[Hortus] Gesellschaft blüht in Büscheln

  • [Blockierte Grafik: http://i1344.photobucket.com/a…es/Aesara_zpswbf4txht.jpg]| Aesara


    [...]
    Nachdem ihm das Warten lang und länger wurde und der Anblick des tönernen Kübels mit den hübschen Dahlien auch keineswegs mehr ein wenig Spannung bot, begann er damit im Atrium, fast vis a vis zum Durchgang zum Garten, auf und ab zu gehen. So lange, bis er Schritte hörte. Allerdings kamen diese nicht vom Balneum, sondern waren hinter ihm zu verorten. Er drehte sich herum und erblickte, ein weiteres Mal an diesem Tag, Aesara. Sie kam auf ihn zu, wobei sie einmal mehr ihre Schritte so lustvoll setzte, dass ihre Rundungen perfekt zur Geltung kamen.
    “Ist sie noch im Bad?“ Ihrer Stimme verlieh sie dabei einen sehr sinnlichen Klang. “Oder sind wir allein?“
    “Wir sind allein, noch“ erklärte Maahes und verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte absolut nichts gegen ihre Annäherungsversuche. Im Gegenteil, er hatte sie immer genossen, doch dieses Mal geschah ihr Anbandeln mitten im Atrium und das gefiel ihm gar nicht. Der Dominius könnte jeden Moment aus seinem Officium treten, oder Caerellia aus dem Bad kommen.
    Aesara zog eine Schnute, kam vor ihm zum Stehen und stupste ihn mit dem Zeigefinger gegen seinen Bizeps. “Du bist spröde,“ sagte sie schmollend und seufzte dann theatralisch. “Magst du sie etwa?“, wollte sie dann unvermittelt wissen.
    “Wen?“
    “Die neue Iunia im Haus?“
    “Sie scheint sehr nett zu sein und freundlich.“
    “Findest du sie hübsch?“ Aesara rümpfte ein wenig die Nase und legte ihre Stirn in kleine Fältchen.
    “Vielleicht...“ Er löste seine Arme wieder und wollte sich abwenden, um dieses Spiel zu beenden. Bei Aesara endete nämlich niemals gut, was auf diese Weise begann.
    “Sie sieht aus wie ein Spitzmaus!“, sagte die Sklavin dann leise und zischend, damit sie außer Maahes niemand hören konnte. “Und sie frisst wie ein Pferd!“
    “Lass es gut sein!“ Maahes hob eine Hand.
    “Nein! Lass du es gut sein!“ Aesara schnaubte. “Ich habe gesehen, wie du sie angeschaut hast!“
    “Aesara, sie ist eine Cousine unseres Herrn und…“
    “Ich mag sie nicht!“, zischte sie gepresst heraus und Maahes wollte gerade etwas erwidern, als er eine neuerliche Regung vernahm. Jemand kam aus dem Balneum.

  • Das Baden, Ankleiden und Frisieren dauerte seine Zeit. Die junge Iunia hatte sich herrlich entspannen können und fühlte sich nun wieder frisch. Natürlich hatte sie beim Baden an den gutaussehenden Sklaven denken müssen. Aber nichts unanständiges war in diesen Gedanken zu finden. Sie dachte nur an ihn, weil sie so lange brauchte. Aber warum machte sie sich überhaupt darüber Gedanken? Er war der Sklave und hatte sich nach den Zeiten der Domina zu richten.
    Caerellia hörte Stimmen, als sie das Balneum verließ. Die Stimmen hörten sich aufgebracht an. Und sie war sich nicht sicher, aber sie glaubte Maahes Stimme zu vernehmen. Sie war in eine fliederfarbene Tunika gekleidet und ein paar Strähnen ihres braunen Haares hatte man nach hinten gesteckt. Eigentlich war sie schon fertig angezogen für die Cena, aber vorher wollte sie den Garten sehen, welchen Maahes so angepriesen hatte. Caerellia sah wie sich Maahes mit der Sklavin unterhielt, welche auch ihr Zimmer hergerichtet hatte. Sie lächelte Maahes nun süß entgegen.
    "Da bin ich! Willst du mir jetzt den Garten zeigen?", fragte sie Maahes mit zarten Stimme.

