Über den Paragraphen 53 des Codex Universalis

  • Nach der zeremoniellen Eröffnung der Senatssitzung an diesem Tage wurde erst dies, dann jenes angesprochen und diskutiert - Themen, welche im großen Ganzen der Geschichte zweifelsohne von geringem Belang nur waren, deren Antragsteller indes in den Reihen der Consulare oder Paraetorier zu finden waren, welche darob Vorrang besaßen. In den hinteren Reihen des Senates glaubte Consul Flavius bereits ein erstes Gähnen zu entdecken, ob dessen er froh war, dass das vorige Thema endlich einen Abschluss hatte gefunden. Denn nachfolgend würde er nun Senator Iulius Dives das Rederecht erteilen - und gleich wie dröge dessen Thema auch mochte sein, dies versprach zumindest eine wohl selektierte Ausdrucksweise und elaborierte Rede.
    "Als nächstes auf der Tagesordnung steht ein Antrag des Senator Iulius Dives über den über den Paragraphen 53 des Codex Universalis, genauer über die Öffnung der curulischen Aedilität für Senatoren jegli'hen Standes. Senator Iulius"
    , forderte er jenen auf, das Wort zu ergreifen, und war durchaus gespannt mit welchen Argumenten Iulius die Senatoren von seinem Vorhaben zu überzeugen gedachte.

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  • Der iulische Senator war innerlich noch immer ein wenig überrascht, nicht dass der flavische Consul sein Thema zur Debatte im Senat zuließ, aber doch dass er es so schnell auf die Tagesordnung rief. Immerhin gehörte auch jener flavische Consul zu den Senatoren des patrizischen Standes, der, so es nach Dives ging, am Ende des Tages ein weiteres seiner Vorrechte eingebüßt hätte. - Andererseits jedoch, so mahnte ihn seine innere Stimme zur Vorsicht, mochte es unter Umständen auch schlicht eine patrizische Taktik sein, zunächst mit dieser Form von Widerstandslosigkeit zu überraschen, den plebeischen Antragsteller sodann in scheinbarer Sicherheit zu wiegen, um dessen Vorstoß letztlich entschieden und mit aller Kraft niederzuringen.
    Entsprechend also trug Dives seine Überraschung nicht nach außen, als er durch den flavischen Consul aufgerufen wurde, sich sodann von seinem hinteren Platz erhob, dem Flavier kurz ein dankendes (kein dankbares) Nicken entgegen schickte und hernach angemessenen Schrittes - und folglich weder stürmisch schnell, noch träge langsam - an die Rednerstelle trat, um just dort zunächst erst einmal anzukommen und tief durchzuatmen. Sein Blick schweifte kurz durch die Reihen der anwesenden Senatoren sowie eventuell präsenter Beisitzer...


    "Patres Conscripti!", begann er dann seine Rede mit den zu diesem Zweck wohl meistgewählten Worten und einer gewohntermaßen etwas ausladenderen Geste, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.
    "Wir schreiben das Jahr 387 ab urbe condita - und damit das Jahr, in welchem die Lex Licinia Sextia der beiden langjährigen Volkstribunen Gaius Licinius Stolo und Lucius Sextius Lateranus den großen Ständekonflikt in Roma beendet. Man verständigt sich darauf, dass fortan stets einer der beiden Consuln auch plebeischen Standes sein darf, woraufhin bereits im folgenden Jahr erwähnter Lucius Sextius Lateranus tatsächlich zum ersten plebeischen Consul unserer Geschichte gewählt wird.", begann der Iulier mit seiner geschichtlichen Einleitung und machte an dieser Stelle nun eine kurze Kunstpause. "Doch es sind nicht nur die plebeischen Consuln, welche seither und bis heute ein fester Bestandteil Romas sind. Auch die curulische Aedilität hatte in diesem Zusammenhang - anders als die ältere plebeische - ihre Geburtsstunde und begleitet uns seither. Und ich beziehe mich auf den wohlbekannten Historiker Livius, wenn ich sage, dass die curulische Aedilität geschaffen wurde, auch den Patriziern die Ausübung der Aedilität zu ermöglichen, weshalb in der Folge - damals wie heute - die plebeische Aedilität den Plebeiern vorbehalten war, während - damals wie heute - für die curulische Aedilität eine patrizische Abstammung eine Voraussetzung zur Wahl bildete." Hier nun ließ der Quaestorier eine etwas größere Zäsur folgen und bewegte sich ein paar wenige Schritte durch den Saal, während er aufmerksam durch die Reihen der Senatoren und etwaigen Beisitzer schaute. Plötzlich hielt er inne und erhob seinen rechten Zeigefinger.


