? "Das musst du mir erklären, Flavius." antwortete der Aquilier deshalb etwas verwirrt und nahm sich einen Becher Wein, den ein stummer Sklave hereinbrachte, ehe er auch dem Gast etwas anbot.

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  • Dem Jüngling war entgangen, dass in seiner Pein ihm ein formulatorischer Fehltritt war unterlaufen, weshalb die Rückfrage des Princeps in ihm die Gewissheit nährte, er habe nunmehr sich für sein Versagen während der populonischen Kampagne zu rechtfertigen.
    "Nun..."
    , hob er an und errötete ein wenig.
    "...bisweilen hätte ich womöglich ein wenig mehr Engagement präsentieren können, womöglich auch ein wenig vehementer meine Positionen vertreten sollen, was in besonderer Weise selbstredend meine Inspektionsreise nach Populonia betrifft."
    Er senkte beschämt das Haupt.
    "Womöglich hätte ein wenig mehr Entschiedenheit meinerseits manche Unbill verhindern können."
    Die Reminiszenz an jene brutale Situation, die Furcht angesichts des hingeschlachteten Sklaven dessen Schicksal zu teilen, würde er dem wahnwitzigen Miles Paroli bieten, bestürzte ihn selbst jetzt, als er in völliger Sekurität sich wieder befand, indessen war auch das zerschmetterte Antlitz des Procurator in schillernden (insonderheit roten) Nuancen vor Augen, welches final womöglich singulär das Resultat seines mangelnden Mutes repräsentierte.
    Der Fluch der Väter verfolgte augenscheinlich auch die Söhne.

  • Der Kaiser strich sich nachdenklich durch den Bart. Es war also doch ein Versprecher gewesen. Trotz der ausgesuchten Ausdrucksweise.


    Dass der junge Gracchus ausgerechnet seine Reise nach Populonia ansprach, war dies ein gutes Stichwort: "Tatsächlich hat Aquilianus Privatus sich bei mir über dich beschwert. Er behauptet, du hättest die Kontrolle über deine Eskorte verloren und zu wenig... Engagement gezeigt, sie zurückzugewinnen." Ein kaiserlicher Procurator hatte natürlich einen guten Draht zu seinem Dienstherren. Also kümmerte Severus sich um die Anliegen seines Freigelassenen. "Was kannst du mir dazu sagen?"

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  • Der Jüngling erstarrte gleich einem Kaninchen vor der Schlange, als der Princeps den Namen jenes miserablen Beamten nannte, welchen er im Opiumrausch so sträflich hatte vernachlässigt. In der Tat verspürte er Schuld und die Furcht, mit jenem Verhalten nicht lediglich vor dem (noch) sterblichen Kaiser, sondern ebenso vor den Unsterblichen, insonderheit seinen Ahnen, sich irreparabel als unwürdig erwiesen zu haben.
    "Nun"
    , hob er an und stockte, unschlüssig, ob er dem Drang hin zu einem kompromisslosen Geständnis seines Versagens nachgeben oder durch ridikulöse Ausflüchte sich zu retten versuchen sollte. Die Klugheit schien letzteres ihm zu gebieten, während die Mannhaftigkeit ihn zu ersterem drängte.
    Eine ganze Weile duellierten jene konträren Imperative in seinem Geiste, währenddessen der Jüngling zögerlich seinen Gesprächspartner fixierte, ehe schlussendlich eine Synthese obsiegte:
    "Obschon ich mich in jener Situation außerstande sah, der Meuterei meiner gesamten Eskorte allein mit Patrokolos hier"
    Er blickte hinauf zu seinem geliebten Sklaven, der auch heute stumm an seiner Seite weilte.
    "Einhalt zu gebieten, so übernehme ich doch selbstredend die volle Verantwortung für diesen Zwischenfall. Als Magistrat Roms habe ich meine Pflicht, den Wütenden die Stirn zu bieten und die Schuldlosen furchtlos zu defendieren, sträflich vernachlässigt."
    Den jungen Flavius durchfuhr mit einem Male die Erwägung, dass die Götter ihm womöglich ihre Gnade hätten erwiesen, hätte er in dieser prekären Lage sein Leben auf dem Altar des Gemeinwohles geopfert. Doch hatte er jene Option eines heilenden Sühneopfers seiner selbst echappieren lassen und musste anderweitig sich bewähren.
    "Zu meiner Defension kann ich lediglich meine Jugend ins Feld führen und bitte daher, Augustus, um deine Vergebung."
    Hätte er nicht bereits auf der Kline gelegen, hätte er zweifelsohne das Haupt geneigt und seinen Nacken dargeboten, doch erschien eine Verneigung im Liegen doch ein wenig grotesk, weshalb er lediglich beschämt die Augen niederschlug.