  • Dass Aesara nun hier ihr Gift verspritzte, mochte Maahes überhaupt nicht. In den selten Nächten, in denen sich eine Gelegenheit fand, war er zwar für ihr Temperament dankbar, doch hier auf dem Präsentierteller passte er gar nicht so gut. Es war nur zu hoffen, dass die junge Domina die gesprochenen Worte nicht mitbekommen hatte. Als Maahes sich in die Richtung der herannahenden Schritte drehte, erkannte er auch sogleich die Iunia, welche sehr hübsch in Fliederfarben angetan war. Sie lächelte ihm ihm entgegen und er lächelte zurück. “Natürlich, Domina. Der Garten ist bereit und wartet schon auf dich.“ So wie er es wohl getan hatte. “Hilf den anderen beim Vorbereiten der Cena,“ sprach er dann zu Aesara, die es sich nicht nehmen ließ, Caerellia noch einmal einmal unter gesenktem Kopf feindselig entgegen zu linsen. Maahes wusste genau, dass ihr noch einiges an Worten auf der Zunge brannte, doch sie behielt sie im Zaum und eilte schließlich von dannen. “Dort vorne ist er schon!“ erklärte er und deutete auf den Durchgang, der zum iunischen Kleinod führte. “Wenn du mir bitte folgen würdest...“ Er wartete nicht lange, sondern schritt gemessen drauf los. “Ich hoffe, das Bad hat dir gut getan?“, fragte er dann. Aber das musste es wohl. Sie sah frischer aus. Ihr Haar war geordnet und fiel wie ein Bach aus dunkler Seide über die Schultern, auch wenn es ein wenig zurückgesteckt war.

  • Vom Inhalt des Gesprächs hatte die junge Iunia nichts mitbekommen. Sie bemerkte zwar, dass die beiden sich sehr angeregt unterhalten hatte, aber nicht mehr. Sie hatte nun Maahes erreicht, der sie nochmals einlud den Garten zu betreten. Kurz hatte er sich noch an Aesara bewandt, welche bei den Vorbereitungen für die Cena helfen sollte. Caerellia musterte die Sklavin. Den feindseligen Blick hatte sie aber nicht gesehen.
    "Die Sklavin ist wirklich hübsch. Wie heißt sie denn?", fragte sie neugierig.
    Es war gar nicht gut, dass ausgerechnet sie mit Aesara zu sympathisieren versuchte. Aber sie wusste ja nicht, was da zwischen ihr und Maahes war. So schmeichelte sie gerade der Frau, welche sie so häßlich beschimpft hatte.
    Maahes schritt langsam voraus in Richtung Garten und Caerellia holte ihn bald darauf ein.
    "Es war wunderbar! Überall hatte ich Staub. Jetzt fühle ich mich endlich wieder wohl."
    Dabei druckgequerte erst Maahes den Durchgang gefolgt von Caerellia und sie betraten den Hortus.

  • Einen Moment hielt Maahes inne und gönnte der jungen Iunia einen Seitenblick. Es war entgegenkommend von ihr, Aesara als hübsch zu bezeichnen. Anscheinend war ihr Charakter anders geaartet als der der Sklavin. Aber es zeigte auch deutlich, dass sie nichts von dem heimlichen Gespräch mitbekommen hatte. Innerlich atmete er auf. “Ihr Name ist Aesara,“ erklärte er dann. “Sie… arbeitet schon hier seit der Dominus aus Rom kam.“ Aus einiger Distanz leuchteten ihnen schon die beiden massiven Rhododenron-Sträucher entgegen, welche den Eingang zu einem kleinen Laubengang säumten. Dahinter bahnte sich ein Weg seinen Raum durch den Garten. Links und rechts davon wuchsen bunte Blüten empor und auch ein betörender Duft stieg dem Betrachter in die Nase. “Hier kann man jedwede Reise, Staub und anderes vergessen.“ Maahes Stimme klang beinahe andächtig. Er war sehr gern im Garten, denn im Gegensatz zur wilden Natur Germaniens war dies ein durchaus gepflegter und kultivierter Ort. “Es ist schön, dass du dich wohl fühlst. Wir werden alles tun, damit es so bleibt.“ Er lächelte unter diesem Versprechen und betrachtete sich Caerellia wieder von der Seite. “Wenn es nicht vermessen ist, Domina, darf ich fragen, woher du kommst?“ Er wollte keineswegs neugierig erscheinen, doch es war doch immer gut zu wissen, in welchen Landstrichen der Welt schöne Mütter noch schönere Töchter groß zogen.