    "Doch ich beziehe mich auf den gleichen Livius, wenn ich euch erzähle und in Erinnerung rufe, dass sich schon ein Jahr nach dieser 'Geburt' der curulischen Aedilität neuerlich die Volkstribunen beschwerten über diese dem Geiste des Ständeausgleichs widerstreitende Wahlvoraussetzung, sodass man dereinst festlegte und verfügte, dass zwar die altehrwürdige plebeische Aedilität weiterhin stets und bis heute nur von Plebeiern auszufüllen ist, indes die curulische Aedilität im jährlichen Wechsel - in varronisch geraden Jahren von Plebeiern, in varronisch ungeraden von Patriziern - ausgeübt werde." Dives gönnte seinen Zuhörern eine kleine Pause, diesen Satz kurz etwas sacken zu lassen, bevor er fortfuhr. "Über viele Jahrhunderte hat sich dieser Zyklus, dieser jährliche Wechsel, bewährt, bevor er sich - zugegeben - irgendwann im Sande verlief. Doch ebendies hieß dennoch nie, dass die curulische Aedilität dem patrizischen Stand vorbehalten geblieben wären. So war das Jahr 663 ab urbe condita zwar ein ungerades; dennoch amtierte - und hier beziehe ich mich auf den berühmten Tullius Cicero - in jenem Jahr der Plebeier Marcus Claudius Marcellus als curulischer Aedil. Dazu möchte ich selbstredend auch den Praetorier Germanicus Avarus und vor allem natürlich meinen geschätzten Patron, den Consular Vinicius Hungaricus, nicht vergessen. Denn auch diese beiden bekannten Größen unseres Senats bekleideten noch einst als Plebeier die curulische Aedilität - und das ganz im Sinne einer über viele Jahrhunderte bewährten Tradition, die es sowohl den Patriziern als auch den Plebeiern erlaubt, für die curulische Aedilität zu kandidieren und die curulische Aedilität auszufüllen.", kam der iulische Quaestorier allmählich aus der Vergangenheit in die Gegenwart zurück.


    "Entsprechend also bin ich davon überzeugt, dass es nur richtig ist, und hoffe, dass ihr mich mit euren Stimmen darin unterstützt, die curulische Aedilität neuerlich und gemäß altbewährter Traditionen auch für die Plebeier zu öffnen. Denn letztlich diese eine Frage steht heute hier in diesem Raum: Leben wir noch im Jahre 387 oder ist auch dieser Senat, der sich heute hier versammelt hat, ein Senat des Jahres 866?!", zeigte sich Dives von seiner energischen Seite, potenzielle Unterstützer mitzureißen und womöglich gar zu spontanem Beifall zu bewegen, während er in der zu diesem Zweck ausgedehnten Kunstpause aber selbstredend auch mit dem einen oder anderen negativen Zwischenruf rechnete.


    "Ich möchte also zur Diskussion stellen, den ersten Absatz des Paragraphen 53 des Codex Universalis wie folgt anzupassen und zu verändern.", erklärte Dives zu einem Zeitpunkt, da es - vielleicht früher, vielleicht auch erst etwas später - wieder einigermaßen ruhig im Saal geworden war, mit sachlicher Stimme, bevor er seinen konkreten Vorschlag vorstellte:



    § 53 Aedilis
    1) Das Amt des Aedilis Plebeii ist nur Angehörigen einer Gens des Ordo Plebeius zugänglich. Für den Aediles Curules muss man einer Gens des Ordo Patricius entstammen.


    in: Das Amt des Aedilis Plebis ist nur römischen Bürgern plebejischen Standes zugänglich. Das Amt des Aedilis Curulis hingegen steht sowohl römischen Bürgern plebejischen als auch patrizischen Standes offen.