  • Severus strich sich erneut durch den Bart. Es erschien ihm mutig, dass der junge Mann die Verantwortung für seine Fehler übernahm. Aquilianus hatte sein Versagen in schillerndsten Farben beschrieben, obwohl der Kaiser gewisse Zweifel hatte. Der dicke Junge mit dem Milchgesicht vor ihm schien tatsächlich kaum einem durchtrainierten Veteranen gewachsen. Gracchus Minor war zwar ein guter Redner, wie man bei der Eröffnung des Ulpianum gesehen hatte, aber es war doch etwas anderes, vor einem gezückten Schwert die passenden Worte zu finden als vor einer wohlwollenden Menschenmenge.


    Der Kaiser seufzte daher und antwortete schließlich "Ich nehme deine Entschuldigung an." Sofort hob er jedoch den Zeigefinger. "Unter einer Bedingung: Du lernst aus diesem Fehler und wirst zukünftig entschlossener handeln" Natürlich bekam Severus auch mit, wenn Magistrate wenig Engagement zeigten, wie es ihm von dem jungen Flavier berichtet worden war. "und dich mehr darum bemühen, deine Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen." Letztlich war Gracchus Minor ja doch noch ein Junge, der noch vieles lernen musste. Das, aber auch sein mächtiger Vater, waren gute Gründe, ihm die kaiserliche Gnade zu erweisen.

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  • DIe joviale Replik erleichterte den Jüngling und dankbar er selbstredend akzeptierte die Konditionen, welche ohnehin seinen Vorsätzen entsprachen.
    "Ich gelobe, meine Mühen zu multiplizieren."
    Einen Augenschlag verweilte er, um entlastet aufzuatmen, wobei die aufgesogene Luft ihm insonders vitalisierend und von neuer Frische erfüllt erschien.
    "Um dies unter Beweis zu stellen, würde ich es wagen noch eine weitere Bitte an dich zu richten, Augustus."
    Jenes Anliegen hatte er bereits, konträr zu dem vorherigen, im Vorfeld präpariert, obschon sein Vater ebenfalls bereits hatte offeriert, den Princeps um jene Gunst zu bitten:
    "Ich möchte meinen Militärdienst absolvieren. Ich bitte dich ob dessen, mir im kommenden Jahr ein Tribunat zuzuweisen."
    Seinem Vater gegenüber hatte er bereits eine Präferenz ersonnen, doch wagte er vorerst nicht, selbige zu äußern.

  • Der Kaiser lächelte huldvoll, als der Flavier seinen Dank bekundete. Manche Leute hatten einfach einen Familienbonus, egal was sie taten.
    Bei der nächsten Bitte war es allerdings nicht ganz so einfach, Gnade vor Recht walten zu lassen: "Ein Tribunat?" fragte er und runzelte die Stirn. "Dafür bist du reichlich spät dran. Du hättest mich damals darum bitten sollen, als deine Kollegen dies taten. Damals waren noch zahlreiche Tribunate frei. Jetzt habe ich einen Großteil schon fest an die scheidenden Vigintiviri und gerade in diesem Jahr bewerben sich noch einige junge Männer, deren Vigintivirat entweder schon längere Zeit zurück liegt oder die das Tribunat vorziehen möchten." Er fuhr sich durch den Bart.
    "Ich werde sorgfältig abwägen müssen, wem ich hier den Vorzug gebe." Er setzte sich auf. "Warum sollte ich also dich, der sein letztes Amt nach eigenem Dafürhalten nicht zur vollsten Zufriedenheit erfüllt hat, einem anderen vorziehen?" stellte er seinen Besucher auf die Probe. Der junge Gracchus hatte sich schon durch gute Reden hervorgetan. Es würde sich zeigen, ob er auch die Stegreifrede beherrschte und spontan gute Argumente ins Feld führen konnte.

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  • Selbstredend war dem Jüngling bewusst, wie töricht sein Zögern zur Stunde der sich zwingend offerierenden Gelegenheit war gewesen, zumal bereits er seit geraumer Zeit fürchtete, für das kommende Jahr zu spät seine Bewerbung postuliert zu haben. Indessen erweckte die Frage des Princeps mitnichten den Eindruck, als sei sie lediglich rhetorischer Natur und seine Bewerbung damit rundheraus exkludiert, sodass noch einige wenige unokkupierte Stellen zu erhoffen waren.