  • "Welch schöner Name!"
    Caerellia war mehr als zufrieden mit den Sklaven die auf diesen Landgut lebten. Seneca schien wirklich ein gutes Auge dafür zu haben, wenn es um die Auswahl seiner Sklaven ging. Aber etwas anderes hatte sie nicht erwartet. Die Iunia und der Sklave betrachten den Garten. Die Blüten der Rhododendron-Sträucher strahlten in weiß und rosa. Dann durchschritten sie einen Laubengang und Caerellia musste gestehen, dass sie noch nie so eine Farbenpracht an Blüten gesehen hatte, welche auch einen wundervollen Duft verbreiteten.
    "Es ist wunderschön. Befinden wir uns wirklich in Germania?", fragte sie vollkommen fasziniert.
    "Da muss ich dir zustimmen, Maahes. Ich könnte mich hier den ganzen Tag aufhalten. Decima Seiana muss Blumen wohl über alles lieben."
    In ihrer Stimme lag ein schwärmen. Falls es ihr möglich wäre, würde sie so viel Zeit wie nur möglich im Garten verbringen.
    Maahes versprach das man alles tun würde, damit sie sich wohl fühle. Sie lächelte ihm als Antwort nur entgegen. Etwas anderes war von den Sklaven auch nicht zu erwarten. Caerellia bemerkte wie er sie ansah und das verunsicherte sie bisschen, so dass sie seinem Blick auswich.
    "Ich komme aus Coloniae Claudiae Arae Agrippinensum. Und woher kommst du?", fragte sie ihn und die Iunia war sehr neugierig woher er wohl stammte.

  • Aesara war wirklich ein schöner Name, nur passte dieses Schöne leider nicht zur Wesensart der Besitzerin. Maahes mochte sie zwar sehr gerne, doch hatte dieses Faible am ehesten den Ursprung in seinen Lenden als in seinem Kopf. Aesara war eben ein wenig verrucht, was ungemein Erleichterung verschaffen konnte. “Ja, wir sind noch in Mogontiacum,“ sagte er dann. Dieser Garten konnte seinen Besitzer wirklich stolz machen. Vorwizige Kornblumen streckten der Welt ihre blassblau-violetten Blüten entgegen und roasrote Rosenkelche hielten mit strahlendem Glanz dagegen. Maahes schritt ein wenig weiter auf dem Pfad, hin zu einer kleinen, aber sehr schön gearbeiteten, weißen Laube. Hier konnte man wirklich Stunden verbringen und genießen. Leider war ihm das selten vergönnt. “Die Domina Seiana mag den Garten auch sehr gerne...“, sagte er dann etwas ausweichend. “Aber ja, denn wer mag Blumen nicht?“ Er, der aus einer drögen, von Hitze verglühten Welt kam, mochte Gärten wahrscheinlich sogar noch mehr als seine Herrin. “Coloniae Claudiae Arae Agrippinensum,“ wieder holte er dann. “Dort bin ich noch nie gewesen. Ich stamme aus Alexandria in Aegyptus.“ Er legte die Hände auf den Rücken und belfeißigte sich eines leicht schlendernden Schrittes. “Dort macht es sehr viel Mühe, einen Garten wie diesen zu erhalten. Hier jedoch ist das Wetter mild und die Pflanzen warten geradezu darauf, im Frühjahr hervor zu brechen.“ Das war seiner Meinung nach auch das einzig Schöne an Germanien.