    "Danke.", endete der divitische Redner schlussendlich kurz und prägnant, während er schlicht überging, dass ein 'Ordo Patricius' an keiner Stelle eines der gültigen Codices überhaupt definiert war, wie ein 'Ordo Plebeius' hingegen zwar durchaus im Rahmen des Codex Universalis definiert wurde, indes die Zusammenfassung der Plebeier in einen eigenen Ordo in seinen Augen dennoch überaus untraditionell und unschön war. Dazu, und nicht zuletzt, gab es aus seiner Sicht auch eine Gesetzeslücke, die hiermit nun geschlossen würde - relevant für all jene Römer, die einer Gens angehörten, welche nicht ausschließlich plebeische und nicht ausschließlich patrizische, sondern sowohl plebeische als auch patrizische Zweige hatte...

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  • Flavius Gracchus beteiligte sich weder an den "Uhh"s und "Oohh"s, noch an Applaus oder grimmigem Gemurmel - schlussendlich war er bereits durch das Schreiben des Iulius darauf vorbereitet gewesen, was dieser plante. Er wartete ein wenig, ob der ein oder andere Senator einen Wortbeitrag zu vermelden hatte, als dies indes nicht der Fall war, ergriff er selbst das Wort.
    "Vielen Dank, Senator Iulius, für diesen kurzen Ausflug in die Historie. Indes ist mir nicht gänzlich ersichtlich, was genau du nun als substantiierte Grundlage deiner Änderungsinitiative betra'htest. Im Laufe unserer Geschichte wurden zahllose Gesetze ersonnen, modifiziert oder gar verworfen. Seitdem die curulische Aedilität geschaffen wurde war sie Änderungen unterworfen - von der Restriktion auf den patrizischen Stand zur Öffnung für Plebejer, zurück zur Re..striktion. Zweifelsohne gab es bei der Festsetzung des Paragraphen 53 des Codex Universalis gute Gründe, diese Restriktion wieder einzuführen. Welchen Grund also siehst du nun, dies zu ändern? Welchen Missstand sollte dies beseitigen, welchen Nutzen für Rom bringen?"

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  • "Nun", ergriff der angesprochene Iulier sodann neuerlich das Wort, "es beginnt wohl in der Tat damit, dass ich den Ausschluss der Plebeier vom Amte des curulischen Aedilen für ähnlich problematisch im Sinne des Ständeausgleichs halte, wie ebendies bereits kurz nach Schaffung jener Aedilität von einer offenkundigen Mehrheit der Senatoren so betrachtet wurde. Denn wie ich bereits ausführte, mag die curulische Aedilität sicherlich gelegentlichen Änderungen unterworfen gewesen sein.", ließ er eine künstliche Pause folgen. "Indes war seit der ersten Modifizierung kurz nach Schaffung des Amtes über Jahrehunderte bis hin zur letzten größeren Modifizierung in der jüngeren Geschichte stets eines überaus konstant und in all der Zeit gleich. Stets waren auch Plebeier zur Ausübung der curulischen Aedilität berechtigt. Stets waren die Plebeier seit dem erreichten Ständeausgleich zur Ausübung _jedes_ Amtes des Cursus Honorum berechtigt. Und jedes Rütteln an dieser damals zementierten Grundfeste birgt - über kurz oder lang und gerade in Zeiten allgemeinen Friedens und Wohlstands - die Gefahr, dass der damals erreichte Ausgleich brüchig wird und bröckelt.", argumentierte der Plebeier leidenschaftlich für die Rechte seines Standes.


    "Daher denke ich und halte es für überaus wichtig, den vergleichsweise kurzen Zeitraum jener Restriktion neuerlich zu überwinden und zu dem ausgeglichenen Modell zurückzukehren, welches sich über Jahrhunderte durch zumindest in _dem_ Punkt absolute Stabilität ausgezeichnet hat. Plebeier gehören von keinen Ämtern des Cursus Honorum ausgeschlossen und exkludiert.", beendete Dives diesen Punkt noch einmal mit sowohl der Kernaussage seiner Antwort auf die flavische Frage als auch einer der Kernaussagen des einstigen Ständeausgleichs, vor welchem etliche Jahre des Konflikts und politischen Stillstands langen - einzig aus dem Grunde, da auch damals ein Amte des Cursus Honorum zunächst exklusiv patrizisch gehalten wurde.