    Aufs Neue waren augenscheinlich seine rhetorischen Qualitäten gefragt, wobei wie so häufig ihm kein sonderlicher Raum zur Elaboration seiner Argumente war gegeben. Vielmehr offerierte die Situation lediglich eine überaus limitierte Zeit des Spintisierens, welche Manius Minor sogleich sich gestattete, sodass er einen Augenblick verstummte, ehe er wieder ansetzte:
    "Nun, ich könnte Dir diverse Argumente nennen"
    Spontan kamen ihm die Worte seiner Kandidaturrede wie seiner Res Gestae in den Sinn, welche durch eine florale Metapher war geprägt gewesen. In Ermangelung einer besseren Eingebung beschied er somit, sich auch in dieser Situation sich ihrer zu bedienen:
    "Der bedeutsamste mag der sein, dass lediglich eine neue Gelegenheit mich zu beweisen dir gestatten wird zu prüfen, ob das mäßige Keimen meiner flavischen Saat im Cursus Honorum nicht doch zu jener vollen Blüte führen wird, die unser edles Geschlecht seit Generationen stets gewährleistete. Nun mag es selbstredend von deinen Alternativen dependieren, ob du jenes Risiko zu erproben gewillt bist. So mögen etwaig sämtliche übrigen Vigintivirales derart formidable Leistungen präsentiert haben, dass ihr Reüssieren auch für zukünftige Ämter mit größerer Sekurität feststeht als die Leistung eines Sprosses der Flavia, doch mag ich vermuten und auch hoffen, dass nicht sämtliche Homines Novi in diesen Ämtern, ja selbst jene, welche nicht sogleich ihren Ehrenlauf fortführten, von dergestalter Eignung waren."
    In Wahrheit vermochte der junge Flavius durchaus zu imaginieren, dass er, obschon er faktisch nur wenig Schaden dem Staatswesens hatte kausiert, doch unter die schlechtesten aller Vigintiviri der vergangenen Jahre war zu rechnen, obschon er hoffte, dass die Söhne ohne senatorische Deszendenz womöglich selbst bei hohem Engagement in Ermangelung einer familiaren Expertise in diesen Ämtern keine optimalen Leistungen zu erbringen imstande waren. Dessenungeachtet kam schlagartig ihm ein Argument, welches die Zweifel des Princeps mochte nähren:
    "Immerhin zeugt jenes untätige Verweilen nicht eben von einem sonderlichen Interesse für die öffentliche Sache, sodass es selbst dem, welcher in adäquater Weise sein Vigintivirat absolvierte, womöglich zukünftig an Motivation wird gebrechen. Wer dagegen sein Tribunat vorzuziehen trachtet, dessen Eignung ist ohnehin gänzlich unbekannt, sodass das Risiko, einen inkapablen Kandidaten avancieren zu lassen, in diesem Fall nicht höher liegt als in meinem Falle, ja vielmehr ich durch die Einsicht aus meinen Fehlern gelernt habe und umso größere Motivation besitze, meinen Wert zukünftig umso stärker unter Beweis zu stellen."
    Zweifelsohne repräsentierten jene seine größte Konkurrenz, welche nicht regulär das Tribunat auf das Vigintivirat folgen ließen, sondern pausiert hatten oder gar sich mühten, den Kriegsdienst vor sämtliche in Rom situierten Ämter zu legen.
    "Des Weiteren mag kaum eine Familie auch im militärischen Sektor derartige militärische Expertise auf sich vereinen wie die meinige. Meinen Ahnen, Divus Vespasianus und Divus Titus, verdankt das Imperium die Provinz Iudaea, die Sicherung der Rheingrenze und die Befriedung der zahlreichen Aufstände aus der Zeit vor ihrem Regierungsantritt. Noch heute trägt die Legio XIV stolz den Namen unserer Gens und auch in jüngerer Zeit leisteten zahllose meiner Anverwandten, namentlich Secundus Flavius Felix, Marcus Flavius Aristides oder Lucius Flavius Furianus formidable Dienste im Exercitus."
    Die militärischen Erfolge seiner Gens vermochte Manius Minor fortunablerweise jederzeit aus dem Stegreif zu referieren, da doch in seiner Kindheit bereits das Militärwesen einige Faszination auf ihn ausgeübt hatte. Dass hingegen sein Vater, welcher selbst während des Bellum Civile nicht zu den Waffen hatte gegriffen, eine dergestalte Militärtradition eher dubitabel ließ erscheinen, dass Onkel Furianus und Aristides niemals ein Kommando hatten bekleidet, verschwieg der Jüngling jedoch geflissentlich.
    "Schließlich wäre eine Berücksichtigung meiner Person im folgenden Jahr jedoch auch eine insondere Gnade nicht nur für mich, sondern ebenso für meinen geliebten Vater, welchen eine Zurücksetzung seines Erstgeborenen zweifelsohne betrüben würde, da er so treue Dienste dir als Pontifex pro Magistro leistet. Da ich ihn bereits mit meinem mangelnden Engagement in meinem ersten Amte grämte, ist ihm zweifelsohne daran gelegen, jenen Makel für sich und seine Familie so zeitig als möglich getilgt zu sehen. Und was mag hierfür geeigneter erscheinen, als wenn ich auf einem neuen Posten mich bewähre?"
    Manius Minor wusste, dass er hohe Erwartungen erweckte, doch hatte er ja ohnehin aus Furcht vor dem Zorn der Unsterblichen zukünftig höchstes Engagement in jeder öffentlichen Obliegenheit gelobt, womit ein Scheitern ihm aus ganz anderen Gründen als der schnöden Desillusion des Princeps indiskutabel erschien.
    Er seufzte. Weitere Argumente mochten ihm in der Eile nicht in den Sinn kommen. Dennoch fügte er demütig und stockend noch einen Satz hinzu:
    "Aus diesem Grunde möchte ich in aller Bescheidenheit auch nicht erbitten, gleich zahlreichen meiner Anverwandten das Tribunat der Legio I Traiana zu erhalten, sondern vielmehr an jener Stelle meinen Dienst zu tun, wo die Nähe zu Barbaren und Insekurität der Lage mir umso eher Gelegenheit wird geben, meinen wahren Wert unter Beweis zu stellen."

