Balneum servorum

  • Das balneum servorum war nicht gerade ein Lichtblick römischer Innenausstattung. Die Wände waren in einem einfachen Grau gehalten und der Boden nicht beheizt. Der Raum wirkte ziemlich dunkel und es roch muffig. Aufgrund der schlechten Belüftungsmöglichkeiten, hatte sich an den Wänden bereits Schimmel gebildet. Eine Öllampe sorgte wenigstens für etwas Licht. In der Mitte des Raumes fand sich ein großer Bottich, der erst noch gefüllt werden musste.


    Mit den Worten „Ich werde alles weitere Notwendige veranlassen, verließ der kleine Scheißer das Sklavenbad und lief mir direkt in die Arme. Tja, das hatte ich jetzt davon, dass ich mich um diese Zeit hier herumdrückte.
    „Ah Angus, gut dass ich dich treffe! Du könntest warmes Wasser besorgen. Im Balneum wartet ein wichtiger Sklave aus Baiae, der später noch zu Dominus Gracchus geführt werden musst. Du müsstest das jetzt übernehmen, denn ich muss wieder zurück. Acanthus wartet bereits auf mich!“ Komisch, der Kurze brachte sonst kaum ein Wort heraus und nun sprudelte es aus ihm, wie aus einem Wasserfall.
    „Ähm ja ähh!“ Eine wahrhaft glanzvolle und intelligente Äußerung brachte ich da zutage und verpflichtete mich dadurch automatisch, mich um das Bad und den darin befindlichen Sklaven zu kümmern.
    Phoebus war bereits auf dem Sprung. Ich konnte also gar nicht mehr anders. Zähneknirschend und seufzend, da ich meinem Schicksal nicht entfliehen konnte, kümmerte ich mich also um das warme Wasser. Damit auch noch andere Sklaven ihren Spaß hatten, engagierte ich gleich noch ein paar meiner Schicksalsgenossen, die weitere Eimer zum Balneum servorum trugen.
    „Salve,“ sagte ich zugegebenermaßen etwas unwirsch und kippte das Wasser in den großen Bottich. Die anderen Sklaven taten es mir nach und verschwanden dann wieder. Ich jedoch blieb, denn ich sollte mich ja un diesen ach so wichtigen Sklaven aus Baiae kümmern!
    „Brauchst du noch was?“ Vielleicht war der Kerl ja so wichtig, dass man ihn waschen und danach noch hinter den Ohren kraulen musste.

  • [...] Nachdem er über die Schwelle getreten war, wendete er seinen Kopf hin und her und schaute sich um. Dass das Balneum Servorum kein Raum war, der repräsentativen Zwecken diente, war sofort augenscheinlich. Alles war überaus anspruchslos gehalten und kalt, was unter anderem auch daran lag, dass dunkel und ein wenig miefig war. Mica rümpfte die Nase. Nicht weil er mit dem Umstand unzufrieden war, sich in aller Bescheidenheit waschen zu müssen, sondern vor allem weil der Geruch nur eines bedeuten konnte: Schimmel. Es war ein unverkennbares Odeur aus einem Gemisch aus Feuchtigkeit und ungesunder Luft, die sich immer ein wenig dumpf erschnuppern ließ. Und tatsächlich. Im Flackerlicht einer kleinen Öllampe konnte man die verräterischen, schwarzen Flecken erkennen. Es war sofort klar, dass was den Raum anging mehr getan werden musste, als nur Wasser in einen Bottich zu bringen. Wer hier ein Bad nahm oder sich auch nur länger hier aufhielt, lief Gefahr, seinen Lungen keinen Gefallen zu tun. Schimmel war der Gesundheit keinesfalls zuträglich, wie Mica schon oft beobachtet hatte. Sei es bei den Hühnern in Baiae, die zeitweise in einem allzu klammen Stall gehalten wurden oder bei den Pferden, deren Boxenwände man eine Weile nicht gekalkt hatte. Die Tiere neigten dann ein wenig zur Räudigkeit und zu leicht rasselndem Atem.


    Nicht sicher, wohin er seine wertvollen Schriften legen sollte, behielt er sie zunächst einmal geschultert. Papyrus und Pergament vertrug sich nicht gut mit einem solchen Bad und ihm waren seine Aufzeichnungen über die Schriften der großen Mediziner heilig. Während er noch da stand und die Wände mit skeptischen Blicken betrachtete, betrat ein junger Mann das Balneum, dem Mica auch sogleich entgegen schaute. Sein 'Salve' klang nur wenig erfreulich, wahrscheinlich wegen der Umstände, die er nun wohl machte. “Salve!“, sagte nun auch er selbst, wobei er sich jedeoch um einen freundlichen Tonfall bemühte. Wasser fand nun seinen Weg in den großen Bottich in der Raummitte und Mica sah den Sklaven zu, wie sich mühten. Wegen ihm. Etwas unangenehm berührt trat er von einem Bein auf das andere. Am liebsten hätte er ja mit zu gefasst, doch er trug noch immer seine Gepäck auf dem Rücken, welches er nirgendwo abstellen wollte. “Ich... will keine Umstände machen,“, sagte er dann ein wenig verhalten und unter einem bedauernden Gesichtsausdruck. “Aber vielleicht könntest du mir sagen, wohin ich meine Schriften bringen kann, Sie sind sehr wertvoll und sollten nicht in der Nähe von Feuchtigkeit verwahrt werden.“ Sachte strich er über den Schultergurt seines großen Bündels.

  • Irgendwie hatte ich es ja bereits geahnt! Als der fremde Sklave mir mit ‚ich will ja keine Umstände machen‘ kam, da wusste ich genau, was es geschlagen hatte. Denn genau solche Typen, die angeblich keine Umstände machen wollten, machten erst recht welche und zwar nicht zu wenig!
    Und die Bestätigung meiner These folgte auf dem Fuß.