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  • Da er den Wortwechsel forciert hatte, nahm sich der Consul wiederum das Recht als erster darauf zu entgegnen.
    "Ich mag deiner Argumentation, dass die Modifizierung unserer Gesetze sich nicht zum Besseren hin wendet, nicht zustimmen, bin ich doch überzeugt davon, dass der Senat überaus umsi'htig und wohlüberlegt bei solchen Gesetzesänderungen vorgeht. Nur weil eine Konstellation viele Jahre hinweg im Senat überdauerte, ehedem sie revidiert wurde, heißt letztendlich nicht, dass sie gedeihlich war - man denke nur etwa an die Zulassung von Frauen zu Ämtern des Cursus Honorum, welche zufällig in jenen Zeitraum fällt, in welchem die von dir genannten Männer plebeischen Standes ihr curulisches Aedilat be..kleideten."
    Auch Gracchus schätze die kurze Pause sehr, insbesondere bei einem Thema solchen Ausmaßes wie das der Frauen im Senat, welches zweifelsohne dem ein oder anderen Anwesenden buchstäblich die Fußnägel aufrollen mochte - auch wenn es nichts weiter zur Sache beitrug als schlichtweg zu untermauern, dass nicht alles gut war, was über längere Zeit hin andauerte ehedem es korrigiert wurde.
    "Gleichwohl erscheint mir im Sinne des Ständeausgleiches allfällig angemessen für das Jahr 387, doch - und hierbei muss ich dir in aller Ausdrückli'hkeit zustimmen, Senator Iulius - bin ich wie du der Ansicht, dass wir ein Senat des Jahres 866 sind. Und in diesem Jahre frage ich mich wahrlich, mit welchem Maße hier gemessen werden soll, um einen Ausgleich zu schaffen? Viel mehr scheint es mir, die Minderheit der Patrizier, welcher im Curus Honorum, sowie im Senat - wie übrigens auch in vielen anderen relevanten Be..reichen des Lebens - nicht mehr und nicht weniger Rechte und Pflichten zustehen als jedem anderen auch, in ihrem Vorankommen zu obstruieren! Wie sonst ist es zu verstehen, dass du zwar das curulische Aedilat für beide Stände öffnen willst, glei'hsam für das des Aedilis Plebeii weiterhin nur Männer aus plebeischem Stande kandidieren dürfen? Sofern Plebeier von keinem Amt des Cursus Honorum ausgeschlossen und exkludiert gehören"
    , wiederholte der Flavier die Forderung des Iulius.
    "Gilt gleiches auch für Patrizier."
    Und weitete das Ansuchen damit zu einer Grundsatzdiskussion aus.

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  • Macer war von der heutigen Reforminitiative des Iulius Dives einigermaßen überrascht, denn weder hatte er diesen bisher als leidenschaftlichen Kämpfer für die Rechte der Plebejier wahrgenommen, noch war er sich eines tatsächlichen oder gefühlten Unmutes wegen des besprochenen Gesetzes bewusst. Wobei letzteres nichts heißen musste, denn Macers Gespür für solche Dinge war nicht eben ausgeprägt. Da er sich nun aber erst einmal eine eigene Meinung bilden musste, verfolgte er schweigend aber aufmerksam das Rededuell, das sich sogleich zwischen dem Antragsteller und keinem geringeren als einem der beiden amtierenden Consuln entspann. Alleine dafür zollte Macer dem iulischen Senator innerlich Respekt, denn das hatte er schon länger nicht mehr erlebt, dass sich der Sitzungsleiter so unmittelbar in eine Debatte einbrachte.

  • "Ich denke, die bisherige Geschichte der curulischen Aedilität", ergriff der Iulier gerne noch einmal das Wort, bewusst darauf verzichtend, dem Amt einen anderen Namen als ebendiesen - Aedilität - angedeihen zu lassen, "ist mit jener von Frauen im Senat mitnichten zu vergleichen. Denn ja, zur Zeit, da Frauen Teil dieses Gremiums waren und sein durften, konnten Plebeier problemlos für das Amt und die Würde der curulischen Aedilität kandidieren. Allerdings gewiss nicht erst _seitdem_. So verweise ich folglich auch gerne noch einmal auf bereits erwähnten Marcus Claudius Marcellus, welcher schon im Jahre 663 als Plebeier dieses Amt ausfüllte; von seinen mehreren hundert plebeischen Amtsvorgängern einmal ganz abgesehen. Und da, so werden wir sicherlich einer Meinung sein, war an etwas wie eine weibliche Senatorin wohl noch kaum zu denken.", führte der Iulier aus und machte eine Zäsur.