  • Aesaras Geheimnisse kannte Caerellia natürlich nicht. Vielleicht würde sie auch nie von ihnen erfahren. Auch konnte sie nicht erahnen, in welchen Verhältnis Maahes und Aesara standen.
    "Obwohl man es sich nur schwer vorstellen kann, dass man noch in Mogontiacum ist.", antwortete sie ihm.
    Caerellia musste ihrer Mutter unbedingt schreiben und von diesem atemberaubenden Garten erzählen. Sie genoss die süßen Düfte der Blüten und Maahes führte sie zu einer weißen Laube. Seiana bewies wirklich Geschmack.
    "Ja, du hast Recht! Egal ob man Soldat ist oder ein Sklave der seine Arbeit auf einen der Felder verrichtet, man befindet sich immer in der Natur und kann sich an ihr erfreuen. Jeder kommt mit ihr in Berührung. Niemanden wird sie verwehrt. Außer natürlich man befindet sich in Gefangenschaft."
    Es machte ihr nichts aus, dass er ihre Heimat nicht kannte. Woher sollte er sie auch kennen? Seneca war schon lange nicht mehr dort gewesen. Oder er hatte die Gelegenheit gehabt mit einem anderen Dominus die Stadt zu besuchen. Aber dem war wohl nicht so.
    Ihr Herz machte einen Sprung, als verriet woher er kam.
    "Aus Alexandria?", stellte sie fasziniert fest.
    "Vielleicht sollte dich das keinen Sklaven offenbaren. Aber ich beneide dich. Wie kann es sein, dass ein Sklave so viel mehr von der Welt sieht als eine Römerin?"
    Sie wollte ihm damit nicht beleidigen. Weil er der SKLAVE schon so viel von der Welt gesehen hatte. Aber vielleicht fasste er es beleidigend auf, dass konnte sie nicht verhindern.

  • Maahes schmunzelte flüchtig, als die junge Herrin meinte, dass ein Naturerlebnis immer etwas Erfreuliches war. Nur er bezweifelte, dass die Sklaven auf den Feldern dieses Erlebnis noch zu schätzen wussten. Die meisten arbeiteten unter den schwierigsten Bedingungen, schindeten sich und waren unglücklich. Er selbst war mehr als nur froh, dass ihm eine solches Schicksal erspart geblieben war. Zwar war es für ihn noch immer nicht unbedingt erquicklich, ein einfacher Sklave zu sein, doch mit seinem Dominus hatte er es gut getroffen. Der Iunier vertraute ihm und was wollte man schon mehr verlangen? Im Gegenzug war Maahes ein absolut loyaler Diener, dem es niemals in den Sinn kommen würde, über die Mauer zu klettern, um sich davon zu machen. Dass es auch eine Art von Gefangenschaft war, darüber machte er sich keinerlei Gedanken mehr.
    Als er auf seine Herkunft zu sprechen kam, schien die junge Domina sehr überrascht zu sein, und verzückt. Er selbst erinnerte sich nur ungern daran. In Alexandria war etwas geschehen, was er niemandem gönnen würde. Und dass er die Welt gesehen hatte, war nicht mehr als ein unausweichliches Schicksal gewesen. “Du solltest mich nicht beneiden, Domina,“ sagte er dann sehr bedacht und schaute der jungen Frau wieder entgegen. Er fühlte sich durch ihre Rede keineswegs beleidigt. “Es wäre niemals mein Wunsch gewesen die Welt zu sehen, wenn ich gewusst hätte, welchen Preis ich dafür bezahlen musste.“ Seine Worte klangen ernst, doch er wollte die Stimmung Caerellias nicht trüben. “Alles was am Ende zählt ist ja doch nur der Ort an dem man gerade ist. Alles andere sind Erinnerungen oder Träume.“ Wieder lächelte er. Dieses Mal ein wenig gequält.

  • Leider war Caerellia viel zu sehr eine Romantiker, als dass sie daran gedacht hätte, in dieser Situation jedenfalls, wie unbarmherzig das Leben eines Sklaven doch war. Sie sprach von den Schönheiten der Natur und die Sklaven plagten sich bei der schweren Arbeit am Feld ab. Es war gut von Maahes, dass er sie deswegen nicht kritisierte. Er war ein Sklave, er würde sich das nicht erlauben. Aber wäre er keiner oder hätte er sich diese Freiheit genommen um sie zu tadeln, Caerellia hätte sich geschämt.
    Und wieder hatte sie einen wunden Punkt bei Maahes getroffen, als sie sich so entzückt über seine Herkunft äußerte. Sie wollte ihn nicht an seine Vergangenheit erinnern und doch tat es sie es. Caerellia merkte, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hörte es aus seinem Worten und ihr Gesicht errötete.
    "Ich habe etwas sehr unüberlegtes gesagt. Natürlich sollte ich dich nicht beneiden. Du bist ein Sklave."
    Sie suchte nach Worte, aber sie fand nicht die richtigen. Sollte sie kalt sein? Sollte sie ihm sagen auch wenn er aus der Sklaverei kam, sollte er sich glücklich schätzen so viel von der Welt gesehen zu haben. Weil er eben ein Sklave war und kein freier Mann! Oder sollte sie Mitleid mit ihm haben, aber das sollte keine Domina zeigen.
    Maahes versuchte die Situation zu retten. Aber jedes Wort von ihm klang bitter für sie und sein Lächeln, es war anders als vorher. Sie drehte sich von ihm weg und betrachtete die Blumenvielfalt. Sie hatte sich blamiert vor ihm und erkannte ihren Fehler.
    "Ja, so scheint es wohl zu sein!", antwortete sie ihm leise.