    Da! Hatte ich es nicht gesagt? Da fing es schon an! Ich sollte ihm sagen, wo er seinen Kram abladen konnte. Oder anders gesagt ‚hier nimm mir mal meine schwere Tasche ab und stell sie irgendwohin, wo das Zeug darin nicht nass wird‘. Dabei hatte er diesen Gesichtsausdruck von kleinen Hundebabies, der irgendwie herzerweichend war und dem auch ich mich natürlich entziehen konnte.
    „Ach gib schon her, ich bring sie raus und stelle sie vor die Tür. Da passiert deinem Zeug nichts.“ Eigentlich wartete ich nicht, bis er mir die Tasche gab, ich nahm sie ihm direkt von den Schultern und brachte sie, so wie ich es versprochen hatte, nach draußen.
    Das Ding war ja verdammt schwer! Ob da noch eine Ladung Steine drin war? Gleich neben der Tür stellte ich die Tasche ab. Bei der Gelegenheit besorgte ich ihm auch gleich noch ein Handtuch. Sonst kam er garantiert gleich mit dem nächsten Anschlag auf mich zu.


    „Was hast du denn in deiner Tasche? Die war ja ganz schön schwer!“, stellte ich fest, als ich wieder bei ihm zurück war. Mein griesgrämiger Ton, war längst vergessen. Im Grunde konnte der Kerl ja nichts dafür! Nebenbei reichte ich ihm das Handtuch und war schon ganz auf seine Geschichte gespannt. Auch wenn ich immer wieder davon gehört hatte, dass alle, die aus Baiae kamen, mehr oder minder einen Sprung in der Schüssel hatten. Und dabei sollte es angeblich kaum einen Unterschied machen, ob es sich dabei um Sklaven oder Herrschaften handelte. Selbst hier gab es unter der Sklavenschaft ein paar glänzende Beispiele dafür, die diese Gerüchte erhärteten. Ich dachte da nur an Candace zum Beispiel, oder Vulpes, die zumindest in Baiae geboren worden waren...

  • Offenbar war es so, dass der andere seine Worte als Aufforderung verstanden hatte, ihn nun von seiner Last zu befreien, denn schon war er auf ihn zu getreten und machte sich daran, ihm das schwere Gepäck abzunehmen. Dieses wurde nunmehr als 'Zeug' tituliert, dabei war es doch ungleich mehr als das! Nein, das war ihm gar nicht recht! Mica hatte schon den Mund geöffnet, um einen leisen Protest von sich zu geben, doch es war schon zu spät. Nun konnte er nicht mehr tun, als sich herum zu drehen und dem ihm Fremden hinterher zu blicken. Durch die offene Tür konnte er erkennen, wohin sein Bündel nun gestellt wurde. Neben die Tür auf den Gang, wo es nunmehr beinahe achtlos stand und auf ihn wartete. Obwohl es nicht anzunehmen war, dass sich irgendjemand daran vergriff, war Mica nicht recht wohl bei der Sache. Doch es war nun einmal so, dass man sich um ihn bemühte und so wollte er nicht noch mehr Unannehmlichkeiten bereiten. Statt also dem anderen hinterher zu gehen und das große Bündel wieder an sich zu nehmen, blieb er wo er war und betrachtete sich noch einmal die Wände, ehe er auf eine von ihnen zu ging. Dann streckte er die Hand aus und fuhr mit den Fingerkuppen über den grauen Putz. Tatsächlich. Ganz klamm und leicht schmierig zu erfühlen. Dieser Raum tat der Gesundheit wirklich nicht wohl. Erst als der fremde Sklave, der zuvor nun doch ein wenig unfreundlich gewesen war zurück kehrte, ihn nach dem Inhalt seiner großen Tasche fragte und ihm ein Handtuch in die Hand drückte, kehrte seine Aufmerksamkeit zurück.


    “Ja, sie wiegt schon einiges!“, erklärte er unter einem andächtigen Ausdruck, der nun auf seinem Gesicht erschien, wenn er auf seine Kostbarkeiten angesprochen wurde. Von der Wand löste er nun Blick und Finger. An letzteren schnupperte er noch einmal vorsichtig. An sich geruchslos und doch... “Eindeutig Aspergillus,“ stellte er für sich fest und rieb sich die Hände am Handtuch ab. “Es ist die große Last des Wissens, sage ich immer und sie ist das Wertvollste, was ich habe. Es sind Buchrollen und Notizen von den großen Meistern,“ Sein Unterton wurde leicht schwärmerisch. “Ich habe sie gesammelt und bin noch immer dabei, sie zu studieren.“ Unter diesen Worten ging er auf den Wasserzuber zu. “Hypokrates von Kos, Pedanios Diuskurides, Herophilos und Erasistratos. Aber vieles ist eben aus dem Corpus Hippocraticum.“ Mit der Hand fuhr er durch das Wasser. Es war recht angenehm, nicht ganz kalt, nicht wirklich warm. Er nickte sich selber zu und begann damit, sich für ein kurzes Bad ganz ungeniert und ohne falsche Scham zu entkleiden. Er war es gewohnt ein Bad nur selten für sich allein zu haben und angesichts der ungesunden Umgebung wollte er es auch gerne hinter sich bringen. “Nun habe ich mich heute schon so oft vorgestellt, aber ich will es noch einmal tun. Mein Name ist Mica,“, erklärte er noch einmal unter einem Lächeln. “Und wie nennt man dich?“ Seine verdreckte braune Reisetunika hatte er sich inzwischen über den Kopf gezogen und legte sie fein säuberlich zusammen, damit sie einen Platz etwas abseits der Wanne finden konnte. “Ich war schon so lange nicht mehr hier. Sag', leben Artomaglos und Asny noch in diesem Haus?“

  • Junge, Junge, der tat gerade so, als wäre in der Tasche ein Schatz versteckt. Er hatte doch nicht etwa ein paar von den Silbertellern aus Baiae mitgehen lassen, um sie hier in Rom zu verticken?! Allerdings, machte er nicht gerade den Eindruck, als könne er einer Fliege etwas zuleide tun.