    "Indes jedoch scheint mir gerade der Punkt weiblicher Senatorinnen, da der geschätzte Consul Flavius selbige zur Sprache bringt, ein überaus gelungenes Beispiel zu sein dafür, dass auch in diesem hohen Gremium, diesem ehrwürdigen Senat, letztlich Senatoren sitzen, die alle gewiss und unbestreitbar stets nur das Beste wollen für Roma und sein Volk; die jedoch - und hier nehme ich auch mich keineswegs aus - mitunter eben auch fehlbar sind.", deutete Dives an, dass er bestimmt nicht jede je vom Senat in seiner Weisheit beschlossene Sache für gut und richtig hielt - nur weil es der Senat war, der sie hervorgebracht hatte. "Und genau aus diesem Grunde meine ich, dass wir den Ausschluss der Plebeier von der curulischen Aedilität letztlich ebenso revidieren sollten, wie der Senat dereinst auch die Entscheidung revidierte, weibliche Senatorinnen als Teil dieses Gremiums zuzulassen.", führte der Iulier zunächst zum flavischen Vergleichsargument der Frauen im Senate aus. "Und tun wir dies, da möchte ich dem hohen Consul Flavius in aller Ausdrücklichkeit zustimmen, so können wir in der Folge auch ohne einen Zweifel vollkommen zurecht eine Parallele ziehen zwischen der Zeit, in welcher Frauen Teil dieses Senats waren, und jener Zeit, in welcher Plebeiern der Zugang zur curulischen Aedilität verwehrt wurde."



    "Im Übrigen möchte ich - so du dies gestattest, Consul Flavius - vorschlagen, dass wir nicht in allzu große Breite gehen bei der Frage danach, wo die Plebeier die gleichen Rechte und Pflichten genießen wie der patrizische Stand und wo dem eben nicht so ist. Denn ich denke, gerade in deiner Funktion als Pontifex pro magistro wirst du hohe und angesehene Ämter kennen, welche genauso deinem Stande vorbehalten sind, wie es gewiss auch andere Ämter in anderen Bereichen gibt, welche den Plebeiern vorbehalten sind.", bemühte sich der Quaestorier, dass der Fokus hier nicht allzu sehr verloren ging. "Letztlich macht allein der Umstand, dass wir getrennt von einem patrizischen und einem plebeischen Stande sprechen, wohl mehr als deutlich, dass eine absolute Gleichheit zwischen beiden nicht existiert - und das strebe ich auch gar nicht an.", wie er sich überaus sicher war, dass auch die Patrizier letztlich nur wenig Interesse daran haben mochten, ihre letzten hier und dort verbliebenen Vorrechte fortan komplett mit den Plebeiern zu teilen.


    "Was ich indes anstrebe, ist die neuerliche Öffnung der curulischen Aedilität für Plebeier. Denn in der Tat hoffe auch ich, dass wir uns hier im Jahre 866 befinden und dass wir entsprechend heute auch die Erfahrung haben, zu wissen, dass wir den einmal in jahrelangem, zähen Ringen erreichten Ausgleich der Stände nicht derartig aufs Spiel setzen sollten. Denn ich stehe zu meiner Aussage, dass Plebeier von keinen Ämtern des Cursus Honorum ausgeschlossen und exkludiert gehören.", wiederholte er noch einmal überzeugt und machte eine künstliche Pause. "Dies selbstredend soll keinen Patrizier in seinem Vorankommen hindern, wie es entsprechend natürlich auch weiterhin jedem Patrizier möglich wäre, für die curulische Aedilität sich zur Wahl zu stellen und damit unter anderem auch um die Organisation der Ludi Romani sich zu bewerben." Umkehrt gäbe es indes vermutlich ein etwas fragwürdiges Bild, wenn ein Patrizier als Aedilis Plebis um die damit verbundene Ausrichtung der Ludi Plebei sich kümmerte. "Jedoch führt im Sinne eines auch weiterhin bestehenden und in vielen hundert Jahren der Vergangenheit als fairer Kompromiss etablierten Ausgleichs zwischen den Ständen meiner Ansicht nach kein Weg daran vorbei, den Ausschluss der Plebeier von der curulischen Aedilität zu revidieren und Plebeiern das ihnen einst zurecht gewährte Recht zur Kandidatur für die curulische Aedilität zurückzugeben."