  • Eigentlich hätte er seine Worte nicht sprechen dürfen. Nicht, wenn er nun sah, dass die Iunia errötete unter seiner Aussage. Vielleicht war er ein weitaus schlechterer Gesellschafter, als er vermutet hatte. Es war auch nicht an ihm gekränkt zu sein ob ihrer Worte, ein Sklave zu sein, den man nicht beneiden sollte. Immerhin war es eine Tatsache. Einen Moment lang verzog er seine Lippen, presste sie aufeinander und betrachtete ein wenig verschämt Caerellia, die sich nun von ihm abwendete. Diese Wendung hätte das Gespräch nicht nehmen dürfen, aber es war nun einmal geschehen. “Verzeih mir, Domina,“ begann er dann. “Ich war es, der etwas Unüberlegtes gesagt hat.“ Dann lächelte er wieder vorsichtig. “Du wirst bestimmt auch noch viel reisen,“ sagte Maahes, wobei er sich bemühte nunmehr einen leichteren Plauderton anzuschlagen. “Vielleicht sogar eines Tages nach Rom oder Alexandria.“ Wenn er ehrlich war, erhoffte er für sich dasselbe. Germanien war zwar ein angenehmes, wenn auch wildes Land, doch er mochte die Winter nicht.

  • Caerellia benahm sich gegenüber dem Sklaven vollkommen falsch. Aber eigentlich war er doch an allem Schuld. Er hatte doch so unverschämt geantwortet. Caerellia war enttäuscht. Dieser farbenfrohe helle Garten engte sie nun ein. Am Liebsten wäre sie in ihr Cubicullum gegangen, um dort alleine zu sein und sich nicht gegenüber ihn rechtfertigen zu müssen. Sie war im Recht! Sie ganz alleine! Und doch hatte er sie so hart mit seinen Worten getroffen. Und doch hatte sie ihm Gefühle gezeigt. Gefühle, die man einen Sklaven nicht zeigen durfte. Sollte sie ihn nun zurechtweisen? Oder sollte sie gnädig sein? Maahes kam ihr zuvor und entschuldigte sich. Sie ließ ihn reden. Es war eine Entschuldigung, die sie hätte annehmen können. Dann endlich dreht sie sich zu ihm um.
    "Ja, du warst es der zu weit gegangen ist! Wie kannst du es nur wagen, mich zu korrigieren? Dazu hast du kein Recht!" In ihrer Stimme lag Zorn. Aber eigentlich war sie mehr auf sich zornig. Ihre Stimme war laut, aber sie brüllte nicht wirklich. Sie wollte nicht wütend sein, aber sie musste es. Sie musste ihm zeigen, wo er wirklich stand.
    "Natürlich werde ich reisen.", fügte sie noch eingeschnappt hinzu und ihre Bäckchen wurden immer röter. "Und ich muss mir überlegen, ob ich meinen Cousin über dieses Geschehnis unterrichten werde oder nicht!" Drohte sie ihm gerade? Natürlich würde sie es nicht ihrem Cousin erzählen. Wahrscheinlich nicht! Doch seine Worte waren wahr gewesen und insgeheim wusste das Caerellia.

  • Hatte er sie so falsch eingeschätzt? Sie hatte gewirkt wie eine junge Frau, die nahbar war und sensibel. Er hatte gedacht, sie würde seine Worte als das verstehen, was sie waren. Ein Ausdruck dessen, was er empfand. Doch offenbar war er in ihren Augen zu weit gegangen. Definitiv ein Grund, sich zu entschuldigen. Auch ihre Worte wollten ihm das bestätigen. Doch es hatte es ihm fern gelegen, Caerellia zu korrigieren. Für ihn war es im Grunde genommen nur ein harmloses Gespräch gewesen, so wie er es mit seinem Dominus sehr oft führte. Allerdings schien er sie in irgendwelche Gewissensnöte getrieben zu haben, die er im Moment noch nicht verstand. Sie sprach im Zorn und sie sprach laut und letzten Endes erschien sie indigniert zu sein. Doch ihre Worte provozierten auch eine gewisse Röte auf ihren Wangen. Es war ein irrwitziger Gedanke in diesem Moment, doch er fand gerade das machte sie noch lebendiger und hübscher. War er verrückt geworden?