    Dann redete er so komisches Zeug, das ich nicht verstand. Wer oder bitte was war den Aspergillus? Vielleicht der Typ, der die Wände verputzt hatte? „Kenn ich nicht!“, bemerkte ich beiläufig denn er begann gleich darauf zu erläutern, was denn nun wirklich in der Tasche war. Die Last des Wissens also! Aha, das war ja mal interessant! Buchrollen und Notizen von den großen Meistern, also. Bevor ich ihn fragen konnte, ob er sie vielleicht auch in Baiae hatte mitgehen lassen, fuhr er fort und meinte, er hätte das Zeug alles selbst gesammelt und würde es immer noch studieren. „Tja“, was sollte man denn da sagen? „Das ist ja echt toll. Und wozu soll das gut sein? Ich meine, weil du das ja anscheinend ständig überall mit dir herumträgst.“
    Kaum hatte ich meine Frage formuliert, da kleisterte er mich mit irgendwelchen Namen voll, von denen ich aber auch keinen kannte. Oder vielleicht doch? „Pedanios? Na klar, den kenn ich! Der ist hier im Haus Scriba! Eigentlich ein netter Kerl, bloß ab und zu etwas anstrengend. Meint immer er wär was besseres, weil er Grieche ist.“


    Der Sklave tauchte seine Hand ins Wasser. Zuerst hatte ich noch die Befürchtung, er würde sich erst mal beschweren, weil ihm die Warm – Kalt- Mischung nicht passte. Aber anscheinend hatte ich doch die Richtige Temperatur getroffen. Dann begann er sich zu entkleiden und legte seine Klamotten, die er zuvor fein säuberlich zusammen gefaltet hatte, neben die Wanne. Ich sah ihm dabei nur interessiert zu, weil ich einen wie ihn noch nie gesehen hatte. Seine Sachen waren doch dreckig! Warum also diese penible Orndng? Seltsam, wirklich seltsam!


    „Ich heiße Angus,“ antwortete ich ihm, nachdem er mir seinen Namen verraten hatte und mich nach meinem fragte.
    Immer noch verfolgte ich aufmerksam sein Tun, bis er mich nach zwei Namen fragte. Der eine sagte mir gar nichts und der andere… nun ja. „Artomaglos? Kenn ich nicht. Aber diese Asny. Den Namen habe ich schon mal gehört. Die ist vor ein paar Wochen gestorben. Warum? Waren das deine Kumpels?“

  • Mittlerweile hatte war er in den hölzernen Zuber gestiegen und hatte sich in die Hocke gehen lassen. Unter seinen Füßen fühlte sich der Boden dieses großen Gefäßes etwas glitschig an, was ihn vermuten ließ, dass man ihn nur unzureichend nach dem letzten Bad geschrubbt hatte. Nein, es war besser sich nicht zur Gänze darin nieder zu lassen, denn wer konnte schon wissen wer der Vorgänger gewesen war? Mica angelte nach dem Schwamm, befeuchtete ihn gut und begann damit, sich in kreisenden, kräftigen Bewegungen abzureiben. Er hatte leicht schmunzeln müssen, als der Sklave, der sich ihm nun als 'Angus' vorstellte deutlich gemacht hatte, dass er keinen der alten Meister kannte. Pedanios hielt er sogar für einen Scriba aus dem Hause. Gut, man konnte nicht alles wissen und so ein Scriba mochte existieren, doch einen 'Dioskurides' hatte es in der Geschichte nur einmal gegeben. Doch schnell waren seine Gedanken wieder bei Artomaglos und Asny. Ersterer ein Hüne von einem Mann, der ihn glatt um drei Köpfe – wie er meinte – überragt hatte. Ein echter Noricer, wenn er sich recht entsann, mit einer höchst interessanten Art, sich zu artikulieren. Und Letztere? Asny? Ein wenig verrückt vielleicht, doch er hatte sie noch gut in seiner Erinnerung. Besonders ihre erste Begegnung.


    Mica hielt in seinen Bewegungen inne, als Angus nun meinte, Artomaglos nicht zu kennen und – Asny war verstorben? “Oh!“, entfuhr es ihm sofort und er senkte betrübt den Kopf. Nein, das war gar nicht zu hören. Ganz und gar nicht. Noch einmal versuchte er sich ihr Gesicht ins Gedächtnis zu rufen. Jung war sie gewesen. So wie er selbst. Mehr noch. Bei seinem letzten Besuch in Rom war er immerhin fast noch ein Kind. Ja, die Zeiten rasten dahin und dabei schienen sie alles Lebende schier unter sich begraben zu wollen. “Das sind keine guten Neuigkeiten.“ Er beschaute sich einen Moment nachdenklich das Wasser und fuhr dann damit fort sich zu reinigen. “Sie gehörte Dominus Aristides,“ erklärte er dann. “Er weilt auch in Baiae, doch er hatte sie nicht mitgenommen.“ Schließlich schüttelte er sachte den Kopf. “Aber es wäre übertrieben zu behaupten sie wären meine....Gefährten gewesen.“ Das Wasser plätscherte, während er sich nun auch sein Haar wusch, was etwas umständlich war, weil er sich ja nicht hinsetzen wollte. Doch letzten Endes hatte er es geschafft und erhob sich wieder, um nach dem Handtuch zu greifen.


    “Ich will wirklich nicht aufdringlich sein, doch hättest du eine frische Tunika für mich?“ Er deutete auf sein Exemplar neben der Wanne. “Ich glaube, meine muss ich mir erst noch säubern, bevor ich sie wieder tragen kann.“ Mit dem Handtuch umwickelt stand er noch leicht tropfend da und schaute Angus treuherzig entgegen. “Vielleicht könnte ich dann auch noch einmal zu dem Ianator zurück? Er hat noch das Schreiben, welches meine Domina mir mitgegeben hatte. Zu dumm, aber ich habe es nicht wieder an mich genommen. Alles ging vorhin so schnell. Du hast sicherlich schon einmal von meiner Domina gehört?. Domina Flavia Agrippina? Ich hoffe sehr, dass das Schreiben mit ihrem Ansinnen gut aufgenommen wird.“ Seine Haltung wurde ein wenig angespannter, denn seine Ausbildung war ihm sehr wichtig. Nicht auszudenken, wenn Dominus Gracchus sie für seine Zukunft als Null und Nichtig erklären würde. Nervös strich er über den Saum des Handtuchs an seiner Hüfte und legte sich dann die Hand auf den Bauch. In diesem herrschte neben dem Hunger von der Reise auch ein dumpfes Unwohlsein ob seiner bescheidenen Zukunft in diesem Haus.