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  • Der Consul fand durchaus Gefallen daran wie Iulius Dives Rede und Gegenrede positionierte und seine Argumente darin einflocht. Er nahm sich vor, ihn bei Gelegenheit in die Villa Flavia zu laden - denn auch wenn der Senator gerade an Gracchus' Standesrechten kratzte, so hatten Politik und Vergnügen schlussendlich nichts miteinander zu tun.
    "Nun, ich kann noch immer nicht na'hvollziehen, welchen konkreten Anlass du siehst, in eben unserem Jahr und in Anbetracht des gegenwärtigen Status beider Gesellschaftsschichten die dräuende Fährnis eines Ständeaufstandes ob dieses seit vielen Jahren bestehenden Paragraphen zu befürchten, doch allfällig mag dies daran liegen, dass ich dem patrizischen Stande entstamme und wohl einer der letzten Männer sein werde, welchen ein Aufstand der Plebejer zur Kenntnis gelangt. Sofern in dieser Hinsicht Anlass zur Sorge besteht, würde ich es begrüßen, wenn du dies den Consuln mitteilen wirst, denn sol'herlei Strömungen werden sich wohl kaum mit der Öffnung des curulischen Aedilates kalmieren lassen."
    Obgleich der Flavier diese Frage nach einem konkreten, relevanten Grund der angestrebten Gesetzesänderung nicht beantwortet sah, gab es für ihn keinen weiteren Anlass weiter zu urgieren.
    "Dies soll jedoch nicht Gegenstand dieser Diskussion sein. Gibt es weitere Äußerungen in Hinblick auf den Vor..schlag Senator Iulius'?"
    lehnte er sich sodann zurück.

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  • "Es kommt wie immer auf die Sichtweise an.", erhob sich der Flavier und schaute den jungen Iulier lächelnd an.


    "Ein einst gewährtes Recht, welches revidiert werden muss, sagst du Iulius, für mich ist es jedoch ein einst gebrochenes Recht, welches dann wiederhergestellt wurde." Er verstand nicht so recht, warum zu dieser Zeit so etwas den Weg in den Senat finden musste. Die Plebejer hätten sich dieses Scharmützel der Stände aufsparen können. Zu einem besseren Zeitpunkt, einem, der Zwist erforderte.
    Er holte mit den Armen weit aus und blickte sich um.
    "Dieser Unfrieden nützt Rom nicht. Ich verstehe nicht, warum der Iulier wieder Gräben aufreißt, die mühevoll geschlossen wurden. Profilieren kann man sich sicherlich anders und normalerweise fängt man auch kleiner an, anstatt den Cursus Honorum auf den Kopf zu stellen. Oder sollen wir uns über die Häufigkeit patrizischer Volkstribunen unterhalten? Über die Abschaffung der Besteuerung der ältesten Familien Roms, dessen Eifer und Liebe die tyrannische Königsherrschaft zum Wohle Roms stürzten?", eine kurze Pause war vonnöten, denn der alte Mann war doch älter als er wollte. Eine kleine Pause verlieh jedoch stets Nachdruck.
    "Diese Änderung schürt wieder Zwist. Und Rom kann es nie so gut gehen, so dass wir uns entzweien können. Es gibr dafür keinerlei Notwendigkeit, sage ich, außer der Profilierung eines jungen Mannes, der seine Karriere nicht über das Wohl Roms stellen sollte!"


    Der alte Consular setzte sich langsam hin und blickte Ernst durch die Reihen der Anwesenden. Das Kämpfen sollte man zwar den Jungen überlassen, aber im Alter war Frieden zu wichtig.

  • Der iulische Quaestorier sah sich nach der neuerlichen Antwort des flavischen Consuls zunächst zu keiner weiteren Argumentation veranlasst. Denn einerseits mochte es zwar durchaus stimmen, dass eine latente Unzufriedenheit sich stets erst in Zeiten von Frieden und Wohlstand zeigte - und nicht etwa inmitten eines großen Bürgerkriegs. Andererseits jedoch waren auch dem plebeischen Dives keine konkreten Unruhen in dieser Hinsicht bekannt, wie er nicht zuletzt selbstredend auch kein Gefühl unverhältnismäßiger Panik verbreiten wollte.
    Dennoch, eine gewisse Sorge blieb - genauso wie der sich unter anderem daraus speisende Eifer, über viele Jahrhunderte etabliertes Recht im Sinne des fairen Ständeausgleichs wiederherzustellen.