    Maahes senkte schuldbewusst den Kopf. Er wusste, dass er in keiner Weise in dieser Situation am längeren Hebel saß und er wollte auch nicht wirklich, dass Caerellia dem Dominus davon berichtete. Dieser vertraute ihm und er war stets loyal und ehrlich zu ihm gewesen, doch zählten die Worte einer Verwandten immerhin mehr als die eines Leibsklaven. Es würde unangenehme Fragen aufwerfen und den seligen Frieden, den der Ägypter in seinem Leben empfand doch erheblich stören. “Ich kann nur sagen, Domina, es tut mir leid.“ Seine Stimme war nun gesenkt und er schaute noch immer nicht auf. Auf die Idee darum zu bitten, dass sie dieses, ja, Missverständnis nicht weiter tragen würde, kam er nicht. Er mochte zwar ein Sklave sein, aber als solcher hatte er auch seine Art von Würde. Er war treu ergeben, fleißig und freundlich, und das machte einen Wert aus, von dem er immer dachte, dass die Familie der Iunier diesen zu schätzen wusste. Vielleicht aber reagierte Caerellia auch so, weil sie sich selbst ertappt fühlte? Wie auch immer, Maahes war sich nicht sicher, da er die junge Domina ja noch nicht wirklich einschätzen konnte.

  • Caerellia übertrieb vielleicht, denn Maahes war ein angesehener Sklave ihres Cousins. Außerdem hatte er ihr ehrlich geantwortet. Das wünschte man sich doch von einem Sklaven. Und doch war es zu ehrlich. Sie hatte sich zu sehr von ihm blenden lassen. Seinem Aussehen und seinem Charme. Sie hatte zu sehr mit ihm gefühlt. Das durfte sie nicht. Das musste sie noch lernen und verbessern.
    Und obwohl er nun der Klügere von den beiden war, senkte er schuldbewusst den Kopf. Sie war laut geworden und glaubte damit es so ungeschehen zu machen. Caerellia beruhigte sich wieder. Sie wollte nicht so sein. Dieser Sklave war so nett zu ihr gewesen und sie führte sich auf wie eine Verrückte. Maahes tat ihr Leid und sie spielte mit ihm. Das wollte sie nicht. Sie seufzte und sah dann zu dem Sklaven.
    "Maahes bitte sieh mich wieder an! Ich habe überreagiert nur um eine gute Domina zu sein. Ich glaube da muss ich noch viel lernen." Mit ihren Händen berührte sie sein Gesicht, um sanft seinen Kopf zu heben. "Ich hoffe viel mehr, dass du mir diesen Ausrutscher verzeihst. Wollen wir weiter gehen?"
    Ja, es war ein hin und her mit ihr. Aber sie war jung und musste noch viel lernen. Ihre Bäckchen waren immer noch rot, aber der Zorn war gewichen.

  • Sie hatte überreagiert um eine gute Domina zu sein? Einen Augenblick lang fragte er sich, wie sie diese Angelegenheit eigentlich definierte. Eine gute Domina war ausgeglichen, zumindest in seinen Augen, und sie reagierte nicht über, sondern tat mit Weisheit kund, was sie eben zu sagen hatte. Doch er war zu sehr Romantiker, der seine Ansichten auf einen jeden übertrug, der ihm gegenüber stand. Caerellia war jung und vielleicht noch nicht gefestigt. Doch gerade diese Jugend wirkte auf ihn einen besonderen Reiz aus. Als ihre Hände sein Gesicht berührten, hob er ihr seine Blicke empor. Doch was sollte er sagen? Dass er ihr verzieh? Er war nicht in der Position um zu verzeihen. Er war, wie sie es schon gesagt hatte, ein Sklave. Dennoch nickte er kurz, als Zeichen, dass er annahm was sie sagte. “Wir können gerne weitergehen, Domina,“ sagte er dann und nickte neuerlich dazu. “Der Garten hat noch viele Schönheiten zu bieten.“ Damit deutete er auf die kleine, weiß getünchte Laube, die von einem Meer aus lila-roten Grasnelken und einem Strauch von blassgelben Engelstrompeten umsäumt war. Unschlüssig darüber, ob er ein weiteres Gespräch beginnen sollte, schwieg er zunächst. Doch er hatte den Kopf wieder gehoben und sich in Bewegung gesetzt. “Bas, unser Gärtner, gibt sich wirklich sehr viel Mühe,“ Es war ein Versuch, das vielleicht folgende Gespräch in ungefährliche Gewässer zu lenken, doch es lag an der Iunia, darauf einzugehen.