  • Dieser Mica war doch schon ein seltsamer Vogel. Alleine schon, wie er sich in den Zuber setzte. Unbequemer ging´s anscheinend nicht! Aber das war zum Glück nicht mein Bier. vielleicht war er das ja so von Baiae gewohnt. Eines wusste ich in diesem Augenblick ganz genau, nie würde ich es zulassen, dass man mich eines Tages nach Baiae verfrachtete! Lieber würde ich sterben oder abhauen, was allerdings fast das Gleiche war, falls man mich danach erwischen sollte.


    Die seltsam klingenden Namen und der des Scribas hatte ich längst schon wieder vergessen. Mein Kopf musste für andere, viel wichtigere Dinge frei sein. Und auch die Namen dieser beiden Sklaven, die mir Mica nannte, wären eigentlich auch beide schon wieder gelöscht gewesen, hätte der Sklave aus Baiae nicht so ein belämmertes Gesicht gezogen. Er schien richtig erschüttert zu sein, weshalb ich dachte, die drei wären Freunde gewesen. Überraschenderweise aber erklärte er dann, dass sie eigentlich nicht wirklich seine Gefährten gewesen waren.
    Tja, ein bisschen blöd kam ich mir dann schon vor. Eigentlich wollte ich etwas nettes, aufmunterndes sagen aber mir viel nichts besseres ein als: „Na, dann ist´s ja nicht so schlimm!“ Hinterher hätte ich mir selbst in den Allerwertesten beißen können, wenn das mit viel Glück und akrobatischem Können möglich gewesen wäre. Er hingegen schien ein wahrer Meister dieses Faches zu sein! Denn nun wurde ich Zeuge, wie er sich aus seiner seltsamen Hocke heraus die Haare wusch. Dass dabei einiges an Wasser danebenging, interessierte mich herzlich wenig, da ich ja nicht für die Reinigung des Balneum servorums zuständig war. Das erledigten die kleinen grauen Putzmäuse, die auch sonst überall die Böden der Villa schruppten.


    Mica erhob sich aus der Wanne und griff nach einem Handtuch. Das war ein gutes Zeichen, denn nun näherte sich mein „Badedienst“ seinem Ende. Das hoffte ich zumindest. Doch als er sich abgetrocknet hatte, ging es genauso weiter, wie zuvor, denn schon wieder wollte er ja keine Umstände machen oder gar aufdringlich sein. Neiiin, überhaupt nicht!
    „Ne neue Tunika? Äh, da muss ich mal nachschauen!“ Natürlich hatte ich keinen blassen Schimmer woher ich jetzt eine Tunika nehmen sollte. Aber eines war von vorneherein klar: von meinen würde er keine kriegen! Und während ich mir noch mein Hirn zermarterte, wurde seine „Wünsch-dir-was“ –Liste immer länger. Er faselte irgendetwas von einem Schreiben, das er dem Ianitor in die Hand gedrückt hatte und nicht mehr wiederbekommen hatte. Irgendwas wichtiges, keine Ahnung! Auf jeden Fall brauchte er den Wisch wieder.
    „Äh ja, was? Nein, eine Flavia Agrippina kenn ich nicht.“ Allerdings sagte mir der Name „Agrippina“ etwas. Hieß nicht so die Kleine, die in diesem Brief erwähnt wurde, den ich dem Flavier vorgelesen hatte? Ja sicher! Jetzt musste ich schmunzeln, denn ich konnte mich auch noch gut daran erinnern, dass ich mich gewundert hatte, der Name klinge wie eine ansteckende Krankheit.
    In diesem Fall aber war „Agrippina“ auch noch mit „Flavia“ verbunden, was darauf schließen ließ, dass man mit einer ziemlich seltsamen Mischung rechnen musste.


    „Weißt du was? Bleib einfach hier, ich besorg dir ein paar frische Klamotten und hole dir deinen Wisch bei Acanthus ab.“ Ich konnte nicht glauben, was ich eben gesagt hatte. Aber da ich es gesagt hatte, gab es auch so schnell kein Zurück mehr. Also trottelte ich brav aus dem Bad.


    Da ich die Sache mit der Nachricht als einfachere der beiden Aufgaben erachtete, lief ich zuerst zur Porta. Auch wenn ich eigentlich davon überzeugt war, dass der Ianitor den Brief schon längt weggeworfen oder aufgefressen hatte und es einiges an Überredungskünsten kostete, ihn zum Nachdenken zu animieren, wo denn der Wisch abgeblieben war. Ich war dann auch gar nicht überrascht, als er mir dann einige Flüche an den Kopf warf und mir nahelegte, mich schleunigst zu verpissen. Letztendlich aber entdeckten meine Augen ein zusammengeknülltes Stück Papyrus auf dem Boden, was sich dann tatsächlich als des gesuchte Objekt erwies.
    Eigentlich hatte ich inzwischen die Schnauzte schon gestrichen voll. Deswegen zauderte ich auch nicht mehr lange und schlappte direkt zur Sklavenunterkunft, um Mica eine von meinen besseren Tuniken auszuleihen. Möglich, dass sie nicht wie angegossen passte. Aber das war mir im Augenblick so was von egal.


    Als ich wieder zueück war hielt ich in der einen Hand die Nachricht und in der anderen meine Tunika. „Hier! Da hab ich eine Tunika für dich und das ist dein Wisch.“ Oder das, was von ihm übrig geblieben war.