  • Der Kaiser hörte aufmerksam zu. Am Ende nickte er. "Ich werde darüber nachdenken. Ich danke dir aber für deine Argumente, die ich gut abwägen werde." Für eine spontane Rede waren sie ja ganz ordentlich gewesen.

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  • "Ich danke dir, dass Du mich angehört hast, Imperator."
    Der Stimme des Princeps vermochte der junge Flavius in der Tat nicht zu entnehmen, mit welcher Emotion dieser seine Argumente aufgenommen hatte, während selbstredend die Mimik des Aquilius sich ihm ohnehin entzog. Ein wenig hilflos erneuerte er somit sein zentrales Anliegen, welches er in der Erinnerung des Kaisers zu verankern erhoffte.
    "Wie ich bereits sagte kann ich Dir versichern, zukünftig meine Anstrengungen zu multiplizieren."


    Ratlos blickte er zuerst auf seinen Weinbecher, sodann wieder zum Princeps. Nach jenen despirierlichen Scheltworten von allerhöchster Instanz stand ihm nicht der Sinn danach, weitere Anliegen an eben jene heranzutragen.
    "Wünscht du noch weitere Punkte meiner Amtszeit mit mir zu erörtern?"
    , fragte er daher ein wenig furchtsam und leerte seinen Becher in der Hoffnung, zeitig entlassen zu werden.

  • Der Kaiser nickte knapp auf die erneuten Entschuldigungen. Dann antwortete er "Nun."
    Er überlegte einen Moment. "Gratulation zu den Münz-Entwürfen! Die Inszenierung meiner Familie auf den kleinen Münzen hat uns sehr gut gefallen! Wir du vielleicht schon bemerkt hast, wurden sie bereits in Umlauf gebracht." Er schmunzelte. Auch der Caduceus war wirklich ein gewitzter Schachzug gewesen!

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  • Schon befürchtete der Jüngling neuerliche Kritik, als der Aquilius neuerlich ins Sinnieren verfiel, ja geradehin um sein neues Sujet zu ringen schien, doch unerwartet folgte nun gar Panegyrik, welche den jungen Flavius wiederum in Verlegenheit stürzte, sodass prompt seine Wangen sich rubrizierten, zumal jener Ruhm keineswegs ihm selbst, sondern vielmehr seinem getreuen Patrokolos zukam.
    "Ich danke Dir, Augustus."
    , murmelte er somit genant und fasste den Vorsatz, beizeiten seinen Diener für seine treulichen Dienste umfassend zu entlohnen.

  • "Nun, wenn du sonst keine Anliegen hast, darfst du gehen." bemerkte der Kaiser schließlich. Der Flavier war ja eher etwas wortkarg. Verglichen mit seinen rednerischen Auftritten.


    Damit war die Audienz beendet.

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