  • Er nickte. Er hatte ja keine andere Wahl. Dennoch hoffte Caerellia ihn nicht verloren zu haben. Vielleicht hatte sie ihre Chance schon vertan. Maahes war derjenige, der Weisheit kund tat. Er war der Ausgeglichene von ihnen. Sie hoffte, dass Maahes ihr ein guter Ratgeber werden könnte. Jemand der nicht das sagte was sie hören wollte, sondern der seine Meinung äußern durfte. Doch wenn man so weit gehen wollte, musste ein bestimmtes Vertrauen da sein. Und er traute ihr nun bestimmt nicht mehr.
    Trotzdem war sie mehr als erleichtert, dass er ihre Entschuldigung an nahm. Sie wollte noch mal von vorne beginnen. Hoffentlich ging das jetzt noch. Langsam nahm sie ihre Hände von seinem Gesicht und lächelte ihm entgegen.
    Er machte sie auf eine kleine weiße Laube aufmerksam. Sie war traumhaft schön angelegt und die beiden setzen sich wieder in Bewegung. "Es ist wirklich ungaublich wie viel Liebe hier in diesem Garten steckt. Bas ist ein Genie!"
    Caerellia war vollkommen fasziniert von der Schönheit der Laube.
    "Kannst du lesen, Maahes? Denn mir würde es gefallen, wenn du mir morgen früh etwas unter dieser Laube vorlesen würdest. Man könnte Korbsessel unter die Laube stellen. Das würde mir sehr gefallen."
    So konnte sie mir Zeit im Garten verbringen und wurde dabei auch noch unterhalten von einen Mann, der sie so schön in Verlegenheit brachte.

  • Maahes war der Inuia nicht Gram, nur hatte er sich vorgenommen im Folgenden sehr genau zu überlegen was er sagte, damit es nicht wieder falsch aufgefasst werden konnte. Doch Worte über die Schönheit des Gartens waren nicht nur angebracht, sondern obendrein auch unverfänglich. “Bas ist eine gute Seele, die ihre Leidenschaft ausleben darf,“ erklärte er dann. “Der Garten ist sein Reich.“ Dann allerdings sagte Caerellia etwas, was Maahes erstaunte. Er sollte ihr vorlesen? Schließlich lächelte er, als ihm in den Sinn kam, dass seine Qualitäten als Unterhalter nicht besonders ausgereift waren. “Ja, Domina, ich kann lesen und schreiben,“ sagte er. “Und es wäre mir eine große Ehre.“ Dann richtete er seinen Blick auf die Laube. Es würde keine besondere Schwierigkeit darstellen, sie mit Korbsesseln zu versehen und sollte es am Morgen regnen, so bot das Dach der Laube einen guten Schutz gegen die Tropfen. “Hast du bei der Lektüre einen besonderen Wunsch?“ Es war interessant zu erfahren, was die junge Domina gerne las, denn dies gab nach Maahes Einschätzung auch einen guten Aufschluss über ihr eigentliches Wesen. Immerhin prägte das was man aufnahm die eigene Gedankenwelt.

  • Bei Maahes klang alles so leicht. Bas durfte seinen Leidenschaft ausleben. Es hörte sich so an, als hätten sich Garten und Gärtner einfach so gefunden und daraus war dieses Paradies entstanden. Sie beneidete solche Menschen, welche die Perfektion suchten und diese auch fanden. Sie würde es hier nicht leicht haben. Sie wusste nicht, ob sie talentiert genug war ihren Cousin zu helfen. Aber ihre Wut von vorhin war nun vollkommen verschwunden.
    "Das freut mich sehr!", antwortete sie ihm voller Vorfreude. Sie hoffte nur das ihr Cousin morgen nichts anderes vorhatte. Aber wenn es morgen früh nicht klappen sollte, hatten sie auch wieder den langen Nachmittag. "Ich würde gerne etwas von Ovid hören.", antworte sie lieblich und schlenderte mit Maahes weiter auf die Laube zu.
    Die Zeit verrann, aber das merkte die Iunia gar nicht. Der Garten hatte sie in seinen Bann gezogen. Caerellia mochte Maahes. Sie hoffte nur, dass er sie auch leiden konnte.