  • Dass Artomaglos nicht mehr in diesem Haus weilte und Asny gestorben war sollte nicht so schlimm sein? Die Worte hatten Mica zwar erreicht, doch er hatte beschlossen, dass sie ihn nicht aus der Bahn werfen würden. Also sagte er nichts dazu. Obendrein war es ja wirklich auch schon eine Weile her, seit er die anderen beiden Sklaven getroffen hatte. Als Angus nun meinte, er würde nach einer neuen Tunika sehen, trat ein dankbares Lächeln in Micas Gesicht. Der andere, der offenbar Flavia Agrippina nicht kannte, war wirklich sehr freundlich und es schien ihm auch nichts auszumachen, nun noch das Schriftstück und die Tunika gleich selbst zu holen. “Das ist wirklich sehr nett von dir!“, erklärte er dann, auch wenn es ihm nicht wirklich gut bei dem Gedanken ging, wirklich den ein oder anderen Umstand zu machen. “...Sonst hätte ich das nachher auch selbst...,“ wollte er gerade noch anbringen, doch Angus verschwand schon durch die Tür. “...gemacht,“ beendete er seinen Satz aber noch.


    Zu spät. Etwas unentschlossen - und so ganz allein gelassen ein wenig verloren - schaute sich der Sklave noch einmal im Raum um und betrachtete neuerlich die kahlen, unansehnlichen Wände, ehe er sich noch einmal das Haar abtrocknete und im Anschluss daran versuchte, die feinen Strähnen irgendwie in Ordnung zu bringen. Auf der Reise hatte er noch von einem Bad geträumt und nun war es vollbracht. Auch wenn es etwas spartanisch gewesen war. Dennoch: Durchaus ausreichend und es tat sehr gut statt des Staubes nun eine angenehme Frische auf der Haut zu spüren. Eine feuchte Frische, die sich nur nach und nach daran machte zu trocknen. Mica ging ein paar Schritte, sah sich um, ging wieder ein paar Schritte, wobei sich nach und nach ein perfider kleiner Schmerz an seinem Fußballen einstellte. Offenbar hatte die Nässe die Blasen geweckt, die er sich gelaufen hatte. Immerhin hatte er nicht ganze Zeit auf dem Maultier reiten können. In einer Ecke gewahrte er einen Hocker und ließ sich darauf nieder, nur um ein Bein anzuwinkeln und die schmerzenden Stellen zu massieren. Vielleicht sollte er Angus auch noch einmal fragen, ob es im Haus möglich war von irgendwo her Myrrhensalbe zu organisieren, falls sich die Blasen öffneten. Myrrhe. Ein wunderbares Mittel, das nicht nur gegen äußere Wunden und Entzündungen eine Hilfe bot, sondern auch gut innerlich angewendet werden konnte.


    Am besten er fragte doch nicht danach. Eine solche Salbe war recht teuer und wer konnte schon wissen, wie gut die Apotheke dieses Hauses bestückt war. Mica seufzte und pulte sich noch ein bisschen an seinem Fuß herum. Bestimmt würde es auch ein wenig Fett tun. Ganz in sich selbst versunken massierte er noch einen seiner Füße, als Angus zurück kam und ihm eine saubere, alles in allem gut ansehnliche Tunika und das Schreiben in die Hand drückten wollte. “Das ist wirklich wunderbar! Vielen lieben Dank!“ Mica lächelte, doch er hob schnell abwehrend die Hand. “Moment!“ Rasch erhob er sich und ging noch einmal zum Zuber hinüber, um sich die Hände zu waschen. Diese rieb er sich am Tuch an seinen Hüften ab. Dann griff er lediglich nach der Tunika, um sie sich über den Kopf zu ziehen. Schließlich schaute er Angus entgegen, während er sich bückte und auch wieder in seine Sandalen schlüpfte. Beim Aufstehen noch griff er nach dem Handtuch, faltete es sauber und zusammen und legte es auf den Schemel, auf dem er zuvor noch gesessen hatte.


    “Ich glaube, so wird es gehen.“ Vorsichtig strich er den Stoff der Tunika noch einmal glatt, ehe er nun auch das Schreiben mit seinen Blicken bedachte. “Aber...Aber...es ist ja ganz...ganz zerknittert!“, entfuhr es ihm halb entsetzt, halb vorwurfsvoll, ehe er danach griff und es an sich nahm. Dann zupfte er ein wenig daran herum, als würde dies helfen die Knitterfalten zu entfernen. “Dies ist ein sehr, sehr wichtiges...Dokument!“, brachte er noch immer fassungslos heraus, ehe er das Schriftstück gegen seine Brust presste. “Das war...ist...für den Dominus! Es geht doch um meine Ausbildung! Was soll ich ihm denn sagen, warum es so fürchterlich aussieht? Was hast du nur damit gemacht?“ Mica war beim Sprechen nicht laut geworden. Das Gegenteil war der Fall: Seine Worte verloren sich fast. Die ganze Reise über hatte dieses Schriftstück niemals etwas auszustehen gehabt, denn er hatte es gehütet wie ein rohes Ei. Und nun?
    “Das macht einen ganz schlechten Eindruck!“, sagte er dann noch etwas gefasster und leicht gepresst.