    Indes allerdings provozierte im Anschluss ein anderer Flavier, der Consular Flavius Furianus, zu einer erneuten Wortmeldung des Iuliers.
    "Consular Flavius", sprach der Quaestorier seinen Mitsenator zunächst gezielt persönlich an. Denn auch einige der vorherigen Aussagen des Patriziers waren schließlich alles andere als unpersönlich gewesen. "Es geht mir mitnichten darum, mich hier und heute mit diesem Thema besonders zu profilieren.", stellte er in Reaktion auf den verbalen Angriff gegen seine Person folglich erst einmal klar und ließ die übrigen Ablenkungsversuche des Flaviers bewusst unkommentiert. Im Augenblick ging es schließlich weder um Finanzpolitik und Fragen der Besteuerung, noch ging es darum, welche Familien die ältesten von Roma waren - obgleich es dem Consular gewiss ebenfalls nicht besonders zusagen würde, dass Dives bei besonders alten Familien eher beispielsweise an die heute plebeischen Iunii denn die patrizischen Flavii dachte.


    "Stattdessen steht mir das Wohle Romas - entgegen gegenteiliger Behauptung - noch _vor_ allem anderen!", wandte er sich anschließend wieder an den gesamten Senat. Dass das Wohle Romas selbstredend nicht immer dem Wohle der zahlenmäßig kleinen Elite der Patrizier entsprach, betonte er indes nicht weiter. "Und genau deshalb ist es mir an dieser Stelle noch einmal überaus wichtig zu unterstreichen, dass die Voraussetzungen für einen Unfrieden oder Zwist oder neuerlichen Graben zwischen den Ständen nicht hier und heute ihre Wurzeln haben. - Sie haben ihre Wurzeln an genau jenem Tage, als entgegen dem einst erzielten Ständeausgleich die politischen Rechte der Plebeier neuerlich eingeschränkt und beschnitten wurden, indem man ihnen den Zugang zur curulischen Aedilität gesetzlich untersagte.", war der Iulier in der Tat überzeugt und betonte diese seine Überzeugung durch eine anschließende Kunstpause.
    "Denn die Zulassungsvoraussetzung zur Kandidatur für die curulische Aedilität ist - dies steht für mich außer Frage - mitnichten ein Recht, welches kaum ein Jahr nach seiner Schaffung gebrochen wurde und sich anschließend über viele Jahrhunderte in der einen oder anderen Form gehalten hat, bevor es erst in ulpischer Zeit in seiner unbeständigen Erstfassung wiederhergestellt wurde.", fasste er dann Bezug nehmend auf die Aussage des Flaviers zusammen. "Die Zulassungsvoraussetzung zur Kandidatur für die curulische Aedilität ist - dies steht für mich außer Frage - ein Recht, welches in seiner Erstfassung dem Wohle Romas entgegenstand und genau deshalb so unbeständig war und bereits bald schon durch eine deutlich gerechtere und daher auch beständigere Fassung - in welcher auch Plebeiern die Kandidatur zur curulischen Aedilität erlaubt war - ersetzt wurde."


    "In ulpischer Zeit, offenkundig, ist dieser Ausgleich der Stände etwas in Vergessenheit geraten." Anschließend hatte man zunächst mit einem dauerkranken Augustus und hernach mit einem machthungrigen Praefectus Urbi zu tun und zu kämpfen, bevor das Imperium letztlich gar gänzlich im Chaos eines Bürgerkriegs versank. "Deshalb jedoch ist jener Ausgleich der Stände nicht auf einmal unwichtig. - Und eben darum stehe ich heute hier, den Senat - euch patrizische wie plebeische Mitsenatoren - davon zu überzeugen, nicht einreißen zu lassen, wofür einst auf allen Seiten so hart gefochten wurde." Dives nickte bekräftigend. "Denn die erneute Öffnung der curulischen Aedilität auch für Plebeier bedeutet die Bewahrung des Ständeausgleichs. Und ein solcher Augleich der Stände wiederum dient damals wie heute vor allem einem: Dem Wohle Romas.", endete der iulische Quaestorier mit einem doch recht klaren Appell für seine Sache und unterließ - dafür war das flavische Stichwort des Wohls der Urbs einfach zu gut - das Angebot, sich im Anschluss an die Sitzung gerne auch mit dem flavischen Consular darüber zu unterhalten, weshalb allein der Gedanke an patrizische Volkstribunen - und damit Patrizier, welche in erster Linie die Plebeier vor Übergriffen anderer patrizischer Beamter schützen sollten, - sicher nicht nur aus iulischer Sicht doch etwas paradox klang.