  • Maahes war sich immer noch nicht sicher, ob er den Ansprüchen der jungen Domina in Bezug auf seine Vortragskunst gerecht werden konnte. Bisher hatte sich das Erlesen von Texten immer auf überaus handhabbare Dinge beschränkt, die seinem Dominus meistens in Form von Listen und dergleichen entgegen kamen. Schöngeistiges war bisher nur wenig dabei gewesen. Doch der Sklave nickte und war insgeheim froh, Caerellia die Freude machen zu können. Nun war er gespannt, welche Werke sie denn gewillt war zu vernehmen. “Ovid!“, wiederholte er dann erstaunt. “Ein sehr ansprechender Poet.“ Dabei hielt auch er weiterhin auf die Laube zu, von welcher nun ein gurrendes Taubenpaar, das sich im Inneren nieder gelassen hatte, hinfort flatterte, als sie sich näherten. Ovid war ihm als zartfühlender, sehr sensibler Dichter bekannt, der ein umfassendes Werk hinterlassen hatte, welches Maahes aber nur in Auszügen kannte und dessen Worte er sich niemals hatte auswendig merken können. Zwar war er durchaus romantisch veranlagt, doch waren seine Bemühungen auf diesem Gebiet stets praktischer Natur gewesen. “Welches Werk seine Kunst ist dir denn genehm, Domina? Eine Liebeselegie, oder eher ein Sagengedicht?“, wollte er dann wissen. “Dann werde ich so schnell es geht überprüfen, ob es in der Bibliothek vorhanden ist.“ Er blieb gespannt, wofür sich sein Gegenüber entscheiden würde, doch allein die Wahl des Ovids zeugte doch davon, dass in der jungen Dame durchaus ein schwärmerisches Wesen steckte. Das gefiel ihm und ließ ihn sogar soweit die vorherige kleine Auseinandersetzung vergessen.

  • Die Iunia versuchte den Sklaven wieder für sich zu gewinnen. Sicherlich war er seiner Domina treu ergeben, doch Caerellia wollte wissen, ob er dies gezwungenermaßen war oder eben freiwillig. Sie hatte hier noch keine Freunde und ihr Cousin war stets beschäftigt. Daher hatte sie auch noch keinen den sie sich wirklich anvertrauen konnte. Sicherlich Maahes war ein Sklave, aber sie wollte Seneca nicht mit belanglosen Dingen belästigen.
    Caerellia lächelte Maahes verzückt zu, da er so erstaunt war Ovid aus ihren Mund zu hören. Und auch sie war erstaunt, denn er kannte Ovid. Aber irgendwie passte es doch zu Maahes. Auf jeden Fall wollte Caerellia das es zu Maahes passte. Sie näherten sich der Laube und die junge Iunia sah den beiden weißen Tauben nach, welche sich vor ihnen in die Lüfte schwangen. Sie konnte sich das morgen schon richtig gut vorstellen. Sie in einem der Korbsessel. Maahes ihr gegenüber und um sie herum dieser herrliche Garten.
    "Eine Liebeselegie...", antwortete sie ihm leise und geniert. Caerellia ließ ihr rotes Köpfchen wieder sinken und ging mit Maahes weiter. "Und du musst auch nichts zu befürchten haben, wenn du keine ausgefeilte Vortragskunst beherrscht. Ich...Ich mag deine Stimme.", gab sie dann noch schüchtern preis.
    Sie war in der Tat ein schwärmerisches Wesen und sie schwärmte nun von seiner Stimme. "Und ich habe das nicht gesagt, weil ich will, dass du mir meinen Fehltritt verzeihst. Du hast mir den doch verziehen, oder?", hakte sie bei ihm noch einmal nach. Sie konnte von ihm verlangen, dass er die kleine Auseinandersetzung von eben vergessen sollte, aber ob er das im innersten auch tat, konnte sie nicht kontrollieren.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!