  • Vom Cubiculum des Flavius Scato kommend hatte die alte Livilla, eine untersetzte, grobschlächtige Frau, die neueste Errungenschaft des Dominus in das Badezimmer der Sklaven geführt.. Wobei geführt eindeutig das falsche Wort war, denn sie hatte das Mädchen gepackt und mitgezogen. Angekommen im Balneum wartete schon die Wanne mit warmen Wasser auf Iduna, oder Attica, wie sie nun hieß. Natürlich hätte man auch einfach kaltes Wasser einlassen können, jedoch waren sie noch immer Flavier, und da hatten auch die Sklaven einen gewissen Komfort, zumindest solange sie sich benahmen.
    "So ausziehen." sagte Livilla der Germanin und zerrte an ihrem Kittel herum, welcher alsbald seinen Weg in den Abfall finden würde, sobald die Germanin ihn abgelegt hatte.
    Im Balneum bereit lagen bereits eine frische Tunika und ein Handtuch, außerdem noch einige Kosmetika..
    ..Bisher hatte Livilla noch jede Sklavin vorzeigbar machen können.
    Während sie darauf wartete dass Attica sich entkleidete, bemerkte sie die anderen Sklaven, welche versuchten einen Blick auf die neue zu erhaschen, "Weg! Weg!" scheuchte sie die alte Matrone auf, und machte mit den Armen wirbelnde Bewegungen, bevor sie die Tür schloss. Die Germanin war nun vor neugierigen Blicken geschützt, auch wenn sie von jetzt auf gleich eine bedrückende Stille umgab.

  • Come From:
    Villa Flavia Felix | Cubiculum


    Noch immer zitterte die junge Germanin am ganzen Körper, als sie sich von der grobschlächtigen Frau am Oberarm gepackt fühlte und ihr ohne ein weiteres Wort folgen musste. Stolpernd versuchte sie mit ihr mitzuhalten, wobei sie es tunlichst vermied einen vorsichtigen Blick nach links oder rechts zu werfen. “Bitte.. nicht so grob.“ Murmelte die junge Germanin in einem äußerst schlechten Latein, welches man kaum verstand und biss sich anschließend auf ihre Unterlippe. Die musternden Blicke der anderen Sklaven des Römers spürte die Rothaarige deutlich auf sich und wagte es dennoch nicht diese Blicke zu erwiedern. Dazu hatte sie ohnehin kaum eine Chance, denn die Frau, in deren Hände sie sich nun befand, zerrte sie unaufhaltsam auf ein weiteres Gebäude zu.


    In eben jenem Gebäude, welches sich als Balneum herausstellte, wartete bereits eine Wanne mit dampfenden Wasser auf die junge Germanin. So dass bei diesem Anblick ein strahlen über das Gesicht des jungen Mädchens huschte und ihr strahlender Blick auch die grobschlächtige Matrone traf. Doch deren Blick blieb ausdruckslos ..beinahe unterkühlt. Und so klangen auch ihre Worte, welche Livilla mit raschen Handbewegungen unterstrich, in dem sie an Idunas dreckstarrendem Kittel zupfte. Aus großen Augen blinzelte die Rothaarige zu der älteren Frau empor und schlüpfte schließlich aus ihrem Kittel, den man höchstwahrscheinlich nur noch verbrennen konnte.


    Automatisch verschränkte Iduna ihre Arme vor ihrem Körper, um ihre Nacktheit zu verbergen und warf der älteren Frau einen vorsichtigen Blick aus dem Augenwinkel entgegen. Diese jedoch begann bereits eine frische Tunika, ein Handtuch und einige Kosmetika bereit zu legen, so dass sich Iduna wohl oder übel in ihr Schicksal fügen musste. Die neugierigen Blicke der übrigen Sklaven, die ihre Nasen an der Türe plattdrückten, blieb Iduna verborgen. Jedoch zog die ältere Frau die Türe auch schon ins Schloss und sperrte somit sämtlich neugierige Ohren und Augen aus. Augenblicklich umgab Iduna eine bedrückende Stille, in der sie ihren Herzschlag unnatürlich laut in ihrer Brust widerhallen hören konnte.


    Vorsichtig beäugte Iduna den Zuber aus dem dampfendes Wasser empor stieg und stieg schließlich in die Wanne. Dabei konnte sie den aufmerksamen Blick der älteren Frau deutlich auf sich spüren, als das Wasser ihre schlanken Glieder komplett verbarg und sie augenblicklich spürte, wie der Schmutz und der Staub des Sklavenmarktes von ihr abfiel. Zum Glück durchbrach das leise gluckern des Wassers die bedrückende Stille, die sich noch immer hartnäckig im Badezimmer der Sklaven hielt und sich wie eine schwere Dunstglocke über Idunas Haupt niedersenkte. Zumindest hatte die junge Germanin diesen Eindruck, während sie sich tiefer in das dampfende Wasser gleiten ließ. Dieser Moment hielt jedoch in Idunas Augen nicht lange an, denn da wurde sie auch schon von wirbelnden Armen aus dem warmen Wasser gescheucht und in ein Handtuch gewickelt. In diesem Moment wirkte Iduna tatsächlich jünger als es ihre sechzehn Jahre vermuten ließen.

  • Kurz eingetaucht, kräftig abgeschrubbt, und wieder raus. Das war schließlich keine Therme hier, und das Mädchen sollte nicht denken, dass sie gleich noch massiert werden würde. Nachdem Livilla kurz noch das schroffe Handtuch über den Körper Atticas fahren ließ, und das nasse Tuch anschließend in einen Korb legte, griff sie auch schon die frische Tunika, welche auf einer der Ablagen im recht kleinen Balneum der Sklaven lag.
    Bläulich war sie, nicht tiefblau aber schon eingefärbt. Ihr Schnitt war fein, wie es sich für römische Damen eben gehörte, und kleinere Stickereien zierten den Kragenbereich.
    Die alte Dame überreichte der Sklavin die Tunika, und packte, nicht ohne pikierten Blick, ihre alten Lumpen in einen Sack, um ihn später ganz weit weg zu entsorgen.
    Anschließend wusch sie sich kurz die Hände ab, denn wer wusste schon was auf den Lumpen kreuchte und fleuchte, und legte der Sklavin dann ein paar römische Schuhe, sowie einen Armreif heraus, gold, man war ja nicht bei armen Leuten.
    Unter dem strengen Blick der Matrone sollte Attica sich von dem germanischen Bauernmädchen in eine flavische Sklavin verwandeln, auf dass der Dominus irgendwas mit ihr anfangen könnte.