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  • Abwartend blickte der Consul durch den Senat, ob auf diese oder die vorangegangenen Worte noch eine weitere Meldung kam. Augenscheinlich schien dies nicht so, doch Gracchus wollte keine Überlegungen unterbinden, welche ein wenig länger mochten dauern, darob fragte er schlichtweg:
    "Gibt es noch weitere Wortmeldung zu Senator Iulius' Vorschlag?"

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  • "Augenscheinlich nicht"
    , beschloss der Consul die Diskussion, da keine weiteren Wortmeldungen getätigt wurden, nur das ein oder andere Kopfschütteln zu sehen war.
    "Senator Iulius Dives, die von dir angestrebte Änderung wurde zur Diskussion gestellt, öffentlich geäußert hat sie nur Ablehnung erlangt. Möchtest du denno'h eine Abstimmung darüber forcieren?"
    Ohne jeglichen Zuspruch, nicht einmal seines Patrones, war dies zweifelsohne gewagt, gleichwohl wäre es nicht das erste Mal in der Geschichte des Senates, dass eine schlafende Zustimmung getroffen wurde.

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  • Der iulische Quaestorier vermochte sich kein letztes Urteil darüber bilden zu können, was genau die Zurückhaltung vieler Mitsenatoren nun im Detail zu bedeuten hatte. Womöglich sah ein Teil der Senatoren die eigene Meinung bereits gut genug durch die beiden flavischen Einwände gegen den Vorschlag vertreten. Womöglich sah ein anderer Teil der Senatoren aber auch die eigene Meinung bereits gut genug durch Dives selbst vertreten. Und womöglich gab es auch einen senatorischen Teil im Saal, der weder besonders für, noch besonders gegen den divitischen Vorstoß empfand.


    "Da ich die angestrebte Änderung dieses Paragraphen unseres Gesetzes im Sinne unserer Geschichte und den daraus für uns alle zu ziehenden Lehren für überaus wichtig halte", begann der Iulier folglich seine Antwort auf die Nachfrage des hohen Consuls, "und da ich dementsprechend der festen Überzeugung bin, dass eine Rückbesinnung auf tradiertes Recht und Gesetz besser heute als morgen geschehen sollte", griff er ferner noch einmal auf, weshalb er es auch ohne ganz konkrete Gefahr für überaus wichtig hielt, als Senat jetzt zu handeln - zu handeln, wenn man ein potenzielles Problem erkannte; nicht erst dann, wenn das Problem schon laut tönend an die Pforten der Curia Iulia klopfte, "und da ich nicht zuletzt auch keinerlei Zweifel hege daran, dass allein der Werdegang meines Patrons, des mir überaus hoch geschätzten Consulars Vinicius Hungaricus, doch zumindest seinen Freunden und übrigen Klienten Aussage genug sein wird, auch ohne seine heutige Wortmeldung zu dieser Thematik seinen Standpunkt in dieser Sache genau zu kennen...", appellierte der Quaestorier im dritten Teil des Trikolon - der gleichzeitigen Climax der Aufzählung. Kurz sah er nach spannungssteigernd nach links, kurz spannungssteigernd nach rechts.


    "...bin ich nicht nur gewillt, sondern erachte es gar als meine senatorische Pflicht, dich zum Wohle Romas darum zu bitten, im Falle keiner weiteren Wortbeiträge zur Sache zur Abstimmung über den eingebrachten Änderungsentwurf aufzurufen.", beendete der Quaestorius schlussendlich seinen zwar durchaus recht langen, indes jedoch bewusst nur zahlenmäßig einen Antwortsatz und nickte anschließend bekräftigend.

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  • Obgleich die Argumentation dem Flavier durch die Wiederholung nicht einleuchtender wurde, so musste er doch einmal mehr die sprachliche Taktik des Iuliers anerkennen. Gänzlich unabhängig davon gab es indes keinen Grund, eine Abstimmung zu unterbinden.
    "Nun gut, so schreiten wir denn zur Abstimmung."

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