  • Als Iduna das Wasser ihren Körper umfließen fühlte, hätte sie beinahe vor Wohlgenuss leise aufgeseufzt. Jedoch verbiss sie sich jegliches Geräusch. Und hielt auch dann vollkommen still, als sie die ältere Matronin mit dem Tuch zweckmäßig abtrocknete.


    “Danke.“ , mumelte die junge Germanin in einem kaum zu verstehenden Latein. Dieses Wörtchen hatte sie bei dem Zwischenhändler aufgeschnappt, der sie in die Hauptstadt gebracht hatte.


    Schweigend beobachtete die junge Germanin die ältere Frau, als diese nach einer wunderhübschen Tunika griff. Der Stoff fühlte sich bestimmt seidenweich auf ihrer Haut an, durchzuckte es die Gedanken der jungen Germanin. Sodass Iduna dankend ihren Kopf senkte und die Tunika mit vorsichtigen Berührungen ergriff.


    Noch immer wirkte das junge Mädchen wie in einem Traum, als sie sichvin die Tunika hüllte. Fließend umschmeichelte der Stoff den zierlichen Körper der jungen Sklavin. Während sie in die Sandalen schlüpfte und der gestrengen Matrone ein schüchternes Lächeln schenkte. Als letztes folgte ein goldener Armreif, der auch schon an Idunas rechtem Handgelenk baumelte und die Rothaarige sanft vor sich hin lächelte. Würde sie jetzt erneut auf den Römer treffen?

  • "Bitte Schätzchen." entgegnete die alte Matrone, welche irgendwo unter ihrer harten Schale ein weiches Herz verbarg, und welche immer ein wenig Mitleid mit den Neuankömmlingen verspürte, auch wenn sie ihre Pflichten stets gewissenhaft erledigte.
    Nachdem sie hier und da die Tunika noch zurechtzupfte, die Germanin war derart dünn dass sie eventuell noch einmal korrigierend am Stoff arbeiten müsste, war ihre Arbeit auch schon wieder erledigt, und mit einem kleinen Klaps auf die Schulter entließ sie die Sklavin aus dem Balneum. Jedoch, und das war Schritt eins ihrer Ausbildung, begleitete sie Attica nicht zurück zu Scato, sondern ließ sie den Weg alleine gehen. Es war schon ein kleiner Marsch, jedoch nicht so weit wie es wohl zunächst den Eindruck gemacht hätte wenn man neu im Hause war.
    Während Livilla also das Mädchen aus dem Balneum schob, und ihr noch kurz ein Handzeichen gab dass sie zurück zu ihrem Dominus gehen sollte, machte sich Livilla daran Ordnung zu schaffen.
    Sie nahm den mit Lumpen gefüllten Sack und brachte ihn hinaus, sogar noch vor die Villa Flavia, um ihn dort einfach auf die Straße zu werfen, denn einer vernünftigen Entsorgung war dieser Lappen auch nicht würdig. Danach leerte sie den Zuber, wischte kurz die diversen Wasserpfützen auf, und ging in die Culina um den anderen Sklaven beim Gemüseschnibbeln zu helfen.

  • Die Stimmung der Matrona schien sich gewandelt zu haben, seitdem sie mit Iduna das Balneum betreten hatte. Oder bildete es sich die Rothaarige nur ein? Für einen kurzen Augenblick überkam Iduna erneut Unsicherheit und ihre Finger glitten verstohlen über den goldenen Reif an ihrem Handgelenk. Dann spürte sie auch schon den musternden Blick der Matrona und neigte ihr ihren Kopf entgegen. “Werde ich dem Dominus gefallen?“ Murmelte Iduna äußerst leise vor sich hin und spielte weiterhin mit dem goldenen Armreif an ihrem Handgelenk. Eine Antwort blieb ihr die Matrona jedoch schuldig. Denn da fühlte sie deren, beinahe sanfte, Berührung an ihrer Schulter und wie sie erneut aus dem Gebäude geschoben wurde. Als sich die Matrona dann jedoch von ihr abwandte, entfloh Idunas Lippen ein ersticktes Geräusch. “Alleine?“ Abrupt weiteten sich ihre bläulich schillernden Seelenspiegel und ihr Herz begann wie wild in der Brust zu pochen. Doch eine Antwort blieb ihr die Matrona schuldig und so atmete Iduna einige male tief durch. Eh' sie sich auf den Rückweg in die Villa des Römers begab. Ein jederer andere hätte wohl mit dem Gedanken an Flucht gespielt. Jedoch nicht Iduna. Und seien wir mal ehrlich. Wohin sollte sie sich schon wenden? In einer Stadt die für sie so neu war und in der sie sich niemals vor dem Flavier hätte verstecken können.


  • Während Iduna mit langsamen Schritten vor dem fremden Mann herging, geisterten ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. War es ihrem Dominus Recht, dass sie diesem unbekannten Gast die Möglichkeit eines Bades gab, ohne dass sie mit ihrem Dominus darüber gesprochen hatte und sich von ihm die Erlaubnis eingeholt hatte? Vielleicht sollte sie den Fremden bitten einen kurzen Augenblick zu warten und sie eilte sich um die Erlaubnis ihres Dominus einzuholen? Was war allerdings, wenn sie den Unbekannten dadurch verärgerte? Schließlich wusste Iduna noch immer nicht mit wem genau sie es hier zu tun hatte und wenn er ein Gast ihres Dominus war… Wieso war es eigentlich nur so kompliziert und schwierig, mh? Dann erreichte Iduna das Balneum und ließ den Unbekannten zuerst eintreten, bevor sie nach ihm diese Räumlichkeiten betrat. Bereits beim Eintreten durfte dem Unbekannten der warme Dampf entgegen schlagen, der aus den Becken entgegen strömte. Mit einer kaum wahrnehmbaren und zugleich einladenden Handbewegung bat sie den Fremden näher zu treten. “Dies ist das Balneum der Villa Flavia. Hier könnt ihr alle Sorgen und Nöte des Alltags vergessen.“ Whisperte der Rotschopf mit leisem Stimmlein und warf dem Fremden einen vorsichtigen Blick aus dem Augenwinkel entgegen. Wie sollte sie sich ihm gegenüber verhalten? Höflich und respektvoll, so wie sie sich ihrem Dominus gegenüber auch verhalten würde, dies stand schon einmal fest. Und sonst? Etwas unschlüssig verharrte Iduna in der Nähe der Türe und warf dem Fremden erneut einen vorsichtigen Blick aus dem Augenwinkel entgegen. “Wie kann ich euch zu Diensten sein?“

  • Ich muss schon sagen, der Anblick dieses Bades schockierte mich schon. Da war unsere Therme im Ludi wesentlich, prachtvoller ausgerüstet. Ob die Leute hier sich nicht gerne hier aufhielten? So dröge unfreundlich wie das hier aussah. Da wunderte ich mich schon, dass dies meinem Madamchen gefiel, so aufgeputzt wie sie rum rannte. Hach aber die kleine rothaarige hier, schien mir doch ein annehmbares Wesen zu haben. „Du kleiner Rotschopf, darf ich dich so nennen? Kennst du dich mit Öl, Sand und Strigilis aus? Und was auch wichtig ist möchtest du dann etwas Schweiß von mir bekommen? Ich meine nicht jetzt, heute, nach meinem morgendlichen Training, du wärst nicht die erste.“ Aufmunternd zwinkerte ich ihr zu. „Keine Sorge ich weiß mich zu benehmen, auch wenn der Lümmel da es manchmal anders zeigt.“ Vielsagend lächelte ich sie an. „Nach so einer langen Reise hat man, ich betone Mann, so etwas erfrischendes wie dich und ein Bad mit deiner Hilfe nötig.“

  • Noch immer wirkte Iduna sichtlich verwirrt, während sie ihren Blick zwischen dem Unbekannten und dem Badebassin hin- und her gleiten ließ. Was sollte sie jetzt tun? Der Unbekannte forderte ein Bad und Iduna befand sich in seiner unmittelbaren Nähe. Somit war es nicht verwunderlich, dass er sie gebeten hatte ihm zur Hand zu gehen. Nur wie? Als er dann fragte ob er sie ‚Kleiner Rotschopf‘ nennen konnte, weiteten sich Idunas Seelenspiegel abrupt. “Mein Name ist Iduna. Aber.. ihr könnt mich nennen wie ihr wollt.“ Whisperte es über die Lippen des Rotschopfs, als der Fremde seine Stimme erneut erklingen ließ. “Ich.. ich weiß nicht wovon Ihr sprecht.“ Versuchte sich die flavische Sklavin aus dieser für sie seltsamen Situation zu entwinden. Als der Fremde dann jedoch in ungezügelte Wortwahl verfiel, verfärbten sich Idunas Wangen rötlich und ihre Wimpern fächerten sich über ihre Seelenspiegel. “Was genau meint ihr?“ Stolperte es etwas ungelenk über die Lippen des Rotschopfs, während sie ihren Blick langsam anhob und dem Blick des Fremden begegnete. “Ich werde euch zur Hand gehen, wenn ihr ein erfrischendes Bad nehmen wollt.“ Bot der Rotschopf mit leiser Stimme an und begann im selben Atemzug angewärmte Handtücher bereit zu legen.

  • Leicht irritierte mich die Kleine nun doch. Legte sie nur Handtücher bereit? Hatte sie sich noch nie um einen hart arbeitenden oder verschwitzten Männerkörper gekümmert? Seufzend entkleidete ich mich stand in voller Manneskraft vor ihr. „Und ihr badet hier wirklich nur mit diesen Schwämmchen und so?“ diese Frage stellte ich nur nochmals zur eigenen Sicherheit, bevor ich ins Wasserbecken stieg. „Ist schon gut“, meinte ich versöhnlich, „dann zieh dich aus und steige rein, damit du mich abwaschen kannst.“ Ob sie dieser Anweisung folgen würde, sie kam mir schon sehr nervös vor, so wie sie herumhüpfte, wie ein aufgescheuchtes Hühnchen. Nach kurzem Nachdenken kam ich auf eine Idee. „Vielleicht sollten wir, bevor wir uns über die Herrschaften dieses Hauses im Bad unterhalten, einen Schluck Wein trinken oder habt ihr auch einen Cidre im Haus?“

  • Das leise Seufzen des fremden Mannes blieb Iduna nicht verborgen und ließ sie innerlich zusammen zucken. Hatte sie etwas falsch gemacht? Angespannt verharrte der Rotschopf an Ort und Stelle und biss sich unbewusst auf die Unterlippe. “Ich.. ich.. wie sollte man denn sonst baden?“ Fragend bildete sich eine steile Falte zwischen Idunas Augenbrauen, wobei sie dem Unbekannten einen vorsichtigen Blick aus dem Augenwinkel entgegen warf. “Ich werde sofort Wein holen.“ Beeilte sich der Rotschopf seinen Worten Folge zu leisten und verschwand für einen kurzen Augenblick aus dem Balneum. Bei ihrer Rückkehr hielt sie ein Tablett mit zwei Bechern und einer Weinkaraffe in den Händen. Das Tablett stellte Iduna vorsichtig am Rande des Bassins ab und beobachtete den Fremden, als dieser in das Wasser stieg. Und dann erklang auch schon seine auffordernde Stimme, so dass Iduna nervös ihre Unterlippe benetzte. “Wie ihr wünscht.“ Nachdem sie einige male tief durchgeatmet hatte, stieg sie schließlich zu dem großgewachsenen Mann in das Becken, nachdem sie ihre Tunika ausgezogen hatte. “Ihr wollt über die Herrschaften des Hauses sprechen?“ Wieso das, durchzuckte es Idunas Köpfchen, als sie nach der Weinkaraffe griff und den köstlichen Wein in die bereitgestellten Becher füllte. Einen der Becher reichte sie schließlich dem Unbekannten, bevor sie nach dem Schwamm griff und dem Fremden einen vorsichtigen Blick entgegen warf.

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